Und weiter geht’s: Unveränderte Fronten im Streit um Bundeswehreinsatz im Inneren
Da ist man mal ne Woche weg, und die Debatte läuft zwar weiter – aber ohne wirklich neue Argumente: Was die Union auf der einen und die SPD auf der anderen Seite zum Thema Bundeswehreinsatz im Inneren in diese Sommerlochdiskussion einbringen, hat sich seit der Veröffentlichung des Weißbuches zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr vor vier Wochen kaum verändert.
Deshalb nur ein unvollständiger Sammlungs-Überblick (gerne dann mit Ergänzungen):
Aussagen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen beim Besuch des Kommandos Territoriale Aufgaben in Berlin am 3. August; das Thema kommt ab Minute 2:20:
Kernaussage:
Die Polizei entscheidet, ob und wann und in welcher Form sie die Unterstützung der Bundeswehr braucht.
Da hätte der CDU-Politiker und frühere Verteidigungsminister Rupert Scholz gerne eine etwas andere Situation – und mehr Rechtsklarheit, wie er dem Deutschlandfunk sagte:
Als das Grundgesetz 1949 diese klare Unterscheidung getroffen hat, gerade auf der Grundlage natürlich der traurigen historischen Erfahrungen, hat man an solche Situationen, an solche Gefahrenlagen noch gar nicht denken können, weil sie überhaupt nicht erkennbar waren. Aber ich muss … Verantwortliche Sicherheitspolitik bedeutet, dass man die Gefahren bekämpft, so wie es die Sicherheit gebietet. Und da wird, wie ich fürchte, uns nichts darum bringen können, auch hier die Frage einer militärischen Option aufzunehmen. (…)
Das Grundgesetz ändern bedeutet meines Erachtens, dass die Rechtsklarheit da ist. Ich habe ja vorhin die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zitiert, die meines Erachtens viel zu unklar ist. Man muss Rechtssicherheit haben. Und es muss vor allem auch klar sein, dass, wenn es zu einem solchen Bundeswehreinsatz kommt, dass dann der Oberbefehl entweder beim Bundeskanzler, der Bundeskanzlerin oder beim Verteidigungsminister liegt. Es kann nicht sein, dass das ganze Bundeskabinett entscheiden soll.
Wenig überraschend sieht das der SPD-Politiker und Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz, ebenfalls im Deutschlandfunk, ganz anders:
Ich glaube, dass es richtig ist, dass überall Entscheidungen getroffen worden sind in Deutschland, die Polizei zu verstärken, dass die Ausrüstung verbessert worden ist, dass alle jetzt gucken, wie sie mit einer solchen Situation umgehen können. Es sind aber Polizeilagen, und die Polizei in den Ländern und die Polizei des Bundes haben ganz klare Aufgabenbeschreibungen und auch Kompetenzen in dieser Frage. Ich halte das für eine Diskussion, die respektlos ist gegenüber der Polizei, die sehr wohl in der Lage ist, mit Polizeilagen – und um die geht es hier – umzugehen.
Die Debatte wird weitergehen, das Sommerloch geht nahtlos in den Wahlkampf über. Mal sehen, welche Argumente noch oder wieder dabei auf den Tisch kommen.
Der Vollständigkeit halber: Anfang vergangener Woche habe ich, auch im Deutschlandfunk, mal versucht, die Debatten- und Faktenlage darzustellen.
(Foto: von der Leyen beim Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin am 03.08.2016 – Bundeswehr/Christian Thiel)
Rupert Scholz erinnert mich da an 2 Sätze von Benjamin Franklin
A Republic if you can Keep it und Wer Freiheit um etwas Sicherheit aufgibt, verdient es beides zu verlieren.
Ich verstehe die ganze Aufregung nicht:
Die Bundeswehr kann von der für eine Gefahrenlage zuständigen Behörde zu Hilfe gerufen werden, wenn diese ihre Aufgaben alleine nicht bewältigt. Wo ist denn da der Unterschied zwischen einem Hochwasser und einer Terrorlage? Die Einsatzmittel müssen ja ohnehin an die Lage angepasst werden. Sandsäcke helfen nicht gegen Terroristen und Strassensperren nicht gegen Hochwasser.
Was ist also neu?
@Obermaat:
Der Unterschied liegt in der Frage der „hoheitliche(n) Aufgaben mit öffentlich-rechtlichen Zwangs- und Eingriffsbefugnissen“.
Ich stelle mir hier die Frage, wie die Ministerin reagieren würde, wenn sich ihr jemand hilfsmässig anbiedert, weil andere Institutionen der Meinung sind, dass die Bundeswehr ihre Aufträge nicht mehr schafft, was leider zum Teil auch zutrifft. Schuster bleib bei deinen Leisten. Für die innere Sicherheit sind in erster Linie andere Organe zuständig. Ansonsten ist hier bereits alles geregelt. Es gibt hier einfach keinen Handlungsbedarf. Für mich handelt es sich hier um eine persönliche PR Aktion einer Person, sonst nichts.
Eine Scheindebatte vor dem Hintergrund des aufziehenden Wahlkampfs. Denn in GG Art. 87a (4) ist alles bereits definiert. Der Rest ist Auslegungssache. Das wissen Scholz und Co. Auch die SPD wird in einem Fall von „Paris plus“ die Polizei nicht im Regen stehen lassen, wenn ausgerechnet die Streitkräfte die erforderlichen Mittel und das erforderliche Personal vorhalten. Denn wie sähen in einem solchen Fall wohl die öffentliche Debatte (und die folgenden Wahlergebnisse) aus …?
Und damit wäre alles Nötige zu dem Thema auch gesagt.
Man liest ja oft die Floskel „negative historische Erfahrungen“ im Zusammenhang mit dem Thema „Einsatz der Bundeswehr im Innern“. Ich möchte ja nicht ketzerisch sein: Die (Ordnungs-/Bereitschafts-) Polizei hat sich im III. Reich in weitaus stärkerem Maße/Umfang an den Verbrechen der Nationalsozialisten bzw. an der Durchsetzung der Herrschaft des Unrechts beteiligt als die Wehrmacht. Die Gleichungen „Polizei im Innern: gut“ „Streitkräfte im Innern: böse“, die oftmals mitschwingt, sollte also zumindest mit Vorsicht genossen werden. Im Übrigen zeigt dies (traurigerweise) – auch nach über 60 Jahren ihres Bestehens – das offenbar immer noch vorhandene Misstrauen der Bundeswehr/dem Militärischen gegenüber, wenn man allen Ernstes einen möglichen Einsatz der Bundeswehr im Innern mit z.B. der Niederschlagung der Revolution von 1848 („Gegen Demokraten helfen nur Soldaten“) oder der fragwürdigen Rolle der Reichswehr in der Weimarer Republik und danach vergleicht.
Klarstellung 1: Ich habe nichts gegen die Polizei, ganz im Gegenteil. Ich halte auch wenig von Vorhaltungen aus der Retrospektive ala „wie konnten die nur“.
Klarstellung 2: Ich bin ebenfalls gegen den Einsatz der Bundeswehr im Innern, jedoch nicht aufgrund der „negativen historischen Erfahrungen“, sondern aufgrund der Tatsache, dass die Bundeswehr wieder in die Lage versetzt werden muss, ihren originären, verfassungsmäßigen Auftrag (Landesverteidigung) auszuführen.
Im Übrigen fand ich diesbezüglich einen Satz eines französischen Generals zu den Angehörigen seines Stabes bemerkenswert: „Wir haben geschworen, Frankreich und seine Bürger zu beschützen – egal wo!“ Ist es nicht das, worum es am Ende geht?
In der Tat gehört es zu den ureigensten deutschen sicherheitspolitischen Absurditäten, den Staatsbürger in Uniform nicht als Beschützer sondern als Bedroher für Freiheit und Innere Sicherheit anzusehen. Es wäre hilfreicher, neue Konzepte für den Streitkräfteeinsatz bei terroristischen Bedrohungslagen zu entwickeln (bzw. alte wiederzuentdecken), statt ideologische Grabenkriege zu führen. Abgesehen davon nutzt sich das gähnend langweilige Klischeebild der auf streikende Arbeiter schießenden Freikorps-Soldateska nun wirklich ab. JPW
Obermaat | 08. August 2016 – 18:04
Ich verstehe die ganze Aufregung nicht:
Es geht nicht um den großen Kampf gegen Terroristen. Dieser Kampf wird von der Polizei und ihre unzähligen Spezial-Kommandos geführt. Den Politikern geht es um Kostensenkung. Ein Soldat ist billiger als ein Polizist. Zwei Demonstrationen plus ein Fußballspiel in der Stadt – und schon wird die Bundeswehr zur Unterstützung gerufen. Das soll Kosten sparen.
@JPW: Wenn EU – Bürger verpflichtet werden, ist der Staatsbürger in Uniform per Definition tot. Das interessiert aber irgendwie niemanden. ..
Nach meinem Eindruck haben wir jetzt ein ein (zugegebenermaßen kleines) bißchen mehr als die reine Scheindebatte, wenn (so habe ich den einen oder anderen offiziell verkündeten Satz verstanden) Polizei und BW zunächst mal tatsächlich über praktische Formen der Zusammenarbeit gemeinsam nachdenken und reden sollen/wollen. Wenn dabei etwas herauskommt, dann hätten wir endlich etwas in der Hand. Dann lohnt sich auch die Grundsatzdiskussion, ob die erzielbaren praktischen Zugewinne bei der Sicherheit die Rumschraubereien am GG (a) überhaupt erfordern und (b) die Ergebnisse den Aufwand wert sind. Bis dahin mal abwarten.
Und eines @Hand Dampf: Das Misstrauen richtet sich nicht dagegen, dass die Streitkräfte gewissermaßen außer Kontrolle geraten und eigenständig Politik machen sondern dagegen, dass die Streitkräfte vor fremde Karren gespannt und missbraucht werden. Und diese Frage ist angesichts des zunehmenden Hangs zu totalitären Regimen mit mehr oder weniger gelungenen demokratischen Verzierungen (ob nun nun Russ- oder Thailand) durchaus ernst zu nehmen. Sie richtet sich also nicht in erster Linie gegen die Militärs sondern die Politik.
@Zivi a.D.
Die zwei Sachen sollte man nicht durcheinander werfen – grundsätzlich ist das alles geregelt.
Abgesehen davon ist das für mich der grundsätzlich falsche Ansatz.
Die Frage ist für mich weniger, ob die Bundeswehr unterstützen könnte (sicherlich) oder das im derzeitigen gesetzlichen Rahmen darf (eigentlich klar definiert), sondern warum die Diskussion überhaupt aufkommt.
Die Polizei ist da wo sie ist, weil man sie ebenso wie die Bundeswehr kaputtgespart hat. Jetzt will man über Flickschusterei Probleme kompensieren, die man garnicht hätte, wenn die Polizei adäquat mit Material und Personal ausgestattet wäre.
Diese Diskussionen lenken doch nur vom eigentlichen Problem ab und behindern somit auch die sinnvolle und richtige Lösung – nämlich die Polizei wieder in die Lage zu versetzen, ihren Job zu machen.
Für alles, was darüber hinaus geht – und das sind dann wirkliche Großereignisse – muss man ohnehin nicht darüber reden – auch das ist dann wieder hinreichend klar.
@Kerveros: Da scheint ein Missverständnis vorzuliegen.Die Diskussionen über den Einsatz der BW in Inneren steuerten bisher immer auf den Punkt „GG-Änderung“ zu. M.E zwar völlig überflüssig aber ich habe die sicherheitspolitische Weisheitnicht mit Löffeln gefressen und habe deshalb hier in verschiedenen Threads zu diesem Evergreen die Position vertreten, dass – wenn denn überhaupt darüber diskutiert werden soll – Polizei und BW zunächst mit Szenarien und Konzepten überkommen müssen, um entscheiden zu können, auf was wir uns einlassen, wenn an der aktuellen Lage etwas gedreht werden soll.
Dass jenseits dieser Grundsatzfragen die allfälligen fiskalischen Probleme (Unterfinanzierung vs schwarze Null, Industriepolitik etc pp) ebenfalls ihre Rolle spielen, bestreite ich nicht. Sie sind gegenüber der Grundsatzdiskussion allerdings nachrangig.
@ Zivi a.D.:
Nun, wenn es nur Beispiele aus totalitären Staaten gäbe, gäbe ich Ihnen ja recht. Aber Frankreich, Belgien, oder seinerzeit das Vereinigte Königreich in Nord-Irland, zeig(t)en eindrucksvoll, dass der Einsatz des Militärs im Innern in einer gefestigten, stabilen Demokratie keine Vorstufe zum totalitären System darstellt. Ich halte unsere Demokratie durchaus für gefestigt.
@ Kerveros:
Ich gebe Ihnen völlig recht, was die Fehler „der Politik“ in Bund und Ländern hinsichtlich der Polizeien angeht und dass die Bundeswehr nicht zur Hilfspolizei degenerieren darf. Andererseits muss die Frage gestattet sein, weshalb unsere Nachbarländer zu dieser Maßnahme greifen und weshalb wir in Deutschland jede Debatte über den Einsatz der Streitkräfte im Keim zu ersticken versuchen. Für mich hat das leicht das Geschmäckle der Neuauflage von „am deutschen Wesen soll die Welt genesen“, wie wir es auch schon bei den Themen „Atomausstieg“ und „Flüchtlingspolitik“ hatten/haben.
Was mich an der Debatte in erster Linie stört ist dieser vermeintliche historische Aspekt beim Thema „Bundeswehr im Innern“, der immer mal wieder herhalten muss. Das geht am Thema vorbei und wird, sofern man den Blick in die Geschichte ohne Scheuklappen wirft, ganz schnell zu anderen, durchaus unschönen Erkenntnissen bezüglich der Rolle der Polizei in totalitären Systemen, im Allgemeinen und im Speziellen, führen. In Bezug auf die Wehrmacht wurde das ja seinerzeit mit viel medialem Aufwand aufgearbeitet, in Bezug auf die Schutz- und Ordnungspolizei gab es bislang nichts vergleichbares – zumindest wäre es mir nicht bekannt.
Mich würde interessieren, was die Polizei (oder das THW) macht, wenn nach mehreren, gleichzeitg erfolgten Terroranschlägen die öffentliche Ordnung zusammenbricht. Trinkwasser verseucht, Kein Strom, 1000de Verletzte und Tote, …. kleines Beispiel gefällig?
Samstag nachmittag. Die Fußballstadien sind ausverkauft. In mehreren Stadien Explosionen mit 1000den Toten oder Verletzten. Gleichzeitg und gut koordiniert werden Kraftwerke und die Trinkwasserversorgung mehrerer Großstädte attakiert. Die Polizei, die eh schon an ihrer Grenze der Belastbarkeit steht soll das regeln?
Die Bundeswehr ist im “ … schönes Wochenende…“.
Die OffzFü (meistens ein blutjunger Olt) sollen dann erste Massnahmen ergreifen? Welche Massnahmen denn? Der Kdr ist ja grad auch im WE…
Man braucht Sanis, Pios, Hubschrauber, Fm,… usw.
Wo und wie schnell sollen denn die herkommen? Alarmpläne? Am Samstagnachmittag? Gelächter.
Erstens: Ham wa nich
Zwotens: Könn wa nich
Drittens: Geht nich
Viertens: steht so nich in da Vorschrift
ISSO !!!
@Hans Dampf
Die schlechten Erfahrungen mit Militär im Inneren gehen nicht auf die 12jährige deutsche Geschichte sondern auf die Zeit davor zurück.
Kartätschenprinz, 1848…, kaiserliches/Altes Heer.
Nordirland: Burnt Cork, Bloody Sunday … oder um aus Europa wegzugehen z.B. Amritsar – von der Tatsache mal ganz abgesehen das die Britische(NICHT Royal) Army schon sehr viel früher vom Parlament an die Kette gelegt wurde
@alle, die sagen, es geht hier um eine Scheindiskussion:
+1
@Aussage Rupert Scholz:
Entweder der Mann weiß es nicht besser, dann sollte er sich bitte aus der Diskussion raushalten. Oder er argumentiert wider besseres Wissen, dann ist er ein Lügner und sind seine Aussagen pure Demagogie.
Er verknüpft im Interview immer wieder die Punkte „Rechtsunsicherheit“ und „ABC-Abwehr“. Doch gerade im Bereich ABC-Abwehr gibt es gar keine Rechtsunsicherheit. Diese Fähigkeiten können sogar im Rahmen der Amtshilfe angefordert werden – ganz ohne Beschluss des Kabinetts oder Anweisung der Verteidigungsministerin.
Wie so viele Vertreter des Bundeswehreinsatzes im Inneren trennt er überhaupt nicht derartige Formen der ZMZ von der „Ausübung hoheitlicher öffentlich-rechtlicher Zwangs- und Eingriffsbefugnisse“. Jedoch sogar für diesen kleinen Bereich gibt es bereits seit Jahren Regelungen, die den Einsatz unter bestimmten Umständen erlauben, aber halt nicht ins letzte ausdefiniert sind.
@Aufklärer:
Nein. In GG Art. 87a (4) ist nicht alles bereits definiert. Denn, so bitter es klingt, 100 Terrortote sind noch keine Gefahr für den Bestand der BRD oder die FDGO.
@Luftwebel:
Wie schon an früher geschrieben: Die primäre Aufgabe der BW in der ZMZ (zivil-militärischen Zusammenarbeit) ist nicht, ad hoc die Polizei und die zivilen Kräfte zu ersetzen. Vielmehr ist Aufgabe der Bundeswehr nach entsprechender Vorlaufzeit zivile Kräfte ablösen zu können und Großstrukturen aufzubauen – dann auch mit speziellen Fähigkeiten.
Wir schaffen es nicht (oder wollen nicht) unsere Grenzen schützen. Dadurch bekommen wir innere Unsicherheit. Hier soll dann die Bundeswehr Abhilfe schaffen, die eigentlich dafür gedacht ist, den Grenzübertritt eines beliebigen Feindes zu verhindern.
Ich bin jetzt kein Politiker, sondern SW Entwickler in der Industrie. Dort versucht man das Problem an der Wurzel zu packen.
@ Kerveros 10:43 Uhr
100 % Treffer !
Zitat:
„Die Polizei ist da wo sie ist, weil man sie ebenso wie die Bundeswehr kaputtgespart hat. Jetzt will man über Flickschusterei Probleme kompensieren, die man garnicht hätte, wenn die Polizei adäquat mit Material und Personal ausgestattet wäre.
Diese Diskussionen lenken doch nur vom eigentlichen Problem ab und behindern somit auch die sinnvolle und richtige Lösung – nämlich die Polizei wieder in die Lage zu versetzen, ihren Job zu machen.
Für alles, was darüber hinaus geht – und das sind dann wirkliche Großereignisse – muss man ohnehin nicht darüber reden – auch das ist dann wieder hinreichend klar.“
Das ist der Knackpunkt im Streit zwischen SPD und CDU / CSU über den Einsatz der Bw im Inneren in der Funktion wie sie @ K.B. beschrieben hat “Ausübung hoheitlicher öffentlich-rechtlicher Zwangs- und Eingriffsbefugnisse”.
Für alle bis jetzt vorstellbaren Lagen gibt es eine ausreichende Rechtsbefugnis des Einstatzes der Bw im Inneren, jedoch nicht zur Absicherung von Fußballspielen, G7-Gipeln, Castor-Transporten und sonstigen sicherheitsrelevanten Großereignissen für die die Polizei bisher allein zuständig ist.
Dabei ist die Überlegung der CDU/CSU Fraktion relativ einfach. Nachdem die überwiegende Mehrheit der Länder die zweigeteilte Polizeilaufbahn eingeführt hat, gibt es zur Absicherung von Fußballereignissen und anderen Großveranstaltungen nur noch Polizisten in der Besoldungsgruppe A9 – A13 (Polizeikommisar bis erster Polizeihauptkommisar). Bei der Bundeswehr wären die vergleichbaren Dienstgrade Leutnant bis Stabshauptmann. Dies ist für jedes Wochenende der Spielzeit der Bundesliga verdammt teuer !
Die Idee ist jetzt für solche Großereignisse die Bundeswehr subsidär zusätzlich zur Polizei einzusetzen, dann würde die Masse der eingesetzten Soldaten, vom Stabsgefreiten bis zum Stabsfeldwebel wieder nach A5 – A9 bezahlt werden, wie es bei den Länderpolizeien früher auch üblich war.
Die ganze Diskussion dreht sich also um eine haushaltärische Sparaktion und eine Verschiebung des Aufwandes von den Länderhaushalten in den Bundeshaushalt.
Dies weiß natürlich auch Rupert Scholz, als Rechtsprofessor und ehemaliger (kurzer) Bundesverteidigungsminister. Er sagt dies natürlich nicht öffentlich, denn aus wirtschaftlichen Gründen würde in der Öffentlichkeit niemals eine Zustimmung zu einer GG-Änderung zur “Ausübung hoheitlicher öffentlich-rechtlicher Zwangs- und Eingriffsbefugnisse” durch die Bw im Inneren erreicht werden.
@ ThoDan:
Ja, das Beispiel 1848 hatte ich ja nicht umsonst angeführt – das ist ja gewissermaßen der Klassiker, blendet aber völlig aus, dass der Einsatz des Militärs als ultimative Form der Staatsgewalt zu dieser Zeit nichts ungewöhnliches war. Wir haben keine Monarchie mehr und die Bw ist nicht das preußische Heer. Das Offizierkorps ist, außer als funktionaler Oberbegriff für Angehörige dieser Laufbahn, restlos verschwunden. Von anderen Dingen wie z.B. gesetzlichen Regelungen im Alltag ganz abgesehen.
Ich persönlich sehe die Wahrscheinlichkeit bei 0,00001%, dass a) die Politik einen solchen Einsatz erwägen würde – so er denn möglich wäre und b) dass die Bundeswehr zu so etwas überhaupt fähig oder willens wäre. Ein jeder, der davor Angst hat, möge einmal in jede x-beliebige Kaserne gehen. Außer den paar Schildern mit „Militärischer Sicherheitsbereich – Achtung Schusswaffengebrauch“ und den lustigen, grün gescheckten Auf/-Anzügen in diversen Ausführungen könnte das auch jedes x-beliebige Werksgelände sein. Nicht zuletzt diese (absurde) Abstinenz des Militärischen im Militär lässt es mehr als unwahrscheinlich erscheinen, dass es einen „Bloody Sunday“ o.ä. auf deutschem Boden geben könnte. Zumal die British Army auch nach dem „Bloody Sunday“ in Nordirland im Einsatz blieb und daraus viel gelernt hat; aus dem Vereinigten Königreich hat sich kein totalitärer Staat entwickelt.
@ Wuehlmaus | 09. August 2016 – 13:10
In der Welt steht unter dem Titel „Aleppo geschieht vor unseren Augen – Schämt euch!“ ein Anklage, die sich unsere Politiker und Entscheider mal durchlesen sollten. Da stehen dann so Aussagen wie: „Ich habe deswegen eine Bitte, an Herrn Steinmeier und Frau von der Leyen, an die Außen- und Verteidigungsminister und die Außenbeauftragte der EU … hört auf, vom Friedensprojekt Europa zu reden. Und hört auf, darüber zu schwadronieren, dass man „die Ursachen bekämpfen“ müsse.
Seid einfach still und schämt euch.“
Ich denke, der Autor liegt richtig. Es wurden in den letzten Jahren sehenden Auges eklatant viele sicherheitspolitische Fehler gemacht. Die löst man nicht, indem man eine kaputte Polizei durch eine kaputte Bundeswehr verstärkt. Auch diese operativen Werkzeuge des politischen Willens können grob fehlerhafte Politik und Verleugnung der Realität nicht reparieren.
Merkt die Politik eigentlich gar nicht, was sie über den von ihr geschaffenen Zustand des Landes aussagt, wenn sie öffentlich verkündet, dass man die innere Sicherheit nicht mehr mit der Polizei garantieren kann, sondern dafür zukünftig eine Armee mit Panzern, Bombern und Artillerie braucht? Ist die Eskalationsspirale schon soweit?
@ Georg:
Das ist nun aber sehr unsachlich. Ausgangspunkt der Debatte waren Terroranschläge wie in Paris oder Brüssel und wie man hierzulande darauf reagieren sollte/könnte. Was haben Castor-Transporte und Bundesliga-Spiele damit zu tun?
Ihrer Kritik am (je nach Bundesland vorhandenen) Ausschluss all derer vom Polizeivollzugsdienst, die über kein (Fach-) Abitur verfügen, stimme ich indes völlig zu.
@ Hans Dampf
Zitat: „Das ist nun aber sehr unsachlich. Ausgangspunkt der Debatte waren Terroranschläge wie in Paris oder Brüssel und wie man hierzulande darauf reagieren sollte/könnte. Was haben Castor-Transporte und Bundesliga-Spiele damit zu tun?“
Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Die seit Jahren immer wiederkehrende Debatte um den Einsatz der Bw im Inneren (wohlgemerkt es geht nur um die neue “Ausübung hoheitlicher öffentlich-rechtlicher Zwangs- und Eingriffsbefugnisse”, alles andere ist bereis jetzt möglich) sucht sich einen aktuellen Aufhänger. Dieses Jahr waren es die Terroranschläge. Sie können mal ja die anderen Versuche die Bw im Inneren einzusetzen „googlen“. Als Einstieg empehle ich den GG-widrigen Einsatz der Bw zur Absicherung der Münchner Sicherheitskonferenz vor einigen Jahren.
@ Hans Dampf | 09. August 2016 – 13:56
„Niederschlagung der Revolution von 1848 (“Gegen Demokraten helfen nur Soldaten”)“
Wir sollten nicht naiv sein.
Würde es in Deutschland zu Putschversuchen kommen, würde schnell der Notstand erklärt und auch die Bundeswehr gegen Putschisten eingesetzt. Desto weniger Soldaten in der Bevölkerung verankert sind, desto leichter wird es ihnen fallen, den Finger krumm zu machen – vor diesem Gedanken erscheint der Rückzug der Bundeswehr aus der Fläche, die Abschaffung der Wehrpflicht, sowie die angedachte Rekrutierung ausländischer Soldaten plötzlich vor einem ganz anderen Licht.
Der Ausspruch „Gegen Demokraten helfen nur Soldaten“ würde seinem Sinn entsprechend aus der Mottenkiste geholt, nur dass man dem aktuellen Zeitgeist entsprechend nicht den „Demokraten“ als Feindbild benennen würde, man würde eher Begriffe wie „Terroristen“, „Islamisten“ oder „Nazis“ einsetzen und schon würde die fahnenschwenkende Anhängerschaft jubeln wie gerade bei Erdogan oder wie in Deutschland vor 80 Jahren.
@ Hans Dampf
Mich erschreckt die Aussage von Rupert Scholz nicht wegen des theoretisch möglichen BW Einsatzes.
Nur war weder der Bloody Sunday noch 1848 Einzelne Ausnahmen.
dann wären da die Little Rock Nine, Nationalgarde vs regular Army
„Die ganze Diskussion dreht sich also um eine haushaltärische Sparaktion und eine Verschiebung des Aufwandes von den Länderhaushalten in den Bundeshaushalt.“
Genau das ist imho der Casus Cnactus………und in gewisser Weise auch das verfassungsrechtliche Kompetenzdilemma, in dem die Politik drin steckt.
Terrorismusabwhr, -bekämpfung ist in erster „Näherung“ eine Aufgabe des Bundes, im Ereignisfall stehen aber die Kommunen und die Länder mit ihren Kräften/Mitteln unmittelbar „an der Front“. So stellt sich in der Tat die Frage wie man das Risk and Burden-Sharing Bund/Länder in Sachen Terrorismua optimaler strukturiert.
Bund, Länder und Kommunen sitzen ja bekannter Weise in einem Boot, das sich Deutschland nennt. Da gibt es eine Besatzung und natürlich jede Menge Passagiere. Die Besatzung hat eine doppelte Gefechtsrolle: sie muß das innere und das äußere Gefecht zeitgleich führen können. Oberste Priorität ist die Sicherstellung des „Überlebens“ des Bootes und damit die innere Gefechtsführung Das kann nur funktionieren, wenn alle Besatzungsangehörige fähig und in der Lage sind im inneren Gefecht eingesetzt zu werden – also auch die Besatzungsanteile, die eigentlich nur für das äußere Gefecht vorgesehen sind. Und so kann es an Bord eben vorkommen, dass die Brandwache nach Löschen eines Feuers an Bord eben kein „Heizer“ ist, sondern ein „Wäffner“.
Vom Grundsatz her ist also der Einsatz der BW im Inneren im Falle eines terroritischen Großereignisses – auch präventiv bei Großveranstaltungen wie G7-Treffen oder internationale Meisterischaften – nicht nur sinnvoll, sondern auch grundgesetzlich zulässig. Was fehlt also ? Ganz einfach ein Rollenplan, in dem auch die Rollenverteilung der Bund/Länder-Besatzng für die Einsatzrolle terroristisches Großereignis zielführend abgedeckt ist. Dazu müßte man sich einmal zusammensetzen und eine „Bestandsmusterung“ der Besatzung von Traumschiff Deutschland durchführen. Und hier ist in der Tat in erster Linie nun der Bund gefordert, denn der ist schließlich der verantwortliche Reeder. Die Terrorabwehrrolle des Bundes benötigt keine GG-Änderung, sondern eine Ressortvereinbahrung zwischen BKA,, BMVg und BMI zusammen mit einer überarbeiteten Bund/Änder-Vereinbahrung in Sachen ZivMil Zusammenarbeit.
Aber da wirja im ewigen Wahlkampf befindlich sind, ist das natürlich wichtiger als eine
optimal organisierte Rollle des Kampfes gegen des Terrorismus an Bord des Traumschiffes Deutschland.
Ich finde es seit geraumer Zeit faszinierend, dass man „Allgemein“ der Meinung ist mit etwas Geld, besserer Ausrüstung und wieder „mehr“ Personal könnte man die Polizeien wieder auf Spur bringen.
Das Mehr an Geld über das ständig geredet wird gibt es bisher weder beim Bund, noch in einem der Länder – eine Gesamtaufstellung der Einzelpläne der jeweiligen Haushaltsentwicklung der letzten 10 bis 20 Jahre reicht da ja. Einziger Grund für Steigerungen waren hier immer höhere Personalkosten (bei abnehmendem Bestandspersonal) ohne praktische Mehrfinanzierung der Behörden für ihre Aufgaben.
Die bessere Ausrüstung gibt es ebenfalls nicht wirklich – da wo es etwas neues gibt, gibt es höchstens Sparvarianten (z.B. „smarte“ Streifenwagen, deren Daten natürlich nicht über den verschlüsselten Digitalfunk, sondern über ausfallanfällige Handynetze laufen). Von Bewaffnung und Ausrüstung fange ich lieber gar nicht an.
Und Personal? Der bundesdeutsche Polizeipersonalkörper ist im Schnitt um die 50. Alleine um die Pensionierungswelle der nächsten 10 Jahre auszugleichen bräuchten wir wohl mehr als 50000 Anwärter für polizeiliche Laufbahnen. Woher sollen die denn bitte kommen, wenn die Bundespolizei bereits jetzt massiv Personal einstellt, dass die Polizeidiensttauglichkeit nicht hat und/oder die Einstellungskriterien nicht erfüllt. Und da rede ich nur vom Erhalt des Status quo und nicht davon, dass es auch nur einen Polizisten mehr auf der Straße gibt.
Alleine die Masse an benötigtem Personal wird es nie geben – die Demografie und die blühende Wirtschaft sind da eindeutig. Jeder Politiker, der da etwas anderes behauptet und „mehr Polizei“ verspricht lügt schlichtweg.
Mir fallen nur zwei demografieverzögernde Maßnahmen ein: Einfacher Dienst und massiver Ausbau des mittleren Dienstes in allen Ländern und beim Bund und/oder Feldjäger und Bundespolizei werden zu einer Gendarmerie, womit plötzlich 4000 Polizisten mehr auf einen Schlag zur Verfügung stünden.
Letztlich sehe ich aber nur freiwilligen oder verpflichtenden Polizeidienst im Sinne des freiwilligen Wehrdienstes oder des Grundwehrdienstes als dauerhafte Lösung. Anders ist der Personalbedarf schlicht nicht zu decken.
@ A.W. | 09. August 2016 – 15:52
„Letztlich sehe ich aber nur freiwilligen oder verpflichtenden Polizeidienst im Sinne des freiwilligen Wehrdienstes oder des Grundwehrdienstes als dauerhafte Lösung. Anders ist der Personalbedarf schlicht nicht zu decken.“
Interessanter Ansatz, Zwangsdienst für die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung. Ist ja schon weit gekommen, könnte also durchaus bald Realität werden.
Vorher sollte man vielleicht mal der Frage nachgehen, warum die Polizei inzwischen so wenige geeignete Bewerber hat. Dann landet man schnell bei einigen politischen Fehlern, die die Leute, die man gern bei der Polizei sehen würde, dazu motiviert, eben nicht dorthin zu gehen.
Meine Meinung:
Langfristig kann die BW natürlich nicht die Lücken der Polizei schließen.
Mittelfristig auch nicht.
Grund hierfür: Die unterschiedliche zusätzliche Anforderungen die sich an die BW ergeben würden ohne Personalzuschaltung.
Kurzfristig: Wenn es hart auf hart kommt, siehe Paris, würde die BW wohl viele Leute bewaffnet auf die Straße bringen, das wäre es aber schon.
Betonung liegt hier auf „bewaffnet auf die Straße bringen“.
Ausbildung für die jeweilige Situation wohl Fehlanzeige, Ausrüstung wohl (in der Masse) auch nicht vorhanden.
Jetzt mal etwas Polemik aus einer Entfernung von 11 Jahren:
Gebt mir eine Einheit oder eine Teileinheit, gebt mir die Ausbildungszeit, die Ausbildungsmittel und die Mittel, gebt mir die Rückendeckung von oben und die entsprechenden Anweisungen / Gesetze von oben:
Kurzfristig schaffe ich das, vielleicht.
Glaube ich,
Werferfehler
Zu vorhin:
Was ich nur ausdrücken wollte:
Ohne genügend Ausbildungszeit, Ausbildungsmittel, Wirkmittel und Rückendeckung schafft es die Bundeswehr nicht sinnvoll im Inneren eingesetzt zu werden,
das wollte ich damit ausdrücken.
Nichts für ungut,
nur meine Meinung,
Werferfehler
@ALF Igel: Ja, die Politik hat eindeutig versagt, als sie in den letzten Jahrzehnten die Bevölkerung nicht zum Produzieren ausreichenden Nachwuchses gezwungen hat, da hast du völlig recht. Und dass man zulässt, dass es der Wirtschaft nicht nur gut geht, sondern sie dann auch noch dem Staat den demografisch gebeutelten Personalpool klaut sollte wirklich mal gerichtlich aufgearbeitet werden.
Prost.^^
Zurück zum Ernst.
Ich bin bei meiner Schätzung noch vorsichtig. Die GdP hat vor einigen Jahren von bis zu 50 Prozent angehenden Pensionären bei den Polizeien in den nächsten Jahren gesprochen. Das ist noch weniger realistisch kompensierbar.
In den letzten 15 Jahren wurden geschätzt 15000 – 20000 ausscheidende Polizisten nicht mehr durch Neueinstellungen ersetzt. Dies hat wenig mit Demografie aber viel mit den Sparabsichten der Innenminister zu tun. Gleichzeitig wurde die Bw von 340 000 Soldaten in 1994 auf heute 177 000 Soldaten reduziert. Auch hier wären genügend ausscheidende Soldaten als Bewerber zur Einstellung bei der Polizei vorhanden gewesen. Die Länderinnenminister ziehen es jedoch vor 18 jährige Bewerber einzustellen anstatt 30 jährige Bewerber mit 12 Jahren Erfahrung bei der Bundeswehr.
Die ganze Nachwuchsproblematik im öffentlichen Dienst im Bereich Sicherheitsorgane ist kein Zahlenspiel sondern eine Frage des Wollens und der eigenen Ansprüche. Auch die Industrie muss Abstriche bei den Bewerbern machen, wenn die Angebotslage entsprechend gering ist. Nur, bis vor kurzem haben das weder die Innenminister noch die jeweiligen Finanzminister realisiert.
[ Ironie an ] Guter Nachwuchs wächst auf Bäumen und kann in einer modernen Dienstleistungsgesellschaft jederzeit auf den freien Markt eingekauft werden, muss also nicht groß ausgebildet, in einem attraktiven beruflichen Umfeld beschäftigt und nach dem Berufsleben versorgt werden [ Ironie aus ]
Also ein „atmender Personalkörper“ :-(
So stellen sich die verantwortlichen Innenminister wohl die Nachwuchsgewinnung vor !
@ A.W. | 09. August 2016 – 19:07
Das Märchen von der Demographie als Universalschuldigen für eine missratene Personalpolitik und mangelnde Attraktivität anzuführen, wird zwar immer wieder gern versucht, bleibt aber falsch. Die Zahl der Erwerbstätigen steigt in Deutschland seit Jahren an, auch weil z.B. berufstätige Frauen (statt Heimchen am Herd) durch ihr geändertes Verhalten am Arbeitsmarkt die kleiner werdenden Jahrgänge überkompensieren. Zudem gehört Deutschland zu den wohlhabenden und attraktiven Ländern der Welt. Import von geeigneten Arbeitskräften dürfte kaum ein Problem sein, Länder wie Kanada oder Australien machen das vor.
Deutschland ist ja nicht gerade dünn besiedelt. Man könnte auch sagen: Unser Land ist überbevölkert. Gut, dass Afrika wesentlich dünner besiedelt ist, als Mitteleuropa… unsere Natur würde sich freuen, wenns ein paar weniger Menschen geben würde. Reproduktionsverzicht ist mir da wesentlich lieber, als kriegerische Völkerwanderungen mit Genoziden, die durch hohe Reproduktionsraten regelmäßig ausgelöst werden. An diesem Punkt knallen dann Demographie- und Sicherheitspolitik voll aufeinander.
Demographische Entwicklungen kommen übrigens nicht überraschend, da hat man mehr als ein Jahrzehnt Vorwarnzeit. Auch der voraussichtliche Renteneintritt vorhandenen Personals ist durchaus prognostizierbar. Man müsste dafür natürlich längerfristiger planen und nicht nur auf die nächste Wahl schielen.
@Georg
Beim Einsatz der Bw bei der msc ging es in erster Linie auch um die haushalterische Einsparung von Mitteln!
Sorry, das mag jetzt platt klingen: Da fordert eine CSU doch ernsthaft die BW im Inneren einzusetzen. Im gleichen Atemzug will man Steuererleichterungen um Zuge der Mehreinnahmen. Jetzt im Ernst? @BPol, LPol: SAGT ENDLICH WAS! Was braucht ihr an Mitteln, Gerät und Personal um z.B ein Dehli/Paris-Attentat operativ in Griff zu bekommen?
Die BW bräuchte Stunden um vor Ort zu sein, die GSG eine Stunde.
Wo fängt (technische) Amtshilfe an und wo hört sie auf – bzw. wo beginnt/endet demnach ein „Einsatz“ im Innern? Wenn die Bundeswehr der Polizei ein SEA leiht, mit dessen Hilfe z.B. eine einsatzrelevante Anlage betrieben wird? Gestellung von Unterkünften in Kasernen für Polizeikräfte, die sonst gar nicht eingesetzt werden könnten? Der Spähwagen auf der Brücke, der der Polizei Beobachtungen durchgibt? Tornado IDS aka Recce-Tornado über Heiligendamm? Hubschrauber der Bw, die Polizisten von A nach B fliegen? Sind das Einsätze im Innern, oder leisten sich da Behörden (gegenseitig) Amtshilfe? „Schutz Deutschlands und seiner Bürger“ meine ich mal irgendwo gelesen zu haben…
Es gibt mMn kein demografisches Problem. Weder für die Bw noch für die restlichen Sicherheitsbehörden.
Kurze Erfahrung aus ca 2011:
BKA hebt aufgrund der starken Zunahme an Bewerbern den Abi Notenschnitt von 3,0 auf 2,5 an.
BfV hat eine mehr als Verdoppelung der Bewerberzahlen.
Polizei RLP hat auf ca 150 Stellen 3.000 Bewerber.
Bw (OffzLaufbahn) 10.000 Bewerber, davon 4.000 als Offz geeignet, etwa die Hälfte davon wird eingestellt. 2015 mKn etwas weniger Bewerber und weniger Stellen.
Viele bewerben sich gleichzeitig bei Bw und Polizei etc.
Klar waren die Zahlen auch den „damals“ schlechteren wirtschaftlichen Aussichten geschuldet, was dem öffentlichen Dienst zugute kommt.
Dennoch: Auch wenn ein Teil der Bewerber nicht geeignet sind / sein sollten, ist der Nachwuchs da. Dennoch mE die Hauptprobleme: In einigen Ländern wie bereits genannt die nur noch zweigeteilte Beamtenlaufbahn. Bei der Bw die Frage warum man Mannschafter machen soll (außer man will es).
Verbunden damit der rapide Anstieg der Abiturienten (mehr als die Hälfte eines Jahrganges).
Dass die BPol als Sofortmaßnahme die Einstellungszahlen verdoppelt, ist hierbei vllt noch am ausschlaggebendsten, da hier wirklich Leute gesucht werden.
Statt die Mängelwirtschaft bei der Polizei (und der Bundeswehr) zu beseitigen, soll die Antwort also sein, dass die Bundeswehr im Revier der Polizei wildert.
Die Dienstherren in Bund und Ländern machen es sich einfach. Meiner Meinung nach zu einfach.
@Hans Dampf:
Alles, was Sie auflisten, fällt unter technische Amtshilfe.
Einzig Tornadotiefflüge über Demonstrantencamps passen nicht dazu. In der Türkei hat man gesehen, wozu sowas eingesetzt wird.
Meinen Sie mit „Einsatz“ vielleicht die „hoheitliche(n) Aufgaben mit öffentlich-rechtlichen Zwangs- und Eingriffsbefugnissen“? Streng genommen beginnt das, wenn Soldaten bei einer Deichabsicherung anfangen im öffentlichen Raum den Straßenverkehr zu regeln. Aber das ist selbst Feuerwehrleuten z.T. untersagt.
@AoR | 09. August 2016 – 21:24
Richtig. Die Führungen der Polizeien müssen jetzt liefern, wie sie weiter vorzugehen gedenken.
Ansonsten: Vergessen wir nicht, dass die paramilitärische Komponente des BGS mit Inkrafttreten des Bundespolizeigesetzes entfallen ist. Diese Lücke wird nun offenbar.
Ich meine, dass die Bundespolizei diese Lücke schließen sollte. Dies wird sie aber kaum durchhaltefähig (2 Wochen plus) können werden. Und deshalb ist zu prüfen und ggf. umzusetzen, ob und wie die Bundeswehr hier ablösen könnte bzw. ergänzen könnte.
Hierzu gilt es aber zu bemerken, dass, zumindest außerhalb Bayerns, die Option Reserve -die sich manche herbeiträumen- nicht existent ist und seit Aussetzen der Wehrpflicht noch dazu vor große Regenerationsprobleme stehen wird. Es also Aktive benötigt oder man die Reserve nach frz. oder U.S. Vorbild in eine juristisch sichere und fachlich durchführbare sowie verbindliche Handlungsmechanik überführt.
Das Gleiche gilt aber auch für das THW, die Ehrenamtlichen von DRK, ASB, Johanniter, etc. sowie für die Freiwilligen Feuerwehren.
Es gilt dies sauber zu verzahnen ohne es (insbesondere aus klar nachvollziehbaren verfassungsgeschichtlichen wie -rechtlichen Gründen) zu vermengen.