Fundstellen: Deutschlands Verzicht auf Atomwaffen
In der aktuellen politischen Debatte in Europa gibt es Ansätze für eine Hinwendung europäischer Staaten zu Atomwaffen – am prominentesten aus Polen. Die Debatte ist nicht ungefährlich und stößt kaum auf Zustimmung, wie die Kollegen der Deutschen Welle hier mal zusammengetragen haben. Ehe diese Diskussion noch weiter an Fahrt aufnimmt, sollte den beteiligten Europäern außerhalb Deutschlands klar sein: Deutschland hat sich gleich mehrfach international zu einem Verzicht auf Nuklearwaffen bekannt und verpflichtet – aus deutscher Sicht ist also diese Debatte ein No-Go.
Da man’s vielleicht noch mal brauchen kann, hier die zwei wichtigsten Fundstellen für diesen Verzicht:
Der Atomsperrvertrag (korrekt: Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen) von 1968 (in der offiziellen Übersetzung des Auswärtigen Amtes):
Artikel II
Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch sonstwie zu erwerben und keine Unterstützung zur Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern zu suchen oder anzunehmen.
und, jüngeren Datums, der Zwei-plus-Vier-Vertrag zur deutschen Einheit (korrekt: Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland vom 12. September 1990); ebenfalls in der Fassung des Auswärtigen Amtes:
Artikel 3
(1) Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen ihren Verzicht auf Herstellung und Besitz von und auf Verfügungsgewalt über atomare, biologische und chemische Waffen. Sie erklären, daß auch das vereinte Deutschland sich an diese Verpflichtungen halten wird. Insbesondere gelten die Rechte und Verpflichtungen aus dem Vertrag über dieNichtverbreitung von Kernwaffen vom 1. Juli 1968 für das vereinte Deutschland fort.
(Archivbild April 2013: Vanguard-class submarine HMS Victorious returning to her home port at HMNB Clyde, Faslane, Scotland, ending her 100th Vanguard-class deterrent patrol. The Royal Navy has operated the UK’s Continuous at Sea Deterrent since 1967 when the first SSBN – or Ship Submersible Ballistic Nuclear – HMS Resolution began patrolling armed with the Polaris missile system. In 1996 HMS Vanguard, the first submarine armed with the Trident missile system, arrived on the Clyde and took over deterrent patrol duties from the Resolution Class. HMS Victorious’ patrol marks the 100th successful mission for the submarines in an unbroken chain stretching back 17 years – Ian Arthur/©Crown Copyright 2013/Open Government License)
Ich würde mich weder pro noch kontra nukleare Bewaffnung in Deutschland festlegen wollen. Aber diese Denkverbote, die müssen endlich vom Tisch!
Zu sagen, Deutschland dürfe über diese Punkte nicht einmal nachdenken, weil es wer-weiß-wie-viele Abkommen dagegen unterzeichnet hat, überzeugt nicht.
Wer sich daran gebunden fühlt, der redet im Ergebnis auch im 21. Jahrhundert noch allen Vergeltungssüchtigen unter den Siegermächten nach dem Mund, welche nach dem Weltkrieg die effektive Vertretung unserer Interessen auf nationaler Ebene so lange wie möglich unterdrücken wollten.
Schließlich wurde unser Land beim Abschluss dieser Abkommen nicht von Akteuren eines vollständig souveränen Staates vertreten.
Wer das anders bewertet, dürfte auch ehemaligen Kolonialstaaten keine Unabhängigkeit zubilligen. Schließlich gab es dort auch zum Zeitpunkt der Unterwerfung handelnde Akteure, die in die Unterwerfung aktiv eingewilligt haben.
Haben sie damit für alle Zeiten ihr Recht auf Unabhängigkeit verwirkt?
@Zyme
Ich habe Ihren Kommentar freigeschaltet, weil ich auch derartige Meinungen hier einmalig zulasse.
Wer allerdings eine solche Haltung vertritt und der Meinung ist, der Zwei-Plus-Vier-Vertrag sei auf dem Level von Kolonialstaaten zum Zeitpunkt der Unterwerfung, der ist sicherlich besser anderswo aufgehoben.
Für diese Propaganda biete ich keine Plattform.
Die „Diskussion“ hat ihre Ursache wohl in dem TV-Beitrag, in dem Anja Reschke genau diese Frage anstösst.
Wobei der Beitrag sinnigerweise unterschlägt, daß zu Zeiten des „Kalten Krieges“ Deutschland (Ost u.West) das Schlachtfeld gewesen wäre, besonders das einer atomaren Auseinandersetzung.
Meine persönliche Reaktion war die innere Frage: „Spinnen die?“. Gegen wen denn, bitte sehr , braucht D solche Waffen? Es ist doch, realistisch gesehen, gar kein Feind mehr da……es sei denn, Russland wird als solcher betrachtet; wobei ein Krieg gegen die erfahrungsgemäss nicht zu gewinnen ist.
Wer ein wenig nachdenkt, der kommt nicht umhin, sich die Frage zu stellen, warum und weshalb ein 145 Mio -Volk wie Russland die ca. 500Mio Europäer angreifen wolle; nach einer Auseinandersetzung ist vieles kaputt………..was also hätten die davon? Nichts.
Man kann über Putin denken, was immer man will, aber doof ist der Mann sicher nicht.
Aus Machtgeilheit fängt er ebenso sicher keinen Krieg an. Schliesslich hat er im eigenen Land ausreichend zu tun.
Folglich sehe ich in Beiträgen wie von Zyme den Versuch, sinnvolle Verträge in Frage zu stellen.
Da sollte besagter Schreiber doch bitte mal verdeutlichen , was er denn unter „effektive(r) Vertretung unserer Interessen auf nationaler Ebene“ versteht. Krieg mit Polen, Ungarn oder sonstigen Nachbarn? Das ist doch ein haarsträubender Unsinn ohnegleichen.
Bitte um Vergebung, Herr Wiegold, für meinen Beitrag – schalten Sie ihn frei oder auch nicht. Als eher stiller Leser, der hier Infos sucht und findet, hat mich das einfach auf die Palme gebracht….
@Zyme: Der Kaukasus-Deal zwischen Gorbatschow und Kohl, sowie vor allem der 2+4 Vertrag sind diplomatische Glanzstücke Deutschlands. Ich kann Ihnen deshalb weder vom Ton, noch vom Inhalt her zustimmen. Ursprünglich sollten es 4+2 Verhandlungen sein, wo die 4 Siegermächte über Deutschland verhandelt hätten und die beiden deutschen Staaten nur am Katzentisch gegessen wären, aber durch die Änderung in 2+4 Verhandlungen auf Initiative des damaligen Außenministers Genscher, haben hier zwei Deutsche Staaten über ihre Sicherheitspolitik verhandelt und die Siegermächte saßen am Katzentisch.
Kanzler Kohl wollte vor allem die Nato-Mitgliedschaft haben und hat diese bekommen für ganz Deutschland. An Atomwaffen war man nicht interessiert bzw. befürchtete vermutlich, daß dies die Vorbehalte gegen die Deutsche Einheit verstärkt hätte.
Wenn man die Atombewaffnung Deutschlands hätte haben wollen, dann hätte man diese 1990 aber vielleicht eine Zustimmung von Russland für deutsche Atomwaffen bekommen, im Verzicht auf eine Nato-Mitgliedschaft. Aber derartiges wurde nicht angeboten und Moskau musste sich deshalb nicht entscheiden, ob die Nato-Mitgliedschaft oder deutsche Atomwaffen für sie das größere Übel gewesen wären.
@T.Wiegold: Ihrer Annahme, daß deutsche Atomwaffen ein No-Go wären, kann ich so nicht ganz zustimmen. Politisch gehe ich davon aus, daß jede deutsche Regierung, die für deutsche Atomwaffen eintreten würde, politisch tot wäre und zu einem Erdrutschwahlsieg einer Linksregierung führen würde. Friedensbewegung, Grüne und Linkspartei würden vor Kraft strotzen und ich vermute, daß auch die SPD dann einen Anti-Atomwaffenwahlkampf führen würde.
Rechtlich aber erlaubt Artikel X des Atomwaffensperrvertrages aber aus diesem Sperrvertrag auszutreten, wenn dies aus Gründen der nationalen Sicherheit erforderlich ist. Als Gründe für den Austritt könnte Deutschland bzw. andere EU-Staaten den Wegfall des Nato-Atomschirms anführen, falls die USA ihre Unterstützung für die Nato zurückfahren sollten, oder eine zusätzliche Bedrohung durch Russland seit der Ukraine-Krise.
Den 2+4 Vertrag müsste Deutschland brechen oder kündigen, um sich atomar bewaffnen zu können oder einen Deal mit Putin machen, daß Rußland einer Atombewaffnung Deutschlands zustimmt. Dies würde Putin aber höchstens gegen einen Verzicht auf die Nato-Mitgliedschaft machen, solange die USA zur Nato stehen, um Deutschland aus der Nato rauszubrechen.
Deshalb denke ich, es wird niemals eine Atombewaffnung Deutschlands geben, aber EU-Atomwaffen wären das Mittel, in welche sich Deutschland flüchten würde, würde die USA sich aus der Nato zurückziehen oder nicht mehr zu Artikel 5 des Nato-Vertrages stehen.
Eine EU-Atombewaffnung könnte so erfolgen, daß es zusätzliche französische Atomwaffen unter deren Kontrolle wären(von der ganzen EU bezahlt), und alle EU-Staaten nur eine atomare Teilhabe bekommen, wie dies heute bei der Nato der Fall ist, daß die USA die Kontrolle über alle ihre Atomwaffen behalten, aber Nato Staaten wie Deutschland atomwaffenfähige Waffensysteme betreiben(Tornado-Jagdbomber), aber auf die Freigabe der Atomwaffen durch die Atommacht angewiesen sind. Dadurch würde der Atomwaffensperrvertrag nicht verletzt werden, weil die offizielle Verfügungsgewalt der EU-Atomwaffen bei Frankreich liegen würde.
Ich denke, dass ein wirkliches zurückziehen des Schutzschildes seitens US von Allen seriösen Sicherheitspolitikern nicht ernsthaft in betracht gezogen werden kann. Die USA verlören sofort politisches Gewicht in der Welt und befänden sich möglicherweise in einer Welt wieder, in der noch eine/zwei Atommächte vertreten sind. Ob nun isolationistisch oder nicht. Beides steht entgegengesetzt zu US-Interessen.
Das nächste große Problem ist, daß der Bau und die Entwicklung von Nuklearwaffen die Staaten die es betrifft politisches Kapital auf der ganzen Welt Kosten wird. Dann findet dieser Bau auch noch im zuvor Kompetenzlosen Raum statt. Das erzeugt nicht mehr Stabilität.
Nahezu alle völkerrechtlichen Verträge sind mit mehr oder weniger großem Aufwand und mehr oder weniger langen, zeitlichen Vorläufen kündbar. Das Völkerrecht ist in dieser Frage recht flexibel.
Die Frage ist aber doch: warum sollte DEU Interesse an Atomwaffen haben?
Technologisch wäre es für uns natürlich kein Problem, aber Atomwaffen sind relativ teuer. Darüber hinaus müssten wir auch noch Trägersysteme in ausreichender Anzahl beschaffen. Angesichts des beschränkten Haushalt eher unwahrscheinlich.
Darüber hinaus gibt es wie @Roland K. richtig feststelle derzeit außer Russland keinen potentiellen Gegner für DEU, für den wir Atomwaffen bräuchten um uns zu verteidigen. Und solange die NATO noch ausreichend stark ist, brauchen wir uns um einen „großen“ Krieg mit Russland glaube ich keine Sorgen machen.
Bliebe vielleicht noch der Iran, aber da ist zum aktuellen Zeitpunkt auch (noch) keine Konfliktlinie gegen DEU erkennbar, die bis auf die Ebene Atomwaffen eskalieren kann.
Hinsichtlich der innenpolitischen Realisierbarkeit eine rein DEU Atombewaffnung stimme ich @closius zu. Das ist mit der DEU Gesellschaft derzeit nicht zu machen.
Eine europäische Bewaffnung hingegen wäre vielleicht innenpolitisch verkaufbar, aber ich bezweifle, dass man alle europäischen Staaten unter einen Hut bringen würde.
Vielleicht im Rahmen einer vertieften Zusammenarbeit, aber selbst da habe ich derzeit Zweifel.
Alles zusammen: ich stimme @T.W. hinsichtlich der rechtlichen Unmöglichkeit nicht zu. Sehe aber (derzeit) keinen sicherheitspolitischen Bedarf und außerdem weder eine innenpolitische noch eine europapolitische Realisierungsmöglichkeit.
@Koffer
Und wo wollten Sie diese testen? Auf dem Gelände der WTD 91? Oder nur per Simulation?
@Thomas Melber | 18. Februar 2017 – 10:39
„Und wo wollten Sie diese testen? Auf dem Gelände der WTD 91? Oder nur per Simulation?“
Das ist eine theoretisierende Frage… denn wie ich ja geschrieben habe, sehe ja (derzeit) weder Bedarf noch Realisierungsmöglichkeit!
Aber wenn es um reine Theorie geht: Wir haben mit die besten Atomwissenschaftler der Welt. D.h. zunächst würde man umfangreiche Simulation machen (so läuft es ja bei den meisten anderen Atommächten heutzutage auch).
Darüber hinaus würde man ggf. mit einer der bestehenden Atommächte ein Abkommen gegen Entgelt schließen um an Alt-Datensätze zu kommen. Ich persönlich glaube, dass wir da entweder mit FRA oder mit ISR in ein Geschäft kommen könnten.
Zu den abschließenden Tests Realtests müsste man ein Abkommen mit einem Drittstaat schließen. Billig wäre das nicht, aber unmöglich sicherlich auch nicht.
Aber wie gesagt alles blanke Theorie: (derzeit) kein Bedarf und keine Realisierungsmöglichkeit.
Eine echte Geisterdiskussion. Die EU bekommt nicht einmal Standing Battle Groups gebacken, soll aber eine strukturelle nukleare Fähigkeit entwickeln, aufbauen und betreiben ? Wie – sorry – hirnrissig ist das denn ? Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass die europäischen Nuklearmächte ihre Kernwaffen in Sachen Art5 fest ins Bündnis einzementiert haben.. Was nun Deutschland anbelangt: Was könnte Deutschland durch die Kündigung von 4+2 und den „Erwerb“ von Nuklearwaffen denn bitteschön „gewinnen“ ?
Abgesehen von den aberwitzigen materiellen Kosten, wären die geo-politischen und strategischen Konsequenzen völlig unkalkulierbar. Hinzu kommt: wenn Deutschland 2+4 kündigt und gleich den Atomwaffensperrvertrag mit dazu, dann spielt das bitte wem in erster Linie in die Hände ? Richtig, den Chinesen und den Russen, und die Franzosen und Briten wären ganz bestimmt auch nicht besonders begeistert – mal ganz abgesehen von den Polen. @Roland K. kann ich nur zustimmen.
Die offizielle Position zu den Tornados und dem NPT is ja, daß das im Krieg eh‘ nicht mehr gilt. Gibt’s die gleiche Aussage auch zum 2+4-Vertrag?
@Martin Schröder | 18. Februar 2017 – 23:48
Sie verwechseln hier etwas:
Der Atomwaffensperrvertrag hat in der Tat ein Klausel, die eine Austritt bei der Gefährdung „der höchsten Interessen“ der betroffenen Länder umfasst. Allerdings mit drei-Monats-Frist.
Darüber hinaus wäre bei einem aktuellen Angriff vermutlich das Völkergewohnheitsrecht der Selbstverteidigung vorrangig ggü. dem Völkervertragsrecht aus dem Atomwaffensperrvertrag..
So oder so hat das aber nichts mit der „nukleare Teilhabe“ (vulgo heutzutage „den Tornados“) zu tun. Gem. deutscher und amerikanischer (und auch überwiegender europäischer) Rechtsauffassung ist die nukleare Teilhabe weder im Frieden noch im Krieg ein Verstoß gegen Atomwaffensperrvertrag. Es gibt zwar Mindermeinungen, diese haben sich bisher aber weder rechtlich noch politisch erstzunehmend deutlich gemacht.
So ganz klar wäre die Sache sicherlich nicht, wenn Lawrow mit seiner post-western world recht behielte und Trump seinen angedrohten Isolationismus tatsächlich umsetzen würde.
Dann wäre allein schon das Missverhältnis der Mittel gegenüber der nuklearen Grossmacht Russland eine bedrohliche Tatsache, die zu Epressung einladen würde.
In einer solchen Welt würden kleinere, bedrohte Länder zur nuklearen Option greifen (müssen). Das wäee ja auch eines der Hauptrisiken eines amerikanischen Rückzuges.
Das ist der Kern der Diskussion und in einer solchen Welt wären die hier diskutierten Regularien eh obsolet. In einer solchen Welt würde das Recht des Stärkeren gelten und da sind wir nunmal bei Atomwaffen. Das ist wahrlich nicht wünschenswert.
@Roland K. | 18. Februar 2017 – 7:20
Danke für Ihren nachdenkenswerten Beitrag.
Meine persönliche Reaktion war die innere Frage: „Spinnen die?“. Gegen wen denn, bitte sehr , braucht D solche Waffen? Es ist doch, realistisch gesehen, gar kein Feind mehr da……
Ich meine, dass wir uns -nicht Sie persönlich- mitunter zu selten mit der Grundlage beschäftigen, wer/was DEU ist bzw. sein will.
Ich meine: Wir wollen eine Handelsnation sein. Damit sind wir grundsätzlich am Frieden, an friedlicher Konfliktlösung interessiert. Wir haben aber gelernt, dass effektive und einsetzbare Streitkräfte dieser Absicht definitiv nutzen.
Die überwältigende Anzahl der außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen für die Handelsnation Deutschland lassen sich definitiv nicht mittels eigener Atombewaffnung positiv für DEU beeinflussen.
Für die Herausforderung ab und zu Russland und irgendwann auch einmal der VR China, davon bin ich überzeugt, Atomwaffenfähigkeit plausibel darzulegen, ist für mich die Nationale Teilhabe Mittel der Wahl (siehe Klabautermanns Anmerkung, was eine eigene Bewaffnung bedeutete).
Ihre Frage nach dem Feind für Deutschland: Er heißt Armut.
Das mag abstrakt sein, aber Armut:
– verhindert Handel und Gewinn,
– erzeugt unkontrollierte Migration,
– begünstigt Gewalt und Krieg (nicht allein aber auch: Terrorismus).
Atomwaffen nutzen da nichts. Ja. Aber die Welt im Gleichgewicht halten; da haben sie sich bewährt.
@ Wiegold
Ich denke Ihre im Grundsatz total berechtigten Bedenken greifen im Ergebnis zu kurz.
Zur Ausgangslage:
Das Problem an Trump ist dass er sich selbst auf die Fahne schreibt möglichst unberechenbar zu sein. Dies hat in taktischer und strategischer Hinsicht sicherlich viele Vorteile; bei dem Thema nukleare Abschreckung ist es aber eine Katastrophe. Ziel der Abschreckung ist es gerade nicht „zu gewinnen“ sondern eine Konfrontation auf jeden Fall zu vermeiden. Dies setzt gerade Berechenbarkeit voraus. Es kommt also nicht darauf an, ob Trump am Ende des Tages seine Bündnispflicht einhält. Entscheidend ist vielmehr, dass jeder potentielle Aggressor sicher davon ausgehen muss, dass die USA einschreiten. Dies ist ohne jede Frage und unbestreitbar nicht mehr selbstverständlich.
Die von Polen angestoßene Diskussion ist vor diesem Hintergrund zu betrachten.
Hält man eine nukleare Abschreckung grundsätzlich für erforderlich (da kann man selbstverständlich auch anderer Auffassung sein), ist es geboten das Prinzip der Abschreckung wieder auf verlässliche und berechenbare Säulen zu stellen. Da dies in der gegenwärtigen politischen Situation mit den USA, voraussichtlich jedenfalls noch für die nächsten vier Jahre, nicht möglich ist und wohl akzeptiert werden muss dass das Prinzip des Vertrauens auf Bündnistreue auf Jahrzehnte Schaden genommen hat, stellt sich die Frage ob auf andere Art und Weise eine verlässliche Abschreckung wieder hergestellt werden kann.
Zum Gedankenspiel:
Die Unberechenbarkeit in Bezug auf die Bündnistreue von Trump könnte dadurch ausgeglichen werden, dass die europäische Union als Institution selbst in die Lage versetzt wird nuklear abzuschrecken. Sinn hat dies selbstverständlich nur wenn die nukleare Abschreckung unter dem Kommando des europäischen Parlamentes als demokratische Institution steht. (ähnliche dem deutschen Parlamentsvorbehalt/der deutschen Parlamentsarmee).
Wohl kein Verstoß gegen Nichtverbreitungsvertrag:
Die Schaffung einer europäischen atomaren Abschreckung muss nicht zwingend ein Verstoß gegen den Nichtverbreitungsvertrag sein. Tatsächlich ist die Europäische Union bereits Atommacht durch seine Mitglieder Frankreich und Großbritannien. Gibt einer dieser Staaten sein atomares Potenzial zugunsten Europäischen Union auf würde sich am Status quo grundsätzlich nichts ändern.
Für Deutschland kein NoGo
Unzweifelhaft ist es richtig, dass Deutschland nicht selbst zu Atommacht werden kann, darf und will. Andererseits besteht im Rahmen der NATO aber bereits die nukleare Teilhabe. Deutschland ist also bereits beteiligt am Konzept der nuklearen Abschreckung. Unterstehen Nuklearwaffen dem europäischen Parlament würde sich an dieser Situation nichts ändern. Deutschland würde nur weiterhin an einer nuklearen Abschreckung partizipieren und teilhaben nur eben nicht mehr allein im Rahmen der NATO sondern auch auf der Ebene der EU.
@M. Steffen
Aufgrund der vorhandenen Trägersysteme (TORNADO) ist DEU bereits ganz offiziell „Atommacht“ (sog. „nukleare Teilhabe“).
@Thomas Melber | 20. Februar 2017 – 17:11
„Aufgrund der vorhandenen Trägersysteme (TORNADO) ist DEU bereits ganz offiziell „Atommacht“ (sog. „nukleare Teilhabe“).“
Nein! Was (juristisch) eine Atommacht ist, definiert sich durch den Atomwaffensperrvertrag und gem. diesem ist Deutschland definitiv KEINE Atommacht. Weder mit den Rechten einer solchen noch mit den Pflichten!
Natürlich sind wird defacto durch entsprechende Wissenschaftler in der Lage derzeit zu einer Atommacht zu werden, aber das macht uns dejure noch nicht einmal annähernd zu einer Atommacht!
Wegen „ist nicht“ im Bällebad hier kurz angemerkt. Ausserdem passt es vom Zeitpunkt her, falls sich der Verdacht von russischen Atomwaffentests bestätigt, die Diskussion in Polen weiter anzufachen.
Der Nachweis von Jod 131 in der Atmosphäre Norwegens, Finnlands, Polens, der Tschechischen Republik, Deutschlands, Frankreichs und Spaniens hat wohl dazu geführt, dass die USAF eine WC-135C zur Ursachenaufklärung nach Mildenhall verlegt hat.
http://www.irsn.fr/EN/newsroom/News/Pages/20170213_Detection-of-radioactive-iodine-at-trace-levels-in-Europe-in-January-2017.aspx
[Ref. IRSN; 13. Feb. 2017]
https://theaviationist.com/2017/02/19/u-s-air-force-deploys-wc-135-nuclear-sniffer-aircraft-to-uk-after-spike-of-radioactive-iodine-levels-detected-in-europe/
[Ref.The Aviationist; 19. Feb 2017]
Und ausserdem, weil es so gut passt. Jaroslaw Kaczynski auf den Spuren F.-J. Strauss anno 1969 bzgl. „European nuclear force“. Siehe hierzu die CIA President’s Daily Brief.
http://augengeradeaus.net/2017/01/baellebad-januar-2017ii/comment-page-2/#comment-258760
@Koffer
https://de.wikipedia.org/wiki/Nukleare_Teilhabe (gut, ist „nur“ Wiki)
Interessant:
„Überdies hat auch Frankreich der deutschen Bundesregierung bislang zweimalig eine deutsche Teilhabe an der Verfügungsgewalt und Einsatzentscheidung über die französischen Atomwaffen angeboten. Beidmalig lehnte die Bundesregierung dies jedoch mit dem Hinweis ab, dass die Bundesrepublik Deutschland den Erwerb von Atomwaffen nicht anstrebe und deswegen auch im Jahre 1969 dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten sei.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Atommacht#Deutschland
@Thomas Melber | 20. Februar 2017 – 20:36
Was „nuklare Teilhabe“ ist sollte klar sein.
Das hat aber nichts mit einer „Atommacht“ zu tun. Ganz im Gegenteil.
Die nukleare Teilhabe ermöglicht vielmehr einem sogenannten „Nicht-Kernwaffenstaat“ gem. Art. II Atomwaffensperrvertrag (hierzu gehört ausdrücklich gem. Ratifizierung auch DEU!) eine Teilhabe an der Nuklarstrategie der NATO ohne (!) dadurch zur Atommacht zu werden.
Ergo: DEU beteiligt sich an der „nuklearen Teilhabe“ im Rahmen der NATO da es KEINE Atommacht ist. Wenn es eine Atommacht wäre, müsste es sich ja gerade nicht an der nukleare Teilhabe beteiligen…