Türkei lehnt Parlamentarier-Besuch auf türkischer NATO-Basis ab (Neufassung)

Angesichts des schlechten Verhältnisses zwischen der Türkei und Deutschland will die türkische Regierung deutschen Parlamentariern selbst einen Besuch auf einer NATO-Basis in der Türkei untersagen. In einer so genannten Verbalnote habe die Regierung in Ankara gefordert, die für kommende Woche geplante Visite von Mitgliedern des Bundestags-Verteidigungsausschusses bei deutschen Soldaten in den AWACS-Luftüberwachungsflugzeugen auf diesem Flugplatz zu verschieben, sagte der Vorsitzende des Ausschusses, der SPD-Abgeordnete Wolfgang Hellmich, auf Anfrage von Augen geradeaus!

Offiziell wurde dieser Wunsch laut Hellmich damit begründet, dass ein solcher Besuch aufgrund des belasteten Verhältnisses beider Länder zum jetzigen Zeitpunkt ungünstig sei. Zuvor hatte die Türkei schon den Bundestagsabgeordneten einen Besuch bei deutschen Soldaten auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik verboten. Dass hatte zu der Entscheidung der Bundesregierung geführt, die dort im Kampf gegen ISIS stationierten Aufklärungsflugzeuge und einen Tanker nach Jordanien zu verlegen. Die Verlegung hat inzwischen begonnen.

Über das Verbot für den Besuch in Konya hatten zuerst Spiegel Online und tagesschau.de berichtet. Die Entscheidung der Regierung in Ankara hat eine neue Qualität: Konya ist eine NATO-Basis, und die deutschen Soldaten dort stellen lediglich einen Teil der Besatzungen der AWACS-Flugzeuge, die von der Türkei aus den Luftraum über Syrien und dem Irak ebenfalls im Kampf gegen ISIS überwachen. Damit geht es nicht mehr nur um bilaterale Beziehungen zwischen den beiden Ländern, sondern die Allianz ist ebenfalls betroffen.

Der Vorsitzende des Verteidigungausschusses betonte, das deutsche Parlament könne sich weiterhin nicht gefallen lassen, dass die Türkei die Besuchsrechte von Abgeordneten bei deutschen Soldaten von ihrer Einschätzung der politischen Beziehungen abhängig mache. Darüber hinaus habe der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan Bundeskanzlerin Angela Merkel versichert, dass im Unterschied zu Incirlik die NATO-Basis Konya nicht von einem Besuchsverbot betroffen sei. Das sei offensichtlich nicht belastbar, sagte Hellmich.

Hellmich kündigte an, dass die Handlungen Ankaras bei der Verlängerung des Mandats für den deutschen Einsatz in der Anti-ISIS-Koalition eine Role spielen würden. Erst im vergangenen Jahr war diese Mission um die AWACS-Flugzeuge erweitert worden, einschließlich der Verlegung nach Konya. Er sehe nicht, dass die Stationierung auf dem Flugplatz in der Türkei unter diesen Umständen verlängert werden könnte, sagte der Ausschussvorsitzende.

Nachtrag: Dieses Thema gehört zwar nur mittelbar dazu; für das Verhältnis der Türkei zur NATO insgesamt hat es aber vermutlich mehr Bedeutung als das Verbot eines Besuchs:

Turkey Chooses Russia Over NATO for Missile Defense
Turkey has agreed to pay $2.5 billion to acquire Russia’s most advanced missile defense system, a senior Turkish official said, in a deal that signals a turn away from the NATO military alliance that has anchored Turkey to the West for more than six decades.
The preliminary agreement sees Turkey receiving two S-400 missile batteries from Russia within the next year, and then producing another two inside Turkey, according to the Turkish official, who asked not to be named because of the sensitivity of the matter. A spokesman for Russia’s arms-export company Rosoboronexport OJSC said he couldn’t immediately comment on details of a deal with Turkey.

 

(Hinweis: Ich muss aus privaten Gründen weiterhin kürzer treten; deshalb bleiben auch alle Kommentare weiterhin auf moderiert – tut mir leid, wenn das die Debatte bisschen einchränkt.)

(Foto: AWACS-Flugzeuge der NATO in Konya im Juni 2017 – Foto SHAPE)