US-Streitkräfte suchen neues Sturmgewehr – und auch ein neues Kaliber?
Die US-Streitkräfte suchen, das ist nichts Neues, seit einiger Zeit ein neues Sturmgewehr, das als Standardwaffe eingeführt werden soll: Das M4 (Foto oben), wie das G36 in Deutschland Mitte der 1990-er Jahre eingeführt, gilt nicht mehr als aktuell.
Was die Debatte aber über die USA hinaus interessant macht und möglicherweise einen Einfluss auf die gesamte NATO haben wird: Mit der Suche nach einem neuen Sturmgewehr hat auch die (erneute) Debatte über das Kaliber 5,56mm begonnen, das das M4 (auch da: ebenso wie das G36) hat. Und die Debatte über die geringere Reichweite und Durchschlagskraft dieser Munition gegenüber dem zuvor als Standard-NATO-Kaliber verwendeten Patronen im Kaliber 7,62mm (in Deutschland zum Beispiel im früheren Sturmgewehr G3).
Zu diesem Thema gibt es derzeit Anhörungen in den USA, vor dem zuständigen Senatsausschuss. Aus einem Bericht von Stars&Stripes dazu:
Sen. Tom Cotton, R-Ark., a combat veteran, said the 5.56 mm round does have redeeming qualities, such as being half the weight of 7.62 mm rounds and produces less recoil. But Cotton did cite instances from the battlefield when its reduced firepower failed to bring down adversaries.
Scales and Bednarek agreed an intermediate range round between 6.5-7 mm would be an ideal balance between weight, stopping power and recoil. (…)“The current 5.56-mm cartridge has limited application in open or mountainous terrain and should be improved, augmented, or replaced,” Ehrhart said, while also advocating for the adoption of a more powerful round in the 6.5-7 mm range.
That echoes a 2006 study by the Joint Service Wound Ballistics–Integrated Product Team, a Pentagon arms research office, which also set the ideal range at 6.5 mm to 7 mm.
Das Thema ist auch hier in den Debatten immer wieder hochgekommen; und es hatte ja auch einen Grund, warum viele Einheiten für den Afghanistan-Einsatz das G3 – in begrenzter Stückzahl – wieder aus der Waffenkammer geholt haben.
Nun ist es vermutlich zu früh, aus den Äußerungen bei einer Senatsanhörung auf die künftige Beschaffungsentscheidung zu schließen. Aber als Merkposten: Offensichtlich gibt es in den USA Überlegungen, die bisherige Standardmunition 5,56mm durch eine leistungsfähigere Patrone mit größerem Kaliber zu ersetzen. Und dieses größere Kaliber ist dann vielleicht gerade nicht die herkömmliche und noch vorhande 7,62mm-Munition.
Und wenn es ein ganz neues Kaliber gibt – dann dürfte sich auch die Frage an andere NATO-Länder stellen, wie sie, zum Beispiel bei der Entscheidung für ein neues Sturmgewehr, damit umgehen.
(Foto: Senior Airman Aaron Goodrich from the 110th Attack Wing, Battle Creek, Mich. handles the M4 carbine while receiving classroom training on the weapon at the Civil Engineering building, Feb. 2, 2017 – U.S. Air National Guard photo by Master Sgt. Scott Thompson)
Ach je, die alte Mittelkaliber-Diskussion, über die sich der Kollege Tony Williams seit Jahren die Finger wundschreibt – mit lesenswerten Ergebnissen! 6.5 Grendel, .300 BLK/Whisper, 6.8 Remington Spec., jüngst 6.5 Creedmoor oder .264 USA – bis da eine Entscheidung fällt, beschaffen Frankreich und Deutschland die übernächste Sturmgewehrgeneration ;-) .
Noch als Nachtrag: Im USMC läuft derzeit auch eine ganz interessante Debatte über die (teil-)Modernisierung des Handwaffenbestandes und hier insbesondere der Sturmgewehre. Die werfen am Rande noch eine .260 Remington ins Rennen. Und bei MGs interessieren sich SOCOM und USMC für solche im Kaliber .338 Norma Magnum mit Polymer-Hülsen. Ich wette, trotzdem ziehen G.I. Joe und G. I. Jane noch eine ganze Weile mit dem bisherigen Bestand zu Felde gezogen ;-)
Von dem, was ich gelesen habe, hält die Army bisher weiter an dem Plan fest, die Kaliberfrage frühestens 2020/22 erneut zu stellen. Es gibt derzeit zwar bereits Kaliber-Vergleichstest innerhalb der Streitkräfte, aber keine offizielle Initiative weg von 5,56.
soldiersystems.net ist da eine ergiebige Quelle zum Thema.
Schade, jetzt wäre eine gute Gelegenheit gewesen, sich NATO-seitig gemeinsam an einem Tisch zu setzen und sich Mal gemeinsam dieser Kaliber-Frage zu stellen. Auch im Hinblick auf waffen-mix der InfGrp etc. Wenn ohnehin die USA und Deutschland neue HaWa beschaffen, wäre das evtl eine Möglichkeit für FRA, GB, NLD, nachzuziehen.
@Interessierter
Aus den NLD sind mit keinerlei Anstrengungen Richtung neue Infanteriebewaffnung bekannt. Bis 2008/09 wurde nämlich als Ordonnanzwaffe das „Colt Canada C7A1 (kanadische Version des M16)“ verwendet. Scharfschützengewehre gab es keine, da die Inf auch keine Gliederung dazu vorgesehen hatte.
Erst im Zuge de „Afghanisierung NLD Landmacht (Heer)“ tat sich da vieles, in Anlehnung an die DEU Infanterie und der NLD Erfahrung mit der eigenen TF URUZGAN (TFU), Zentral-Afghanistan.
Die ersten SSchtzLehrg NLD fanden 2007 ff denn auch an der InfS statt. Gleicher Hintergund im übrigen bei PzFst/BFst/GraMaWa.
Zu den Handwaffen: Es wurde daher wurde erst in den letzten 10 JAHREN kräftig zugeschlagen mit
– HK 416 / 417
– Accuracy [(338 Lapua Magnum (8,6x70mm)] und auch
– Barrett (12,7)
Folgender Link zeigt Gesamtübersicht – im Bild – der NLD Hand- Faustfeuerwaffen.
https://www.defensie.nl/organisatie/landmacht/inhoud/materieel/bewapening
@Interessierter | 18. Mai 2017 – 15:51
„Wenn ohnehin die USA und Deutschland neue HaWa beschaffen, wäre das evtl eine Möglichkeit für FRA, GB, NLD, nachzuziehen.“
FRA hat sich bereits entschieden und beschafft in nähester Zukunft.
@Koffer
Die ersten HK416F sind bereits ausgeliefert.
„Die US-Streitkräfte suchen, das ist nichts Neues, seit einiger Zeit ein neues Sturmgewehr, das als Standardwaffe eingeführt werden soll“
Doch Herr Wiegold, es ist etwas Neues, allerdings habe ich den Überblick verloren wie viele Anläufe es bisher gab. Die sollte man einzeln zählen.
Die Ambitionen sind diesmal größer, oder sagen wir besser, mit neuen Kaliberanforderungen könnte man den M4 Schrott vielleicht endlich loswerden. Also geht man diesen Weg, man wird also kreativer als früher.
Bisher wurde jeder Neubeschaffung eine Aufarbeitung der vorhanderen Gewehre gegenüber gestellt und am Ende passierte nicht viel.
Wenn man die Unzulänglichkeit weg von der Waffe auf das Kaliber schiebt, könnte man die Fahnenschwenker ruhig stellen und die ständigen Moderniesirungsvorschlage gleich mit.
Die Marines haben das M27 als ‚LMG‘ in den Waffenmix geschmuggelt, ein HK416, als LMG…. das je nach Finanzlage das ganze USMC bekommen soll, so war zumindest der Plan.
Man hätte der Lüge halber auch 100 oder 150er Magazine bestellen können oder wenigstens 60er aber 30 ist eh viel besser! Weniger Gewicht resultiert schließlich in besserer Präzision ;-)
Spart Munition, damit wieder Gewicht und Kosten – tolles Konzept.
Klingt eher nach DMG als LMG.
Und es dreht sich nicht nur um ein Sturmgewehr, wie JPW ja bereits anmerkte sondern auch um LMGs mit größerem Kaliber. Die Spezialkräfte finden die bishere Ausrüstung unzureichend.
Es handelt sich um dieses Modell:
http://www.gd-ots.com/armament_systems/ics_lwmmg.html
http://soldiersystems.net/2017/05/15/ussocom-usmc-take-first-steps-toward-adopting-a-338nm-lightweight-medium-machine-gun/
Sind wir mal gespannt wie jetzt all die Genervten, die von der Kaliberdiskussion nichts wissen wollten, reagieren werden.
Nicht zu vergessen, Rheinmetall hat ja quasi die Kaliberdiskussion bei den Panzern eingeläutet, mit der 130mm L51.
Es sieht so aus, als ob sich die Nato mal bewegen müsste.
Deutschland hat sich in der Ausschreibung doch auch bereits festgelegt. Diese wird sicher nicht um ein drittes Kaliber ergänzt.
Bei folgenden Themen kann man die Amerikaner getrost 100% ignorieren:
– von Grund auf neu entwickeltes Panzerfahrzeug für Kampf- oder Spähzwecke
– von Grund auf neu entwickelter Militärhubschrauber
– neu entwickeltes Sturmgewehr
– neu entwickeltes Maschinengewehr
Bei den Vehikeln haben sie seit den 80er Jahren nichts mehr zustande gebracht (also in Dienst gestellt).
Bei den o.g. Handfeuerwaffen haben sie seit den 70er Jahren nichts mehr zustande gebracht.
Da herrscht systemische Inkompetenz vor.
Bei solchen Themen lohnt sich eher, die Japaner, Koreaner, Singalesen, Israelis, Finnen, Schweizer oder sogar die Ösis zu beachten als die Amis.
@SvD
Ich befürchte, bei all dem Tohuwabohu in BERLIN&Umgebung (Illkirchen – Incirlik) bleiben kaum Kapazitäten sich um Belanglosigkeiten (Ironie on/off) wie Bewaffnung und Kampf einen Kopf zu machen.
Nicht zu vergessen eine neue Panzerhaubitze, dann doch lieber die M 109 A Trölf…
Hihi, täglich grüßt das Murmeltier. Ein Blick auf die vorhandenen Munitions- und Produktionskapazitäten bringt aber recht schnell Klarheit über die realistischen Chancen für ein neues NATO Kaliber.
Übrigens ist bei diesen Meldungen aus den USA immer eine bestimmte Denkschule zu erkennen: Die DMR-Vertreter würden am liebsten eine 6.5mm mit über 900 m\s aus einem 20-24 Zoll Lauf/Rohr pusten. Die Big-Bore Theoretiker hängen ihren 50 Beowulf oder 458 SOCOM hinterher. Schalldämpferfans liebäugeln mit der 300 blk usw…
Alle diese Denkschulen haben eine Sache gemeinsam: Sie betrachten ausschließlich einige wenige Teilaspekte, aber niemals das gesamte Bild.
@ S O | 18. Mai 2017 – 19:16
… zu beachten als die Amis…..“
Evtl ja auch die Germanen?!
Wie wär’s mit 6.5mm Arisaka? *wird von Ziegelstein getroffen*
Wir haben zwar eher schlecht als recht, aber immerhin noch NH90, Tiger, Puma und dazu doch recht erfolgreich die PzH 2000, G36, MG4 vom leeren CAD Programm zur Indienststellung gebracht. Sowas haben die Amis in den genannten Zeiträumen zwar versucht, aber nicht geschafft :
RAH-66
XM-29
XM-312
XM-8 (leichter Panzer)
XM8 (Sturmgewehr)
FCS
GCS
Crusader
EFV
Alles mal hochgehypte Programme, alle gescheitert wegen der systemischen Inkompetenz. Allenfalls bei den XM-8 Panzern kann man sagen, dass ein brauchbarer (aber nicht herausragender) Entwurf nur wegen Budgetfragen nicht beschafft wurde. Der Rest waren Projektmanagementsdesaster oder von vornherein blödsinnige Goldrandkonzepte.
@S O
Wow gratuliere.. macht uns irgendwie immer noch nicht zu einer funktionierenden Armee. Sorry wenn ich das nicht mit Beifall und aufrichtiger Freude unterstützen kann.
Wir boxen wild unsere Projekte durch, entwickeln und quälen damit die Truppe die letzten Endes mit so viel Technik gar nichts anfangen kann.
Hat uns übrigens schon einmal das Genick gebrochen. Viel Technik, wenig robust.
Unsere Projekte findet man doch schon unter dem Spitznamen „Wolpertinger“
@Hans Dampf | 18. Mai 2017 – 20:23
„Nicht zu vergessen eine neue Panzerhaubitze, dann doch lieber die M 109 A Trölf…“
Die M109 A7 hat außer dem Namen eigentlich nicht mehr viel mit ihren Vorgängern zu tun. aber so konnten sie das Budget bekommen vom Kongress. Vorher musste die US Artillery aber auch erst einmal auf XM2001 Crusader setzen und scheitern natürlich.
zum eigentlichen Thema: man sollte nicht außer Acht lassen, daß gleichzeitig schon im LSAT (Lightweight Small Arms Technology) Programm ein neues Gewehr, Maschinengewehr und Munition entwickelt werden. das blubbert so nebenher, also ist jetzt noch einmal eine altmodische Messinghülse neu einzuführen und die entsprechenden Waffen vielleicht nicht das Wahre.