Aufnahmerituale in Pfullendorf: Gericht bestätigt Entlassungen (Neufassung, Nachtrag)
Nach den im Januar bekannt gewordenen entwürdigenden Aufnahmeritualen im Ausbildungszentrum Spezielle Operationen in Pfullendorf hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Entlassung von vier Soldaten bestätigt. In diesen Fällen ging es nicht um die ebenfalls bekannt gewordenen Umstände bei der Sanitätsausbildung, sondern ausschließlich um Rituale unter Mannschaftssoldaten, die zur Stammbesatzung des Ausbildungszentrums gehörten.
Die offizielle Mitteilung des Gerichts vom (heutigen) Donnerstag zu der am (gestrigen) Mittwoch ergangenen Entscheidung:
Die Entlassung von vier Soldaten des Ausbildungszentrums Spezielle Operationen in Pfullendorf wegen ihrer Teilnahme an Aufnahmeritualen war rechtens. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen wies die Klage der Soldaten gegen ihre Entlassung nach dreistündiger Verhandlung ab.
Die vier jungen Männer, zwei Soldaten auf Zeit sowie zwei Freiwillig Wehrdienstleistende, waren wegen ihrer Beteiligung an sogenannten Taufen neuer Kameraden entlassen worden. Einen Einblick in das ihnen vorgeworfene Fehlverhalten gaben u.a. Videos, die von einem der Soldaten aufgenommen worden waren. Sie geben zwei der Vorfälle wieder, die sich zwischen Oktober 2016 und Januar 2017 ereignet haben sollen. Nach Angaben der Soldaten zeige ein Video das Üben einer Gefangennahme. Ein anderes Video zeigt, wie ein Soldat in Uniform mit ABC-Maske im Gesicht zwei zivil gekleidete und auf Stühle gefesselte Männer in der Dusche abspritzt.
Das Gericht kommt vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis, dass die angefochtenen Bescheide rechtmäßig seien. Das Verhalten der Kläger stelle eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung dar. Insbesondere liege ein Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht und gegen das Gebot der gegenseitigen Achtung und zu vertrauensvollem Verhalten vor. Von einer freiwilligen oder vom Einverständnis getragenen Teilnahme der „Täuflinge“ könne nicht ausgegangen werden. Der Verbleib der Kläger im Dienst würde zu einer Gefährdung der militärischen Ordnung führen. Durch Aufnahmerituale könnten eingeschworene Zirkel in der Truppe entstehen, die die Einsatzbereitschaft der Truppe schwächten. Außerdem sei die Gefahr der Nachahmung groß. Es müsse dem Dienstherren freistehen, einer solchen Disziplinlosigkeit entgegenzuwirken. Die Bundeswehr müsse durch die Entlassungen Zeichen setzen dürfen, um derartigen Vorfällen entgegenzuwirken.
(Aktenzeichen: VG Sigmaringen 5 K 1899, 1934, 3459 und 3625/17 vom 19.07.2017)
Das schriftliche Urteil liegt noch nicht vor; deshalb gibt es auch noch keine offizielle Aussage dazu, auf welche rechtlichen Grundlagen das Gericht die Entscheidung stützt.
Nachtrag: Auf Nachfrage von Augen geradeaus! erläuterte ein Gerichtssprecher:
Für die Zeitsoldaten gilt § 55 Abs. 5 SG (Ermessen: „kann“), für die Freiwillig Wehrdienstleistenden gilt § 58 h SG (mit § 75 Abs. 1 Nr. 5 SG), wobei letztere zu entlassen sind (kein Ermessen).
• Soldatengesetz §55
• Soldatengesetz § 58 h
• Soldatengesetz §75
Das Verteidigungsministerium hatte bereits unmittelbar nach dem Urteil reagiert:
Das Gericht hat klar bestätigt: Jemanden einen Sack über den Kopf zu ziehen und ihn zu fesseln – das ist ein klarer Verstoß gegen das Gebot des respektvollen Miteinanders und gegen die Kameradschaft. Hier werden Würde, Ehre und Unverletzlichkeit der Person eines Kameraden missachtet. Würde man solche Vorfälle dulden, stünde die Geschlossenheit der Truppe und damit die militärische Ordnung in Frage.
Der dpa-Bericht aus der Verhandlung ist hier bei n-tv nachzulesen.
Die Vorwürfe hatte das Heer so beschrieben:
Außerdem wurde bekannt, dass es im Ausbildungszentrum wiederholt im Zuge sogenannter „Aufnahmerituale“ zu Misshandlungen von Soldaten gekommen ist. Dies geschah zwischen Mannschaftsdienstgraden. Vorgesetzte waren nach derzeitigem Stand der Ermittlungen an den Geschehnissen nicht beteiligt.
Den eindeutig identifizierten Tätern wurde durch den Disziplinarvorgesetzten sofort die Ausübung des Dienstes einschließlich des Tragens der Uniform untersagt. Gleichzeitig wurde in allen Fällen die fristlose Entlassung aus der Bundeswehr eingeleitet. Das ist möglich, weil es sich bei den Betroffenen um Soldaten mit einer Dienstzeit unter vier Jahren handelt.
Am 24.01.2017 erfolgte die Abgabe an die Staatsanwaltschaft Hechingen durch die truppendienstlichen Vorgesetzten wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung, gefährlichen Körperverletzung, Gewaltdarstellung und Nötigung.
Das heutige Verfahren war ein reines Verwaltungsverfahren, es ging um die fristlose Entlassung und nicht um die bei der Staatsanwaltschaft anhängigen Vorwürfe strafbaren Verhaltens.
(Archivbild: Staufer-Kaserne in Pfullendorf – Bundeswehr/Michael Frick)
@Hans Schommer | 21. Juli 2017 – 22:26
+1
Aber wenn die vdL schon sonst nichts vorzuweisen hat, dann muss halt der (ich zitiere jetzt Sie ;) ), „Scheiß“ den ein paar Landser gebaut haben als Rechtfertigung für ihr Verhalten dienen :(
Laut der FAZ sollen Zeugen und die meisten Opfer die Darstellung der Täufer bestätigt haben, daß es sich um einen Spaß unter Kameraden gehandelt habe, die Getauften hätten freiwillig mitgewirkt und von Gewalt oder Zwang könnte keine Rede sein.
Nur damit haben wir keinen Skandal und ist die Entlassung der Soldaten eine viel zu harte Strafe für diese schlechten Landserstreiche!
Es ist also wahrscheinlich daß die strafrechtlichen Ermittlungen zu nichts führen und eingestellt werden.
Weiter wird dort berichtet, daß Bundeswehrmitarbeiter, die nicht unmittelbar an den Taufen beteiligt gewesen seinen. von den Vorgängen gewusst hätten und die Dienstaufsicht versagt hätte.
Nur hat die Dienstaufsicht versagt, wenn hier nur schlechte Streiche abgelaufen sind?
Und wurde die BW und der Standort Pfullendorf nicht grundlos in die Pfanne gehauen, wenn hier außer schlechten Streichen nichts gewesen ist? In Körperverletzungen kann man grundsätzlich einwilligen und wenn hier eine ‚Gefangennahme gespielt wurde, mag dies geschmacklos sein gegenüber echten Opfern, aber die Täter sind Heranwachsende, auf die man hätte erzieherisch einwirken können, statt einen BW Skandal aufzubauschen, wo es nur um dumme Jungen streiche geht.
Und daß junge Soldaten zu wenig Aufsicht haben, wegen SAZV und der Abschaffung des UvD, Vorgesetzte leben nicht mehr in den Kasernen…. usw.. haben wir hier schön öfters in AG diskutiert.
Die Betroffenen haben Recht, sie sind ein Bauernopfer……
@closius | 22. Juli 2017 – 10:07
„Es ist also wahrscheinlich daß die strafrechtlichen Ermittlungen zu nichts führen und eingestellt werden.“
Dazu müssen wirklich ALLE vorher zugestimmt haben und zudem auch keine andere, unzulässige Form des Drucks zur Erlangung der Zustimmung erfolgt sein.
Unwahrscheinlich ist es aber in der Tat nicht…
@ Zimdarsen
Ich habe jetzt weit zurückscrollen müssen, um mal eine Frage von Ihnen an mich zu finden.
Zitat:
„Foltern geht gar nicht und jeder der in der Bw Foltert MUSS entlassen werden!
Hat hier jemand gefoltert? Warum sich hier manche Fragen stellen wie man die WDO in so einem Fall zielführend einsetzt? Na, weil jeder von uns aktiven Soldaten in Führungsfunktion morgen mit einem ähnlichen Fall konfrontiert werden kann. Dass man diesen gleich unterstellt, dass sie sich gegen die die Entlassung der Betroffenen einsetzen, entspricht nicht dem was hier geschrieben wurde.
Würde denn der Kamerad und Opfer (Täufling) auch entlassen?“
Das hoffe ich nicht, dass das Opfer auch entlassen wurde.
Ich weiß nicht welche Frage Sie eigentlich an mich gerichtet haben. Meinen Standpunkt kennen Sie, ihren Standpunkt kenne ich auch, doch teile ich ihn nicht.
Für mich sind diese 4 Soldaten nicht nur formal sondern auch inhaltlich rechtmäßig entlassen worden. Wenn die, so wie es @Koffer suggeriert, nur nachgespielt haben, was die „Großen“ in der Ausbildung geübt haben, dann haben sie aber ein paar wichtige Randbedingungen vergessen. Eben das man „Folter“ und „Gefangennahme“ nicht spielen kann. Außerdem gehört den „Großen“, also den Vorgesetzten auch die Leviten gelesen, weil sie diese Unterscheidung offensichtlich nicht an das Ausbilderhilfspersonal, Regiepersonal (= betroffenene Mannschaftsschaftssoldaten ) kommuniziert haben.
Wenn @Closius von „jungenhaften Streichen“ spricht, ist dies verharmlosend, relativierend. Der außenstehende Richter am Verwaltungsgericht, der die Videoszenen gesehen hat, fühlte sich an Folterszenen aus der Berichterstattung von Abu Greib erinnert.
Welcher Aussage soll man da sein Vertrauen schenken ?
Nachdem ich die ganzen Aufnahmerituale in irgendwelchen Statusgruppen ablehne, weil sie oftmals nur dazu genutzt werden um hinterher intern in der Gruppe Dienstvergehen gegenseitig zu decken, sehe ich auch deshalb die Entlassung formal und inhaltlich voll und ganz gerechtfertigt an.
Zitat aus dem Orignaltext des Gerichtes:
„Insbesondere liege ein Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht und gegen das Gebot der gegenseitigen Achtung und zu vertrauensvollem Verhalten vor. “
und
„Durch Aufnahmerituale könnten eingeschworene Zirkel in der Truppe entstehen, die die Einsatzbereitschaft der Truppe schwächten.
Da Sie sich genauso wie @Koffer gegen eine gerichtliche Überprüfung von einfachen Disziplinarmaßnahmen wehren, besteht zumindestens die Möglichkeit, dass es ihnen in Wirklichkeit um das Prinzip des „unter der Decke halten“ von disziplinaren Vorfällen im eigenen Bereich geht. Dies ist aus meiner Sicht nicht akzeptabel.
Jeder Chef und DV muss wissen, dass er die erste formelle Institution des deutschen Rechtsstaates ist. Deshalb müssen auch seine Entscheidungen, die der „Amtsperson Disziplinarvorgesetzter“ voll und ganz überprüfbar sein.
Wenn auf dem Beschwerdeweg bis hin zum Verwaltungsgerichtsprozes ein Ablehnen eines Urlaubsantrages, eines Zulagenbescheides oder eines Versetzungsgesuches durch einen DV gerichtlich überprüft werden können, warum sollte dies für eine verhängte negative Disziplinarmaßnahme wie z.B. eine Disziplinarbuße von 500 Euro nicht gelten ?
Weil damit der betroffene DV dem Gericht erklären muss, warum er in einem Fall eine Besondere Erzieherische Maßnahme und im anderen Fall eine Disziplinarbuße verhängte ? Dieses Problem kennen Richter auch, nennt sich Ermessensspielraum in einem vorgegebenen Strafrechtsrahmen. Falls der richtig angewendet wird, ist alles klar. Wenn aber die Lieblinge, die beim Sportfest oder auf der Schießbahn glänzen, sich mehr herausnehmen können in disziplinaren Angelegenheiten als andere Soldaten, dann stimmt etwas nicht.
Also welche Frage wollen Sie von mir beantwortet haben ?
Ich versuche ja wirklich zu verstehen was sie antreibt, aber eine Fesselung auf einem Stuhl und die Leute dann mit Wasser abspritzen und dabei die Identität des Täters durch eine ABC-Maske zu verschleiern ist verglichen mit einem Kameradendiebstahl oder dem Konsum von Haschisch in der Freizeit in der Schwere des Deliktes wie einzuordnen ?
Es heißt Diensaufsicht nicht Freizeitbeaufsichtigung.
Es geht meinen Chef einen nichts an was ich auf meiner Stube mache außer ich verstoße gegen die Kasernenordnung oder Gesetze (wäre bei Zwang der Fall). Außerhalb der Kaserne nur Gesetze.
Was macht ein Blödsinn (den ich nicht dulde wenn ich dabei wäre) in der Kaserne zum Kündigungsgrund und außerhalb mili Liegenschaften noch nicht mal zu einer Ordnungswidrigkeit?
Und schon wird wieder fleißig spekuliert:
„Was macht ein Blödsinn (den ich nicht dulde wenn ich dabei wäre) in der Kaserne zum Kündigungsgrund und außerhalb mili Liegenschaften noch nicht mal zu einer Ordnungswidrigkeit?“
Der „Blödsinn“ heißt Freiheitsberaubung (Fesseln am Stuhl), Entwürdigende Behandlung von Kameraden (Verstoß gegen die Menschenwürde, Art 1 GG und §12 SG „Kameradschaft“) und „Dienstaufsicht“ heißt auch, dass innerhalb der Kaserne keine Straftaten von Soldaten verübt und geduldet werden, dass die Prinzipien des Grundgesetzes im Umgang miteinander eingehalten werden und selbst wenn alles freiwillig erfolgt wäre (was ich bezweifle) stört es die militärische Ordnung oder ist die Truppenunterkunft mittlerweile ein Sado / Maso – Club ?
@ T.W. Meine Antwort auf @ Zimdarsen Frage, geschrieben heute nachmittag, dürfte im Spam-Filter hängengeblieben sein, oder ? Danke !
[yep, erledigt. T.W.]
@Georg
„Der „Blödsinn“ heißt Freiheitsberaubung.“
Bitte ernst bleiben, ich tu es auch. Wer sich fesseln lässt dem kann man nicht die Freiheit rauben. Bsp im Rahmen der Freizeitgestaltung von vielen Bundesbürgern gibt es viele auch wenn sie nicht zu unser beider Hobby gehören.
Oft genug haben hier Blogteilnehmer geschrieben, dass es sollte da Zwang und oder Vorgesetzte im Spiel gewesen sein keine zwei Meinungen gibt.
Sollte Freiheitsberaubung vorliegen, dann wird das Gericht mit Sicherheit ein angemessenes Urteil fällen. Also um diese Art von Fall ging es in meiner Frage nicht.
@Georg
„Und schon wird wieder fleißig spekuliert“
Genau dies unterscheidet die Gruppen hier im Blog. Einige, wie ich, wissen nicht was dort vor sich ging und kennen nicht die Einzelheiten.
Andere glauben schon zu wissen, wie nachhaltig zu handel (urteilen) ist.
Ich bin für die Suspendierung aller Beteiligten, bis zum Abschluß des Disziplinarverfahrens und Beschluss durch das Gericht. Alles in der vorgesehenen Reihenfolge.
Die andere Ebene ist, wie geht man in der Zukunft mit Fällen in diesem Bereich um, was ist der Rahmen und da diese Frage in die Zukunft gerichtet ist, ist es selbstverständlich Spekulation. Aber da geht es eben nicht um den Fall Pfullendorf.
Als aktive Jugendschöffe bewerte ich das Urteil als völlig überzogen.
@Spike
Pardon, Jugendschöffe am Verwaltungsgericht? Nicht wirklich, oder? Ohne Ihre Erfahrung abwerten zu wollen: Wo sehen Sie die Berührung zu einer Verwaltungsgerichtsentscheidung?
@TW
Doch, tun Sie.
Jugendschöffe am Landgericht.
Ok, dann anders.
Habe als DV zweimal vom 55 Gebrauch machen müssen/wollen.
– wiederholter Kameradendiebstahl,
– gefährliche Körperverletzung und Widerstand gegen Polizeibeamte.
Das scheint mir schon eine andere Ebene zu sein.
@Spike
Weil Sie Jugendschöffe am Landgericht sind, haben Sie Erfahrung mit Verwaltungsrecht? Oder weil Sie als Dienstvorgesetzter, nicht etwa als Schöffe, den §55 Soldatengesetzt angewendet haben? Jetzt werfen Sie aber alles munter durcheinander. So bitte nicht.
Z.Info: VorsVtdgAusschuss, MdB H., hat eine Sondersitzung des Ausschuss in der Parl. Sommerpause aufgrund Türkei, Vorfälle, Trad.Erlass etc. eingefordert. Und er denkt nicht, dass vdL VtdgM bleiben sollte. Insgesamt ein sachliches und gutes Interview.
[Na ja, es würde vlt. helfen, w. S. nb den unsinnigen Abk. zumind. sagen wrd, wo d. Interv. steht, nämlich in der „Welt“. Und der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses heißt Hellmich, nicht „MdB H.“ – was soll der Unsinn? T.W.]
@Georg
Bei einem in der Welt stehenden Interview nennt der Vorsitzende des Verteidigungsausschuss den Problemkern der Vorgänge ganz klar.
(…)
DIE WELT: Sie meinen die Affären wie Mobbing in Pfullendorf oder den unter Rechtsterrorverdacht stehenden Oberleutnant Franco A.?
Hellmich: Ja. Wenn solche Fälle ans Licht kommen, wie unappetitlich sie auf den ersten Blick auch sein mögen, sollte immer eines absolute Priorität haben: die Sachverhaltsaufklärung. Was genau ist passiert? Erst wenn die Fakten geklärt sind, sollte man ein Werturteil über die Beteiligten äußern. Sonst läuft man Gefahr, Mitarbeiter ins Unrecht zu setzen.
[Kopierten Text gekürzt. Das Zitatrecht hat Grenzen, die bitte nicht auf meine Kosten ausgetestet werden. T.W.] (…)
…genau dies ist es was viele hier im Umgang mit den Beschuldigten und Vorgesetzten im Verfahren fordern. Das hat NICHTS mit altem Denken oder ewig gestrig zu tun, sondern ist eine Grundlage unseres Rechtsstaates welchen wir verteidigen. Man kann nicht von der Türkei rechtsstaatliches Verhalten fordern, wenn wir nicht bereit sind es in unserem Staat zu leben.
Man kann eine Entlassung nach 55 als Verwaltungsakt sehen aber auch im Ergebnis als Strafe und Berufsverbot. Ob die Soldaten ihre Dienstpflichten schuldhaft verletzt hatten und deren Verbleiben im Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden, sollte nicht das Verwaltungsgericht vor Kenntnis aller Umstände entscheiden. Nach der Verkündigung des Beschluss und dem Strafmaß wäre ein Beschluss des Verwalrungsgerichts anständig und angemessen gewesen.
@ Elahan
Die Vorgänge in Pfullendorf sind längst aufgeklärt und ausermittelt. Das waren sie schon als die Ministerin damals Ende Januar damit an die Öffentlichkeit gegangen ist.
Disziplinarsachen sind grundsätzlich Eilsachen und vorrangig zu bearbeiten. Es macht auch keinen Sinn bei Verstößen gegen die Disziplin eines Soldaten 6 Monate mit der Bestrafung zu warten, damit ist eine abschreckende Wirkung für den Rest der Truppe nicht mehr gegeben.
Grundlage unseres Rechtsstaates sind die Verfassung und die Gesetze beginnend mit Art 1 (1) GG, „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt“. Darüber sollte man mal nachdenken !
Eine Entlassung eines Zeitsoldaten nach § 55 (5) SG ist eine fristlose Entlassung in den ersten 4 Dienstjahren, wenn er seine Dienstpflichten verletzt hat UND sein Verbleiben in seinem Dienstverhältnis die militärische Ordnung ernstlich gefährden würde ODER das Ansehen der Bw ernstlich gefährden würde. Früher hat man dies lediglich mit der „charakterlichen Nichteignung als Soldat“ zusammengefasst.
Diesen Umstand hat die personalführende Dienststelle der Soldaten beurteilt und ist zu dem Entschluss gekommen, die Soldaten sind zu entlassen, d.h. die vorgesetzte Dienststellen, Offiziere haben festgestellt, dass der Tatbestand für die Entlassung nach § 55 (5) gegeben ist.
Das Verwaltungsgericht hat lediglich festgestellt, dass diese „fristlose Kündigung“ der Soldaten mit den vorhanden Gesetzen im Rahmen des Ermessensspielraums des Dienstherrn, der Bundesrepublik Deuchland, in Einklang stand. Das bedeutet die personalführende Dienststelle hat keinen juristischen Fehler gemacht.
Wie man aufgrund einer fristlosen Kündigung nach § 55 (5) SG nach entsprechendem Fehlverhalten von einem „Berufsverbot“ sprechen kann, erschließt sich mir nicht.
Ein Bänker, der in die Kasse langt und Geld stiehlt, fristlos entlassen wird hat dann auch ein „Berufsverbot“, wenn er bei einer Bank keinen Job mehr findet, oder ?
Also nochmal die Sachverhaltsaufklärung der Vorgänge in Pfullendorf war meiner Meinung nach Ende Januar, spätestens Ende Februar mit dem Besuch des GI abgeschlossen, der Rest war politische Propaganda für die Öffentlichkeit.
Nichtdestotrotz kann die politische Führung der Bw entscheiden, dass sie solche Vorgänge nicht duldet, ein energisches und entschiedeneres Vorgehen und Umsteuern gegen solche Vorgänge wünscht und hat deshalb die Verantwortlichen öffentlichkeitswirksam ausgetauscht. Dies ist legitim und muss meiner Meinung nach als Soldat hingenommen werden.
@Elahan | 24. Juli 2017 – 9:49
„Ob die Soldaten ihre Dienstpflichten schuldhaft verletzt hatten und deren Verbleiben im Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden, sollte nicht das Verwaltungsgericht vor Kenntnis aller Umstände entscheiden.“
Auch wenn ich die Entscheidung des höheren Vorgesetzten (Entlassungsbehörde) durchaus kritisch sehe (nach den bisher bekannten Fakten hätte man hier auch anders entscheiden können, ja vielleicht sogar sollen), so muss ich die Bestätigung durch das VG jetzt verteidigen.
Die Fakten sind ja wohl offensichtlich bekannt (nämlich durch die Vorgesetzten ausermittelt) und bewertet worden.
Ob am Ende eine Straftat dabei heraus kommt oder nicht ist für den § 55(5) nachrangig.
Aufgrund des Anwendungsbereichs des 55,5 (Innere Ordnung bzw. Außenwirkung) muss er (wenn aasermittelt) schnell zur Anwendung kommen. Weitere Verzögerungen würde die Wirksamkeit des Instrumentes drastisch einschränken.
Wie gesagt, ich halte (bei meiner Kenntnis) die Entlassung keineswegs für zwingend und habe durchaus ein gewisses Maß an Empathie für die (ehemaligen) Kameraden, die sich im Kreuzfeuer zwischen vdL und Öffentlichkeit wieder fanden. Aber vertretbar erscheint die Entscheidung des höheren Disziplinargesetzten m.E.n. nach schon.
Und nur das hat das VG zu bewerten…
@ Elahan:
Das verstehe ich nicht so recht. Meinen Sie, das Verwaltungsgericht hätte aufs gerate Wohl ein Urteil gesprochen, bzw. den Entschluss des Dienstherrn (in Person der Einleitungsbehörde, also AusbKdo bzw. GenMaj Spindler) bestätigt und nicht etwa auf Basis von Unterlagen, Vernehmungen etc. pp? Sie vermitteln den Eindruck, als habe das Urteil des Verwaltungsgerichts am Anfang und nicht erst am Ende des Prozesses der Entlassung gestanden. Ohne eine Entlassung hätte es gar keine Klage dagegen geben können. Die Entscheidung, den § 55 u. vglb. überhaupt zur Geltung zu bringen, kam nicht vom Gericht, sondern aus der Bundeswehr. Sei es durch den Disziplinarvorgesetzten oder den zuständigen Rechtsberater, der sich nach Kenntniserlangung den Hut des Wehrdisziplinaranwaltes aufsetzt und dann tätig wird. Damit hat das Gericht nichts zu tun, es hat nur die Richtigkeit des Verfahrens zu prüfen – und hierbei auch das Strafmaß zu beurteilen.
@Bin_dabei
Was wird normalerweise in Stiefelbeuteln transportiert?
Stiefel und damit sind Sie unhygienisch usw..
@ACE
Ich sehe es nicht als Fehler und Schwäche der „Helikopter“ Generation sich nicht schikanieren, beleidigen und misshandeln zu lassen!
Ich sehe es als Fehler, auch persönlichen, Übergriffe und Pflichtversäumnisse von Vorgesetzten nicht entschieden sanktioniert zu haben mit dem Fordern von öffentlicher Entschuldigung, Beschwerden und Strafanzeigen!
Btw. Früher, ich vermute mal „früher“ hätten die Schwedentrunk Ritualisten echte Probleme gehabt, und die Reaktion von Ex Kameraden und Vorgesetzten wäre es gewesen, das das Opfer nur seine Ehre gewahrt und verteidigt hätte.
mkn wurden Neue in Napoleons (alter?) Garde zum „Duell“ gefordert.
@diba
Wenn es in der Freizeit gegen die Menschenrechte verstößt, verstößt es auch im offiziellen gegen die Menschenrechte
@Koffer
Wie wird dann mit Missbrauch von einfachen Disziplinarmaßnahmen umgegangen?
@ ThoDan:
Seien Sie beruhigt: Stiefelbeutel werden nicht mehr ausgegeben. Es kann also auch kein Unfug mehr damit betrieben werden…
@hoDan | 24. Juli 2017 – 13:05
„Was wird normalerweise in Stiefelbeuteln transportiert?
Stiefel und damit sind Sie unhygienisch usw..“
Sorry, das ist nicht richtig. Die wenigsten Stiefelbeutel wurden regelmäßig zum Stiefeltransport verwendet. Und deswegen boten sie sich (weil eben zumeist sauber und unbenutzt) geradezu an für die Waffenausbildung.
Wittern Sie bitte nicht Imme rund überall Misshandlungen und Grenzüberschreitungen.
Wir haben gut ausgebildete und motivierte Vorgesetzte, die (im Regelfall) genau wissen was sie tun und angemessen ausbilden!
„Ich sehe es als Fehler, auch persönlichen, Übergriffe und Pflichtversäumnisse von Vorgesetzten nicht entschieden sanktioniert zu haben mit dem Fordern von öffentlicher Entschuldigung, Beschwerden und Strafanzeigen!“
Wo geht es denn hier im diesem Faden um Vorgesetzte? Es geht um vier sehr junge Landser!
„Wenn es in der Freizeit gegen die Menschenrechte verstößt, verstößt es auch im offiziellen gegen die Menschenrechte“
Diese Formulierung ist rechtlich und inhaltlich nicht präzise! Sie verwechseln hier (vermutlich) „Menschenrechte“ mit „Menschenwürde“.
Denn z.B. zu den Menschenrechten gehört ja auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit und darauf kann ich z.B. als Soldat in meiner Freizeit sehr wohl verzichten (sonst dürfte ja kein Soldat privat Boxen).
Auf die Menschenwürde hingegen kann weder inner noch auch außer Dienst verzichtet werden.
Allerdings stellt sich hier die Frage, ob die beschriebenen Teile der Taufe gegen die Menschenwürde verstoßen haben.
Angesichts der bisher erfolgten Schilderungen objektiv eher nicht.
Die Dienstvergehen, die zu 55(5) führten lagen weniger im Bereich der Menschenwürde oder Menschenrechte, sondern im Bereich § 12 (Kameradschaft) und § 17 (Wohlverhaltenspflicht und Ansehen der Bundeswehr).
„Wie wird dann mit Missbrauch von einfachen Disziplinarmaßnahmen umgegangen?“
Ein Mißbrauch von Disziplinarmaßnahmen ist ein schweres Dienstvergehen und häufig auch eine Straftat.
@Hans Dampf
Wie wird dann das Schuhwerk transportiert?
@Koffer
Ich habe hier überhaupt nichts gewittert, mir kam die Verwendung von Stiefelbeuteln nur ziemlich unhygienisch und eklig vor.
Ich hatte da ACE in Bezug auf seine Aussage zur Helikopter Generation missverstanden.
Die habe ich nämlich durchaus als NEIN erlebt als Nein, wenn sie sich schikaniert fühlten und habe daraus den Vergleich gezogen.
@ACE
Entschuldigung
@ Georg | 24. Juli 2017 – 11:04
„Disziplinarsachen sind grundsätzlich Eilsachen und vorrangig zu bearbeiten. Es macht auch keinen Sinn bei Verstößen gegen die Disziplin eines Soldaten 6 Monate mit der Bestrafung zu warten, damit ist eine abschreckende Wirkung für den Rest der Truppe nicht mehr gegeben.“
Schön wäre es, aber aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass zwischen Dienstvergehen und Verhängung einer Disziplinarmaßnahme (Gericht) mehrere Jahre vergehen. In meinem Fall drei Jahre. Ich bin da auch kein Einzelfall, auch die Disziplinarmaßnahmen gegen Vorgesetzte, Untergebene und Kameraden haben mehrere Jahre gedauert. Lediglich die Maßnahmen die durch den Kp Chef verhängt wurden waren „schnell“.
Ich kann Ihnen sagen, dass in vielen Fällen die eigentliche „Strafe“ die jahrelange Nichtförderungswürdigkeit vor der Verhängung der Disziplinarmaßnahme ist, bzw. die diese „Strafe“ selbst wenn man am Ende durch das Gericht freigesprochen wird.
Daher ist es ja auch unzweckmäßig noch mehr gerichtlichen Einspruchsmöglichkeiten zu verlangen. Diese dauern viel zu lange und haben den faden Beigeschmack, dass dort die Strafe vor der Verhängung (bswp. wie bei der U-Haft) nicht auf die endgültige Strafe angerechnet wird, bzw. im Falle eines Freispruchs, der Soldat nicht entschädigt wird.
Dieser Umstand ist zutiefst unbefriedigend, weil hier ungenügende gerichtiliche Kapazitäten als unrechtmäßige Strafmaßnahmen wirken.
@ Wa-Ge
Volle Zustimmung zu ihren Beitrag. Eine Rechtsordnung, die zu wenig Kapaziätaten hat um zeitnah Recht zu sprechen, schafft neues Unrecht und keinen Rechtsfrieden.
Die Frage ist, warum ist dies so ? Wurden die Wehrdienstsenate personell zu stark gekürzt mit dem Abbau der Bw oder ist die Fallzahl der gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen stark gestiegen ?
@Georg | 24. Juli 2017 – 16:44
„Die Frage ist, warum ist dies so ? Wurden die Wehrdienstsenate personell zu stark gekürzt mit dem Abbau der Bw oder ist die Fallzahl der gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen stark gestiegen ?“
Das hat multiple Grüne.
Allerdings geht es weniger um die beiden Wehrdienstsenate. Die sind eigentlich nicht das Problem. Die Truppendienstgerichte sind das Problem
Zum einen wurde diese zwar in etwa in Relation zur Verkleinerung der Bw in den letzten Jahrzehnten verringert, aber dabei hat man „übersehen“, dass sich der Anteil der SaZ/BS relativ gesehen dramatisch erhöht hat.
Und da für GWDL/FWDL selten Verfahren vor den Truppendienstgerichten notwendig sind/waren, resultiert dies in einer Unterkapazität.
Zudem ist die personelle Situation an den Truppendienstgerichten teilweise unbefriedigend. Was aber WESENTLICH schlimmer ist, ist die personelle Situation der WDA!
Außerdem sind die besetzten WDA durch immer komplizierte Bürokratie und den „doppelten Hut“ WDA/Rechtsberater vollkommen überlastet.
Abschließend kommen wir zum Problem der übertriebene „Verrechtlichung“ zahlreicher Vorgänge: Aus Gründen des Absicherungsdenkens und der Angst vor dem eigenen Schatten (und seit neustem auch der Angst vor vdL & Co.) werden immer mehr Verfahren, die früher unbürokratisch durch ZgFhr/KpFw oder max. Chef „unkompliziert“ bearbeitet wurden nun in offizielle Verfahren.
Die Lösung hierfür ist übrigens ganz einfach: Stärkung der Befugnisse der KpChefs und (Wieder)-Einführung nicht disziplinarer, aber dennoch legaler und wirksamer Erziehungsmittel auf der Ebene ZgFhr/KpChef und max. BtlKdr.
Resultat wäre: Geringere Eingriffe in die Rechte der zu-Maßregelnden bei gleichzeitig schnellerer und damit wirksameren Erziehungsprozesses!
Aber wie wir ja wissen geht der Zug in die genau entgegen gesetzte Richtung (übrigens nicht erst seid vdL, aber seit ihr mit umso größerer Geschwindigkeit).
@ Georg
Koffer hat es bereits angesprochen, Hauptgrund ist das „Vollspamen“ der Gerichte mit Fällen, die früher auf Verbandsebene effektiver gelöst wurden.
Ich spreche ich ausdrücklich von effektiver, auch wenn es teilweise gegen geltendes Recht verstoßen hat.
Ein Soldat baut großen Mist –> Anschiss + drei vier Tage im Café Viereck und der Mann war für den Rest seiner Dienstzeit in der Spur + ziviler Werdegang war nicht beeinflusst.
Heute ist Disziplinararrest aus bürokratischen (90/5 etc.) und organisatorischen Gründen kaum noch vollstreckbar ohne, dass der Disziplinarvorgesetzte sich selbst für mehrere Tage lähmt. Einfachere Maßnahmen wie Stubenarrest oder Ausgangsbeschränkung laufen komplett ins Leere, da heute das „soldatische Leben“ nach Dienst sich eh auf der Stube abspielt, der Soldat Fernseher, PC, Smartphone etc. hat um sich „abzulenken“ und diese Maßnahmen somit komplett Wirkungslos sind.
Weiterhin wird heute aus „Eigenschutz“ der Vorgesetzten jeden körperliche Handgreiflichkeit bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Dies war früher, wenn auch nicht der Vorschrift entsprechend, duetlich anders. Wenn kein bleibender Schaden entstanden ist wurde die Streitparteien ins Dienstzimmer zitiert, ihnen wurde ordentlich der Kopf gewaschen und die Wache/der UvD Dienst am selben Wochenende hatte sofort genug Freiwillige. Die Maßnahme hat deutlich gefruchtet, da alle Lust hatten nach Hause zu der Geliebten/der Familie zu gelangen. Nur die wirklichen schlimmen Fälle bzw. die Unverbesserlichen wurden der Justiz zugeführt. Es mag nicht richtig gewesen sein, aber es war für alle Beteiligte die effektivere Löseung.
Der zweite Grund, heute ist mittlerweile alles eine Straftat die vor Gericht verhandelt muss. Ein Soldat macht „gut gemeinte“ aber „schlecht ausgeführte“ Avauncen gegenüber eine Soldatin —> ab vors Gericht mit Ihm
Ein Soldat kommt öfters zu spät, Kp weiss sich nicht anders zu währen, da die „stumpfen“ einfachen Disziplinarmaßnahmen heute wenig Wirkung entfalten –> ab vors Gericht mit Ihm.
etc. etc.
Wie geht eigentlich die Nichtförderungswürdigkeit mit dem Recht auf Unschuldsvermutung zusammen?
@Wa-Ge
Wäre ich Richter, wäre ich versucht den Kompaniechef zu verurteilen.
Schuldig der Verschwendung der Zeit der Justiz!
@Hans Dampf | 24. Juli 2017 – 12:27
Koffer hatte es doch schon vorher geschrieben, jetzt ist der Fall in der Öffentlichkeit und dadurch ist die Maßnahme durch das BMVg selbstprophezeiend.
Wie @T.W. schon schrieb, die bei der Staatsanwaltschaft anhängigen Vorwürfe strafbaren Verhaltens werden erst noch geklärt.
Mir geht es auch nicht zwingend nur um diesen Fall, sondern um alle anderen in der Zukunft. Eine Suspendierung und Uniformtrageverbot ist bis zur Klärung eines Falls, wenn er bei der Staatsanwaltschaft anhängig ist, ausreichend. Gekündigt ist nach 55(5) dann schnell.
@ThoDan | 24. Juli 2017 – 20:51
„Wie geht eigentlich die Nichtförderungswürdigkeit mit dem Recht auf Unschuldsvermutung zusammen?“
Juristisch ganz einfach :( Niemand hat ein Recht auf Förderung und Beförderung…
dabei ist Beförderungssperre doch eine Form der Strafe
@ThoDan | 24. Juli 2017 – 21:29
„dabei ist Beförderungssperre doch eine Form der Strafe“
Aus sicht des Soldaten ja, aus Sicht der Justiz nein.
Recht und Gerechtigkeit sind nicht immer Deckungsgleich.
„Wäre ich Richter, wäre ich versucht den Kompaniechef zu verurteilen.
Schuldig der Verschwendung der Zeit der Justiz!“
Auch das ist zu schnell geschossen, im Endeffekt kann der KpChef garnicht anders, die aktuellen Fälle sind doch der beste Beweis dafür. Derjenige der entscheidet wird früher oder später einen Fehrler begehen. Wenn er/sie fürchten muss dafür direkt an den Pranger gestellt zu werden wird er/sie von dem Recht Gebrauch nehmen die Entscheidung an eine andere Stelle abzugeben. Selbst wenn es für seinen Untergebenen dann im Endeffekt größere Nachteile bedeutet.
Die WDO hat über Jahrzehnte mehr oder minder sehr gut funktioniert, weil man den Vorgesetzten einen gewissen Spielraum, teilweise auch über die Grenzen hinaus, zugestanden hat. Wenn mit Augenmaß angewandt und Sachverstand ausgeführt, dann profitieren alle davon. Sowohl Dienstherr, Opfer als auch Täter.
Seit geraumer Zeit werden diese Prozesse nicht mehr geduldet, also passen sich alle Seiten an und machen Dienst nach Vorschrift. Und ganz plötzlich merken wir, dass unser Vorschriftenkorsett zu eng ist und die Dienstausbüng nach Vorschrift eine deutlich geringere Leistungsfähigkeit zur Folge hat, als man sich das wünscht. Plötzlich nehmen alle Seiten ihre Rechte wahr, und der ganze Prozess wird dadurch langsamer und langsamer und…
@Wa-Ge | 24. Juli 2017 – 22:07
„Die WDO hat über Jahrzehnte mehr oder minder sehr gut funktioniert, weil man den Vorgesetzten einen gewissen Spielraum, teilweise auch über die Grenzen hinaus, zugestanden hat. Wenn mit Augenmaß angewandt und Sachverstand ausgeführt, dann profitieren alle davon. Sowohl Dienstherr, Opfer als auch Täter.“
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„Seit geraumer Zeit werden diese Prozesse nicht mehr geduldet, also passen sich alle Seiten an und machen Dienst nach Vorschrift.“
Leider :(
Und seit Anfang des Jahres wird es ja durch das direkte Eingreifen der IBuK noch schlimmer.
Erst dramatisiert sie Fälle unnötig und erzeugt so bei den ermittelnden Vorgesetzten Angst und drängt sie dadurch zu Absicherungsdenken.
Dann eröffnet sie einen parallelen Meldestrang, der scheinbar Offenheit verspricht, tatsächlich aber die Denunziation fördert.
Und nun versucht sie Hand an die WDO zu legen und den letzten Rest von Handlungsspielraum der Kompaniechefs zu tilgen und in die seelenlose Maschine der Bürokratie zu überführen…
Ich lese von Zeit zu Zeit hier mit und beteilige mich hier sporadisch. Wieder mal bin ich sehr ueberrascht über die Statements einiger Teilnehmer hier. Vor allem wenn meine Annahme richtig sein sollte, dass es sich hierbei um Offiziere im Rang von Major aufwaerts aktiv oder aD handelt finde ich das Mitfuehlen und das Verstaendnis mit den Entlassenen schon etwas fragwürdig. Wo bleibt denn Ihre kameradschaftliche Solidarität mit dem die Entlassung verfluegenden vorgesetzten Offizier? Der Dienstvorgesetzte hat vermutlich in Absprache mit dem zuständigen Rechtsberater nichts anderes getan als das, was die meisten hier fordern, naemlich seinen Ermessensspielraum, der ihm gegeben ist, ausgenutzt. Er haette auch ein reines Disziplinarverfahren einleiten koennen, hat sich aber entsprechend der Rechtslage fuer eine fristlose Entlassung entschieden und dass das so rechtens war hat das Verwaltungsgericht beschieden. Nur darum ging es und um nichts anderes. Wenn solche Entscheidungen auf gesetzlicher Grundlage von den hier diskutierenden Offizieren in Frage gestellt werden stellen Sie doch selbst das ganze System in Frage . Da beißt sich die Katze in den Schwanz meine Herren.
Eine derartige Entscheidung ist laengst überfällig und notwendig. Diese Art von Rituale gibt es seit Anbeginn der Bundeswehr und diese wurden ( werden) zumindest in Kampfkompanien mehr oder weniger intensiv praktiziert. Ich habe das in meiner Zeit mehrfach, naemlich alle drei Monate erlebt und was da passierte war jedem Unteroffizier und Offizier bekannt. Unternommen wurde nie etwas, nur dann, wenn die Oeffentlichkeit was mitbekommen hatte wurde man aktiv. Ich habe das auch in einem anderen Thread schon formuliert. Da wurde das von den gleichen Diskussionsteilnehmern, die jetzt hier verständnisvoll auftreten als bedauerliche Einzelfälle abgetan. Was ich jetzt lese suggeriert eben das Gegenteil. Natürlich waren und sind immer nur einzelne beteiligt und nie alle, aber eben immer wieder.
Diese Rituale dienen in keinster Weise der Gruppenbildung sondern sind ganz primitive Machtdemonstrationen der etwas laenger dienenden gegenüber den jüngeren Nachrueckern. Es geht um ganz archaische Muster die auf Herabwürdigung und Erniedrigung aufgebaut sind und dem Frustabbau der Agierenden dienen. Es gibt immer Menschen, die derartiges abartiges fuer die Steigerung ihres Selbstwertgefühls brauchen und sich besser fuehlen wenn sie andere quälen und erniedrigen koennen, nicht nur in der Bundeswehr, im Prinzip fängt das schon im Kindergarten an. Insofern kann ich diese Entlassungen nur positiv sehen und unterstützten. Man kann natürlich sagen, die vier sind nur ein Bauernopfer und es ging nur darum ein Zeichen zu setzten. Vermutlich hat man damit Recht , die vier haben ja nichts getan, was nicht schon Hunderttausende vor ihnen getan haben. Aber wenn dies ein ernstzunehndes Signal ist und es dadurch gelingt derartige unnötigen und und entwürdigenden Rituale abzuschaffen und potentielle Taeter abzuschrecken,ist sehr viel gewonnen.
Unrechtmäßig und moralisch verwerflich waren diese Aktionen schon immer und hoffe Sie stimmen mir zu, wenn ich sage , die Bundeswehr braucht derartiges nicht.
@Hauptgefreiter
„Unrechtmäßig und moralisch verwerflich waren diese Aktionen schon immer und hoffe Sie stimmen mir zu, wenn ich sage , die Bundeswehr braucht derartiges nicht.“
Es ist egal was Sie, Ich oder sonstwer hier denkt. Ob die Bundeswehr Aufnahmeritaule braucht oder nicht wurde die Bundeswehr niemals befragt. Aber die Tendenzen und die weite Verbreitung der Ritaule, von der Äquator- über die Barett- bis zur Geschütztaufe, deutet zumindest darauf, dass die Soldaten die in der Bundeswehr dienen zu einem sehr großen Teil sowas haben wollen. Ich habe selbst als Vorgesetzter nur allzuoft erlebt, dass junge Soldaten zu uns gekommen sind und gefragt wurden ob und wann sie den endlich getauft werden würden (keine Sorge nichts entwürdigendes).
Es ist bei weitem nicht so dass da ein Druck zum Initiationsritus ausgeübt wird. Die zwölf Jahre die ich aktiv in unterschiedlichen Verwendungen und Standorten dienen durfte habe ich eher einen Sog nach einem Initiationsritus erlebt.
Grenzen wurden übrigens zuhauf dann überschritten wenn Vorgesetzte gesagt haben, wir machen das aus bekannten Gründen nicht mehr, dann hat der ein oder andere sich berufen gefühlt sich der Sache selbst anzunehmen. Dies ist dann allerdings oft in die Hose gegangen, woher soll auch ein Mannschafter wissen wo die Grenzen des Erlbauten sind, wenn sich selbst Gerichte uneins sind und je nach Instanz unterschiedliche Auffassungen vertreten.
@Hauptgefreiter | 26. Juli 2017 – 10:07
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„Wo bleibt denn Ihre kameradschaftliche Solidarität mit dem die Entlassung verfluegenden vorgesetzten Offizier? Der Dienstvorgesetzte hat vermutlich in Absprache mit dem zuständigen Rechtsberater nichts anderes getan als das, was die meisten hier fordern, naemlich seinen Ermessensspielraum, der ihm gegeben ist, ausgenutzt.“
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M.e. haben doch alle Vorgesetzten vor Ort und in Leipzig zu diesem Zeitpunkt (fast) richtig gehandelt!
Was glauben Sie, wäre unter dem Druck der medial-ministeriellen Aufmerksamkeit passiert, wenn die Vorgesetzten eben nicht diese ggfs. als sehr drastisch anzusehenden Maßnahmen ergriffen hätten? Ich glaube das zu diesem Zeitpunkt der Punkt erreicht war, an dem sich eben keiner mehr getraut hätte die hirnlose Aktion milder abzustrafen.
Ich spekuliere einmal das Jahre zuvor, auch gerne an einem anderen Standort, eine solche Aktion anders bewertet und bis zu einem bestimmten Grad Disziplinar differenzierter betrachtet sowie geahndet worden wäre :-)