Letzte ordentliche Kabinettsitzung: Die neuen Kurzzeit-Mandate für die Bundeswehr

In ihrer voraussichtlich letzten Kabinettsitzung vor dem Zusammentreten des neu gewählten Bundestages hat die amtierende Bundesregierung (danach ist sie nur geschäftsführend) eine kurzzeitige Verlängerung von Mandaten für Auslandseinsätze der Bundeswehr auf den Weg gebracht. Die Ministerrunde beschloss am (heutigen) Mittwoch, dem neuen Parlament die befristete Verlängerung der Bundeswehrmissionen in Afghanistan und im UN-Einsatz in Mali, im Anti-ISIS-Einsatz, bei den Blauhelmmissionen im Sudan und Südsudan sowie bei der Beteiligung an der Seeraumüberwachung der NATO im Mittelmeer vorzulegen.

Mit der Verlängerung um jeweils drei Monate, aber ohne inhaltliche Veränderung soll angesichts einer erwarteten langwierigen Koalitions- und Regierungsbildung nach der Wahl am 24. September die Fortführung der Einsätze sichergestellt werden. Zugleich soll aber auch das neu gebildete Parlament mit seinen erst später feststehenden Regierungsmehrheiten nicht zu lange festgelegt werden. Der neue Bundestag kommt am 24. Oktober zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen.

Über die Mandate wird der Bundestag voraussichtlich debattieren und abstimmen; die Überlegung, eine Verlängerung im vereinfachten Verfahren ohne erneute Abstimmung vorzunehmen, wurde offensichtlich nicht weiter verfolgt. Wann die neuen Kurzzeit-Mandate auf die Tagesordnung gesetzt werden, ist Sache des Bundestages. Allerdings laufen mehrere Mandate zum Jahresende aus, so dass sich schon daraus ein gewisser Zeitdruck für das Parlament ergibt. Und ein Mandat, nämlich die Ausbildungsunterstützung für die Kurden im Nordirak, dürfte nach den Entwicklungen der vergangenen Tage politisch noch mehr umstritten sein als zuvor schon.

Insgesamt sieben Mandate für Auslandseinsätze der Bundeswehr sollen auf diese Weise verlängert werden; fünf davon enden am 31. Dezember dieses Jahres, zwei weitere Ende Januar 2018. Die Bundesregierung betonte in ihrem Beschluss:

Der jeweilige Einsatzauftrag, das Einsatzgebiet, die rechtlichen Grundlagen der Einsätze, die Höchstzahl der einzusetzenden Soldatinnen und Soldaten sowie die Fähigkeiten der einzusetzenden Streitkräfte bleiben gegenüber den noch geltenden Mandatsbeschlüssen der Bundesregierung, denen der Deutsche Bundestag jeweils zugestimmt hat, mit Blick auf die eingesetzten deutschen Kräfte unverändert.

Die Mandate im Einzelnen:

Folgende Einsätze sind nach dem bisherigen Mandat bis zum Jahresende befristet und sollen bis zum 31. März 2018 verlängert werden:

• Die Mission Resolute Support in Afghanistan, die das Parlament zuletzt am 15. Dezember 2016  verlängert hatte (aktuelles Mandat in der BT-Drucksache 18/10347). Wie angekündigt, bleibt auch im Übergangsmandat die bisherige Personalobergrenze von 980 Soldaten; eine überlegte Aufstockung des deutschen Engagements am Hindukusch bleibt damit voraussichtlich einer neuen Bundesregierung vorbehalten.

• Die Mission Counter Daesh, der Einsatz der Luftwaffe im Rahmen der internationalen Anti-ISIS-Koalition.  Das Parlament hatte die Verlängerung und Ausweitung  vor allem um AWACS-Luftraumüberwachungsflugzeuge der NATO am 10. November 2016 gebilligt (aktuelles Mandat BT-Drucksache 18/9960). Inzwischen wurde der Stationierungsort der deutschen Tornado-Aufklärungsflugzeuge und eines Tankflugzeugs von der türkischen Basis Incirlik auf die jordanische Luftwaffenbasis Al-Azraq verlegt.

• Der Einsatz der NATO zur Seeraumüberwachung, die Operation Sea Guardian. An dieser Operation zur Überwachung und Bekämpfung terroristischer Aktivitäten im Mittelmeer ist die Deutsche Marine immer nur punktuell beteiligt, in der Regel mit Schiffen, die im Transit zu anderen Einsätzen unterwegs sind. Der Bundestag hatte die Beteiligung an dieser Nachfolgemission der früheren Operation Active Endeavour erstmals  am 29. September 2016 gebilligt (aktuelles Mandat BT-Drucksache 18/9632). Wenn ich nicht etwas übersehen habe, ist es auch der einzige vom Parlament gebilligte Einsatz bewaffneter deutscher Soldaten, an dem sämtliche Angehörigen der Bundeswehr teilnehmen können und nicht, wie sonst üblich, nur Berufs- und Zeitsoldaten sowie Freiwillig Wehrdienst Leistende mit mehr als einem Jahr Verpflichtungszeit.

• Bei der Bundeswehrbeteiligung an der gemeinsamen Mission von Afrikanischer Union und Vereinten Nationen in der sudanesischen Provinz Darfur (UNAMID,  zuletzt verlängert am 15. Dezember 2016aktuelles Mandat BT-Drucksache 18/10189) handelt es sich ebenso wie beim Einsatz von Militärbeobachtern in der UN-Mission im Südsudan (UNMISS, zuletzt verlängert am 15. Dezember 2016, aktuelles Mandat BT-Drucksache 10188) um kleinere Missionen, die allerdings als Zeichen für das deutsche Engagement in den Vereinten Nationen Bedeutung haben.

Zwei Einsätze sind nach dem bisherigen Mandat befristet bis zum 31. Januar 2018 und sollen bis zum 30. April verlängert werden:

• Die deutsche Beteiligung am UN-Blauhelmeinsatz MINUSMA in Mali, der inzwischen größte Auslandseinsatz der Bundeswehr.  Anfang des Jahres hatte die Bundesregierung den Einsatz mit der Entsendung von NH90-Transporthelikoptern und Tiger-Kampfhubschraubern ausgeweitet, der  Bundestag billigte das am 26. Januar 2017. (Aktuelles Mandat BT-Drucksache 18/10819)

• Die Ausbildungsunterstützung im Nordirak. Nachdem die deutschen Waffenlieferungen an die kurdischen Peshmerga-Kämpfer für deren Kampf gegen ISIS abgeschlossen sind, geht es inzwischen nur noch um die Ausbildung. Das Parlament hatte die Verlängerung dieser Mission zuletzt am 26. Januar 2017 gebilligt (aktuelles Mandat BT-Drucksache 18/10820). Allerdings könnten, siehe oben, die aktuellen Entwicklungen nach dem kurdischen Referendum für eine Unabhängigkeit und die daraus folgenden Spannungen zwischen der irakischen Zentralregierung und der kurdischen Autonomieverwaltung sowie die anscheinend beginnenden gewaltsamen Auseinandersetzungen auch ein Ende dieser Mission bedeuten.

(Archivbild Februar 2017: CIMIC- Team der  gemischten Bundeswehr-Aufklärungskompanie im MINUSMA-Einsatz auf dem Wochenmarkt in Wabaria nahe Gao/Mali – Bundeswehr/Sebastian Wilke)