Fünf neue Korvetten: Kartellamt verzichtet auf Einspruch (Nachtrag: Marine)
Die geplanten fünf neuen Korvetten für die Deutsche Marine können wie geplant bestellt und gebaut werden. Das Bundeskartellamt teilte am (heutigen) Mittwoch mit, es habe keine durchgreifenden kartellrechtlichen Einwände gegen das inzwischen gebildete Konsortium unter Einschluss der Werft German Naval Yards (GYK) in Kiel, das die Kriegsschiffe bauen soll.
Aus der Mitteilung des Kartellamts:
Das Bundeskartellamt wird kein Verfahren gegen die geplante Beteiligung des Unternehmens German Naval Yards Kiel GmbH („GNYK“) an der ARGE K130 im Hinblick auf das deutsche und europäische Kartellverbot einleiten.
Die ARGE K130 ist ein bestehendes Konsortium der Unternehmen Thyssen Krupp Marine Systems GmbH und der Fr. Lürssen Werft GmbH & Co. KG. Dieses Konsortium wurde bereits 2001 mit dem Bau und der Lieferung von fünf Korvetten des Typs K 130 für die deutsche Bundeswehr beauftragt. Nunmehr ist beabsichtigt, dasselbe Konsortium mit dem Bau und der Lieferung fünf weiterer Korvetten des Typs K130 zu beauftragen. (…)
Alle beteiligten Unternehmen haben dem Bundeskartellamt die geplante Vereinbarung im Einzelnen vorgestellt. Nach einer vorläufigen Bewertung war danach davon auszugehen, dass die beabsichtigte Beteiligung an dem Konsortium – soweit sie unter das Kartellverbot fällt – die gesetzlichen Voraussetzungen einer Freistellung von diesem Verbot erfüllen könnte.
Das laufende Kartellverfahren war in der vom Bundestags-Haushaltsausschuss am 21. Juni gebilligten Vorlage für die Beschaffung noch als Vorbehalt genannt worden:
Parallel zum laufenden Nachprüfungsverfahren beim OL Düsseldorf haben sich die Industrieparteien vorläufig geeignet, die GNYK in die ARGE [Arbeitsgemeinschaft] K130 aufzunehmen. Dieses Vorhaben wird zunächst noch einer kartellrechtlichen Prüfung unterzogen. (…) Für den Fall, dass die kartellrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestätigt wird, hat sich die GNYK bereit erklärt, den Nachprüfungsantrag zurückzunehmen.
Der Vorschlag zum Bau der fünf neuen Korvetten, formal als 2. Los der bereits an die Bundeswehr ausgelieferten Kriegsschiffe des gleichen Typs, war im vergangenen Jahr überraschend von den Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs (SPD) und Eckart Rehberg (CDU) gemacht worden – und Verteidigungsministerium und Bundeswehr hatten das gerne aufgegriffen, weil damit die Marine schneller dringend benötigte neue Boote bekommen soll. Die Werft German Naval Yards hatte dagegen vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ein Vergabeverfahren angestrengt, weil sie zunächst an dem Werftenkonsortium zum Bau der Schiffe nicht beteiligt war.
Mit der Entscheidung des Kartellamts sind die juristischen Hürden für das Projekt vorerst ausgeräumt – sobald die Kieler Werft ihren Nachprüfungsanstrag vor dem Düsseldorfer Gericht auch formal zurücknimmt. Allerdings warnten die Bonner Wettbewerbswächter: Die beteiligten Unternehmen sind im weiteren Fortgang verpflichtet, die Vorgaben des Kartellverbots für ihre Vereinbarungen selber einzuschätzen. Das bloße Nichtaufgreifen eines Sachverhalts durch das Bundeskartellamt entfaltet insoweit keine Bindungswirkung.
Der Vertrag über die Konstruktion, den Bau und die Lieferung von fünf weiteren Korvetten soll ein Volumen von 1,989 Milliarden Euro umfassen. Zusätzlich sind weitere 470 Millionen Euro vorgesehen, die die Funktionalität des Gesamtsystems der Boote 6 bis 10 sicherstellen und mit Beistellungen der Bundeswehr geleistet werden sollen. Die neuen Kriegsschiffe sollen in den Jahren 2022 bis 2025 ausgeliefert werden.
Nachtrag: Die erste Reaktion der Marine:
„Das ist eine wirklich gute Nachricht“, so die spontane Reaktion von Vizeadmiral Andreas Krause, dem Inspekteur der Marine. „Das zeigt außerdem, dass wir eben doch schnell Rüstungsprojekte umsetzen können, wenn wir alle an einem Strang ziehen und miteinander im Gespräch bleiben!“, so Krause weiter. Allerdings fange die eigentliche Arbeit jetzt erst an. Jetzt müsse alles daran gesetzt werden, den Bauvertrag so schnell wie möglich abzuschließen und den Bau der Korvetten planmäßig voranzutreiben.
Tatsächlich könnte der Bauvertrag bereits im August und damit noch vor der Bundestagswahl zwischen der Bundeswehr und der ARGE K130 geschlossen werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, der Abschluss der noch anhängigen Beschwerde von German Naval Yards Kiel beim Bundeskartellamt gegen das Vergabeverfahren.
Der Inspekteur der Marine blickt zuversichtlich in die Zukunft: „Ich bin sicher, dass wir das gemeinsame Ziel erreichen und die erste der fünf neuen Korvetten planmäßig in der Mitte des nächsten Jahrzehnts erhalten.“ Damit sei der dringend notwendige Aufwuchs der Marine ein weiteres Stück greifbarer geworden. Davon profitiere möglicherwiese auch der Standort Rostock. „Wir wollen die fünf neuen Korvetten im Stützpunkt Hohe Düne in Warnemünde stationieren.“, ergänzt Krause. Dazu liefen derzeit die infrastrukturellen Prüfungen. Das Ergebnis stehe noch aus.
Zusammen mit dem ab ebenfalls Mitte der 2020er Jahre fertig gestellten neuen Führungszentrum der Deutschen Marine in der Hanse-Kaserne bedeutet die Stationierung der fünf neuen Korvetten in Warnemünde einen Aufwuchs um rund 1000 Stellen auf dann 2600 Dienstposten.
Das sieht zunächst nach einem gewissen Delta aus – die Aussage aus der Vorlage, die Boote sollten in den Jahren 2022 bis 2025 ausgeliefert werden, und die Aussage des Inspekteurs Ich bin sicher, dass wir … die erste der fünf neuen Korvetten planmäßig in der Mitte des nächsten Jahrzehnts erhalten. Auf Nachfrage präzisierte die Marine: Krause meint die operative Verfügbarkeit.
Jetzt braucht die Marine nur noch Besatzungen. Ob man die auch einfach so bekommt?
Naja. Wenn ich das richtig lese ist die Sache ja noch nicht komplett aus der Welt. Widerspruchsrechte und ähnliches. Die spannende Frage ist ja wann das geklärt ist und ab wann praktisch (mit Metall und Trockendock) angefangen werden kann zu arbeiten.
Welch eine Bananenrepublik! Wenn man die gleichen Maßstäbe für die Privatwirtschaft an öffentliche Institutionen anlegen würde, hätte man ziemliche Probleme, auch z.B. wegen HGB 246 ;)
@Sommerbiwak
Die bekommt man wenn man denen mehr bietet als die industrie. die BW sucht schlaue uns sportliche Leute um die 20. Die bezahlen nach Beamtenschlüssel. Und es tut sich ebend doch für einen 25 j Dipl Ing. Maschinenbau nen Unterschied zwischen Motorenwart auf der Korvette und Fachingenieur bei Siemens auf.
Bin zwar Landratte – aber mit den Hintergrundinformationen hier auf AG wage ich die Einschätzung: Marine kommt wieder in die Spur!
Hans Schommer
@dante
Ein Bundeswehroffizier ist vor seiner ersten technischen Verwendung in der Truppe durschnittlich 6 Jahre in Ausbildungen gebunden (Offzschule/Studium/Fachöehrgänge) verdient in dieser Zeit durchschnittlich 2000 Euro netto im Monat ohne Trennungsgeld. Ergibt ein Gesamtnettogehalt von 144000 Euro in den sechs Jahren der Ausbildung. Ein ziviler Student verdient in dieser Zeit garnichts. Also müsste der zivile Ingenieur in den folgenden 7 Verpflichtungsjahren des Bundeswehroffiziers ca 1700 Euro Netto mehr verdienen als der Bundeswehroffizier um auf das gleiche Gesamtniveau zu kommen.
[Das hat jetzt mit dem Bundeskartellamt genau was zu tun? T.W.]
Dann kann´s ja losgehen. Also, wollen wir es zumindest hoffen! Denn ja, was dazwischen kommen kann immer noch.
Was die Besatzungen betrifft: Die Ausbildungseinrichtungen der Marine sind meines Wissens nach rappelvoll. Was nicht heißt, dass in der Flotte nicht immer noch mehr Spezialisten benötigt werden würden. Aber wie @Hans Schommer so schön sagte:
Marine kommt wieder in die Spur!
Man muss halt nur ein Auge darauf haben, dass jetzt, wo praktisch alle deutschen „Militärwerften“ zum Anbieter gehören, auch umgesetzt wird, was vertraglich vereinbart ist.
Was die Attraktivität des Dienstes bei der Marine betrifft: Mehr Geld ist immer nett, aber andere Faktoren wären meiner Meinung nach wichtiger (heimatnahe Verwendungen, WLan in allen Kasernen und an Bord, längere Stehzeiten auf den Dienstposten, Verkürzung der Abwesenheiten gerade bei der Marine, etc.). Aber das ist dann schon wieder off topic
Ursprünglich war die Indienststellung doch ab 2019 geplant meine ich. Warum dauert es jetzt drei Jahre länger? Denn politisch beschlossen sind diese Schiffe jetzt, trotz Kartellamt und Klage, in Rekordzeit.
Die Bauzeiten der ersten 5 Einheiten waren nur 1 1/2 Jahre. Nur die Indienststellung hat sich teilweise, wohl wegen den technischen Problemen, um Jahre verzögert.
@SeLaLu:
Ich bin zwar eine Landratte, aber heimatnahe Verwendung und Boarddienst hören sich nicht wirklich vereinbar an.
@Alle:
Jetzt werden 5 Boote zu rund 400 mio € gebaut. Sind da schon Waffen, Kommunikation, Sensoren und so dabei oder wird das für die zusätzlichen ca 100 mio € pro Stück bezahlt?
Wurde schon etwas wegen einer Kampfwertsteigerung der vorhandenen gesagt?
Soweit ich das gelesen habe, geht die US Marine gerade wieder von ihren littoral combat ships LCS ab, da die in symmetrischen Konflikten zuwenig Punch haben und bestellen wieder mehr Fregatten (warisboring.com). Warum kaufen wir jetzt noch mehr von diesen Dingern und legen damit Geld und Personal fest??
Hm. Hinweis an alle, die jetzt eine Grundsatzdebatte Korvetten eröffnen möchten (sind die zu klein/braucht die Marine die/sind die überhaupt bewaffnet/was gibt’s für das Geld) der dringende Hinweis: Sehr, sehr viele dieser Fragen sind in den vorangegangenen Korvetten-Threads extrem ausführlich diskutiert werden.
Bei dann absehbar 10 Korvetten plus Minenjagdboote und U- Booten in Warnemünde, Kiel und Eckernförde gehört auch entsprechende Instandsetzungskapazität in den Ostsseebereich! Das Marinearsenal Kiel und seine Außenstelle Warnemünde, (geschlossen am 31.12.2015), lassen grüßen!
@StMarc
Zwischen LCS und K130 gibt es kaum Überschneidungen. Da sind sich ja selbst LCS und F125 ähnlicher.
Die unterschiedlichen Positionen zur K130 an sichen wurden hier ja schon öfter deutlich gemacht. Ich frage mich aber auch warum eine solche Einheit so lange für den Bau braucht da die Einrüstungs-, Ealibrierungs- und Testpahse von Systemen hier ja deutlich kürzer liegen soltle als bei Einheiten mit umfassendem Fähigkeitspektrum.
Passt nicht wirklich hinein
https://www.zdf.de/politik/frontal-21/korvetten-fuer-die-marine-100.html
Mit Deutschen Marine Boote ist schon Fraglich
[Passt hier überhaupt nicht hinein, weil es bei dieser Geschichte nur sehr, sehr am Rand um die Korvetten geht und im Wesentlichen um den libanesischen Eigner der deutschen Werft und sein Verhalten in einem ganz anderen Fall. Diesen OT bitte hier nicht weiter auswalzen. T.W.]
Na hoffentlich werden die notwendigen DP auch schnellstens nachgezogen. Zusätzliche Boote reparieren sich nicht von alleine…
@ nur 2 Cent
Das ist richtig. Somit wäre dann auch eine Dienstpostenaufstockung beim Marinearsenal erforderlich.
Leider wurde ja fast das ganze Korvetten KnowHow mit der Schließung des Arsenalbetriebes Kiel und dessen Aussenstelle in Warnemünde ja vernichtet und müsste nun teuer wieder aufgebaut werden. Danke TdM.
@ Felix
Es giebt aber genug leute die lieber zuhause bei ihrem Partner übernachten und dafür geldeinbußen inkauf nehmen. Oder gegenfrage. wiviel sold müsste man zahlen damit vollausgebildete leute freiwillig über monate in einer schwimmenden 90 m Männer WG zubringen?