Bundestag bringt kurzzeitige Mandatsverlängerung für Auslandseinsätze auf den Weg
Der Bundestag hat am (heutigen) Dienstag, trotz aller Turbulenzen rund um die gescheiterten Koalitionssondierungen planmäßig, in erster Lesung eine kurzzeitige Verlängerung von Mandaten für Auslandseinsätze der Bundeswehr beraten. Die Mandate für die Mission Resolute Support in Afghanistan, für den Einsatz in der Anti-ISIS-Koalition, für die Beteiligung an der NATO-Seeraumüberwachungsmission Sea Guardian im Mittelmeer sowie an den UN-Missionen in der sudanesischen Provinz Darfur und im Südsudan wurden zur weiteren Beratung überwiesen – allerdings nicht an einen Verteidigungsausschuss, den es im neuen Bundestag noch nicht gibt, sondern an den so genannten Hauptausschuss. Die Abstimmung darüber soll im Dezember stattfinden.
Die im Oktober vom Kabinett beschlossenen Verlängerungen, jeweils ohne inhaltliche Veränderung, sollen nur für drei Monate gelten; dabei geht es um die Auslandseinsätze, für die das Mandat zum Jahresende oder zu Ende Januar 2018 ausläuft.
Zunächst wurden die fünf Einsätze debattiert, deren Mandat zum 31. Dezember endet:
• Die Mission Resolute Support in Afghanistan: aktuelles Mandat in der BT-Drucksache 18/10347, neues Mandat in der BT-Drucksache 19/21
• Die Mission Counter Daesh, der Einsatz der Luftwaffe im Rahmen der internationalen Anti-ISIS-Koalition, aktuelles Mandat BT-Drucksache 18/9960, neues Mandat in der BT-Drucksache19/23
• Der Einsatz der NATO zur Seeraumüberwachung, die Operation Sea Guardian. An dieser Operation zur Überwachung und Bekämpfung terroristischer Aktivitäten im Mittelmeer ist die Deutsche Marine immer nur punktuell beteiligt, in der Regel mit Schiffen, die im Transit zu anderen Einsätzen unterwegs sind. Das aktuelles Mandat steht in der BT-Drucksache 18/9632, neues Mandat in der BT-Drucksache 19/22
• Beteiligung der Bundeswehr an der gemeinsamen Mission von Afrikanischer Union und Vereinten Nationen in der sudanesischen Provinz Darfur (UNAMID), aktuelles Mandat BT-Drucksache 18/10189, neues Mandat in der BT-Drucksache 19/19
• Beteiligung an der UN-Mission im Südsudan (UNMISS), aktuelles Mandat BT-Drucksache 10188, neues Mandat in der BT-Drucksache 19/20
Die Auslandseinsätze der Bundeswehr bei MINUSMA, der UN-Mission in Mali und inzwischen der größte Auslandseinsatz deutscher Streitkräfte, und die Ausbildungsunterstützung für die kurdischen Peshmerga im Nordirak sind nach dem aktuellen Mandat bis Ende Januar 2018 befristet. Über ihre kurzzeitige Verlängerung soll am (morgigen) Mittwoch im Parlament debattiert werden.
Die 47 Mitglieder des Hauptausschusses, der vorläufig die Aufgaben fast aller sonstigen Ausschüsse wahrnimmt (mit Ausnahme der ebenfalls neu eingerichteten Ausschüsse für Petitionen sowie für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung), werden nun die Mandatsverlängerungen beraten.
Das ist nicht unumstritten: So hat der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels in einem Interview mit der ARD bemängelt, dass wichtige Ausschüsse wie der Verteidigungsausschuss nicht neu konstituiert wurden, obwohl gerade dieser Ausschuss nach dem Grundgesetz weiter gehende Rechte hat und zur Kontrolle der Streitkräfte dringend nötig sei. Auch der vorläufige Verzicht auf den Haushaltsausschuss wirke sich für die Bundeswehr nachteilig aus – weil bis auf Weiteres keine neuen Beschaffungsvorhaben gebilligt werden könnten. Allerdings hatten sich im Bundestag bis auf die Linkspartei alle Fraktionen gegen die Einsetzung der ständigen Ausschüsse ausgesprochen.
Die jetzt auf den Weg gebrachte Kurzzeit-Verlängerung der Mandate kann auch zu einem weiteren Problem führen: Die Verlängerung um drei Monate war von der Ansicht bestimmt, dass bis zum Frühjahr eine Koalitionsregierung stehe, die dann auch über das weitere Vorgehen entscheiden könne und dafür eine parlamentarische Mehrheit habe. Nach dem Scheitern der Jamaika-Koalition ist dieser Zeitplan infrage gestellt – möglicherweise wird es eine weitere Kurzzeit-Verlängerung geben müssen.
(Foto: Task Group im Rahmen der NATO-Seeraumüberwachungsmission Sea Guardian im westlichen Mittelmeer Ende Mai 2017: die französische Fregatte Guepratte, die italienische Fregatte ITS Scirocco und das spanische Patrouillenboot Serviola – Foto NATO Maritime Command)
Zum Hauptausschuss, konnte ich nicht erkennen, wer den Vorsitz führt, die Mehrheitsfraktion automatisch bzw aus den 47 Mitgliedern zu wählen?
Desweiteren: „Der Hauptausschuss ist zudem Haushaltsausschuss im Sinne der entsprechenden gesetzlichen und geschäftsordnungsrechtlichen Vorgaben“.
Diese Beratungspause im Hauptausschuss (H.P. Bartels: „…weil bis auf Weiteres keine neuen Beschaffungsvorhaben gebilligt werden könnten) bietet den Beschaffern zeitgleich ungewollt eine Denk- und Arbeitspause, anstehende Vorhaben in Ruhe weiter auszuplanen.
In den anstehenden drei Monaten wird demnach abgearbeitet, was dato gebilligt wurde. Es kommt damit zwar nichts hinzu, was andererseits aber bedeutet, im Frühjahr wird sich ein Berg entscheidungsreifer Vorhaben angehäuft haben.
@T. Wiegold:
„Allerdings hatten sich im Bundestag bis auf die Linkspartei alle Fraktionen gegen die Einsetzung der ständigen Ausschüsse ausgesprochen.“
tagesschau.de schreibt davon ein wenig abweichend:
„Doch die Linken scheiterten mit ihrem Antrag, bereits heute die Fachausschüsse zu benennen. Grüne und SPD enthielten sich, die anderen stimmten dagegen.“
Von Bedeutung wird diese Unterscheidung vor dem Hintergrund folgender Aussage:
„Die AfD will die Fachausschüsse dann einfordern, wenn plötzliche umfangreiche Gesetzespakete durch den Bundestag sollen. Auch die FDP meint, dass über Monate „mit diesem Provisorium“ gearbeitet werden könne, betonte Marco Buschmann.“
Erstaunlich, dass einige Parlamentarier nicht von sich aus ihre grundgesetzlichen Aufgaben übernehmen wollen. Aber vielleicht liegt das bei AfD und FDP daran, dass sie noch neu sind. Bei CDU/CSU ist man ja daran gewöhnt, dass politische Diskussionen über Fragen der Verteidigungspolitik gescheut werden. Das Prinzip Merkel halt…
http://www.tagesschau.de/inland/bundestag-hauptausschuss-101.html