Schwerer Anschlag auf deutsches Konsulat in Nordafghanistan – Update
#Afghanistan: Huge blast that destroyed most of #German consulate in Mazar-e-Sharif and badly damaged nearby buildings and shops. pic.twitter.com/YRt4vsH6GC
— Frud Bezhan (@FrudBezhan) November 11, 2016
Am späten Donnerstagabend ist das deutsche Generalkonsulat in Masar-i-Scharif in Nordafghanistan angegriffen worden. Nach den Berichten bis zum Freitagmorgen kamen vier Afghanen bei dem Anschlag mit einer Autobombe ums Leben, hundert wurden verletzt. Das Gebäude des Konsulats wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff und bezeichneten ihn als Rache für einen Luftangriff von US-Truppen bei Kundus am 3. November, bei dem zahlreiche Afghanen ums Leben kamen.
Die offizielle Mitteilung der Bundeswehr dazu:
Am Donnerstag, den 10. November gegen 19:35 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) gab es in unmittelbarer Nähe zum deutschen Generalkonsulat in Mazar-i Scharif eine schwere Explosion.
Anschließend kam es im Bereich des Generalkonsulats zu einem anhaltenden Schusswechsel mit einer unbekannten Anzahl Angreifer.
Deutsche Soldaten und internationale Soldaten der Quick Reaction Force (schnelle Reaktionskräfte) des Hauptquartiers Resolute Support TAAC-North wurden alarmiert und zum Anschlagsort entsandt. Gegen 21:05 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) trafen diese dort ein. Zusammen mit der afghanischen Polizei sicherten und überprüften sie das deutsche Generalkonsulat und den umliegenden Bereich.
Dabei wurde festgestellt, dass das Gebäude teilweise massiv zerstört wurde. Die deutschen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Generalkonsulates waren jedoch unversehrt.
Gegen 23.20 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) waren alle 20 Angehörige des Generalkonsulats aus dem Bereich evakuiert und trafen um 1:55 Uhr im Camp Marmal ein.
Das Gelände des Generalkonsulats wird weiterhin durch die Quick Reaction Force sowie weitere Schutzkräften des TAAC-North gesichert.
Die Mitteilung des Auswärtigen Amtes:
Der bewaffnete Angriff auf das deutsche Generalkonsulat in Mazar-i-Sharif ist beendet. Die schwer bewaffneten Angreifer sind vom Sicherheitspersonal des Generalkonsulats, von afghanischen Sicherheitskräften und Sondereinsatzkräften von ‚Resolute Support‘ aus Camp Marmal zurückgeschlagen worden.
Alle deutschen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Generalkonsulats sind sicher und unverletzt. Das Gebäude des Generalkonsulats ist erheblich beschädigt.
Es ist noch nicht abschließend geklärt, wieviel afghanische Zivilisten und Sicherheitspersonal bei dem Angriff ums Leben gekommen oder verletzt worden sind.
Wir sind froh, dass alle deutschen Mitarbeiter des Generalkonsulats unversehrt und in Sicherheit sind. Unser Mitgefühl ist mit den afghanischen Verletzten und Angehörigen der Opfer.
Unser besonderer Dank gilt den afghanischen Sicherheitskräften und den georgischen Einsatzkräften von ‚Resolute Support‘, die mutig, professionell und ohne Zögern zu Hilfe geeilt sind und den Angriff erfolgreich zurückgeschlagen haben.
Auch wenn laut AA die Zahl der Opfer unklar ist, in Medienberichten aus Afghanistan, zum Beispiel bei RFE/RFL, werden sie schon genannt:
A Taliban suicide bomber drove a truck loaded with explosives into the German Consulate in northern Afghanistan, killing at least four people and wounding more than 100.
The truck exploded at the entrance of the consulate in the city of Mazar-e Sharif, destroying the gate and wall just before midnight on November 10. (…)
The Taliban claimed responsibility for the attack, saying it was revenge for U.S. air strikes last week that killed 32 civilians near the northern city of Kunduz.
A spokesman for the governor of Balkh Province told RFE/RL’s Afghan Service that the suicide bomb blast made a large hole in the compound wall and other Taliban fighters tried to enter the compound through the gap.
Wobei handelt es sich eigentlich bei Sicherheitspersonal des Generalkonsulats? Sind das Einheiten der Bundeswehr oder Bundespolizei?
Der Schutz deutscher Auslandsvertretungen obliegt Kräften der Bundespolizei.
Wenn dann die Bundespolizei und lokale Sicherheitskräfte.
Weiteres Update :
Sieh Dir den Tweet von @gebauerspon an: https://twitter.com/gebauerspon/status/796996663822925825?s=09
offenbar hatten auch BW-Soldaten den Finger am Abzug:
„Bundeswehr-Soldaten erschießen Motorradfahrer“ auf SPON:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-bundeswehr-soldaten-erschiessen-motorradfahrer-a-1120802.html
@f28 dazu ist der von TW verlinkte Tweet und die Antwort interessant.
passend dazu ein Beitrag des ZDF vom 10.11.2016
https://www.zdf.de/nachrichten/heute/heute-sendung-132.html
ab 09:30, Kommandoübergabe in Mazar-i-Sharif
Brigadegeneral André Bodemann äußerst sich zuversichtlich: „ich glaube, wir sind auf einem hervorragenden Weg“.
Weia Nr. 1: wenn dieser Weg schon hervorragend aussieht – wie sieht dann ein schlechter Weg aus?
(Weia Nr. 2 und OT: muss ein deutscher General vor der Kamera eigentlich genau die gleichen Flach-Floskeln benutzen wie ein Fußballtrainer? Nun gut, Geschmackssache)
Irgendwo gelesen, die Bw Entlastungsgs/Rettungstruppe brauchte 90 Minuten um vor Ort Hilfe zu leisten. Ist das in der Gegend normal?
MikeMolto | 11. November 2016 – 10:46
„Irgendwo gelesen“? Steht oben im Artikel.
Die Soldaten sitzen halt auch nicht 24/7 mit Gewehr bei Fuß, sondern müssen sich erst startklar machen und vorbereiten. Dann versucht man idealerweise schon ein Minimum an Informationen über die Lage vor Ort zu sammeln, ehe man da blind reinfährt. Da finde ich den Zeitansatz angemessen.
Nach Bundeswehrangaben fand der Anschlag um 19:35 Ortszeit statt die QRF und die deutschen Kräfte sollen um 21:05 eingetroffen sein.Das Camp Marmal ist etwa 10km vom Anschlagsort entfernt
MikeMolto .. einfach mal selber nachdenken
Zunächst müssen sie von dem Event überhaupt erfahren, das braucht bereits etwas Zeit. Dann war es kurz vor Mitternacht wo auch das Personal der schnellen Eingreiftruppe QRF im Camp Marmal normal im Bett liegt und sitzt nicht bei laufendem Motor 24/7 in den Fahrzeugen. Wir reden trotz „Afghanistan“ nicht davon, dass der böse Feind jede Minute an die Haustür klopft, selbst für die QRF in einem permanent erhöhten Alarmzustand.
Dann benötigen sie etwas Zeit für eine Lagebeurteilung, Auswahl der Handlungsoptionen, Ad-hoc-Planung und Entscheidungsfindung. Gefolgt von einer Befehlsausgabe an die unterstellten Führer. Und am Ende müssen sie noch als militärischer Konvoi den Anschlagsort im Zentrum einer Großstadt bei afghanischen Straßen(verkehrs)verhältnissen erreichen. Schauen sie mal auf eine Karte, dieser ist allein vom Camp Marmal etwa 15km entfernt, und nein, da brettern sie nicht mit wie mit ihrem VW Golf o.ä. mit 100km/h über die gut ausgebaute deutsche Landstraßen hin.
Also sind 90min ein sehr sehr sehr guter Wert, um hier eine Unterstützung vor Ort zu leisten.
@f28
Ein DEU General vor der Kamera ist ein politisch sprechender Offz. Andernfalls wird er rasch Ex-General werden.
@Fux: Danke! 90 Minuten in dieser Situation kann sich sehen lassen!
ich denke, man muss die Anmarschzeit der QRF im Zusammenhang mit der Schlagkraft des ständigen Sicherheitspersonal im Konsulat betrachten. Und wenn ich mir den Bericht so ansehe (kleine Gruppe von Angreifern, die direkt nach der Detonation versucht, in das Konsulat einzudringen und vom Sicherheitspersonal „gestoppt“ wurde), dann ziehe ich daraus den Schluss, dass das Sicherheitspersonal auf dem Posten war und offenbar die Lage schnell und gut in den Griff bekommen hat.
Wer immer auch unter dem Begriff „Sicherheitspersonal“ steckt, versteht offenbar sein Handwerk.
Die Punkte die Fux anspricht, sind die grundlegende Unterscheidung zu z.B. normalen Sicherheitskräften, wie man sie aus Deutschland kennt. Die Polizei, bekommt den Notruf und schickt dann direkt die Streifen hin. Das ist bei einer QRF / militärischen Operationen nicht der Fall.
Positiv zu sehen ist sicherlich auch, dass der verstärkte Schutz des Konsulat, welcher aus dem Spiegel Artikel hervorgeht gewirkt hat.
Leider scheint sich die Sicherheitslage aber weiter zu verschlechtern.
Das Sicherheitspersonal des Konsulats wird in dem Pressebericht der Bundeswehr nicht erwähnt. Somit könnte es sich wohl entweder um PSA-Kräfte der Bundespolizei oder/und um lokale Kräfte gehandelt haben.
@lieutenant
Vermutlich inzwischen Bundespolizei PSA, ehemals GSG9, jetzt ausgelagert.
@dallisfaction
thx :)
Schutz deutscher Auslandsvertretungen:
http://www.bundespolizei.de/Web/DE/03Unsere-Aufgaben/04Internationale-Aufgaben/HOD-und-PSA.html
nachdem sich vdL in ihrem Statement vor der Presse explizit auch bei der Bundespolizei bedankt hat, dürfte dieser Punkt wohl geklärt sein.
Fux | 11. November 2016 – 11:23
Danke fuer die Info und Erlaeuterung.
dh fuer mich aber, die ‚Sicherheitskraefte vor Ort‘ haben den Kampf alleine gefuehrt und die Bw Einheiten kamen um ‚ sweep out the ashes‘, korrekt ?
um die Verwirrung über die Sicherung des GK zu beseitigen:
GSG 9 kennt denke ich jeder, die sind nicht im GK
PSA Personenschutzkommando für den Konsul, Bundespolizei ausgebildet durch die GSG 9
Objektschutz im GK durch SAV (hieß früher HOD), normale Bundespolizisten mit Zusatzausbildung durch die GSG 9
@mikemolto
Hauptsache gegen die Bundeswehr geätzt, oder? Meine Güte…
Es ist interessant zu sehen, dass ein US geführter Angriff mit einem Terroranschlag gegen ein weiches Ziel (Konsulat, Zivilisten) vergolten werden soll. Dies lässt vermuten, dass Taleban nicht die Möglichkeit hat militärisch zu trumpfen. Man zeigte lediglich „Präsenz“
Zudem kamen ausschließlich afghanische Zivilisten ums Leben …
Habe einen neuen Eintrag mit einer Zusammenfassung eingestellt; bitte die Debatte dort weiterführen.
Es ist nicht Aufgabe der multinationalen Resolut Support Mission (RSM) und schon gar nicht der Bundeswehr allgemein für die Sicherheit in Afghanstan zu sorgen. Diese Sicherheitsverantwortung für das Land selbst wurde mit Ende 2014 komplett an die afghanischen Kräfte übergeben. Hierzu bitte einmal näher mit den Grundlagen und Aufgaben von RSM gemäß Mandat befassen.
Für das deutsche Botschafts- bzw. Konsulargelände im speziellen (so wie überall auf der Welt) obliegt die Sicherheitsverantwotung – da eine polizeiliche nationale deutsche Verantwortung für dieses „Hoheitsgebiet“ – wie durch Uwe beschrieben, bei Kräften der Bundespolizei.
Dass natürlich im dringenden Bedarfsfall RSM Kräfte (hier z.B. die georgische QRF des TAAC North) zur Unterstützung angefordert werden können, ergibt sich aus deren Mandat.
In diesem speziellen Fall hier kommt für die deutschen Kräfte der Bundeswehr im Rahmen des Subsidaritätsprizips noch eine Unterstützung für die Bundespolizei „über den deutschen nationalen Strang“ in Betracht. Ob dieser gezogen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.
Gerade in einer solchen Situation muss bei aller Eile klar auf Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten, Rechtsgrundlagen und die berühmten ROE (wer darf wann, wo, was unter welchen Umständen) geachtet werden.
Also kurz um: ihr plumper „Asche wegfegen“-Kommentar greift schlicht zu kurz
Noch mal die Bitte, die Debatte im neuen Thread weiterzuführen.
(Damit das leichter fällt, mache ich hier die Kommentare zu.)