Geringe Beschaffung, leere Depots: Der Bundeswehr wird die Munition knapp (Update)
Die Bundeswehr hat nicht nur mit Problemen bei ihrem Material zu kämpfen – sondern auch mit zunehmend leeren Munitionslagern. Unter dem Titel Leere Munitionsdepots gefährden Einsatzfähigkeit der Truppe hat die Kollegin Sabine Siebold das für Reuters sehr ausführlich aufgeschrieben. (Update: Jetzt ist auch die – längere – deutsche Fassung online.) 14 Milliarden Euro, so die Berechnung, würde allein die Aufstockung der Vorräte kosten.
Aus der bereits zuvor veröffentlichten englischen Zusammenfassung ein paar Kernaussagen:
Germany needs to spend 14 billion euros ($15.48 billion) on replenishing its badly depleted stockpile of munitions as part of a broader plan up to 2030 to upgrade military equipment after years of decline, a German military source said. (…)
Hans-Peter Bartels, military ombudsman in the German parliament, said current stocks had fallen to a two-day supply, far below NATO’s old Cold War requirement of 30 days.(…)
A defence ministry spokesman would not comment on the state of the military’s munitions supplies on the grounds that the data was classified.
However a confidential ministry report seen by Reuters acknowledged that the stockpile had shrivelled and would limit any deployment by Germany to aid NATO allies in eastern Europe.
Ein – bekanntes – Problem ist zum Beispiel, dass von den Flugkörpern für die Korvetten vom Typ RBS15 Mark 3 (Foto oben) gerade mal 25 Stück beschafft wurden. Für fünf Korvetten – also fünf Schuss pro Schiff. Oder von den modernen Flugkörpern zur Raketenabwehr, Typ PAC3, gerade mal 24 – auch das eine bereits bekannte Zahl. Das ist ebenso wenig eine durchhaltefähige Versorgung wie die schrumpfenden Munitionsbestände in anderen Bereichen.
(Ich hoffe, die ausführliche deutsche Fassung geht auch noch online; verlinke sie dann hier.)
(Foto: Start des Seezielflugkörpers RBS15 Mk3 von der Korvette Magdeburg bei der Einsatzprüfung in schwedischen Hoheitsgewässern – Diehl Defence)
Genau dies ist das Kernproblem der Neuausgerichteten Bundeswehr und die faktische Unglaubwürdigkeit der Abschreckung.
Na, dafür bekommen die Soldaten doch jetzt Einzelzimmer und Kühlschrank/TV in die Stube, jeder!
Das hat doch was, die haben doch dann eh keine Zeit Munition zu verbrauchen, weil sie den Film noch zueende gucken müssen.
Das scheint aufgrund der US-Zählweise aber eine „englischsprachige“ US-Version zu sein.
Allerdings ist genau das eine vielleicht zynische, aber statistisch folgerichtige Konsequenz der Überlebenswahrscheinlichkeit eines Waffensystems: nach 3-4 Schüssen auf einen ebenbürtigen Gegner wird es ebenfalls vernichtet. Wozu also mehr Munition beschaffen, die anderweitig nicht verwendet werden kann?
Vorweg, ich bin absoluter Laie auf dem Gebiet des Militärischen. Was ich an Kompetenzen für das Militär einbringen könnte ist Betten machen (Zivildienst sei Dank).
Mit niedrigen Stückzahlen von was weiß ich lässt sich immer schnell Aufregung erzielen. Wobei ich denke, dass hier genug Fachleute am Start sind, die sagen können: Bullshit, kein Problem; oder: Das ist absolut lächerlich, allein für ein scharfes Schießtraining bräuchte man im Jahr x Flugkörper.
Wenn ich solche Informationen lese, frage ich mich immer, weshalb man eine so geringe Stückzahl 8wenn das tatsächlich ein Problem ist) eingekauft hat. Lässt sich das in Erfahrung bringen? War kein Geld da? Hat man von vornherein nur diese Stückzahl eingeplant (seitens des Militärs), und wenn ja, weshalb? Oder haben Betriebswirte/Haushälter/der Finanzminister gesagt, es ist doch Frieden, wofür brauchen wir mehr? Wenn wir welche brauchen, lassen wir eben nachliefern (blöd nur, wenn allein der Prozess zur Erstellung der Ausschreibung sechs Monate dauert, wenn überhaupt ein Budgettitel dafür vorhanden ist). Dann wird es tatsächlich interessant.
Oder stehen diese Hintergrundinformationen in dem Bericht?
Dann war „Säbelrasseln“ doch der richtige Begriff seitens dem AA. Die „rasseln“ auch ganz gut stumpf. /SCNR
Ich stimme @Achim Hänsch da zu, vielleicht sind die Systeme garnicht für mehr ausgelegt?! Es wäre hier wichtig die Anforderungen und die kalkulatorische Überlebensdauer im Ernstfall zu kennen. Je nach Auslegung und Doktrin ist diese Anzahl vielleicht sogar ausreichend?!
Nur stellt sich dann auch die Frage wie es in anderweitigen Szenarien aussieht, gerade im Bezug auf hybride Konflike, Friedenssicherung oder Kriegsführung gegen sehr viel schlechter ausgerüstete Parteien. Wie sieht dann die Versorgung aus und stimmt die ursprüngliche Auslegung dann noch? Beispiel Anti-Piraten Einsatz zum Beispiel!?
@ Achim Hänsch
Es ist vermutlich nicht unwahrscheinlich das im Falle eines offenen Schlagabtausches 3-4 Schuss für ein Waffensystem statistisch reichen aber:
– Es senkt die Moral der Truppen wenn so offensichtlich einkalkuliert wird das sie statisch nach einem Kampf nicht mehr einsatzfähig sind.
– Es müssen gelegentlich auch Schüsse für Trainingszwecke, Show-of-force oder was auch immer abgegeben werden.
Ich halte es für durchaus wichtig wenn zumindest theoretisch die Chance für eine längeres, oder mehrere Gefechte vorhanden ist.
– Es ist nicht unwahrscheinlich das im Erstfall nicht 100% der Munition funktioniert, d.h. es muss sichergestellt werden das auch 3-4 funktionierende Schüsse abgegeben werden können, besonders bei den sehr komplexen modernen Waffensysteme bestimmt nicht einfach.
Na ja, wenn man keine bzw. keinerlei Kalkulationsgrundlage für bedrohungsorientierte Munitionsbevorratung hat, dann läßt man es eben bleiben und beschafft nur die techn.-log. erforderlichen Stückzahlen zur Systempflege und Fähigkeitserhalt. Den Schuß üben kann man auch am Simulator.
Btw., das geht ja nicht nur uns so. Wer erinnert sich noch an das Gejammer eines britischen Generals während der Air Campaign in Libyen, dass der Royal Airforce die Munition ausging ? Na, nun haben wir ja wieder eine „echte Bedrohung“ und nun können wir wieder Panzer etc zählen und dann legen wir uns wieder für 30 Tage Munition in den Bunker und alles wird gut……in ca. 10 Jahren…so viel Vorwarnzeit hat sich ja die NATO selber ins Stammbuch geschrieben als sie einvernehmlich das gesamte General Defence Planning geschreddert hat. Wenn also zum Gipfel nun die Vorwarnuhr in Gang gesetzt wird, dann haben wir ja gut 10 Jahre Zeit /SCNR
@T.W: Vielleicht sollten sie noch ergänzen, daß mit PAC 3 das Flugabwehrsystem Patriot gemeint ist, denn es wissen sicherlich einige Leser hier, aber sicher nicht alle.
Ich weiß nicht, wieviele Patriotstartgeräte die BW noch hat? Laut Wikipedia waren 2006 noch 192 Startgeräte, mit je 4 Flugkörpern vorhanden.
24 PAC 3 Flugkörper im Verhältnis für bis zu zu 192 Startgeräte mit je 4 Flugkörpern, zeigen, daß man 768 PAC 3 Flugkörper benötigen würde, um alle Startgeräte(ohne Resvere) zu bestücken.
@ Jürgen
In dem Reuters-Artikel steht, das für 2017 das Budget zur Beschaffung von Munition 359 Mio EUR beträgt.
Bezogen auf den gesamten Verteidigungshaushalt mit rund 36,6 Mrd EUR ist das ein Anteil von knapp 1% !!!
In Durchschnitt der letzten Jahren standen für verteidigungsinvestive Ausgaben nur rund 20% des Haushalts zur Verfügung. Der große Rest geht für Betriebskosten und Pensionslasten drauf.
Da man jeden EURO nur einmal ausgeben kann, muß man eben Prioritäten setzen.
Der Spielraum schrumpft durch langlaufende, im Vergleich zur Planung sich ständig verteuernde Beschaffungsprojekte (Eurofighter, A400M, Puma, NH90, Tiger). Einmal angeschafft, beanspruchen deren Wartung und Betrieb in steigendem Umfang weitere Mittel (i. d. R. auch mehr als ursprünglich prognostiziert).
Daneben wird (zumindest auf dem Papier) eine Rückkehr zur Vollausstattung angestrebt und der Übungskalender erweitert.
Da bleiben die Arsenale noch lange Zeit leer….
Glaubt hier wirklich jemand, dass angesichts des Investitionsstaus in Deutschland (Glasfasernetze, Brücken, Strassen, Stromtrassen etc.pp) irgendwo eine politische Mehrheit in Sicht ist 14 Milliarden Euro in den nächsten 10+ Jahren allein für Munition auszugeben ???
Also wirklich – das kann doch ernsthaft niemand glauben. Rechnet man die Depot- und Wartungs-/Pflegekosten hinzu, dann kommt da noch eine viel höhere Summe raus.Und irgendwie muß die Munition zum „Nachladen“ ja auch an die „Front“ geschafft werden etc.pp.
Welcome to the real world of defence economy. Wieviel soll sich Deutschland denn die Glaubwürdigkeit der NATO-Abschreckung in Polen/Baltikum kosten lassen ?
14 Milliarden in 14 Jahren wären ca. 0,3 % des Bundeshaushaltes pro Jahr. Das wäre machbar, wenn gewollt. Aber Dinge wie die Rente mit 63 scheinen da wichtiger zu sein.
Das Problem der Munitionsversorgung ist vielschichtig und kann nicht pauschal bewertet werden. Grundsätzlich wurde durch Reduzierung der Truppe sowohl bei der Beschaffung als auch durch Reduzierung der MunDp an Lager- und Untersuchungs/Instandhaltungskapazitäten gespart.
Bei der Munition kommen viele Faktoren zusammen. Hier ist es einerseits so, das aufgrund der Kosten nur in homöopathischen Mengen beschafft wird (Flugkörper, Bomben etc.), oder wie bei Minen aus politischen Gründen darauf verzichtet wurde und man nun völlig überraschend feststellt daß man keine Sperrfähigkeit mehr hat. Bei der Handwaffenmunition gab es in größerem Umfang Korrosionsschäden, wobei hier am Anfang riesige Bestände ohne Not verkauft wurden, weil man nicht aufwendig untersuchen wollte. Erst als es richtig knapp wurde hat man jeden Schuss einzeln untersucht. Hier kam jedoch auch noch der Verbrauch in den Einsätzen und der Verbrauch durch die neue Schießausbildung dazu, denn das war damals bei der Beschaffung nie berücksichtigt worden. Im Bereich Artillerie und Mörser wurde ebenfalls viel reduziert und die Munition verkauft. Bei Gepard und Roland das gleiche. Heute rächen sich viele Entscheidungen die jetzt ca. 10Jahre zurückliegen. Und nun muss überall investiert werden und dafür ist bisher nicht genug Geld vorhanden.
@klabautermann: Gerade die Investitionsausgaben für Straßen oder Glasfasernetze sind doch nicht die größten Ausgabenblöcke im Bundeshaushalt. Frau Nahles hat den größten Etat, allein der Bundeszuschuss zur Rentenkasse steigt bis Ende des Jahrzehnts auf 100 Milliarden – pro Jahr ! Der Sozialanteil im Bundeshaushalt beträgt aktuell 55% und steigt auf 57%.
Es brechen gute Zeiten für Besenstiele an!
Unfassbar.
@Insider
Stimmt ja, was Sie da anführen. Mich ärgert nur, dass nun einige Partner so tun als wären das „eigennützige“ Entscheidungen Deutschlands gewesen um sich quasi aus der Art5-Verantwortung zu stehlen. Wer hat denn diesen ganzen Bullshit Bingo in Sachen Transformation, Disruptive Innovation, Capability Planning and Integration, Concept Development and Experimentatipn, Power to the Edge, etc über der NATO ausgekippt ?
Wer hat einerseits das gesamte General Defence Planning Regime der NATO inklusive Deterence als obsolet erklärt und die (bedrohungsneutrale) Defence Capability Initiative getartet und gleichzeitig in Ost-/Mitteleuropa mit dem Art5 der NATO Werbung gemacht in Sachen NATO Erweiterung ? Und nun kommen die US und die Briten wie Zieten aus dem Busch und verkünden seit 2014. „Vorwärts Deutschland zurück in den Kalten Krieg, aber dalli dalli“ /SCNR
Und eine baltische Präsidentin mahnt uns, wir sollten endlich unsere historischen Befindlichkeiten aufgeben, denn die Balten hätten als russische Nachbarn da ganz andere Erfahrungen mit Rußland. Geht’s noch verlogener ?
@Achim Hänsch
„Nach 3-4 Schüssen auf einen ebenbürtigen Gegner wird es ebenfalls vernichtet. Wozu also mehr Munition beschaffen, die anderweitig nicht verwendet werden kann?“
1. Wir wollen nicht schießen, sondern abschrecken und üben.
2. Munition im Depot zu haben, bedeutet nicht, dass die Munition am Waffensystem verwendbar ist und auch Lagerort und Einsatzort sind oft weit voneinander entfernt.
3. Von welchem Waffensystem schreiben Sie, diese Systeme sind wohl eher sehr unterschiedlich in der Vernichtungswahrscheinlichkeit?
Es hat schon einen Grund, warum man da erheblich Geld sparen kann.
Wozu sollte man teure PAC-3 LFK im Training verschiessen, wenn die PAC-2 LFK erheblich billiger sind und den selben Trainingseffekt haben? Es geht ja nur darum „scharf zu schiessen“, um die Crew Combat Ready werden zu lassen. PAC-3 braucht man nur, um ballistische Raketen zu zerstoeren und das kommt ja nicht so oft vor, bzw. es ist doch mind. ein paar Monate vorher bekannt, dass ein Staat ueberlegt, anzugreifen und man die Bw kann diese dann in ausreichender Zahl beschaffen.
Selbes Prinzip mit den AMRAAM-Raketen: Schweineteuer! Die Anschaffung war eigentlich nur im Spannungsfall fuer den V-Fall vorgesehen gewesen, jetzt sind die im Ostbaltikum, um „Abschreckung“ zu erzeugen, werden aber hoffentlich nie verschossen. Das Training des scharfen Schusses findet mit erheblich billigeren Sidewinder-Restbestaenden statt.
Das zur Luftwaffen-Situation, ich schaetze in der Marine wird es aehnlich aussehen – man kann jetzt Milliarden ausgeben – oder es einfach sein lassen und das Geld sinnvoller in zukunftstraechtige Systeme und Personal(gewinnung) stecken.
By the way – wenn ich hoere, dass sich ueber Flachbild und WiFi in Kasernen aufgeregt wird – das ist schon lange Standard in europaeischen Armeen – die Bw muss aufholen, um sich da nicht laecherlich zu machen. Estnische und hollaendische Soldaten erwarten dies z.B. als selbstverstaendlich – und DEU steht wirtschaftlich doch etwas besser da.
Na ja, so lange Meinungen von außerhalb der Streitkräfte wichtiger sind als von innerhalb, brauchen wir uns über solche Meldungen nicht zu wundern.
Schönes Beispiel hier (der Linkverkürzer funktioniert da leider nicht):
https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/bemerkungen-jahresberichte/jahresberichte/2014/teil-iii-einzelplanbezogene-entwicklung-und-pruefungsergebnisse/bundesministerium-der-verteidigung/2014-bemerkungen-nr-52-bundeswehr-bewirtschaftet-munitionsbestaende-besser
Es entscheidet demnach der BRH, was notwendige Munitionsbeschaffungen sind…
Und bei Minen und Seeminen gab es m.W. das Gleiche.
@Achim Hänsch
Die Aussage trifft so regelmäßig nicht zu.
Die PAC-3 dienen der TBM-Abwehr, die TBMs sind aber regelmäßig nicht auf die Patriot-Stellungen selbst gerichtet. 24 Stück ist schon arg lächerlich, wenn man damit ein paar Objekte schützen will…
@Hans
Der Witz war gut…
Nicht zu glauben, was so alles lesen ist.
Könnte bei 120mm PzMun, 20mm BMK sowie LFK HOT und TOW einiges beitragen, lass‘ ich aber.
Die Gesamtsituation, selbst bei nur 50% Korrektheit, hat mehr mit Schilda als mit Beschaffungswesen zu tun.
Entschuldigungen, Erklärungsversuche, lächerlich bis oberpeinlich, oder einfach nur UNFÄHIGKEIT, Vorsatz wage ich lieber nicht zu denken!!!
Gut für Verantwortliche, wir leben in demokratischen Zeiten. Ansonsten: füsilieren oder gleiches Schicksal wie die Befehlshaber der baltischen Flotte.
Beim Champagnerempfang morgen Abend in Warschau gehört sicher eine gehörig Portion Leidensfähigkeit dazu, in Deutscher Uniform Erklärungen abzugeben.
Falls es jemanden beruhigt: TASS hat gerade ein paar bemerkenswerte Zahlen veröffenlticht (wenn sie denn stimmen, was aber plausibel ist): Der sogenannte Reservefonds wäre demnach 2017 schon alle, allein im Mai sind 5,5 Mrd. Dollar daraus fürs Budget geflossen, Vize-Kassenwart Storchak zufolge sind noch 39 Mrd. drin. 2017 dürfte der Fonds laut Storchak ausgelutscht sein. Dann bleiben noch etwas mehr als rund 70 Mrd. Dollar im Vermögensfonds, was ungefähr etwa ein gutes Jahr, max fünf Quartale reicht. Dann hat Putin noch viel Krise am Ende der Reserven vor sich.
Im Vergleich zu Griechenland stehen wir bei der PzMun doch ganz gut da.
@Thomas Melber
GRI jetzt schon der Maßstab?
Es geht um’s Grundsätzliche.
Andererseits, GRI passt durchaus, schließlich fahren die mehr KPz als die DEU PzTr.
Die Frage bei solchen Vorüberlagungen á la „(…) mind. ein paar Monate vorher bekannt (…)“ ist doch die, wer die werte Dame oder der werte Herr ist, der diesen Zustand eben derart früh erkennen und erklären soll. Bzw. könnte man mal bei der ukrainischen Regierung anfragen, wie lange im Voraus man dort wusste, dass Russland die Krim annektieren würde. Selbige Frage stelle ich mir übrigens auch bei jeglichen derzeitigen Überlegungen im Falle der „ausgesetzten“ Wehrpflicht, wie man hier realpolitisch ohne zusätzliche Verschärfung der Lage im vorausgesetzten Spannungsfall, eine Wiedereinführung umsetzen würde.
Aber fernab. Hier wird nur über die „große“ Munition gesprochen, wobei auch hier interessant wäre, wie und in welcher Dauer denn die schnellstmögliche Nachversorgung möglich wäre, z.B. wenn man eben nicht ein paar Monate Vorlauf hat. Aber es fängt ja bei den alltäglicheren Gegenständen schon an. Sei es Handwaffenmunition oder sei es z.B. Munition für das Sprengen. Seit Jahren ist es hier nämlich z.B. der Fall, dass man sehr wohl Sprengkapseln, als auch Anzündschnuranzünder einzeln in sogar recht großen Mengen anfordern kann, jedoch Anzündschnur kaum oder gar nicht verfügbar ist. Für die weniger Kundigen in diesem Bereich: erstere beiden werden dadurch vollkommen hinfällig und daher nicht genutzt. Dies führt in Summe unmittelbar zu Ausbildungsmängeln, da z.B. das korrekte Anwürgen einer Sprengkapsel, was bei Fehlern schnell mal kritisch werden kann, gar nicht üben kann, selbst mit EX-Gerät. Übt man es halt elektrisch könnte man denken. Aber dasselbe, Übungssprengkörper in rauen Mengen verfügbar, Glühzünder keine Chance.
Wir müssen gar nicht so weit weg.
Es fehlt doch schon die Manövermunition (Platzpatronen) für die Ausbildung. Weiter geht es mit der Munition für die Handwaffen, die in keinem Jahr ausreicht, um eine wirksame und nachhaltige Schießausbildung für alle Soldaten zu ermöglichen. Das funktioniert nicht mal beim Heer. Und über Panzerabwehrmunition will ich gar nicht reden.
So bitter es ist, aber die Realität besteht viel zu oft aus „Peng Peng“ Rufen und dem Abreißen vom einmal jährlich stattfindenden IGF Schießen.
Da wird einen bei manch einem Statement hier ganz anders. Es ist sehr wohl ein Unterschied, ob man PAC 2 oder PAC 3 schießt, vor allem zu Trainingszwecken, da erhebliche Unterschiede im System als auch auch für die Launching Crew bestehen! Die hier genannte Anzahl PAC 3 (x4, denn soviel sind in einem Kanister) war von Anfang an lächerlich, nur hat man leider nicht die Leute gefragt, die etwas davon verstehen! Mit der Überlebensfähigkeit der Systeme hat das rein gar nichts zu tun.
Man darf allerdings auch nicht vergessen, das nicht jeder verfügbare Bestand auch für Ausbildungszwecke freigegeben wird.
Es wird doch nicht nur Munition in Apothekermengen beschafft.
Auch Waffensysteme, zum Beispiel das viel publizierte LeFlaSys, für das sogar von vornherein klar war, dass es nur für einen kleinen teil der Truppe ist. Die Zahl geplanter MEADS Feuereinheiten machte das Budget für die Entwicklung von vornherein direkt zur Steuerverschwendung bzw. Industriesubventon.
Minenschutz für Kampfpanzer und upgades für Schwerlasthubschrauber gibt’s auch seltener als limitierte Ferraris.
Oder COBRA Radars. Die haben nur etwas über 100° Blickfeld. Da bräucht jede Brigade vier aktive und funktionierende Stück von für eine vernünftige Abdeckung. Insgesamt hat man 10.
Wann immer man sieht, dass die Bundeswehr (oder diverse bundeswehrhörige Pseudofachmagazine) irgendeinen Gerätetyp viel zeigt, sollte man direkt erst mal die Stückzahlen nachschlagen. Das Meiste davon ist quantitativ unerheblich.
Aber für die Stäbe macht das in Sachen Offiziersposten und Karriereaussichten ja keinen Unterschied.
Naja
Was ich hier immer rum Jammer es geht nichts auch so Kleinigkeiten wie Muni fehlen
Laut einem N-TV-Bericht sollen im 2. Halbjahr diesen Jahres weitere Waffenlieferungen inkl. Munition an die Kurden im Nordirak stattfinden. Diese wurden Ende letzten Jahres angekündigt, haben sich aber verzögert, da im Nordirak Waffen aus bereits gelieferten Beständen auf dem Schwarzmarkt aufgetaucht sind.
Es geht um 200 MILAN-Raketen, 4.000 G36-Gewehre inkl. 6 Mio Schuss sowie fünf Dingo’s.
Kann man machen…. wenn die Läger voll sind.
Wie sieht eigentlich die industriellen Kapazität zum Produzieren von Munition in Deutschland aus? Ich vermute mal, allein daran würde ein schnelles auffüllen der Bestände scheitern.
Alles kein Problem!
Gemäß BRH-Bericht von 2013 (und auch so in Vorjahren berichtet) hat die Bundeswehr doch Munition für Jahrzehnte!
Leider aber wohl für Waffen, die es so nicht mehr gibt ( leichte Panzerfaust) oder in Varianten, die keiner mehr braucht (Übungsmunition für G3)…
Übungsmun für G3 kann im MG3 verwendet werden…
Ob D im Spannungsfall der einzige Kunde wäre, der plötzlich Munition bestellt und schnell geliefert haben möchte? Ob die Produktionskapazitäten-, linien überhaupt vorhanden, oder ob sie mit anderen Aufträgen ausgelastet? Ob Raytheon schnell PACx an die Lw lieferte und nicht zuerst die US Army bediente? Und ob die Vorprodukte und Rohstoffe überhaupt verfügbar?
Edgar Lefgrün | 07. Juli 2016 – 20:43
Wenn ich recht erinnere, hatten wir doch Mun-Depots in Frankreich und Portugal – einschl. vorbereiteter Produktionslinien für Mun.
Wasst da draus geworden?
Hans Schommer
Das entscheidende ist der politische Wille; dann ginge es … Oder:
1. Wo würde die Bundeswehr denn Munition einlagern ?
2, Wie lange ist denn die ‚Totzeit‘, ehe Munition aus der Industrie ankommt ?
3. Welcher Produzent in Europa ist denn bereit, wenn die Bundeswehr bestellt ?
4. Wer zahlt denn, wenn ‚Javelin‘ in Litauen abgeliefert werden ?
Rüstung und glaubwürdige Vorbereitungen brauchen Willen, Zeit und (Stau-)raum. Erst wenn die NATO da einen lückenlosen Plan hat, dann stellt sich Zar Waldemar drauf ein. Sonst folgt er den Erfahrungen aus Georgien, Moldawien und der Ukraine. Nur das will in Zentraleuropa kaum einer realisieren,
Das Problem ist aber auch, daß Munition nur eine begrenzte Lagerfähigkeit hat, somit entweder verschossen oder delaboriert werden muß. Früher waren das bei der Artillerie schöne Schießplatzaufenthalte.
Übrigens hat auch im „kalten Krieg“ die Bevorratung nicht über vier Gefechtstage hinaus gereicht, manchmal war auch nur Mun für einen Tag vorhanden.
Merkwürdig. Wenn Munitionsbestandslisten auf kritische Unterdeckung hinwiesen, landeten sie in den Kommando- und Obersten Bundesbehörden, die ich von innen kenne, bis zur Nachbeschaffung als „VS-Vertraulich“ im Giftschrank. Und jetzt haut Herr Dr. Bartels auf offenen Kanälen raus, dass die Bw munitionstechnisch ziemlich nackt dasteht. Na dann…..
Man möge mir bitte verzeihen….
Aber der ganze Kindergarten um die Bundeswehr wird langsam wirklich peinlich!
Das gleicht in Ansätzen ja schon fast einem Offenbarungseid.
Drehflügler fallen von selbst ausseinander; der A400 hat Risse und Späne; geschützte Fahrzeuge und entsprechendes Material wird flexibel verfügbar gemacht (leider nicht überall verfügbar); eine neue Cyber TSK entsteht wo der alte Bereich „Gelb“ nicht mal ausreichendes Material verfügbar hat; und so weiter…. erlebe es nahezu täglich was fehlt!
Haben wir den nur noch unfähige Beamte und Uniformträger in der „Friedensstifter Firma“?
Nett finde ich auch das so etwas auch gleich in den Medien zu lesen ist. Da kann ich mit dem stumpfen Säbel rasseln wie ich will…
Hauptsache alles befriedet und aufgelöst, auf Teufel komm raus.
Ich hoffe nur, das wir daß eines Tages nicht bitterlich bereuen werden!
Thomas Melber | 07. Juli 2016 – 21:57
“ … Übrigens hat auch im “kalten Krieg” die Bevorratung nicht über vier Gefechtstage hinaus gereicht, manchmal war auch nur Mun für einen Tag vorhanden.“
Quelle? Beweis? Oder nur starke Behauptung?
Hans Schommer
@Hans Schommer
Das hat mir beim Kameradschaftsabend ‚mal jemand erzählt, der es wissen müßte.
@Stangenhannes
„Merkwürdig. Wenn Munitionsbestandslisten auf kritische Unterdeckung hinwiesen, landeten sie in den Kommando- und Obersten Bundesbehörden, die ich von innen kenne, bis zur Nachbeschaffung als “VS-Vertraulich” im Giftschrank“
Wenn aber keine Nachbeschaffung geplant ist?
Es geht hier nicht darum, dass man in einigen Bereichen kurzfristig zuwenig Mun hat.
In manchen Bereichen könnte man die Mun noch nicht mal wenn das Geld da wäre innerhalb von 5Jahren beschaffen.
Es ist ein grundsätzliches Handlungsfeld (oder Katastrophe).
Von leFlaSys hatte das Heer einmal 10 Feuereinheiten (davon eines für die Ausbildung). Die restlichen 9 Feuereinheiten in drei Batterien waren einmal für drei Luflandebrigaden vorgesehen, im Schwerpunkt um Fallschirmjägerbataillone zu schützen.
Ich sehe nicht, wieso es zu der Beurteilung kommt, es wären davon zu wenig beschafft worden. Das Heer hatte daneben ja auch noch GEPARD und Roland.
Die Luftwaffe hat 2012 nur ca. ein Drittel davon übernommen (der Rest wurde verwertet), aber nicht, um das Heer damit zu schützen, sondern um das Personal zu beschäftigen/zu parken, bis 2016 das dritte und vierte System MANTIS eingeführt werden sollte, was sich aber inzwischen zerschlagen hat. Also: Die Zahl an leFlaSys in der Luftwaffe richtete sich nicht nach taktischen, sondern nach praktischen Gesichtspunkten!
@Juggernaut
So ist es. Es gibt keine Möglichkeit mehr Truppen im Marsch gegen feindliche Lfz in geringer Flughöhe zu schützen. Aber die Lw hat die Fähigkeitslücke bemerkt und fordert neue Systeme. Doch bei der Lw sind diese Syteme (evtl Boxer) definitiv falsch verortet.
@Ziehten, 07. Juli 2016 – 14:56
Sehr geehrter Hr. Ziethen,
vielen Dank für ihre Auskunft. Das ist eben das Problem als Laie, man kennt nicht alle Zahlen, und dann braucht man einfach Zeit, um die Zahlen und ihre Bedeutung zu verstehen. Wenn also ein anscheinend nicht unwesentlicher Teil des Verteidigungshaushaltes zur Deckung der Pensionslasten zu verwenden ist, bleibt doch nur eine Lösung: Alle Pensionäre an die Front, oder?
Nein, ganz im Ernst, es läuft anscheinend beim Verteidigungshaushalt wie beim Straßenbau. Alle wollen schöne neue Straßen, deren Bau oftmals auch deutlich teurer ist als ursprünglich mal zum Ansatz gebracht (bei Großprojekten wissentlich, bei kleinen Projekten unbeabsichtigt). Die Folgekosten werden anderen Zuständigkeiten bzw. Verwaltungseinheiten zugeschoben, die sich mit der Unfinanzierbarkeit dieser Folgekosten herumschlagen müssen.
Anschaffen ist geil (Fernseher und Kühlschränke auf der Stube) und macht schön, Instandhaltung/Verwaltung (Munition beschaffen, Straßen Instandhalten) ist hässlich und nicht sexy.
Bevor ich weiter als unwissender Laie auffalle, schweige ich im folgenden.
Es geht bei der mangelnden Munitionsausstattung auch um ein sicherheitspolitisches Problem: Wenn die Depots voll genug sind, muss man nicht in der Krise seine Munitionsproduktion hochfahren, was alles andere als deeskalierend wirkt.
Wenn ich mich recht erinnere, hatte Sven Ortmann dazu mal einen guten Beitrag geschrieben.
Offenkundig wird in Teilen der Politik immer noch nicht verstanden, dass die Vorstellung von einer starken Bw und deren Leistungsfähigkeit seit langem vorbei ist. Insofern treffen berechtigte Erwartungen wie die der Präsidentin Litauens auf eine äußerst nüchterne Realität. Ändern wird sich nichts.