„We are not nation building again, we are killing terrorists“

Die USA werden sich aus dem Krieg in Afghanistan nicht zurückziehen, sondern ihn härter als bisher weiter führen und dabei das Ziel verfolgen, das Land nicht wieder zu einer Ausgangsbasis für Terrorgruppen werden zu lassen. We are not nation building again, we are killing terrorists, sagte US-Präsident Donald Trump am Montagabend (Ortszeit) in einer Rede zu einer veränderten Afghanistan-Strategie. Trump kündigte zwar an, das US-Militär solle mehr als bisher freie Hand in seinem Vorgehen bekommen, außerdem werde es mehr Druck auf Pakistan geben und die Anforderung an die Regionalmacht Indien wie auch die NATO-Partner, mehr zu tun am Hindukusch. In Details blieb Trump allerdings vage: Er eröffnete den Weg für eine Aufstockung der US-Truppen in Afghanistan, lehnte es aber ab, konkrete Zahlen zu nennen.

Für das künftige, nach Trumps Worten neue Vorgehen werden die Bedingungen vor Ort das weitere Vorgehen bestimmen, nicht ein Zeitplan, wie lange sich die USA am Hindukusch engagieren würden. Allerdings hatte schon unter seinem Vorgänger Barack Obama der Anspruch gegolten, conditions based, not calendar driven in Afghanistan zu agieren – ein Anspruch, der unter innenpolitischem Druck sowohl in den USA als auch anderen NATO-Ländern dann faktisch nicht umgesetzt wurde.

Zuvor war erwartet worden, dass der US-Präsident eine Aufstockung der derzeit rund 8.400 Soldaten um bis zu 4.000 ankündigen würde – mit der Weigerung, über Zahlen zu reden, legt Trump die konkrete Entscheidung offensichtlich in die Hand seines Verteidigungsministers James Mattis und des US-Militärs. Trump legte aber großen Wert darauf, Beschränkungen beim Einsatz der Soldaten aufzuheben und dafür auch die Rules of Engagement (ROE) zu lockern: Our troops will fight to win.

Gleichzeitig stellte der Präsident allerdings auch in Aussicht, dass es am Ende auch Verhandlungen mit den Taliban geben könnte – die allerdings nicht die Gelegenheit bekommen dürften, das Land gewaltsam unter ihre Kontrolle zu bringen. Die gegenwärtige Regierung in Kabul könne ebenso wie die afghanischen Streitkräfte weiterhin auf Unterstützung der USA rechnen.

Trump kündigte an, dass er die NATO-Mitglieder, die in der Resolute Support Mission in Afghanistan engagiert sind, zum Einsatz von mehr Truppen und mehr Geld auffordern werde. Das habe er auch für die kollektive Verteidigung in der NATO getan, und das habe auch funktiioniert.

Besondere Aufmerksamkeit richtete Trump in seiner halbstündigen Rede auf die beiden großen Länder Südostasiens und Nachbarn Afghanistans, Pakistan und Indien. Pakistan erhalte zwar US-Hilfe in Milliardenhöhe, biete aber zugleich Terroristen Unterschlupf, beklagte der US-Präsident. Es werde Zeit für Pakistan, seine Bereitschaft zum Kampf gegen den Terror im Nachbarland zu zeigen. Indien wiederum profitieren vom Handel mit den USA, müsse dann aber auch mehr in Afghanistan tun, um seinen Teil zu einem Frieden am Hindukusch beizutragen.

Insgesamt bleibt nach dieser Rede noch sehr vieles unklar. Für die NATO und damit auch für Deutschland wird sich erst in den Details dieser von Trump verkündeten neuen Strategie zeigen, welche Bedingungen für den Einsatz am Hindukusch sich ändern. Klar scheint nur, dass es auf absehbare Zeit keinen US-Rückzug von diesem seit 16 Jahren dauernden Krieg geben wird – nicht ohne Grund verwies Trump auf das Beispiel Irak: Der vorzeitige Abzug der US-Truppen nach Eroberung des Landes habe ISIS erst möglich gemacht.

Das als ersten Eindruck; noch liegt auch die Rede nicht im Wortlaut vor – wird nachgetragen.

Nachtrag: Die – recht kurze – Erklärung des Verteidigungsministers dazu:

The president has provided his strategic guidance for the South Asia strategy following a rigorous interagency review.
I have directed the Chairman of the Joint Chiefs of Staff to make preparations to carry out the president’s strategy. I will be in consultation with the Secretary General of NATO and our allies—several of which have also committed to increasing their troop numbers. Together, we will assist the Afghan Security forces to destroy the terrorist hub.

Nachtrag 2: Das Transkript von Trumps Rede gibt es (bislang) noch nicht beim Weißen Haus, aber bei der New York Times, dazu das Video:

Full Transcript and Video: Trump’s Speech on Afghanistan

… und jetzt auch auf der Webseite des Weißen Hauses sowie bei YouTube:

(Foto: Screenshot der Video-Übertragung des Weißen Hauses aus Fort Myers, Virgina)