Fünf Jahre Aussetzung der Wehrpflicht: Ein Zurück ist kaum vorstellbar
Fünf Jahre ist es am (kommenden) Freitag her, dass die Wehrpflicht in Deutschland endete: Zum 1. Juli 2011, so hatte der Bundestag am 24. März 2011 beschlossen, wurde der seit Gründung der Bundeswehr 1956 geltende Pflichtdienst für Männer in den Streitkräften ausgesetzt. Und wer kurz vor diesem fünften Jahrestag mit Generalen vor allem des Heeres redet, hört eine gewisse Erleichterung darüber, dass die Bundeswehr nicht mehr im halb- oder dreivierteljährlichen Rhythmus einen neuen Schwung junger Männer zu Soldaten ausbilden muss. Bei einer durchschnittlichen Verpflichtungszeit auch der Mannschaften im Heer von neun Jahren, so rechnete Inspekteur Jörg Vollmer vor, greift die Truppe lieber auf länger dienendes Personal zurück: Der Ausbildungsaufwand wäre mit der derzeitigen Bundeswehrgröße kaum zu stemmen.
Dieser Ausbildungsaufwand war auch einer der Gründe, die 2010 die politische Entscheidung für die Aussetzung – nicht Abschaffung – der Wehrpflicht bestärkten. Der andere war die kaum noch durchzusetzende Wehrgerechtigkeit: Von den wehrpflichtigen Männern, die den Dienst mit der Waffe verweigerten, wurde der überwiegende Teil zum Zivildienst eingezogen. Wer einfach abwartete, hatte gute Chancen, dass die damals zwar noch größere, aber gegenüber den Zeiten des Kalten Krieges deutlich geschrumpfte Bundeswehr nicht auf ihn zurückgreifen würde.
Durchsetzen konnte, auch das sollte nicht vergessen werden, die Aussetzung der Wehrpflicht nur ein Politiker aus dem konservativen Lager. Der damalige Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg schaffte es, seine eigene Partei, die CSU, und dann auch die Schwesterpartei CDU von diesem Schritt zu überzeugen. Im Dezember 2010 verständigte sich dann die damalige schwarz-gelbe Koalition auf diesen Schritt – nach dem Umschwenken der Koalitionsparteien kein so großes Problem mehr, denn die FDP hatte sich schon länger dafür ausgesprochen. Die Debatte in der entscheidenden Abstimmung im Bundestag bestritt dann aber Guttenbergs Nachfolger Thomas de Maiziere – der CSU-Politiker hatte zwischenzeitlich wegen der Plagiate in seiner Doktorarbeit zurücktreten müssen.
Eine prophezeite Folge dieser Entscheidung trat übrigens nicht ein: Es mussten nicht reihenweise Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen dicht machen, weil ihnen die Zivildienstleistenden und damit die (billigen) Arbeitskräfte fehlten. Und der statt des Zivildienstes etablierte Bundesfreiwilligendienst, so freut sich die zuständige Familienministerin Manuela Schwesig, erwies sich als echtes Erfolgsmodell.
Wenn die Debatte über die Wehrpflicht, ihre Aussetzung und eine mögliche Reaktivierung, zum fünfjährigen Jahrestag ihres vorläufigen Endes erneut geführt wird (auch hier bereits im Bällebad), dann hat das natürlich auch mit der geänderten sicherheitspolitischen Lage zu tun, mit dem Gefühl von Bedrohung und Überlegungen für eine stärkere Betonung von Abschreckung. Allerdings verkennt das die tatsächliche Situation der Bundeswehr, die nicht nur mit der erneuten Ausbildung von Wehrpflichtigen schlicht personell überfordert wäre. Auch die Materiallage ist nicht so, als ob die Truppe unbedingt kurzfristig um Zehntausende aufwachsen könnte.
Eine andere Frage ist natürlich, ob die Truppe mit der raschen Aussetzung – zwischen der politischen Entscheidung für das Ende der Wehrpflicht und dem Inkrafttreten lag noch nicht mal ein Jahr – nicht schlicht überfordert wurde und die dann dringend nötige Nachwuchswerbung zu spät beginnen konnte. Allerdings ist das nach fünf Jahren müßig. Wenn sich das System nach einem halben Jahrzehnt noch nicht eingeschwungen hat, hätte auch eine längere Vorbereitungszeit nichts genützt.
Der Deutsche Bundeswehrverband hat sich auch zu Wort gemeldet – und sein Vorsitzender Andre Wüstner sagte der dpa: Die Aussetzung der Wehrpflicht erfolgte vollkommen unüberlegt und war vor allem mit Blick auf die gesellschaftliche Dimension in puncto Dienst für die Gemeinschaft ein enormer Fehler. Die integrative Wirkung von Wehr- und Zivildienst fehle der Gesellschaft – und billiger oder effektiver sei die Truppe auch nicht geworden. Unter den Stimmen und Stellungnahmen zur Wehrpflicht, die die Bundeswehr auf ihrer Webseite gesammelt hat, finden sich ebenfalls Gegner – aber auch Befürworter der Aussetzung.
Ein schnelles Zurück zur Wehrpflicht allerdings ist nicht in Sicht. Denn dafür wäre mindestens so viel gemeinsamer politischer Wille nötig wie zur Aussetzung. Und die Frage wäre noch immer nicht beantwortet: Was, außer einem recht vage gehaltenen Sinn eines (Zwangs)Dienstes für die Gemeinschaft, wäre damit erreicht?
(Die Europäische Menschenrechtskonvention, die militärische Zwecke ausdrücklich von einem Verbot von Zwangsdiensten ausnimmt, lasse ich mal außen vor – aber auch dazu müssten die Befürworter einer allgemeinen Dienstpflicht etwas sagen.)
Nachtrag 30. Juni: Zu dem Thema – und zum Zustand der Bundeswehr – gibt es ein ausführliches Interview mit dem Bundeswehrverbandsvorsitzenden Wüstner im Deutschlandfunk.
(Archivbild September 2010: Wehrpflichtige warten auf die Essensausgabe waehrend einer Gelaendeuebung in der Allgemeinen Grundausbildung in Ferdinand-von-Schill-Kaserne in Torgelow – Thomas Koehler/photothek.net)
Ich war 87/89 Zivi, dann ab 89 Student, habe also die „gute alte Zeit“ der Wehrpflicht noch mitbekommen. Eine Wehrpflicht, mit der alle gut leben konnten: De-facto-Wahlfreiheit zwischen BW und Zivi-Dienst. Die Bundeswehr hat genug Soldaten bekommen, das BRD-Sozialwesen billige, junge und in der Regel überdurchschnittlich intelligente Arbeitskräfte. Die Leute, die bei mir im Krankenwagen gelegen haben, mal ausnahmesweise einen halbwegs empathischen und cleveren Gesprächspartner. Und wir jungen Abiturienten ein bißchen Auslüftung vorm Studium, wo auch immer. Und die Unis besseren Nachwuchs.
Man konnte das in den frühen 90ern bei Erstsemestern unterm Strich deutlich merken: Mädchen melden sich teilweise mit Fingerschnipsen. Unter Jungs, die Bund oder Zivi hinter sich hatten, undenkbar.
Bin weiterhin mit Verve für die Wehrpflicht (bei offener Wahlfreiheit zwischen Kriegs- und Ersatzdienst.), schon aus den angerissenen volkspädagogischen Gründen.
Nicht nur in Anbetracht der aktuellen Lage plädiere ich für einen Pflichtdienst für alle, Frauen und Männer, und zwar für die Gesellschaft. Ob das nun beim Militär, im Sozialwesen, im Katastrophenschutz, in der Bildung oder bei der Integration von Flüchtlingen sei. Ein Jahr für alle, bei gleicher Bezahlung.
Junge Menschen würden so an der Schwelle von Der Schule zum Berufsleben, die ja oft von Orientierungslosigkeit und Unsicherheit geprägt ist, sehr wertvolle Erfahrungen sammeln, die sie auch später noch prägen würden.
Ich selbst bin als GWDL dazu gekommen, habe positive Erfahrungen gemacht und hätte es mir vorher im Traum nicht vorstellen können, 20 Jahre später mit dem „Laden“ quasi verheiratet zu sein.
Und das ist auch eine Seite der Wehrpflicht. Und ich kenne genug heutige Kameraden, denen es damals ähnlich ging,
Das ist in der BRD immer so eine Sache
Medorn sagte die Bahncard 50 gibt es nie wieder das wahren 2 Jahre bis Nie Wieder schon kam
Das Tausenjährige Reich ging 12 Jahre
und so weiter
Also könnte Okt 2017 so weit sein als die Wehrpflicht wieder kam
Es kann doch fast nicht sein, dass die Truppe nicht billiger geworden ist, wenn die sinnlosen Wehrpflichtigen nicht mehr ausgebildet werden müssen. Haben die damals tatsächlich kosteneffektiv Arbeit geleistet?
Das „weg“ von der Wehrpflicht wollte damals ein Rollstuhlfahrer unter Berücksichtigung der Staatsfinanzen … Ein Minister TKzG sagte ist ok und wir schaffen das und machen eine effiziente und schlanke Armee ohne Wehrpflicht weil eh lästig … Was folgte waren Plagiate, andere Amtsinhaber und der immer wiederkehrende Mechanismus ein Parteikollege könne nichts Undurchdachtes geschaffen haben und man zolle ihm Respekt !
Heute haben wir wirre Strukturen, weniger Militär egal ob Kampf oder Unterstützer, wir wundern uns über Rüstungsprojekte die nun nach 10 Jahren als evtl kritisch beäugt werden, wir wundern uns ob der Ineffizienz von Zentralisierung wie z.B. Mobilitätsmanagemant Bw (ich merke mir die genauen Worthülsen nun mal echt nicht !) und es wurden / werden immer neue wirre Dinge geschaffen ….
Man lernte früher mal „denken, drücken, sprechen “ und da steckt viel Wahrheit drin …
Schneller , höher, weiter, besser mit immer weniger geht nicht … Man siehe die deutschen Drehflügler … Aber das Thema ist ja hier nicht mehr gewünscht … Aktueller denn je, aber sinnbildlich von der Bildfläche verschwunden und wohl auch bald nur noch geringst kommentiert hier den Trollen sei Dank und (tut mir leid) aufgrund pauschaler „Basta“ anstelle Abschaltung Einzelner wie ich finde !!! (dennoch kleines „sorry“ an T.W. !!!!)
Aber es gibt ja immer Möglichkeiten abseits dann eben …
Für all die welche die einleitende Diskussion im Bällebad nachlesen möchten und nicht manuell suchen wollen setze ich mal den Link zu dem Kommentar ab dem sie sich entwickelte:
http://augengeradeaus.net/2016/06/baellebad-juni-2016ii/#comment-240978
Absolut meine Meinung. Jeder und jede soll sein gutes Jährchen für den Staat abdienen – nach Berücksichtigung der eigenen Wünsche und Neigungen, aber unter möglichster Gleichbehandlung.
(Eine kleine Schweinerei im alten BRD-80er-System war, daß wir Zivis erheblich mehr Geld bekommen haben als die Bundis. Nämlich ca. 750 DM statt ca. 320 (erinnnerlich), weil wir ja zu Hause wohnen mußten – also bei Muddern – und uns selbst verpflegen mußten. ;-) Sowas ist nicht gut, klar. Aber die Allgemeine Dienstpflicht ist es.)
@Jan Willhelms
Diese „kleine Schweinerei“ hat sich ziemlich relativiert, wenn man, wie ich, seine eigene Wohnung damit finanzieren musste…
@ T.W.
Öh – und der „Bundi“ musste das nicht? Nicht jeder hat seine Bude mit der Einberufung aufgegeben… ;-)
@T.Wiegold
Gut, aber das haben die meisten Zivis eben damals nicht gemacht, obwohl unter meinen weltzugewandteren Kollegen die Weisheit zirkulierte: „Ey, die beste Zeit von zu Hause auszuziehen, ist der Zivi-Dienst! Bekommste Deine Wohnung vom BAZ [Bundesamt für den Zivildienst, Köln] gesponstert!“ Die meisten von uns haben eben noch zu Hause gewohnt und sind erst im Laufe des Studiums ausgezogen. Beim besten Willen: Ich krieg die Details von damals nicht mehr zusammen.
Aber nochmals: Kein Zivi in den 80er hat in den 80ern wegen der höheren Knete verweigert. Mir ist diese Diskrepanz (und Ungerechtigkeit) damals erst aufgefallen, als ich schon viele Monate Zivi war.
Haben wir aus sicherheitspoliticher Sicht eine wesentliche Lageänderung? Würde man heute die damalige Entscheidung ebenso treffen?
Wenn nicht: ließe sich das korrigieren? Wenn ja: wie lange braucht man dazu, und was kostet dies?
Und: wie dauerhaft wäre dies?
Und: gibt es alternative Möglichkeiten (z.B. im Reservedienst, Heimatschutz, o.ä.)?
Naja, heute (Ukraine, ISIS etc.) würde man diese Entscheidung so sicher nicht mehr treffen. Allerdings ebenso nicht die Verkürzung der Wehrpflicht auf nur noch sechs Monate wie im vorletzten KoaVertrag erfolgt. Das war, so hörte ich Wüstner heute in einem Interview, der tatsächliche Anfang vom Ende. Und ich bin ebenso der Auffassung, dass die unüberlegte Art und Weise inklusive der kurzfristigen Umsetzung ein Fehler war, an dem die Bw lange und ggf. noch heute zu knabbern hat. Für mich ist das Thema allerdings durch, denn es gibt weder gesellschaftliche bzw. politische Mehrheiten für die Aussetzung der Aussezung – von der Notwendigkeit ganz zu schweigen. Was ein soziales Pflichtjahr anbelangt, bin ich mir allerdings nicht sicher.
@Jan Wilhelms
Undenkbar hat was mit der Verneinung von Denken zu tun
@Hunter
Für mich war es überhaupt keine Option noch irgendwas längeres als meine Wehrpflichtzeit dort zu leisten, könnte allerdings was damit zu tun haben das ich mit 25 eingezogen wurde.
Alles weitere können sie im Bällebad nachlesen.
Ich hielt und halte die „Aussetzung“ (wer hätte schon damals je an eine Art „Wiedereinführung“ gegelaubt?) für einen ganz großen Fehler!
Es ist seitens „der Bundesrepublik“ sicher NICHT zuviel verlangt, von ALLEN (ja, AUCH den weiblichen oder – politisch ganz auf Höhe der Zeit – „neutralen“, wechsel- oder gänzlich ungeschlechtlichen – mindestens nach eigener Wahrnehmung) jungen Menschen nach einem wie auch immer gearteten Schulabschluß (oder auch „ohne“) und auch mit Aussicht auf ein Studium obendrauf, eine kleine Gegenleistung zu erbringen!
Das muß nicht beim Militär sein, auch andere, sinnvolle Aufgaben (vgl. „Zivi“ oder auch für’s Goethe-Institut in Südamerika usw…) wären möglich gewesen („Wehrgerechtigkeit“).
Die immer weiter schrumpfende „W-Zeit“ war am Ende absurd! Angesichts der immer komplexer werdenden Realität mit all‘ den technischem Schnickschnack zu verlangen, nach 6 Monaten einen „richtigen“, in welcher Richtung auch immer ausgebildeten Soldaten zu „verlangen“ war schlicht unseriös. Als – sachlich richtige – Reaktion eines DivKdr darauf wurde er flugs in den Ruhestand versetzt! Und, was mir wirklich Angst machte: KEIN „Aufschrei“ anderer „hoher Herren (und Damen)“ angesichts des hohen Risikos, zukünftig mit einer Bxx-Pension zurechtkommen zu müssen, an Stelle der ja noch vor der Nase befindlichen „Mohhrübe“ eines weiteren (goldenen) Sternes.
Aber in 6 Monaten HÄTTE man eine richtig umfassende GRUNDausbildung durchführen können (und könnte immer noch)!
Vorteil: „Wie früher“ wäre der eine (oder „die andere“) als SaZ und evtl. späterer BS „hängengeblieben“ (je besser die Grundausbildungseinheiten aufgestellt sind, umso mehr) UND für „den Fall der Fälle“ wäre stets ein „angebrüteter“ Bestand an Reserve vorhanden, der DANN zielgerichtet, fachlich ausgebildet werden könnte. Nix Mangel hier und da und allenthalben.
Weder moralisch noch verfassungsmäßig hielte ich das für „kritisch“, und das ewige Gejammere der Wirtschaft, die anderswo völlig absurde Gahälter an mindestens ahnungslose (VW) oder gar kriminelle (div Banken) „Top“-Manager zu verteilen in der Lage ist, kann ich nicht mehr hören.
Aber auch die akademische Ausbildung haben wir ja europaweit auf deren „Zuruf“ nach schnellerer Verfügbarmachung von akademisch ausgebildeten (Dauer-)Praktikanten ruiniert.
Auch wenn ich mich jetzt bei vielen Vorrednern unbeliebt mache: Das ganze Gequatsche von „Dienst an der Gesellschaft“ etc halte ich für pathetischen Unfug hoch 10. Sorry, das kann und will ich nicht schönreden. So einige Kommentare hier im Thread erinnern mich in gewisser Weise an Aussagen der älteren #Leave Wähler im #Brexit-Referendum und zwar in ihrer „Beschwörung“ irgendwelcher vormals vermeintlich vorhandenen Umstände. Ich stelle niemandem in Abrede, daß er seine eigene Zeit als GWDL/Zivi als lehrreich empfunden hat … Das kann individuell sicher der Fall sein, aber von Einzelerfahrungen auf das große Ganze schließen zu wollen ist mir schlicht zu weit hergeholt. Für mich klingt das wirklich nach „früher war alles besser“ … ;)
Zweitens verkennen die Proponenten so eines „Dienstes“ die gesellschaftlichen Veränderungen die nun einmal da sind. Die Gesellschaft ist längst individualisiert und Kinder und Jugendliche werden schon früh darauf getrimmt: nämlich bei der Entscheidung über ihren zukünftigen Bildungsweg. Die guten kommen aufs Gymnasium und werden (öknonomisch optimiert) in nunmehr 8 statt 9 Jahren durchs Abi geprügelt (damit sie eher als Wirtschaftsfaktor, d.h. Arbeitskraftsteller und Konsument, „verfügbar“ sind), der Durchschnitt geht auf Realschulen und wer durchs Raster fällt wird auf die Hauptschule abgeschoben. Die Ellenbogen sind längst draußen, weil jeder um sein Fortkommen besorgt sein muß. Angesichts der fortschreitenden Globalisierung und der damit verbundenen Migrationsströme gibt es für die Wirtschaft reichlich potentiellen Ersatz, sollte einer mal nicht mehr so funktionieren wie gewünscht (fragen Sie doch mal z.B. Akademikerinnen warum in deren Bevölkerungsgruppe so viele kinderlos bleiben).
Könnte der Staat dem entgegenwirken? Radio Erewan: „Im Prinzip schon, aber …“ Heute suchen sich Geld und Wirtschaft neue Biotope wenn das alte sich für sie unvorteilhaft ändert (siehe die Befürchtungen in Londons Finanzwelt).
Drittens … wie schon anderweitig angesprochen Artikel 2 GG. Derartige staatliche Eingriffe in das Leben von so vielen bedürfen einer belastbaren Begründung und die kann IMO nur aus spezifischen Umständen erwachsen. Diese Umstände waren durch die Präsenz der GSSD und des Warschauer Paktes auf der anderen Seite der Mauer bis 1989 vorhanden, heute ist das schlicht nicht der Fall. Und nein, pathetische Verweise auf die „Lehrhaftigkeit“ oder „Löblichkeit“ eines Dienstes an der Gesellschaft ist in meinen Augen keineswegs eine ausreichende Begründung. Im Gegenteil – ich halte das für genau die Art von verklausulierter „früher war alles besser“ – Rhetorik die auch im Brexit-Votum bei den älteren Wählern zum Vorschein kam und über die wir hierzulande nur den Kopf schütteln.
Auch war die Wehrpflicht schon Jahre vor ihrem Ende (über dessen Ausgestaltung man durchaus diskutieren kann, ja muß) für den Poppes gewesen. Entscheidungen pro und contra Einberufung folgten in den Jahren ab 2004 wohl keinem verständlichen Muster mehr (was dann auch zu Klagen geführt hat). Ein Beispiel für den Blödsinn, der damals gelaufen ist (und zwar meiner Meinung nach nur aus Angst vor den Folgen des Endes des Zivildienstes und der angesprochenen verklärenden Rhetorik): Ein Bekannter trainiert seit seinem 15. Lebensjahr im Fitneßstudio und das sieht man ihm auch an. Als er im Jahr 2007 gemustert wurde, fiel er als T5 raus. Begründung? Sein BMI läge über dem Grenzwert. Der Typ ist fit wie ein Turnschuh … und hat reichlich Muskeln. Er wäre gegangen … und gleichzeitig zog man andere, körperlich deutlich schlechter dastehende junge Männer ein, die ganz andere Vorstellungen und Pläne gehabt haben. Wehrgerechtigkeit? Keine Spur.
Wollen wir wirklich darüber debattieren einen neuen bürokratischen Moloch aus dem Boden zu stampfen und für hunderttausende junger Frauen und Männer irgendwelche sozialen Beschäftigungen (Zeitvertreibe?) zu finden (und zu überwachen), nur um eine Rückkehr zur Wehrpflicht zu initiieren und den Wortführern der „Dienst an der Gesellschaft“-Fraktion ihre hehren Vorstellungen von einer angeblich „charakterbildenden Maßnahme“ zu erfüllen (welche übrigens im politischen Bereich oft genau aus den Fraktionen/Gruppierungen kamen, die auch die fortschreitende Ökonomisierung des Menschen befeuern und beklatschen)? Ich dachte die Bundeswehr will und soll nicht mehr „Schule der Nation“ sein. Warum versuchen einige dann genau das herbeizureden?
Damals habe ich mich sehr gefreut über die Aussetzung der Wehrpflicht, weil so meinem jüngsten Bruder, der weder für Zivi noch für Bund geeignet gewesen wäre, diese erspart geblieben sind.
Vor fünf Jahren war ich was das ganze Thema Innen- und Sicherheitspolitik angeht auch noch etwas blauaugiger. Aus heutiger Sicht halte ich es immer noch für eine tragbare Entscheidung, jedoch nur wenn man den Beruf der Soldaten hätte attraktiver gesaltet müssen um zu einem Wechsel zu einer Berufsarmee zu schaffen. Ich glaube jedoch auch, wie schon viele Vorredner betont haben nicht, dass es heutzutag zu einem Aussetzen der Wehrpflicht gekommen wäre. Genausowenig glaube ich, dass es zu einer Reaktivierung der Pflicht kommen wird. Der vorgenannte Grund der Ausbildungskosten in Kombination mit der Wählergunst, würde bei Wiedereinführung einem politischen Selbstmord gleichkommen.
@csThor: Meine vollste Zustimmung – Verklärung im Rückblick und die Parolen … zudem müsste es (fast) keiner der Befürworter ausbaden.
@ csThor
Erkenntnistheoretisch wäre viel, gerade im Netz, gewonnen, wenn die Leute auch nur etwas sauberer zwischen Tatsachenfeststellungen und Wertungen unterscheiden würden.
Sie weisen auf die Durchrationalisierung und Ökonomisierung unserer Gesellschaft hin. Bon. Aber ist jeder, der den Neoliberalismus kritisiert, daher sofort ein „‚Früher war alles besser‘-Rhetoriker“?
Und auch jeder, der das Humboldtsche System für bißken besser hält als die heutigen Bätschlor/Master-Paukschulen, in denen vom Herrn Professor aufgeschrieben wird, wer eine Stunden schwänzt?
Was hat der Brexit mit dieser Geschichte zu tun? Bestimmten Schichten der BRD-Gesellschaft paßt der Ausgang einer Volksabstimmung in England nicht. Also wird mit maximalem, öligen Gefühlsaufwand gegen „die Alten“ polemisiert, weil man meint, unter seinen als „jung“ eingestuften Twitter-Freunden damit Beifall zu finden. Das konnten Sie in den letzten Tagen sehr schön ausgerechnet auf den linksverzeckten Nachdenkseiten analysiert sehen. Aber nochmals: Ich sähe da keinerlei Konnex zur Wehrpflichtfrage…
Nein, keine „Schule der Nation“ – weder der Bund, noch der etwas schluffigere (aber längere) Zivildienst. Aber eine bessere Möglichkeit als „eine Ausbildung“, Akademiker zwischen Schule und Studium ein bißchen auszulüften.
Gna, das ist wieder diese Latrinenparole, die in den letzten Tag überall durchs deutsche Netz und durch die Medien geistert: „Die Alten entscheiden über die Zukunft der Jungen und verbauen ihnen absichtlich die Zukunft!“
Wer soll den beispielsweise über die Gestaltung des Grundschul-Unterrichts entscheiden? Nach nämlicher Logik wohl nur die Grundschüler selbst.
Und das ach so pfiffig unterstellte Sprüchlein „Früher war alles besser!“ habe ich in den letzten Tagen auch schon bis zum Erbrechen gehört, nicht immer von den Klügsten.
Das Wehrpflichtgesetz (WehrPfG) gilt in der Fassung vom 15. August 2011.
Jedoch, der dortige § 2 setzt jedoch alle Vorschriften im Gesetz unter einen Vorbehalt:
„Die §§ 3 bis 53 gelten im Spannungs- oder Verteidigungsfall. Im Übrigen gelten sie nur, soweit dies in Abschnitt 7 bestimmt ist. Abschnitt 7 gilt nicht im Spannungs- oder Verteidigungsfall“
Eine kluge gesetztestechnische Entscheidung, denn es muss kein neues Wehrpflichtgesetzt geschrieben werden. Wer oder wie der Spannungs- und Verteidigungsfall erklärt wird ist auch geregelt. Man ist also klug beraten, dies jetzt nicht zu tun.
@Arty1986
Vernichtender hätte man wohl kaum über die Wehrpflicht urteilen können als sie.
Hängebleiben von SaZ und Berufssoldaten und angebrütete Reservisten.
http://augengeradeaus.net/2016/06/baellebad-juni-2016ii/comment-page-6/#comment-241006
Wenn wir die Wehrpflicht neu auflegen hat die BW bei jedem Ausbilder und Vorgesetzten die Fachkompetenz vor der IHK u.ä. und geeignete Ausrüstung nachzuweisen
@El P.
So jemand hatten wir auch in Einheit, kurz nach der AGA hat er beim Wachschiessen Selbstmord begangen.
IMNSHO Führungsversagen!
@Jan Wilhelms
Wenn sie einer Auslüftung bedürfen:
A) Machen Sie ein Gap Year FWDL, Freiwilliges Soziales Jahr.
B) Wehrpflicht auf eigene Kosten nur für Akademiker
@Jan Wilhelms
„Nein, keine „Schule der Nation“ – weder der Bund, noch der etwas schluffigere (aber längere) Zivildienst. Aber eine bessere Möglichkeit als „eine Ausbildung“, Akademiker zwischen Schule und Studium ein bißchen auszulüften“
Es gibt doch den Bundesfreiwilligendienst und die Möglichkeit unzählige, Ehrenämter und Praktika zu machen, wer hindert die Bürger daran?
Die Realität sieht anders aus, in vielen Bereich gibt es kaum Plätze und kaum Unterstützung
Da kann ich @csThor nur vollumfänglich zustimmen und ja, @Jan Wilhelms, das Thema hat mit dem Brexit zu tun, denn es hat mit der EU „zu tun“. Die Aussetzung der Wehrpflicht und die Verkürzung/Straffung der Berufsausbilgung hat nämlich einen gemeinsamen Grund: volkswirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit innerhalb des EU-Binnenmarktes.
Alle Vergleiche mit der alten Bundesrepublik, dem wiedervereinten (DM)Deutschland sind im Zeitalter der Euro-Zone völlig schief. Und diese Hinweise auf die Bedeutung einer Dienstpflicht für die „gesellschaftliche Integration“ der Jugend etc.pp stammen aus der Mottenkiste der Kaiserzeit.
In Frankreich, Italien, UK etc. würden die Volkswirte Freudentänze aufführen falls Deutschland wieder eine allgemeine Dienstpflicht inkl. Wehrpflicht einführen würde, und natürlich würden die Vtg-und Sicherheitspolitiker ganz empört tun, denn dadurch würde Deutschland ja noch mehr die EU „germanisieren“.(Stichwort „Schule der Nation“)
Apropos „gesellschaftliche Integration der Jugend“; wie sieht denn die Jugend in Deutschland aus, ich meine die (europäische) Jugend in Deutschland und nicht die deutsche Jugend ! Da bekommt das Thema „Wehrgerechtigkeit“ eine ganz andere Bedeutung. Bologna-Prozess und allgemeine Dienstpflicht in Deutschland ? Wie soll das denn passen ? Insbesondere weil eine Wehrpflicht unter 15 Monaten in einer hochtechnisierten BW nun gar keinen Sinn macht.
Wer in Deutschland sich für die Aussetzung der Aussetzung der Wehrpflicht einsetzt, der setzt sich in meinen Augen dafür ein, den europäischen Einigungsprozess – sagen wir mal – zu bremsen, bzw. zurück zu drehen.
Putin wäre begeistert !
Mir geht es so ähnlich wie ThoDan.
Ich wurde mit 21 eingezogen und hatte schon die ersten Jahre Berufserfahrung sammeln können. An Zivildienst war nicht zu denken da ich im Jugendalter bei den Sportschützen war. Ersatzdienst mit 7 Jahren Pflichtzeit war zu der Zeit für mich nicht überschaubar. Die Hoffnung einfach übergangen zu werden war zwar da, wurde aber von einer aktuellen Diskussion über Wehrgerechtigkeit zunichte gemacht.
Um ehrlich zu sein – ein wenig gereizt hat es mich schon, war ich doch neugierig wieviel von den Geschichten die man so hörte den nun wahr sind.
Kurz zusammengefasst: Die 9 Monate waren für mich reine Zeitverschwendung.
Fing ja schon in der Grundausbildung an, Hektik bei Morgenwäsche und Frühstück um dann unnütz aufm Hof zu stehen und erstmal nur zu warten.
Die Ausbildung fand ich eher halbherzig. Insbesondere wenn ich an das Schießtraining denken muss und wie die Leute mit Schussangst angewiesen wurden auf die Holzvertäfelung oberhalb der Bahn zu zielen um den Pappkameraden zutreffen.
Besonders schlimm fand ich fast 24h mit Leuten zu verbringen die ich, wenn ich nach dem Kennenlernen die Möglichkeit gehabt hätte, Abstand genommen hätte. Das einzige was ich aus dieser Zeit mitgenommen habe war die Erkenntnis das es egal ist ob Menschen 5 oder 20 Jahre alt sind sperrt man sie willkührlich zusammen kommt da ein Kindergarten bei raus. Von einer besonderen Kameradschaft hab ich da nicht viel mitbekommen.
In der Stammeinheit war ich dann im Nachschub. 1 Fw, 1 Stuffz, 1 Uffz, 2 ehemalige als zivile MA und der GWDL. Arbeit machen die nur für 3 reicht. Natürlich ohne in Stress auszuarten. Ich tat im Grund nix anders als tippen, Unterschriften beim Staffelchef einholen, den Beifahrersitz im Bulli warm halten und die Zeit vertrödeln.
Die Gemeinschaft war da deutlich besser, hat man sich doch eher die Leute aussuchen können mit denen man den übrigen Tag verbringt. Man war da auch bei der Stubenbelegung deutlich flexibler.
In den 6 Monaten tat sich sonst nicht viel. Grundausbildung auf der Phantom, der Schichtdienst zur Verschiebung der Flugzeuge fiel aber ins Wasser weil ich „freiwillig“ zum Ehrenzug eingeteilt war. Einmal Schießtraining bei dem auch MG3 dazu gehört und ein Waffenappell.
Ich weine der Wehrpflicht jedenfalls keine Träne nach.
Wobei ich nicht verneinen möchte das ein Zwangsdienst einem neue Sichtweisen oder Optionen näher bringen kann. Ein Verwandter hatte Dienst im Offiziersheim. Er hat dran Spaß gefunden und kellnert, auch Jahre später noch, nebenher.
@csThor: Wäre gerade bei einer „durchökonomisierten“ und „durchindividualisierten“ Gesellschaft nicht gerade ein „Zwangspause“ zwischen Schule und Berufsleben nicht nur für das Individuum, sondern auch für unsere gesellschaftlichen Kohäsionskräfte sinnvoll?
Die Antwort auf diese Frage legitimiert noch keine Wehrpflicht, hat aber nix mit „Früher war alles besser!“ zu tun.
Der Reifeprozess, den der ein oder andere als Soldat oder Zivi durchgemacht hat, ist unbestritten. Übrigens: Der Verweis auf die freiwillige Möglichkeit, die es heute gibt, hilft da nicht weiter. Fragen Sie mal einen pubertierenden Achtklässler, ob er am Tag der Mathearbeit zur Schule ginge, wenn er freiwillig auch zu Hause bleiben dürfte.
Das neue Weißbuch spricht von Resilenz. Resilenz ist ein Begriff aus der Psychologie und beschreibt die Fähigkeit eines Individuums, mit Kriesen umzugehen/sie zu überwinden. Etwas vage formuliert ist der Gemeinschaftssinn der durch gemeinsamen Wehrdienst erreicht wird eine Grundvoraussetzung für gesamtgesellschaftliche Resilenz. Diese Resilenz hat auch eine abschreckende Wirkung.
Des Weiteren ist es für ein Land, dem natürliche Grenzen fehlen von Vorteil ein Groß der Bevölkerung an der Waffe bzw. Sozialdienst auszubilden. Die Verteidigungsfähigkeit (Demografie) steigt. Im Falle einer Besatzung ist die Bevölkerung befähigt unabhängig von zentralen Strukturen Widerstand zu leisten. Diese Verteidigungsfähigkeit hat auch eine abschreckende Wirkung.
Resilenz und Verteidigungsfähigkeit im Falle eines Terroranschlags. Wie reagieren, wie den Angreifer nieder ringen, entwaffnen und weitere Angreifer bekämpfen?
Wehrdienst kostet Geld, ohne Wehrdienst zahlt man Steuern. Ob der Zerfall von Gemeinschaftsstrukturen das Geld wert war vermag ich nicht zu sagen. Was mir wirklich sorgen macht, ist dass eine Wiedereinsetzung der Wehrpflicht logistisch unmöglich scheint.
Warum wird die Wehrpflicht- Diskussion eigentlich so oberflächlich geführt? Nur mal als Beispiel zwei wenig gehörte Standpunkte:
– Die Wehrpflicht ist ein Zwangsdienst. Junge Menschen werden unter Androhung von Gefängnis dazu gezwungen, etwas zu tun, was sie freiwillig nicht tun würden. Ein solcher Eingriff in individuelle Freiheitsrechte sollte wohlüberlegt erfolgen und muss mit der zwangsakquirierten Ressource Lebenszeit der jungen Menschen sorgsam umgehen. Dies hat bei manchem Gammeldienst in der Vergangenheit nicht sorgsam genug stattgefunden. Strukturell führt die zwangsweise Zurverfügungstellung von menschlicher Lebenszeit zur Ressourcenverschwendung, da der Verpflichtete sich nur begrenzt motiviert einbringt und der Dienstherr die Ressource nicht achtet, da sie ihm zu billig zur Verfügung gestellt wird.
– Ein Verzicht auf einen Zwangsdienst zum Militär sollte ebenfalls sorgsam überlegt sein. Länder wie die USA haben ein gesundes, ja fast verehrendes Verhältnis zu ihren Streitkräften. Selbst wenn ein von der Politik angeordneter Militäreinsatz rundweg abgelehnt wird, steht der größte Teil der Gesellschaft zu seinen Soldaten. Nachwuchsprobleme halten sich in Grenzen, immer noch werden erstaunlich weite Kreise der Bevölkerung für den Dienst in der Armee motiviert.
Diese Ausgangslage hat Deutschland nicht Ansatzweise. Zwischen Bundeswehr und Gesellschaft klafft ein eher größer werdender Graben. Die Nachwuchssorgen von Frau von der Leyen sind nicht mehr zu leugnen, sie will nun schon in ganz Europa nach „Söldnern“ suchen. Das Verständnis über sicherheitspolitische Notwendigkeiten, die im Ergebnis zu Frieden und Stabilität führen, ist in der Bevölkerung eher wenig ausgeprägt. Es stellt sich die Frage, ob man sich gesellschaftlich bei dieser Rahmenbedingung den Verzicht auf die Wehrpflicht gesellschaftlich leisten kann. Eine Situation, in der die Streitkräfte nicht (mehr) in der Gesellschaft verankert sind, ist gefährlich. Eine Söldnertruppe, die vom Rest der Bevölkerung belächelt bzw. verachtet wird, wird diese Bevölkerung im Zweifelsfall nicht verteidigen. Die Existenz einer solchen Söldner-Schönwetterarmee, die sich davonmachen wird, wenn es ernst wird, weil sie das, was es zu verteidigen gäbe, nicht achtet und schätzt, macht in letzter Konsequenz Krieg wahrscheinlicher, da es an glaubhafter Verteidigungskraft fehlt.
Zynisch könnte man nun fragen: Warum stellt Frau von der Leyen die IS-Rückkehrer nicht bei der Bundeswehr an? Die sind kampferfahren und suchen einen Job … ;-)
Realpolitisch ist der Zug für eine Wehrpflicht abgefahren. Es gibt weder politischen Willen noch gesellschaftliche Akzeptanz für eine solche Zwangsmaßnahme. Sicherheitspolitisch ist die Gesamtsituation inzwischen durchaus besorgniserregend. Möchtegern-Weltherrscher stehen inzwischen zahlreich bereit, um unsere Selbstbehauptungskraft anzutesten.
Tjoar, „Ehrenamt“, „gesellschaftliches Engagement“, „freiwilliges soziales Dingeskirchen“, „Bufdi“, blablabla. Das soll ja mittlerweile auch in Lebensläufen ganz gut ankommen, siehe die FAS vom letzten Sonntag.
Meines Erachtens kommt es gerade darauf an, daß es eben keine Schleimerei ist, sondern Pflicht, Dienst für den Staat.
Und auf alleroptimalst-kürzeste Schulzeiten, Maximal-Abi-Quote und vollständige Durchökonomiserung trimmen kann man auch die Slowakei, Bulgarien oder Irland.
Sinn der Wehrpflicht ist das Bereitstellen von genügend Soldaten, ausreichend ausgebildet für die Aufgabe der Landesverteidigung, ich gebe noch die Bündnisverteidigung dazu.
Zeit für einen Reifeprozess zu schaffen, ist nicht Sinn der Wehrpfllicht, davon steht nichts im Grundgesetz, nicht im Wehrpflichtgesetz.
Sinn der Wehrpflicht ist, war auch nicht das Bereitstellen von Ersatzdienstleistenden für soziale und sonstige Einrichtungen. Da fuhren nämlich nicht alle auf dem Krankentransporter oder waren im Altersheim, da gab es auch Tresendienst.
Wenn aber Wehrdienst, dann soldatische-militärische Ausbildung bis Combat Ready, nicht als Hilfskraft im Geschäftszimmer oder Dauer-UvD. Combat Ready ist aber nicht in sechs oder neun Monaten erreichbar, ich denke da eher an 15 Monate. Das Tauschen Ausgeben von Bettwäsche, Handtüchern, Schuhcreme, ob es dafür nicht zivile Arbeitskräfte gäbe?
Und für die Ausbildung bis Combat Ready müssen die nötigen Mittel zeitgerecht und in Menge zur Verfügung stehen, für jeden Soldaten.
Genügend Munition für eine wirklich nachhaltige Schiessausbildung, genügend Schiessanlagen für den scharfen Schuss, der Simulator kann nur der Verbereitung dienen. Infantriegefechtsausbildung hat tatsächlich im Gelände stattzufinden, Biwak auch, nicht hinterm Block in der Kaserne.
Falls das nicht möglich sein sollte, warum auch immer nicht, dann macht der Wehrdienst der Masse der Eingezogenen keinen Sinn für den Staat, für das Volk.
Allgemeine Dienstpflicht – na das Thema steht wieder einmal auf der Tagesordnung.
Wie bereits vor zwanzig Jahren – oder gar noch länger her?
Ein Lesetipp hier
http://www.justitia-et-pax.de/jp/publikationen/pdf/guf_070.pdf
Mal die pathetischen Begründungen weggelassen (und ja, auch ich kam 2010 durch die Wehrpflicht zum Bund), macht eine Wehrpflicht mMn keinen Sinn heute.
Was der Fehler war, mit der Aussetzung auch die Musterung fallen zu lassen, vor allem um Personal zu sparen.
Dann die ganzen Fehler im Umgang mit den FWDL, warum viele vorzeitig die Bw verlassen wurde hier oft genug geschrieben. Unterforderung nur mittelmäßig fitter Menschen ist kein Einzelfall. Gammeldienst gibt es immer noch.
Ein Beispiel aus dem Jahr 2010: Ein Zug, Zugführer aktiv, macht die ganze Zeit grüne Ausbildung, Märsche, O-Märsche, Waffenausbildung, unterstützt andere Einheiten in Biwak etc. Die masse GWDL hatte Spaß. Neuer Zugführer, jeder fragt sich wo der BS her kommt, außer bissl Unterstützung nix mehr. Der Zug war schnell bekannt dass dorthin vor allem die geschickt wurden mit denen man woanders nichts anfangen konnte. Viele GWDL wechstelten die Teileinheit, um woanders sinnvollere Tätigkeiten zu verrichten.
Und deshalb, auch aus den Beispielen anderer oben, macht ein Wehrdienst, so sehr ich ihn aus verschiedenen Gründen befürworte, nur Sinn wenn die Leute eine gewisse Zeit lang ausgebildet werden (mind. 9 Monate, eher ein Jahr), wenn es eine gewisse Wehrgerechtiggkeit gibt (m und w) und somit sollten mindestens 200.000 junge Deutsche eingezogen werden, 50.000 pro Quartal in die AGA.
Weder kann die Bw das leisten, noch bekommen wir es heute für eine Berufsarmee (!) hin, Geld bereit zu stellen. Und ich rede hier nicht von tollen Hochglanzprojekten, sondern von Geld für Mun, vernünftige pers Ausstattung (G36 mit verstellbarer Schulterstütze, Picatinny Schiene etc, generell alles was über die 125.000 neuen Koppeltragegestelle hinausgeht…) Dazu einsatzbereite Fahrzeuge und vor allem üben, üben, üben. Die Panzerleute wollen fahren, die Piloten fliegen, Mannschaften ausgebildet werden.
Um das zu bezahlen, sind wir bei 2% BIP. Also NATO-Standard :D
In meinem AGA Zug und später in der Stammeinheit war das generelle Verständnis für den Dienst iSd Landes- und Bündnisverteidigung da, gedoch galt die AGA als weitaus bester Teil weil dort eben viel getan wurde.
@Hans:
„Was der Fehler war, mit der Aussetzung auch die Musterung fallen zu lassen, vor allem um Personal zu sparen.“
Exakt! Das Musterungswesen und die damit bestehende Datenbank ist die Grundvorraussetzung schlechthin für eine Wiedereinsetzung des Wehrdienstes. So wurde die Abschaffung als Aussetzung verkauft.
Was ich jetzt sage ist politisch unkorrekt.
Ich halte die Menschenrechtskonvention für gut gemeint aber doch eine idiologische Kampfschrift. Menschen sind zu unterschiedlich um allgemeine Menschenrechte zu definieren. Im Zweifel nützt das den schlechteren Mitgliedern einer Gesellschaft.
Ich habe Leute kennen gelernt, die die „Schule des Lebens“ gerade gezogen hat.
Einer hat mir mal von seiner Geschichte erzählt. Er war in Mitteldeutschland ein ziemlicher Tunichtgut. Ein Wochenende war nur dann schön wenn Schaufensterscheiben zu Bruch gingen und auch sonst benam er sich wild (warum er nicht in den Jugendwerkhof kam konnte er selber nicht beantworten). An seinem 18. Geburtstag stand die VOPO mit dem Einberufungsbefehl vor der Tür und hat ihn gleich zur NVA mitgenommen. er wurde „überzeugt“ sich als Unteroffizier zu verpflichten. Er selber sagte, dass es hart war, aber das die NVA einen besseren Menschen aus ihm gemacht hat.
Unter Menschenrechtsgesichtspunkten ohne Zweifel ein Verbrechen (ich denke zu den NVA Methoden muss nicht viel gesagt werden). Aber was wäre aus ihm geworden? Für ihn war es sicher die bessere Lösung, korrigiert zu werden.
Ohne gleich so extrem zu sein, wieviele ohne Orientierung würden in einer Wehrpflicht gerade gezogen / eine Orientierung bekommen?
Ich sehe daher durchaus die Wehrpflicht als ein staatsbürgerlich tragendes Instrument. Das hat nix mit Pathos zu tun.
Ich bewerte die derzeitige gesellschaftliche Lage in Deutschland und Europa ähnlich wie csThor. Ich bewerte weiterhin die kaputttransformierte, derzeit nicht aufwuchsfähige Bundeswehr, die sich nun schon mit dem Gedanken trägt, ihre Personalnot im europäischen Ausland zu decken, sogar als Spiegelbild der Gesellschaft.
Ich tue mich allerdings schwer damit, das ganze als fortschrittlich oder gar zukunftsweisend zu beurteilen. Im gegenteil: Ich halte es angesichts der geopolitschen Lage unseres Landes und seiner Rolle für die europäische Sicherheitspolitik (die auch Verteidigungsfähigkeit einschließt) sogar für nicht hinnehmbar und geradezu unverantwortlich.
Um so wichtiger ist es, sich eben nicht damit abzufinden. Es hat auch nichts mit „Früger war alles besser“ zu tun, sicherheitspolitische Gegenkonzepte zu entwickeln, um der individualisierten durchökonomisierten Gesellschaft wenigstens etwas mehr Wehrfähigkeit und wo möglich Wehrwilligkeit zu verleihen.
Langfristig hilft freilich nur eine Abkehr von der Double Income-Late Designer-Kid Gesellschaft, dem wenig zukunftsträchtigen Lebensentwurf meiner Generation.
Wenn man die Wehrpflicht wieder einsetzen will, muss auf jeden Fall ein schlüssiges Gesamtkonzept her, dass auch den Ersatzdienst mit einschließt, damit es von weiten Teilen der Gesellschaft mitgetragen wird.
@Stubenviech
Gute Idee, denn dann wird man anhand der rechtlichen, finanziellen, strukturellen und politischen Implikationen, die dieses Gesamtkonzept abdecken muß, sehr schnell feststellen, dass ein „flächendeckender“ Wehr- und Ersatzdienst in Deutschland einen „Selbstmord aus Angst vor dem Tod“ darstellt /SCNR
Warum gibt es eigentlich in den ehemaligen Ostblockstaaten – die jetzt der NATO angehören-
keine Wehrpflicht? Sie fühlen sich doch mehrheitlich bedroht!
@Voodoo | 29. Juni 2016 – 23:55:
Mir hat der Bund meine Wohnung weitergezahlt während ich dienen durfte.
@all: Ein Dienst für den Staat für alle ist non-sense. Wir dienen doch alle schon jährlich > 6 Monate für Steuern und Sozialsystem. Ist über die LEbenszeit gesehen sehr viel mehr als die 18 Mon. Wehrdienst in den 60ern und den damals gültigen Steuer- und Sozialbelastungen.
Neee, Klabautermann! Man wird zu dem Ergebnis kommen, daß es zu viel Überzeugungskraft kosten wird, zu wenig Karrierechancen verspricht und es ja genug beifallklatschende Sekundanten für das jetzt praktzierte „Wenn schon Sch***e, dan Sch***e mit Schwung“ gibt. Also: Wieder zurücklehnen und sich über die idealistischen sicherheitspolitischen Pausenclowns amüsieren!
@Cato:
vll. eben wegen dieser Bedrohung? Siehe dazu z.B. Polen, wo es einen großen Zulauf in den paramilitärischen Vereinigungen gibt. In Deuschland wird keine Bedrohung wahrgenommen (kann ich aus meiner Wehrdienstzeit 2006 bestätigen, wo das Feindbild „Rotland“ maximal abstrakt war), also will auch keiner das Land verteidigen ;)
@J-P-W
Ist schon erstaunlich wie DDR- und BRD-Nostalgiker sich bei diesem Thema doch so einig sind. Der gesamtdeutsche Neo-Narzissmus ist schon merkwürdig /SCNR
Muß mal in einem britischen Wettbüro nachfragen wie die Quoten sind für einen Systemzusammenbruch mit oder ohne Wehrplicht in Deutschland, denn wenn Deutschland fällt, dann fällt auch die EU – wahrscheinlich hat Soros da eine Idee ;-)
In vielen Threads in diesem Blog lassen sich viele Kommentare darueber kritisch aus, dass
– die SK staendig vor dem strukturellen Kollaps stehen;
– chronisch kaputt gespart und an Gliedmassen bis zur Unkennlichkeit umstruktiert wurde;
– dass Ausstattung/ Ausruestung, Ausbildungsmittel in unzureichendem Masse verfuegbar sei;
– und zwar in nahezu allen Bereichen von Einsatz, Buendnisverpflichtung und nationalen Erfordernissen;
– dass die derzeitigen Ausbildungskonzepte fuer Unteroffiziere und Offiziere zwar als „attraktiv“ gelabelt seien, aber in Kernbereichen an identitaetstiftender Substanz verloren haben, usw.
Ich stimme diesen Argumenten ja zu.
Und nun reden aber dieselben Kommentatoren wieder die Wehr-/ Dienstpflicht herbei?
Die Wehrpflicht wurde doch systematisch in einen langsamen Tod getrieben.
Ein unzweifelhaft legitimes Kind jeder Demokratie, war sie stets umstritten, stets auf ethische und politische Rechtfertigung angewiesen und durch „sinnvolleren“ Ersatzdienst kuenstlich am Leben gehalten worden.
Das Berufsbild hat sich entsscheidend gewandelt. das hat beispielsweise ein harter Kern, auch unter den Reservisten, nie so richtig akzeptieren wollen.
Teilweise scheinen die Entwicklungen in und um RUS ihnen auch Recht zu geben, aber dennoch sind heutige und zukuenftige, wahrscheinliche Szenarien nicht mit Wehrpflichtigen nach einer Ausbildungzeit von wenigen Monaten unter den o.a. beschriebenen schlechten Rahmenbedingungen zu bestehen.
Eine vollkommen kuenstliche und an den Realitaeten vorbeigehende Diskussion also.
Dass die heutige Bundeswehr in vielen Bereichen einfach schlecht da steht und sich eigentlich unloesbare Verwerfungen aufgetuermt haben, die man weder innerhalb einer Legislaturperiode noch als Insp odr GI geloest bekommt, ist kein Versaeumnis, das auf die Aussetzung der Wehrpflicht zurueckzufuehren ist.
Einer wahrhaftig professionellen, schlagkraeftigen Freiwlligenarmee- auf den bestehenden Grundpfeilern von GG un IF, haben aber Regelungsdichte und Absicherungsmentatliatet entgengesetzt. Wir hebeln Auftragstaktik aus und dulden, ja fordern Mikromanagement ueber viele Fuehrungsebenen hinweg.
Wir ersetzen Initiative und Vorangehen durch voreiliges, manchmal vorgeschobenes, eingebildetes “ das ist politisch nicht gewollt“ und machen es uns somit bequem bzw. toeten damit viele Ansaetze im Keim. Wir unterwerfen uns einer selbst auferlegten vermeintlichen political correctness und vermeiden das offene, integere Wort..
Es steht ja auch keiner der aktiven und Generaele a.D. in entsprechender Leitungsfunktion selbstkriitisch zu seinem „Anteil“ an den falschen Entscheidungen- wie will man so also einen Patienten am offenen Herzen operieren, wenn die Aerzte drumherum doch vorher alles richtig gemacht haben wollen?
Die Wehrpflicht als „Lebensschule?“- Seien wir lieber froh, dass die heutige Jugend nicht aus eigener Innenansicht mitbekommt, wie wir das Ding binnen 25 Jahren an die Wand haben fahren lassen.
Man muss mal klar ansprechen dass wir derzeit knapp 1 Millionen 18-Jahrige haben. Eine Aktivierung der allgemeinen Wehrpflicht ist aus guten Gründen nur unter Berücksichtigung der Wehrgerechtigkeit denkbar, das bedeutet dass jedes Jahr 1.000.000 junge Menschen irgendwie sinnvoll beschäftigt werden müssten. Ich glaube das steht für sich. Der FWdL ist meiner Meinung nach ein guter Kompromiss der auch dem „orientierungslosen“ Schulabgänger seinen Selbsterfahrungstrip ermöglicht. Sicher war „früher“ auch das ein oder andere „besser“, der Wehrdienst wie er durchgeführt wurde gehört aber ziemlich sicher nicht dazu.
Wenn man nur seine Ansichten und Weisheiten als alleinseeligmachende Sicherheitspolitik definiert, sind alle anderen natürlich Pausenclowns …
Ich war als stvKdr eines PzGrenBtl gottfroh, dass die Wehrpflicht ausgesetzt wurde. Diese hat mit zunehmender Verkürzung der Dienstzeit zunehmend Kräfte für schlecht bzw unzureichend ausgebildete Soldaten gebunden. Bei gleichzeitig zunehmender Belastung der SaZ / BS für Einsätze und sonstiges. Dass die Umsetzung des ganzen besser hätte gemacht werden müssen und können steht außer Frage.
Zur Qualität der Streitkräfte anderer Nationen konnte und kann ich mir regelmäßig ein eigenes Bild machen – Wasser wird dort auch nicht heißer und Nachwuchsprobleme gibt’s dort ebenso.
Der Bund stellt Streitkräfte nicht zur Nachwuchsgewinnung, sondern zur Verteidigung auf. Offensichtlich sind aber AUCH die Streitkräfte nicht in der Lage, hinreichend attraktiv für Bewerber zu sein. Es liegt nicht nur an den unfähigen Politikern.
@eric hagen
Zustimmung, Sie haben die Widersprüchlichkeiten der Pro-Kommentatoren wunderbar herausgearbeitet.
Ganz bösartig könnte man diese Argumentationen als gesellschaftspolitische Autoritarismussehnsucht in Verbindung mit Deutschtümelei bezeichnen – aber ich bin ja nicht bösartig, also lass ich das ;-)
@klabautermann
ich würde da alles mal nicht so überziehen…
klar, die AGA war eigentlich das einzige „gescheite“ (und das ist an sich ziemlich traurig) und die darauf folgenden 6 Monate habe nur so vor Langeweile, Beschäftigungstherapie, inkompetenten und ignoranten Vorgesetzten (insbesondere Uffze und Stuffze) gestrotzt. Dazu ATNs auf die keiner Bock hatte, die ich jetzt nicht mehr abrufen könnte und die eh keinen Sinn hatten.
Aber trotzdem hab ich viel gelernt, z.B. dass es nicht normal ist Abitur zu haben, die ohne Abitur aber trotzdem keine Trottel oder schlechtere Menschen sind, dass es auch mal einen Wert hat sich anzustrengen und sich zu quälen und nicht einfach zu bocken wenn mans mal nicht nachgetragen bekommt (wie es wohl doch in der Schule so abläuft) und nach wie vor gehören die alten Kameraden zu den besten Freunden die ich habe.
ob das jetzt Autoritarismussehnsucht und Deutschtümelei ist wage ich zu bezweifeln.. gleichzeitg aber auch den Sicherheitspolitischen Mehrwert der durch meinen GWDL geschaffen wurde.. wobei.. schießen und die infanteristischen Grundfertigkeiten die man als Jäger lern könnte ich wohl schon noch abrufen ;)
@ eric hagen
*Beifall klatscht*
@ mike
Alle über einen Kamm scheren? Nein, davon halte ich nichts und schon gar nicht mit eo einer „Begründung“ (wie gesagt – für mich ist das pathetischer Unfug). Wer eine „Pause“ braucht, der kann sich diese auch anderweitig gestalten und seinen Horizont erweitern, die Möglichkeit hat man in unseren Zeiten. Es gibt freiwillige Dienste für die die das möchten, es gibt auch Auslandsaufenthalte, etc etc … Man kann sogar (oh wie schockierend) auch mal einfach eine Pause mit Nichtstun ausfüllen.
Nochmal: Wenn Wehrpflicht, dann nur aufgrund eines sicherheitspolitischen Umfeldes, das diese erfordert (nein, das aktuelle ist dafür noch nicht ausreichend) und mit entsprechender Ausgestaltung, Länge (IMO 18 Monate – soweit ich weiß der NATO „Benchmark“ im Kalten Krieg) und Finanzierung. Aktuell ist keine der genannten Voraussetzungen erfüllt bzw auch nur realpolitisch erfüllbar.
@csThor
das mit der „Pause“ (Pause ist tatsächlich nicht das richtige Wort) sehe ich tatsächlich anders. An der Uni strotzt es mittlerweile vor 17- und 18-Jährigen die, einfach gesagt, von Tuten und Blasen keine Ahnung haben und denen ein Jahr mal etwas anders zu sehen sicher gut getan hätte. Aber Mama, Papa, Lehrer und Professoren sind da ja dagegen – lieber nach sich selbst gucken und schnell, schnell durch den Lebenslauf als mal was für die Gemeinschaft tun und dabei – oh Schreck – einen Einblick in andere Level unser Gesellschaft bekommen. Das wurde imo damals durch Wehrdienst/Ersatzdienst gegeben. Ob das dann in der Sinne der Sache liegt, wie sie nach „Nochmal“ mE nach richtig argumentieren, sei dannn mal dahin gestellt… da bin ich d’accord
Eric Hagen, Ihre Analyse ist zutreffend: Die Wehrpflicht wurde nach bester deutscher sicherheitspolitischer Salamitaktik scheibchenweise aufgegeben. Es dauerte halt etwas länger, weil sich das Bundesverfassungsgericht in dieser Frage nicht als Ersatzgesetzgeber mißbrauchen ließ.
Etwas betonkopfgesteuerter ging es hingegen bei der Auflösung der Heimatschutzbataillone zur Sache, die aus meiner Sicht auch in diesem Zusammenhang zu sehen ist. Gerade im Hinblick auf die wahrscheinlicheren asymmetrischen Konflikte hätte man zu anderen Ansätzen kommen müssen, die auch eine weiterentwickelte Form der Wehrpflicht erlaubt hätten.
@eric hagen | 30. Juni 2016 – 12:47
Herr Hagen, Sie mögen in vielem Recht haben, aber hier liegen Sie schief: „… aber dennoch sind heutige und zukuenftige, wahrscheinliche Szenarien nicht mit Wehrpflichtigen nach einer Ausbildungzeit von wenigen Monaten unter den o.a. beschriebenen schlechten Rahmenbedingungen zu bestehen“.
Einen brauchbaren Mannschaftsdienstgrad bildet man bei entsprechender Planung der Ausbildung und Eignung der Rekruten locker in einem halben Jahr aus. Das gleiche gilt für Leute mit speziellen zivilberuflichen Kenntnissen, die ich für eine ebenfalls spezielle Verwendung haben will. Das wird Ihnen hier jeder bestätigen, der die Wehrpflicht noch erlebt hat. Wir diskutieren doch hier nicht über die Verwendungen, für die eine lange und intensive Spezialausbildung erforderlich ist, oder?
Wenn es bei meinem heutigen Dienstherrn (Hessen) möglich ist, in sechs Monaten einen Wachpolizisten (mit Eingriffsbefugnissen, Waffe führen, gründlicher Ausbildung und allem drum und dran) aus einem „ungedienten“ Menschen zu machen, dann bilde ich auch in sechs Monaten einen Soldaten aus.
(Ich hätte fast gesagt: Das haben wir doch früher auch gemacht. Das darf man aber anscheinend nicht mehr sagen.)
@AB | 30. Juni 2016 – 12:53
Der Begriff „Wehrgerechtigkeit“ ist eine leere Worthülse. Die gab es in meiner Lebenszeit noch nie (ich bin aus einem geburtenstarken Jahrgang), und sie gehört auf den Müllhaufen der unbestimmten und hohlen Rechtsbegriffe. Die Frage muss doch lauten: Wie kommt die Bundeswehr an die Besten, die sie haben kann!?
Ich erlaube mir, in diesem Zusammenhang mal auf das Modell Norwegen hinzuweisen. Norwegen hat vor kurzer Zeit die Wehrpflicht wieder aktiviert, auch Frauen sind in die Regelung einbezogen. Und auch eine gewisse Freiwilligkeit spielt eine Rolle, aber gemustert wird erst mal jeder und jede. Siehe dazu den entsprechenden Eintrag z.B. in der Wikipedia. Norwegen ist meines Wissens auch ein Rechtsstaat, aber man fragt sich dort offenbar nicht, „wie übe ich Wehrgerechtigkeit“, sondern „wo sind die Besten die das Land braucht und auch bekommen kann“.
Ein solcher Wehrdienst in Verbindung mit einem gut ausgebauten Zivildienst (und zwar für beide Geschlechter) als Gegenpol – also, ich finde das durchaus diskussionswürdig.