Die Veränderungen an der BMVg-Spitze (Zusammenfassung, mehr Personalien)
Nach dem erneuten Amtsantritt von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen scheint es fast, dass die Person der CDU-Politikerin selbst die einzige Kontinuität in den Führungsebenen des Wehrressorts ist. Noch am Tag ihrer Vereidigung ernannte sie zwei neue Parlamentarische Staatssekretäre – wobei deren Benennung immer nur zum Teil Sache der Fachminister und mindestens ebenso Sache von Kanzleramt und Fraktionen ist. Klar war auch seit einigen Tagen, dass Rüstungss-Staatssekretärin Katrin Suder geht und dafür eine Nachfolge gefunden werden muss. Und die Amtszeit von Generalinspekteur Volker Wieker, bis nach der Regierungsbildung verlängert, endet sozusagen planmäßig.
Was die Ministerin an Entscheidungen über das künftige Spitzenpersonal verkündete, geht allerdings weit über die Veränderungen hinaus, die mehr oder weniger erwartet worden waren – und auch deutlich über ihren schon recht weitreichenden Umbau 2015. Damit kommt auf vielen Ebenen Zug in den Kamin. In den vergangenen Tagen hörte ich von ganz verschiedenen Stellen aus dem Ministerium schon den Begriff Bartholomäusnacht.
Die inzwischen vom Verteidigungsministerium auch offiziell mitgeteilten Neuregelungen (Die Bundesministerin der Verteidigung hat mit Beginn der neuen Legislaturperiode folgende Personalmaßnahmen entschieden):
Neuer Staatssekretär als Nachfolger von Suder wird, das war schon durchgesickert, der bisherige Leiter der Abteilung Ausrüstung, Generalleutnant Benedikt Zimmer. Der 56-jährige gelernte Panzeroffizier hatte sein Amt zeitgleich mit Suder im August 2014 angetreten.
Dass ein Offizier aus dem Generalsrang ausscheidet und in die Position des (beamteten) Staatssekretärs wechselt, ist zwar nicht üblich, aber in der Bundeswehr schon mindestens zwei Mal vorgekommen: 1977 wurde General Karl Schnell zum Staatssekretär berufen; 1992 Generalleutnant Jörg Schönbohm.
Zimmers Nachfolger als Abteilungsleiter und damit auch als nationaler Rüstungsdirektor ist dagegen eine Überraschung: Konteradmiral Carsten Stawitzki, seit 2016 Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr (Werdegang hier), der in zwei Wochen 52 Jahre alt wird. Da dürfte Kritik laut werden, denn abgesehen von seiner Zeit als Referent für Logistik im damaligen Führungsstab der Streitkräfte hatte Stawitzki mit dem Thema (Aus)Rüstung direkt nicht so viel zu tun.
Auf Wieker folgt, das war ebenfalls schon bekannt, Generalleutnant Eberhard Zorn als neuer Generalinspekteur. An seine Stelle als Leiter der Abteilung Personal trittt Generalleutnant Klaus von Heimendahl, der bisherige Abteilungsleiter Führung Streitkräfte. Die neue Abteilungsleitung Führung Streitkräfte übernimmt Generalmajor Markus Laubenthal, derzeit Kommandeur der 1. Panzerdivision in Oldenburg und der erste deutsche Stabschef bei der US-Armee in Europa.
Auch schon durchgesickert war, dass Luftwaffeninspekteur Karl Müllner in den Ruhestand geschickt werden soll: Der Generalleutnant war im Februar 62 Jahre alt geworden, insofern lässt sich das als ganz normaler Ablauf darstellen (auch wenn Müllner immer wieder im Ministerium angeeckt ist, nicht zuletzt mit seinem öffentlichen Eintreten für den F-35 als neuen Kampfjet für die Bundeswehr). Mit Müllners Pensionierung Ende Mai soll der derzeitige stellvertretende Leiter der Abteilung Strategie und Einsatz, Generalmajor Ingo Gerhartz, an seine Stelle treten.
Auch die Leitung der Abteilung Strategie und Einsatz wird wechseln: Amtsinhaber Generalleutnant Dieter Warnecke geht im September in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird Generalmajor Bernd Schütt, derzeit Kommandeur 10. Panzerdivision in Veitshöchheim. Noch nicht offiziell bestätigt ist, dass der derzeitige Kommandeur der Marineschule Mürwik, Flotillenadmiral Kay-Achim Schönbach, als Gerhartz‘ Nachfolger der stellvertretende Abteilungsleiter wird.
Müllner und Warnecke sind nicht die einzigen, deren Erreichen der Altersgrenze in diesem Jahr zur Personalveränderung auf Spitzendienstposten genutzt wird. Die Leiterin der Ministeriumsabteilung Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen, Alice Greyer-Wieninger wird zwar erst im September 65 Jahre alt, soll aber bereits im Mai in den Ruhestand geschickt werden. Sie leitete seit Anfang 2005 diese Abteilung, die damals noch Wehrverwaltung, Infrastruktur und Umweltschutz hieß. Über die Nachfolge, so heißt es in der Mitteilung des Ministeriums, wird zeitnah entschieden.
Das Luftfahrtamt der Bundeswehr ist von den jetzt verkündeten Veränderungen in besonderer Weise betroffen: Amtschef Generalmajor Christian Badia wird im kommenden Jahr neuer Leiter der Abteilung Planung, wenn der derzeitige Abteilungsleiter Generalleutnant Erhard Bühler das NATO Joint Force Command in Brunssum übernimmt. (Dieses Kommando wechselt zwischen Italien und Deutschland; im Februar hatte Italien erst für ein Jahr diesen Posten nachbesetzt.)
Badias Stellvertreterin im Luftfahrtamt, Gabriele Korb, übernimmt die Führung des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) in Koblenz, wenn dessen Präsident Harald Stein im April in den Ruhestand geht.
Weitere Personalveränderungen auf Spitzenstellen im Überblick, wie vom Ministerium mitgeteilt – auch hier sind anstehende Pensionierung der Anlass:
Generalleutnant Carsten Jacobson, Stellvertretender Inspekteur des Heeres, tritt zum Ablauf des Monats August in den Ruhestand. Ihm folgt Generalleutnant Johann Langenegger, derzeit Chief of Staff Resolute Support Mission in Afghanistan. Sein Nachfolger wird zum 1. Juli Generalmajor Alfons Mais, Chef des Stabes im Kommando Heer (Strausberg).
Generalleutnant Joachim Wundrak, Kommandeur Zentrum Luftoperationen (Kalkar), tritt zum Ablauf des Monats September in den Ruhestand. Ihm folgt Generalmajor Klaus Habersetzer, derzeit Stellvertretender Befehlshaber und Chef des Stabes Multinationales Kommando Operationsführung (Ulm).
Generaloberstabsarzt Dr. med. Michael Tempel, Inspekteur des Sanitätsdienstes, tritt zum Ablauf des Monats September in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird Generalstabsarzt Dr. med. Ulrich Baumgärtner, derzeit Kommandeur Kommando Sanitätseinsatzunterstützung (Weißenfels).
(Archivbild 2013: Zimmer als Kommandeur der Division Luftbewegliche Operationen nach seiner Beförderung zum Generalmajor im Juni 2013 – Foto: Bundeswehr/Daniel Janus)
@Koffer
Ich finde Ihre Vorstellung , dass man „dran“ sein muss oder über ein gewisses Alter verfügen muss, um in die hier beschriebenen Verwendungen gefördert zu werden, befremdlich. Zumindest solange hier Menschen gefördert werden, die alle auch bereits über 30, tlw. auch 40 Jahre im System verbracht – und die letzten Jahre an entscheidenden Schlüsselstellen saßen.
Gerhartz z.B. hat in den letzten vier Jahren alles gesehen, was in der Bw wichtig oder unwichtig – heikel oder Routine ist, inkl. aller Querschüsse aus dem polit.-parl. Raum mit seinen Verwendungen im Bereich PrInfo, Büro GenInsp und SE. Die Lw kannte er vermutlich vorher schon ganz gut- also bringt er in seinen OrgBereich nun Expertise mit, die kein anderer in vergleichbarer Form hat – davon wird die Lw bestimmt profitieren können!
Ich drücke der Lw auch die Daumen, dass er sich dort auch auswirken kann.
@Harry | 18. März 2018 – 15:35
„Ich finde Ihre Vorstellung , dass man „dran“ sein muss oder über ein gewisses Alter verfügen muss, um in die hier beschriebenen Verwendungen gefördert zu werden, befremdlich.“
1. „dran“ sein: Seniorität (sowohl in Bezug auf Alter, als auch vor allem in Bezug dienstliche Verwendungen) darf sicherlich nicht das entscheidende Kriterium für eine Beförderung oder für eine Auswahlentscheidung sein. Aber wer behauptet in Streitkräften und öffentlichen Verwaltungen wäre Seniorität nicht ein wichtiger Teil der persönlichen Autorität, der negiert die Realität.
Auch untergräbt eine unverdiente Beförderung vor der Zeit die Glaubwürdigkeit des Betreffenden bei der Truppe. Gerade wenn die Begleitumstände so dramatisch sind, wie bei dieser Aktion.
Ich befürchte daher, dass vdL einigen der Beförderten/Ausgewählten keinen Gefallen getan hat. Die meisten hätten es sicherlich in drei bis fünf Jahren durch eigenen Verdienst auch schaffen können…
2. Vorverwendungen in Streitkräften und Verwaltungen müssen logisch und stringent erfolgen und dürfen sich nicht nur auf „gesehen haben“ beschränken. Erfahrung und Wissen kann nicht in erster Linie durch zuschauen gewonnen werden, sondern überwiegend nur durch eigenes Tun und persönliche Verantwortung.
@Koffer, jetzt wirds sogar „dramatisch“ – gehts auch eine Nummer kleiner hier inzwischen? Die Personalveränderungen sind seit der Wahl im OKTOBER eigentlich klar gewesen. Und die Namen sind auch keine sooo große Überraschung. Zumindest für den GI. Manchen verwundert eher, dass es nicht auch einen neuen InspH gibt …
Auch für Insp San war klar, dass es zu Änderungen kommt, ebenso wie bei denen, die sich demnächst aus dem Ruhestand mit schlauen Ratschlägen melden werden.
Es ging jetzt doch nur noch darum, das auch mit der nötigen Procura als vereidigter Chef das zu verkünden.
Ein ganz normale Vorgänge nach einer Wahl und bei anstehenden Ruheständen. Gottseidank muss nicht jede dieser Positionen hier noch Zustimmung finden, reicht schon, wenn die SPD Führung sich nicht traut, selbst Verantwortung zu übernehmen und zu entscheiden, wie es repräsentative Demokratie vorsieht. Ohne sich bei BLÖD und deren Lesern rückversichern zu müssen (das war unsachlich ;-) ).
Die Auswahl von Dr. Baumgärtner kann man tatsächlich loben. Der ist fähig und auch persönlich recht umgänglich. Zum Glück hat sich Frau Krüger da wohl ungangbar gemacht. Bin von ihr nicht überzeugt.
@diba | 18. März 2018 – 17:05
„@Koffer, jetzt wirds sogar „dramatisch“ – gehts auch eine Nummer kleiner hier inzwischen?“
„Ein ganz normale Vorgänge nach einer Wahl und bei anstehenden Ruheständen.“
?!?! Wie kann man denn da weniger „dramatisch“ sein?!?!
Und normal ist bei diesem Vorgang gar nichts. Weder die StS Ernennung, noch der InspLw, noch der AL A, noch der AL FüSK. Und auch bei der Nachfolgeebene gibt es bereits sehr „unziemliche“ Namen, der scheinbare Hauptqualifikation das „Vertrauen der Ministerin“ zu sein scheint.
Ich bin jetzt über 20 Jahre Soldat, aber ich habe noch nie eine solche offensichtlich Personalführung nach Gutsherrenart und Nasenfaktor kennen gelernt.
Personalentscheidungen auf der Generalsebene sind Ministerentscheidungen. Das muss nicht in jedem Einzelfall jedem gefallen oder einleuchten, aber es war schon immer so und hat auch seine Berechtigung. Insofern ist das, was gerade geschieht, sehr wohl normal.
@KeLaBe | 18. März 2018 – 18:32
„Personalentscheidungen auf der Generalsebene sind Ministerentscheidungen.“
Formal gesehen sind sie zwar Entscheidung der BReg, aber ich stimme Ihnen inhaltlich durchaus zu.
Allerdings müssen sie grundgesetzlich vorgegeben (und nebenbei auch dem gesunden Menschenverstand folgend) dennoch dem Dreiklang von Eignung-Leistung-Befähigung folgen.
Nun kann man bei einer besonderen Vertrauensstellung wie einen AL oder Insp vielleicht argumentieren, dass auch persönliches Vertrauen des Ministers notwendig ist, aber dafür muss man ja nicht zwingend immer nur auf seinen engsten „Vertrauten“-Kreis zurück greifen.
„Insofern ist das, was gerade geschieht, sehr wohl normal.“
In diesem Umfang und in dieser Qualität ist sehr wohl nicht nur ungewöhnlich, man müsste sogar mal nachforschen ob es nicht sogar einzigartig in der Geschichte der Bw ist :(
@Koffer
„Eine (durch Sie subjektiv so wahrgenommene) fehlerhafte Struktur von vor 5 Jahren…“
????
Wir haben jetzt mit den Entscheidungen von vor fünf Jahren zu kämpfen und das Ergebnis der Neuausrichtung bekommen wir jeden Tag gemeldet. Das ist nicht meine subjektive Wahrnehmung sondern Bestandteil des Berichtes des Wehrbeauftragten und unzähliger Berichte aus der Truppe (einschl AG).
Es geht auch nicht nur um Strukturen, sondern auch um Verfahren (zB immer noch laufendes Durcheinander bei der Bezeichnung von Vorschriften und Zuständigkeiten) und Verantwortlichkeiten. Die Bw kann nichts außer die im Moment laufenden Einsätze mehr schlecht als recht bestücken und das liegt unter dem LoA (Aussage BMVg).
Zu Gen Müllner sollten sie die Ministerin befragen, evtl wollte er ja auch früher gehen bevor er Viersterner im Ausland wird.
@Elahan | 18. März 2018 – 19:20
„Wir haben jetzt mit den Entscheidungen von vor fünf Jahren zu kämpfen und das Ergebnis der Neuausrichtung bekommen wir jeden Tag gemeldet.“
In Bezug auf die Ergebnisse sind wir glaube ich (weitgehend) einer Meinung. In Bezug auf den Auslöser aber nicht. Es sind m.E.n. nur sehr eingeschränkt die Strukturentscheidung von 2012 für die aktuelle Misere verantwortlich zu machen.
Aufgrund der übereilten Abschaffung der Wehrpflicht und der fortdauernden Kürzung im Verteidigungshaushalt mussten drastische Maßnahmen ergriffen werden. Die meisten der damaligen Entscheidungen waren daher m.E.n. nach (leider) notwendig.
Aber auch das führt uns (wiedermal) vom Thema dieses Kommentarfaden weg…
Zu den Auswahlentscheidungen enthalte ich mich eines Kommentars, da es Ministerentscheidungen sind. Befremdlich finde ich nur das momentane Verhalten der Staatssekretärin, die anscheinend verzweifelt versucht noch Entscheidungen durchzusetzen mit langfristigen Auswirkungen. Das ist schlechter Stil und sie sollte dem Nachfolger dieses überlassen. Das Verhalten deutet daraufhin dass sie wohl doch nicht so ganz freiwillig geht. Aber muss jetzt noch im März entschieden werden die Digitalisierung des Heeres möglicherweise über eine agenturähnliche Lösung umzusetzen?
Eine vielleicht blöde Frage:
GenLt Bühler soll ja COM JFS Brunssum werden. Ich dachte, den Posten hätte die Bundeswehr im Tausch gegen den in Norfolk abgegeben?
[Im Tausch gegen den Viersterner-Posten beim Allied Command Transformation in Norfolk hat Deutschland in Brunssum einen zwischen Italien und Deutschland rotierenden Posten bekommen. T.W.]
Bei der einen oder anderen Besetzung kann ich angesichts persönlicher Kenntnis in Vor-vor-Vwdg nur mit dem Kopf schütteln!
Allein, WUNDERN tut´s mich NICHT!