Fünf Jahre Aussetzung der Wehrpflicht: Ein Zurück ist kaum vorstellbar
Fünf Jahre ist es am (kommenden) Freitag her, dass die Wehrpflicht in Deutschland endete: Zum 1. Juli 2011, so hatte der Bundestag am 24. März 2011 beschlossen, wurde der seit Gründung der Bundeswehr 1956 geltende Pflichtdienst für Männer in den Streitkräften ausgesetzt. Und wer kurz vor diesem fünften Jahrestag mit Generalen vor allem des Heeres redet, hört eine gewisse Erleichterung darüber, dass die Bundeswehr nicht mehr im halb- oder dreivierteljährlichen Rhythmus einen neuen Schwung junger Männer zu Soldaten ausbilden muss. Bei einer durchschnittlichen Verpflichtungszeit auch der Mannschaften im Heer von neun Jahren, so rechnete Inspekteur Jörg Vollmer vor, greift die Truppe lieber auf länger dienendes Personal zurück: Der Ausbildungsaufwand wäre mit der derzeitigen Bundeswehrgröße kaum zu stemmen.
Dieser Ausbildungsaufwand war auch einer der Gründe, die 2010 die politische Entscheidung für die Aussetzung – nicht Abschaffung – der Wehrpflicht bestärkten. Der andere war die kaum noch durchzusetzende Wehrgerechtigkeit: Von den wehrpflichtigen Männern, die den Dienst mit der Waffe verweigerten, wurde der überwiegende Teil zum Zivildienst eingezogen. Wer einfach abwartete, hatte gute Chancen, dass die damals zwar noch größere, aber gegenüber den Zeiten des Kalten Krieges deutlich geschrumpfte Bundeswehr nicht auf ihn zurückgreifen würde.
Durchsetzen konnte, auch das sollte nicht vergessen werden, die Aussetzung der Wehrpflicht nur ein Politiker aus dem konservativen Lager. Der damalige Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg schaffte es, seine eigene Partei, die CSU, und dann auch die Schwesterpartei CDU von diesem Schritt zu überzeugen. Im Dezember 2010 verständigte sich dann die damalige schwarz-gelbe Koalition auf diesen Schritt – nach dem Umschwenken der Koalitionsparteien kein so großes Problem mehr, denn die FDP hatte sich schon länger dafür ausgesprochen. Die Debatte in der entscheidenden Abstimmung im Bundestag bestritt dann aber Guttenbergs Nachfolger Thomas de Maiziere – der CSU-Politiker hatte zwischenzeitlich wegen der Plagiate in seiner Doktorarbeit zurücktreten müssen.
Eine prophezeite Folge dieser Entscheidung trat übrigens nicht ein: Es mussten nicht reihenweise Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen dicht machen, weil ihnen die Zivildienstleistenden und damit die (billigen) Arbeitskräfte fehlten. Und der statt des Zivildienstes etablierte Bundesfreiwilligendienst, so freut sich die zuständige Familienministerin Manuela Schwesig, erwies sich als echtes Erfolgsmodell.
Wenn die Debatte über die Wehrpflicht, ihre Aussetzung und eine mögliche Reaktivierung, zum fünfjährigen Jahrestag ihres vorläufigen Endes erneut geführt wird (auch hier bereits im Bällebad), dann hat das natürlich auch mit der geänderten sicherheitspolitischen Lage zu tun, mit dem Gefühl von Bedrohung und Überlegungen für eine stärkere Betonung von Abschreckung. Allerdings verkennt das die tatsächliche Situation der Bundeswehr, die nicht nur mit der erneuten Ausbildung von Wehrpflichtigen schlicht personell überfordert wäre. Auch die Materiallage ist nicht so, als ob die Truppe unbedingt kurzfristig um Zehntausende aufwachsen könnte.
Eine andere Frage ist natürlich, ob die Truppe mit der raschen Aussetzung – zwischen der politischen Entscheidung für das Ende der Wehrpflicht und dem Inkrafttreten lag noch nicht mal ein Jahr – nicht schlicht überfordert wurde und die dann dringend nötige Nachwuchswerbung zu spät beginnen konnte. Allerdings ist das nach fünf Jahren müßig. Wenn sich das System nach einem halben Jahrzehnt noch nicht eingeschwungen hat, hätte auch eine längere Vorbereitungszeit nichts genützt.
Der Deutsche Bundeswehrverband hat sich auch zu Wort gemeldet – und sein Vorsitzender Andre Wüstner sagte der dpa: Die Aussetzung der Wehrpflicht erfolgte vollkommen unüberlegt und war vor allem mit Blick auf die gesellschaftliche Dimension in puncto Dienst für die Gemeinschaft ein enormer Fehler. Die integrative Wirkung von Wehr- und Zivildienst fehle der Gesellschaft – und billiger oder effektiver sei die Truppe auch nicht geworden. Unter den Stimmen und Stellungnahmen zur Wehrpflicht, die die Bundeswehr auf ihrer Webseite gesammelt hat, finden sich ebenfalls Gegner – aber auch Befürworter der Aussetzung.
Ein schnelles Zurück zur Wehrpflicht allerdings ist nicht in Sicht. Denn dafür wäre mindestens so viel gemeinsamer politischer Wille nötig wie zur Aussetzung. Und die Frage wäre noch immer nicht beantwortet: Was, außer einem recht vage gehaltenen Sinn eines (Zwangs)Dienstes für die Gemeinschaft, wäre damit erreicht?
(Die Europäische Menschenrechtskonvention, die militärische Zwecke ausdrücklich von einem Verbot von Zwangsdiensten ausnimmt, lasse ich mal außen vor – aber auch dazu müssten die Befürworter einer allgemeinen Dienstpflicht etwas sagen.)
Nachtrag 30. Juni: Zu dem Thema – und zum Zustand der Bundeswehr – gibt es ein ausführliches Interview mit dem Bundeswehrverbandsvorsitzenden Wüstner im Deutschlandfunk.
(Archivbild September 2010: Wehrpflichtige warten auf die Essensausgabe waehrend einer Gelaendeuebung in der Allgemeinen Grundausbildung in Ferdinand-von-Schill-Kaserne in Torgelow – Thomas Koehler/photothek.net)
Ich bin weiterhin der Meinung, dass wir durch die Aussetzung der Wehrpflicht vor großen Herausforderungen stehen, die wir mit ihr so nicht hätten. Von daher hätte ich sie gerne behalten, aber ich hätte auch gerne wieder volles Haar ^^
Beides wird wohl realistisch betrachtet nicht wieder kommen. Das sollte aber nicht daran hindern, die Implikationen aufzuzeigen, denn es sollte keine „Denkverbote“ geben.
Es ist Fakt, dass wir quantitative (und mMn auch qualitative) Nachwuchsprobleme habe. Dies äußerst sich nicht zuletzt in Überlegungen auch EU-Bürgern den Zugang zur BW zu ermöglichen. Aus meiner ursprünglichen Teilstreitkraft der Marine habe ich mitansehen müssen, wie wir dringend benötigte Einheiten erst an die kette und dann außer Dienst gestellt haben – warum? Weil wir sie nicht mehr besetzen konnten und massiv Gasten (Mannschaftsdienstgrade) fehlten. Der Rest der Flotte muss dieses Fehl nun mit weniger Flaggenstöcken kompensieren und geht auf dem Zahnfleisch, was widerum nicht gerade für gesteigerte Attraktivität sorgt.
Ergo geht es an die Fähigkeit des Staates sein Militär adäquat zu besetzen/einzusetzen. Dies würde für sich schon Eingriffe in die Grundrechte der jungen Leute und eine Wiedereinsetzung rechtfertigen , wenn man mich fragt. Dies vor dem Hintergrund der sich gerade mal wieder rapide verschlechterten Sicherheitslage weltweit aber auch in unserer Peripherie. Und wenn man erst wartet, bis eine Krise kurz vor der Eskalation ist um zu reagieren, ist die Reaktionszeit zu kurz, um erst DANN wieder einzuziehen. Von der mangelnden Basis an Reservisten ganz zu schweigen.
Natürlich hat die Wehrpflicht von 9 Monaten oder gar 6 Monaten keinen Sinn mehr gemacht und natürlich müsste man Konzepte für die Wehrgerechtigkeit erstellen. Aber damit komme ich zu meinem Ausgangspunkt zurück. All dies ist geradezu utopisch und wird nicht passieren. Mit dem Zeitpunkt der „Aussetzung“ sollte es jedem klar gewesen sein, dass dies eine faktische Abschaffung bedeutete. Kein Politiker wird sich auf die Mission begeben seine Karriere zu opfern, um diesen ernsthaften Vorstoß zu machen, der gnadenlos an einer Wand der Ablehnung zerschellen würde. Dem Bürger ist dies nicht zu vermitteln und der bloße versuch wäre politischer Selbstmord. Die postheroische Gesellschaft ist soweit vorangeschritten, dass wir nun einmal aus den jetzigen Gegebenheiten das Beste machen müssen und froh sein sollten, wenn wenigstens zugestanden wird, dass es „da draußen“ in der Welt nicht immer nur friedlich zugeht und wir deswegen auch Steuergelder für das ungeliebte Kind Militär ausgeben müssen.
@ Cato:
Litauen hat die Wehrpflicht mittlerweile wieder eingeführt.
Siehe http://augengeradeaus.net/2016/06/baellebad-juni-2016ii/comment-page-4/#comment-240371.
@Hans Griller
Nicht persönlich nehmen ;-) Sascha Lobo hätte wahrscheinlich „toxischer Bullshit 9.0“ geschrieben zu diesen in-konsistenten Argumentationen, die schlicht und einfach auch keinem Fakten-Check stand halten.
Warum ich das so pointiert und kritisch sehe ?
Nun, ich war 42 Jahre Soldat (bin als W18er-Aburent eingestiegen und als BS in Rente gegangen) und davon war ich 34 Jahre Ehemann und 31 Jahre Vater (2 Prototypen, dann haben meine Frau und ich die Serie eingestellt).
Schon als ich gezogen wurde, brauchte ich die „Lebenshilfe“ der BW nicht wirklich, denn mein Vater (ausgewiesener Akademiker-Allergiker) hat dafür gesorgt, dass ich ab meinem 14 Lebensjahr in den Sommerfeerien mindestens 3 Wochen „gejobt“ habe (Schlitze kloppen in einem Spannbetonbau z.Bsp.). Nun, wie der Vater, so der Sohn – meinen beiden Prototypen habe ich also eine ähnliche Lebenshilfe verpasst und so waren die auf die Lebenshilfe Grundwehrdienst nicht angewiesen ;-) Das war auch gut so, denn schon 2000 war der Grundwehrdienst in der BW eher das Gegenteil von Lebenshilfe – jedenfalls was meine Einschätzung als Vater und Soldat anbelangt.
So unterscheiden sich also die persönlichen Erfahrungen mit der Wehrpflicht.
Folgerung ? Einfach einmal die harten und weichen Fakten checken, bewerten und dann Folgerungen daraus ziehen. Auch ein guter Grundsatz des prudent and proper military planning: Darstellen, Bewerten, Folgern und dann erst die Sprechtaste drücken ;-)
@ Bürger
…und Georgien hat sie nach meinen Informationen gerade abgeschafft!
@Klabautermann
„So unterscheiden sich also die persönlichen Erfahrungen mit der Wehrpflicht.“ vs.
„toxischer Bullshit“/“keinem Fakten-Check standhalten“
klingt ein bisschen nach einem Oxymron, oder? ;)
Ihre Argumentation geht dabei völlig an dem Punkt auf den ich Bezug genommen habe (Autoritarismussehnsucht/Deutschtümelei) vorbei.. Interessante Schilderung ihres Werdgangs… aber was soll das jetzt für die breite Masse implizieren? Oder dazu führen, dass meine Schilderung nicht Fakt ist? sehe da leider einen Widerspruch.. wie dem auch sei, braucht man ja nicht weiter austreten.
Wenn man harte und weiche Fakten checken, bewerten und Folgerung ziehen soll sind Anekdoten wie ihre und meine wohl eh nicht zu gebrauchen, sondern besser eine fundierte, wissenschaftliche Studie, ich ein umfassendes Bild zeichnet und nicht einzelne persönliche Erfahrungen wiedergibt – kann ja mal jemand angehen ;)
kann also nur nochmal anführen: nicht so überziehen! (auch nicht böse gemeint)
@HansGriller
Die BW ist keine pädagogische Einrichtung, die ausbessern soll was Elternhaus, Schule, soziales Umfeld versäumt haben.
Wenn sie den Wehrdienst als sinnlos angesehen haben, weil sie kein Feindbild hatten, dann haben sie das Konzept der BW nicht verstanden.
Das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, ob an der Oder, der Weichsel oder der afrikanischen Küste.
@Mike
Wenn diese Gesellschaft die Kohäsionskräfte der Wehrpflicht braucht, let the damn Thing go down the drain
@Ungedienter
Frei nach Abraham Lincoln:
Wenn Sklaverei, dann zuerst für jen die Sklaven sein wollen, dann für jene die Sklaven haben wollen.
Wehrpflicht ist Sklaverei
@ThoDan
Das die BW kein pädagogische Einrichtung ist gebe ich ihnen voll Recht, jedoch hatte Sie, beiläufig oder nicht, diesen Effekt – ich denke das ist unumstritten. Sie erinnern sich doch sicher an den Staatsbürger in Uniform (Tolles Leitbild, finde ich)?
Dazu lesen sie leider etwas falsches aus meinem Kommentar raus/interpretieren zu viel rein. Das Feindbild „Rotland“ war abstrakt, da aus meinem Umfeld niemand Russland mehr als „Feind“ betrachtet hat (umso interessanter sind dadurch die aktuellen Entwicklungen in der Weltpolitik), interessanter war da was sich in Zentralasien tut….
Keine Angst, ich hab das schon alles verstanden ;)
@HansGriller
Dann verstehe ich ihre diesbezüglichen Argumente nicht.
@Hans Griller
„Wenn man harte und weiche Fakten checken, bewerten und Folgerung ziehen soll sind Anekdoten wie ihre und meine wohl eh nicht zu gebrauchen, sondern besser eine fundierte, wissenschaftliche Studie, ich ein umfassendes Bild zeichnet und nicht einzelne persönliche Erfahrungen wiedergibt ….“
Yep, genau das war mein Punkt ;-)
Persönliche „Wahrheiten“, „Erfahrungen“ oder „Überzeugungen“ sind bei diesem Thema eigentlich belanglos – es sei denn es geht den Protagonisten dieser Wahrheiten, Erfahrungen und Überzeugungen gar nicht um die Causa Dienstpflicht, sondern um – sagen wir mal – ganz andere, grundsätzlicher politische Interessen.
Meine Erfahrung – nicht zuletzt auch in diesem blog – ist, dass das spielen der bullshit-Karte recht „klärend“ sein kann ;-)
Wissenschaftliche Studie also. Hm, meinen Sie vielleicht die Studie des Reservistenverbandes ? Des Brot ich ess, des Lied……/SCNR
Ich halte das Argument, dass die Bundeswehr für Wehrpflichtige eine „pädagogische Einrichtung“ war sehr wohl für umstritten – zumindest wenn man das ganze mit einem positiven Ergebnis verbinden will.
Das beste an den Unterrichten zum Staatsbürger in Uniform war für viele meist, dass das körperlich nicht anstrengend war, man ein wenig „Ruhen“ konnte und einen kein Uffz/StUffz mit Geltungsdrang gepiesakt hat.
@ThoDan
Okay, führt jetzt vermutlich auch zu weit und soll hier den Kommentarbereich auch nicht sprengen… so vll zur Korrektur besser Darstellung meiner Meinung:
GWDL:
war gut, hat zur sozialen Durchmischung beigetragen, man kommt aus seinem Bildungs-/Nichtbildungsghetto mal raus, lernt eine andere Seite der Gesellschaft kennen, lernt auch mal andere Sachen als nur in der Schule (falls vom Elternhaus nicht vorgelebt [siehe Klabautermann], war bei mir übrigens nicht problematisch:).
Das dies nicht der Hauptzweck der BW sein kann ist klar, hat aber beiläufig dazu geführt (imho, kann man anders sehen, ob jetzt primär [Unterricht nach diba] oder durch sekundäre Erlebnise
Sicherheitspolitisch:
2010 Bedrohung durch „den Russen“ war völlig unvorstellbar. Sieht mittlerweile vll wieder anders aus? Wie geschrieben, teile die Ansicht von csThor: „Wenn Wehrpflicht, dann nur aufgrund eines sicherheitspolitischen Umfeldes […]“ – wird in absehbarer Zeit nicht geschehen.
Idealistisch:
ich persönlich finde es ehrenwert, für das Land in dem man lebt, die Gesellschaft und das Wertesystem einzustehen und etwas zurück zu geben… war durch den GWDL dann nicht allzu schwer (äußerer Zwang ;), kann man auch durch soziales Engagement wie Verein etc. macht aber keiner mehr weil uncool in der aktuellen Generation… (vll doch dazu zwingen ;) führt jetzt aber zu weit.
@Klabautermann
Na dann sind wir doch cool.
@ll
Zu einem Faktencheck gehört natürlich auch ein historischer Faktencheck in Sachen Wehrpflicht und Deutschland von „Anfang an“:
http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/FcbBDYAgDAXQWVygvXtzC_VW8AMNBAk0sr6ad3l88qfKo1FM7yqFdz68rm6SmxdoWIda7oJgoInUWyjqk1HE8OkfuOVteQFmm3g_/
Interessante Lektüre. kurz, knapp und ziemlich faktisch.
Geschichte wiederholt sich nicht, also sollte man das Rad der Geschichte auch nicht versuchen zurück zu drehen.
@HansGriller
Die soziale Durchmischung etc. ist kein legitimes Argument, bestenfalls ein bedauerliches Fringe Benefit.
Man hat mich mal Ewig Gestrigen genannt, weil ich eine potentielle Bedrohungsmöglichkeit in Russland gesehen habe.
Ich fand den Staatsbürgerlichen Unterricht interessant, über Menschenrechte habe ich etwas gelernt – die Ansicht der BW zu KDVlern war auch sehr interessant(wie sehr das jetzt mit den Fakten übereinstimmte und was das über die BW aussagt wäre interessant)
Idealistisch:
Der Einberufungsbescheid wurde Verwandten ausgehändigt, ich habe ihn erst nach Ablauf der Mindestfrist erhalten als ich aus dem Urlaub zurückkam.
Wie gesagt ich bin nicht gegen die Wehrpflicht, ich bin dagegen wie die BW diese Zeit vergeudet hat.
Klabauterman, vom Rad Zurückdrehen kann keine Rede sein. Man müsste es weiter vorandrehen ;-)
@J-P-W
Ja, ja, das Rad voran drehen ist ganz groß in Mode;-) Da kommt man ja vielleicht wieder auf die alte Radstellung von Vorvorgestern /SCNR
Hinz | 30. Juni 2016 – 13:25
Besser kanN man es nicht sagen !
Meine volle Zustimmung und ein „Bravo Zulu“ !!
Vor allem das Beispiel Norwegen zeigt wie es geht !!!
@ThoDan
Ja, besonders interessant war dann der Staatsbürgerliche Unterricht als die ersten GWDL aus den neuen fünf Ländern eingezogen wurden – die waren vielleicht begeistert ;-)
Eine weiteren Beitrag zu Sinn/ Unsinn Wiedereinfuehrung Wehrpflicht erspare ich mir- ist derzeit weder aktuell, noch realistisch.
Aber; das Argument “ was kann ich beim Militaer lernen, was mir spaeter im Leben weiterhilft?“ ist auch in der Diskussion um Attraktivitaet, Nachwuchssorgen, aber auch im Hinblick auf verbesserte Professionalitaet durchaus komplementaer zu betrachten.
Aus meiner Sicht gehen die Attraktivitaetsbemuehungen am Kern vorbei, wenn sie sich auf Bereitstellung von Konsumguetern (Flachbildschirme, Kuehlschraenke in den Stuben), zivilberufliche Qualifikation ueber das militaerische Alleinstellungsmerkmal hinaus in der Werbung konzentrieren.
Jungen Leuten fehlt es heute i.d.R. – und wir wollen ja nicht nur das Prekariat, sondern auch die Besten- nicht an Konsum- und Freizeitmoeglichkeiten, sondern an alternativen Lebensentwuerfen, deren Inhalte und Angebote die einer durchgestylten und durchgetakteten Gesellschaft deutlich uebertreffen.
Sekundaere und tertieare Tugenden und Erlebniserfahrungen wie Kameradschaft, Lagerfeuer & Romantik (schliesst sich nicht aus, sondern bedingt sich im mil. Umfeld), Herausforderung und Forderung als Individuum und im Team, Abenteuer und Lust auf etwas Neues (einschl. fremde Laender und Kulturen), Erfolg und Anerkennung fuer Leistungen, fuer die es kein Geld gibt, Einsatz fuer sich und andere, fuer eine Sache, fuer die Primaergruppe- all das sind Felder, die die typische, weichgespuelte und ausgesourcte Bundeswehrwerbung sich nicht traut anzusprechen.
Irgendjemand wird in dieser Aufzaehlung das Potential zur Verrohung erkennen, das nur Landsknechtstypen ansprechen wird. Weit gefehlt!
Jungen Leuten, die spaeter Fuehrungspositionen anstreben, sollten in weit groesserer Anzahl eine Ausbildung als ResOffz angeboten werden. Nirgendwo anders laesst sich Fuehrungsverantwortung in solch fruehem Erwachsenenalter erlernen/erleben als in den SK. Multiplikationsfaktor inclusive.
Warum setzten wir in der Breitenwerbung keine klaren Akzente in deutlicher Konturierung ggue. zivilen Beschaeftigungen?
Was sind unsere Alleinstellungsmerkmale und warum stellen wir sie nicht bewusst als Alternative zur Diskussion?
Das ist eben nicht (nur) die Technikerausbildung und das ist schon lange nicht mehr der Lkw-Fuehrerschein.
Es sind Auslandseinsaetze, es sind die Aussicht, sich beweisen zu koennen, es ist die Moeglichkeit, etwas spuerbar Sinnvolles tun zu koennen, egal ob als Saniateter, Seefahrer in der Fluechtlingshilfe oder Jaeger in Kunduz welches Leute anspricht und sie von der Couch holt. ( Andersherum: Was macht den IS fuer persoenlichkeitsschwache Menschen attraktiv?- Aehnliche Antworten!)
Das deutsche Militaer heute ist weder Drillanstalt des Kaisers noch Kaderschmiede einer Weltanschauung. Sie bietet Raum fuer Individulisten. die sich oftmals ganz bewusst fuer das Militaer entscheiden in der Hoffnung etwas anderes zu erleben, bevor sie in ihre vorgeplante Schiene gehen.
Das heisst aber auch in der Umsetzung, ueber angepasste Ausbildungen und Zeitablaeufe nachdenken. Erziehung und Praegung – siehe einige der Kommentare oben- muss sich entwickeln koennen. Nur Druck und hohes operatives Tempo hilft nichts.
Zusammengefasst: Weniger Scheuklappen bei dem, was junge Leute anspricht,
keine Denkverbote wo es um die Ansprache psycho-sozialer Beduerfnisse geht ,
keine Angst vor mutmasslichen Anti-Militaristen, die darin die Hinwendungzu einer militanten Gesellschaft erkennen wollen,
Kurzum: etwas mehr Selbstbewusstsein und Mut, das auszudruecken, worauf viele von uns sich etwas zurecht einbilden: Soldat sein heisst anders zu sein.
Anschauungshinweise zu Inalten gibt es bei US -ROTC an Colleges und Universitaeten, bei UK A Adventuretraining als fester Bestandteil von Teambuilding und Persoenlichkeitsfoerderung und in der eigenen ResOffzAusb, die Ausbildung „am Menschen“ ermoeglicht.
Nun muss man ja nicht gleich alle Flachbildschirme aus dem Fenster werfen, aber eine vernuenftige Prioriserung und ein klares Bekenntnis zur Charakteristik des Soldatenberufs in der Attraktivitaets“offensive“ waeren ja schon hilfreich.
@ Dipl.-Inf(anterist):
Scheint zu stimmen. Siehe http://civil.ge/eng/article.php?id=29256.
In Armenien hingegen wird offenbar überlegt, die nach wie vor geltende Wehrpflicht auszuweiten: http://tinyurl.com/juxthvl
@ eric hagen | 30. Juni 2016 – 15:34
Volle Zustimmung!
Nur weil es „mainstream“ ist, nur noch den Kategorien „Ich habe ein Recht auf“, „der Staat muss“ oder „MIR steht zu“ zu denken und zu leben, muss ich das ja noch lange nicht fuer richtig halten oder gar akzeptieren.
Beliebig- oder Willenlosigkeit bringt eine Gesellschaft nicht weiter. Klar kann man auch den (Rechts-)Anspruch auf Frieden in Freiheit und Wohlstand per Gesetz erklaeren oder – noch besser – gleich ins GG aufnehmen.
Allein, die REALITAET und die anderen 2-Beiner scheren sich ’nen Sch…. darum, wenn wir nicht bereit sind, etwas dafuer zu TUN.
Und nebenbei: Litauen (das ist das Land an der Ostsee zwischen Polen, Russland (Koenigsberger Gebiet), Weissrussland und Lettland) zB hat die Wehrpflicht wieder eingefuehrt und eh schon – relativ – groessere Streitkraefte als D. Tendenz steigend, v.a. auch, was die Investitionen in Infra UND Geraet angeht.
Aber da gibt es halt auch noch Menschen, die aus eigenem ERLEBEN wissen, wie bescheiden sich’s „unter der Knute“ so lebt. Und DAS wollen die auf keinen Fall zurueck.
Und auch so dumm zu glauben, alles sei „toll“ ist, was „aus dem (ferneren) Westen kommt, sind sie nicht.
@Arty1986
Das ändert jetzt was an der Zeitverschwendung, mit der die BW den Wehrdienst durchgeführt hat?
An der mangelnden Institutionellen Kompetenz von Ausbildern?
Die BW hat Erfahrung seit Jahrzehnten Dinge falsch zu machen!
Die Wehrpflicht, die vor fünf Jahren ausgesetzt wurde, war schon längst keine „allgemeine“ mehr, denn reichlich 80 % der jungen Männer haben sie nicht geleistet. Insofern hatte Guttenberg recht: Wenn das Pferd tot ist, sollte man absitzen.
Freilich ist nichts besseres nachgekommen: Das liegt aber nicht an der Idee „Berufsarmee“, sondern an ihrer Umsetzung. Die britischen Streitkräfte sind wohl ziemlich gut (?), die deutschen nicht.
Es war aber auch in der W 15er Zeit nicht besser: Das Stichwort „Gammeldienst“ trifft eine Erfahrung, die die meisten Soldaten gesammelt haben. Die Verantwortung dafür lag bei der Bundeswehr selbst: Faule Offiziere und Unteroffiziere haben es versaut. Wie der alte französische Eisenfresser René Quinton es mal gesagt hat: Es gibt keine müden Soldaten, es gibt nur schlechte Offiziere. Merke: Das bessere System (Wehrpflicht) allein macht es nicht.
Letztlich ist diese Arme, die alte wie die neue, das legitime Kind eines Staates, der eigentlich gar keine Armee will.
@ Burkhart Berthold | 30. Juni 2016 – 16:57
„Letztlich ist diese Arme, die alte wie die neue, das legitime Kind eines Staates, der eigentlich gar keine Armee will.“
Sehr gut auf den Punkt gebracht.
Darin liegt wohl auch der Grund, warum deutsche Politiker immer so laut eine EU-Armee fordern. Dann hat Deutschland mit Peng und Bum nichts mehr zu tun. Ob das überhaupt sinnvoll ist oder funktionieren kann, ist egal, Hauptsache Hände in Unschuld waschen.
Und deutsche Soldaten sieht man endgültig nur noch, wenn sie bei Hochwasser Sandsäcke schleppen.
Nach preußischem Militarismus schlägt nun das Pendel ins neudeutsche Gegenteil. Dummerweise wird mit beidem viel Schaden angerichtet.
Manche WOLLEN es offensichtlich nicht kapieren!
Hatte ich irgendetwas von „zeittotschlage-Beschäftigungstherapie-pseudo-Ausbildung“ geschrieben, während die mittlerweile ja FeldwebelGrpFhr und Hptm-ZgFhr irgendwo kartenspielend herumsitzen?
Das hatte ich nicht einmal GEMEINT, und es tut mir sogar leid, so das die hier „einschlägige“ Erfahrung sein sollte.
Das geht deutlich anders, wenn man WILL, KANN, DARF und nicht für jede auch noch so gute Idee erst einmal eine schriftliche Genehmigung von einer „unerreichbaren“ Stelle einholen und die Soldaten „aktenkundig“ über jeden Handgriff belehren muß….
Klar ist, daß nur eine GUTE Ausblidung mit ordentlicher personeller UND materieller AUSSTATTUNG (das schließt eben qualifizierte und engagierte Offz/Uffz ein, OHNE DIE gibt’s nämlich auch keinen freiwillig längerdienenden Nachwuchs).
Und Ausbildung, die etwas bringt, KANN, obwohl sie bis an die Grenzen fordernd sein kann und bisweilen auch soll, sogar „Spaß“ – ich hasse dieses Wort eigentlich, ist ja heute nahezu alles „spaßgeleitet“ – machen.
Und eine derart durchgeführte Grundausbildung wäre auch eine entsprechende Basis, auf der dann, ohne bei „Adam und Eva“ anfangen zu müssen, aus einem großen vorhandenen Potential benötigtes Personal herangezogen und entsprechend FACHLICH ausgebildet werden kann.
Sowas geht NICHT (mehr) „von 0 auf 100“ wenn’s scheppert.
Aber ich laß‘ das jetzt, irgendwas erklären zu wollen, was nicht verstanden werden WILL (daß es nicht ums „Können“ geht, nehme ich doch einmal an.).
@ ThoDan | 30. Juni 2016 – 16:24
Ich lese das ja häufiger von Ihnen und glaub Ihnen das mit dem „Gammeldienst“.
Und ich bedaure das immer etwas. Meine Wehrpflichtigen dienten in einem HVK-Bataillion, welches auch für den Einsatz stellte. Das hieß: Eine Kompanie zog ein und bildete in den Stufen AGA, SGA, VA und Einsatzvorbereitung selbst für den Einsatz aus und ging in den Einsatz, während des Einsatzes nahm eine andere Kompanie die Übungsverpflichtungen/Lehrabstellungen/Vorführungen wahr, eine andere bildete in AGA und SGA aus und routierte dann in die Übungsverpflichtungen/Ersatzgestellung (Heldenklau) Einsatz…dazu wurde die Liegenschaft militärisch bewacht…ohne Arneitszeitrichtlinie (aber mit Geld- oder Zeitausgleich).
So etwas war in unserer Division alles andere als unüblich. Es war nichts besonderes. Wenn ich von Gammeldienst lese überrascht mich das nicht, „unsere“ W10er kamen aber nicht in den Genuss des Gammeldienstes. Schade, dass Sie das anders hatten.
Nein, die Bw hat sich mit dem Schrottargument „wir schaffen es nicht auszubilden“ einfach eine Riesenlebenslüge einreden lassen. Denn wie war es denn: In den AGA Kompanien wurden viele eher leistungsschwächere versetzt. Diese waren dann auch nicht weiter verantwortlich dafür, dass Abholpunkte nicht stimmten.
Ein Kardinalfehler der deutschen Armee jeher. Die US Streitkräfte vermieden diesen Fehler, in dem sie nur Spitzenpersonal in Ausbilderverwendungen fördern.
Nicht die Quantität war es. Die „allgemeine Unlust“ und die Qualität des Ausbilderpersonals und der Dienstaufsicht war es meist.
Dazu: Ich hätte es mir nur ungern nehmen lassen, meine Soldaten mit denen ich Übungen/Einsätze fahre selbst auszubilden von Anfang an. Uneffektiv? Nein.
@Arty1986
Ich habe mich auch gar nicht darauf bezogen, sondern
http://augengeradeaus.net/2016/06/baellebad-juni-2016ii/comment-page-6/#comment-241006
Ich habe hier auch schon mehrfach erklärt, das ich für den Aufbau einer „Territorial Army“ bin, die im Kriegsfall die notwendige Reserve etc. stellen kann(nicht aber als Lückenfüller für die Expeditionskräfte)
Aber vorher muss die BW die Kompetenz und Ressourcen nachweisen.
Ich würde heutzutage einen detaillierten Anzugsbefehl mit der Forderung , der Vorgesetzte soll mir doch erstmal seine Kompetenz und den angemessenen dienstlichen Zweck nachweisen.
Bis jetzt hat die BW da das Bild Inkompetent and Unaware of it erzeugt
Vom Unteroffizier bis zum 2Sterner
Die Sache ist nicht mehr umkehrbar. Bei einer Wiedereinführung hätten wir wohl eine astronomische Zahl Kriegsdienstverweigerer. Die Industrie wird in den nächsten Jahren alles aufsaugen was jung und halbwegs gebildet ist. Aus was für einem Grund sollte sich ein junger Mensch für die BW entscheiden?
@Sachlicher
Gammeldienst würde ich es nicht unbedingt nennen, Institutionelle Inkompetenz bei Ausbildern und Vorgesetzten(wenn jemand nicht richtig ausgebbildet wird und das nicht geprüft, aktualisiert etc. wird – ist das auch nicht ihr Fehler)kombiniert mit einem ziemlich verschwenderischen Umgang mit Arbeitszeit.
Ich hatte einen durchaus Berufsnahen Dienst, spassig war wie mir mein Zugführer in der Grundausbildung einen Test mit Fehlern zurückgab mir aber nicht sagen konnte was ich falsch gemacht habe(sondern was er uns beigebracht hatte), , nur machte ich das zu dem Zeitpunkt seit Jahren im Beruf und habe ihm das erklärt.
Der Lehrfilm dazu war was Sicherheit beim Experiment anging gefährlich veraltet
Etwas später hatten wir in einem ähnlichen Bereich eine Ausbildung in Arbeitssicherheit, ich habe dem Unteroffizier auf essentielle Fehler hingewiesen, gutgemeinte aber kontraproduktive Fehler, in der praktischen Ausbildung wollte man mir eine scherzhafte Lektion erteilen, der Uffz ging schnell ein Paar Schritte rückwärts und ich erklärte ihm die nächsten Minuten in einfachen Worten – das er gerade riskiert hatte meine Augen zu beschädigen.
Natürlich hat es zwischen „Gammeldienst“ (was ist das eigentlich genau ?, macht z.B. ein Mechaniker Gammeldienst nur weil der Jet keine Flugstunden hat ?) und fordernder Ausbildung/Gefechtsdienst alle Facetten gegeben. Genau so wie gute und schlechte Ausbilder.
Zur damaligen Wehrpflicht kann man stehen wie man will. Fakt ist aber auch, das wir genügend Indianer hatten und aus den Reihen der Wehrpflichtigen Nachwuchs rekrutieren konnten, den die Bundeswehr ohne Wehrpflicht wahrscheinlich gar nicht erreicht hätte.
Was mir bei der gesamten Diskussion bisher völlig fehlt, ist das Aufzeigen eines alternativen Lösungsansatzes der unser Nachwuchsproblem löst.
Da wäre eine Wiedereinführung als Pflichtjahr für alle (Männlein und Weiblein, dick oder dünn, vom Nerd bis zum Krieger) eigentlich die einfachere Lösung.
@Insider
Es kann aber kein Argument sein das die Wehrpflicht legitmiert, das die BW sonst nicht ihr Quotum an SaZ und BS erfüllen kann.
Wenn die BRD ihre sozialen Verpflichtungen nicht mit Freiwlligen lösen kann, dann sollte sie mal angemssen Geld für die arbeit i sozialen Bereich zahlen.
Wir sind nicht so arm das wir Zwangsdienst damit legitmieren können.
@ ThoDan | 30. Juni 2016 – 20:22
Hatte Insider ja auch nicht behauptet.
Ich weiß nicht, ob es Absicht Ihrerseits ist, aber: Eine etwas weniger arrogante Wortwahl wäre angenehm.
Ich denke das ein Staat zur Risikovorsorge durchaus zu diesem Mittel greifen kann. Man kann vom Staat nicht immer nur fordern sondern man darf im Gegenzug auch seinen Beitrag für ein friedliches und freies Leben in D erbringen.
Wenn ich das ablehne, dann muss es halt über eine teure Berufsarmee aus Steuergeldern bezahlt werden. Das möchten allerdings auch nur die wenigsten.
@Sachlicher
Meine Absicht war es klarzustellen, das ich keine Kritik an Personen übe – sondern das der Fehler mEn von der Institution begangen wird.
@Insider
Ist eine Berufsarmee teurer im Vergleich zur Kampfkraft, bräuchten wir mit der Wehrpflicht nicht dennoch Expeditionsstreitkräfte?
@ThoDan
Ich glaube schon. Man sieht es ja jetzt. Mit Flachbildschirm und Kühlschränken kann ich keinen locken. Das geht nur über Geld oder andere attraktive Rahmenbedingungen im Vergleich zur Wirtschaft. Das wird z.b. beim neuen Bereich Cyber ein sehr sehr schwieriges Unterfangen.
Früher hätte ich so einen Nerd evtl. als Wehrpflichtigen gehabt und dann ggf. zu einer Weiterverpflichtung überzeugen können. Diese Chance gibt es nicht mehr.
@Insider
Stimmt, locken können sie damit keinen, heute erwarte ich am Arbeitsplatz eine Küche – wie vor 30 Jahren.
Den Computernerd hätten sie nicht als Wehrpflichtigen gehabt, weil der nicht eingezogen worden wäre und wenn hätten sie ihm wohl nicht die Bezahlung und das Umfeld bieten können.
Da der Hausherr das nicht hinbekommt (Grund nachvollziehbar) schaufel ich meinen Beitrag vom Bällebad selber um:
„Hans Schommer | 29. Juni 2016 – 20:08
Meines Erachtens legitimieren die Veränderungen der Gesellschaft, die Lebenswirklichkeit der Menschen darin, die sich wandelnden politischen Verhältnisse im Ausland, damit verbunden die Entwicklung der Sicherheitslage und die Sicherheitsinteressen zum Schutz der Republik eine regierungsseitige Prüfung staatlicher Interventionen nicht nur, sondern fordern diese geradezu. Das lässt sich unzweifelhaft aus dem Pflichtenheft ableiten, welche unsere Verfassung – das Grundgesetz – der Institution Staat auferlegt (ich zitiere hier keine Artikel – selber lesen macht klug).
Daher ist es m.E. für die Bundesregierungen geradezu pflichtig, regelmäßig wie auch anlassbezogen zu prüfen, ob z.B. ein “Soziales Dienstjahr” – sozial zu verstehen als “gesellschaftsdienstlich” – geeignet ist, die im GG verankerten Aufgaben des Staates zur Daseinsfürsorge zu erfüllen. Dabei kann dessen Ableistung durchaus auch im Dienst in den Streitkräften bestehen. Ob „nach Bedarfslage“ oder „freiwillig“ wäre zu überlegen.“
Und ergänze: Es war zu Zeiten der Wehrpflicht und ist auch heute möglich, Mannschaften innerhalb von sechs bis zwölf Monaten (abhängig von der AVR) zu auch im Gefecht brauchbaren Soldaten auszubilden. Wer anderes behauptet, hat entweder keine mil. Erfahrung oder hat sich mit seiner Messlatte vom Amateur- ins Profilager verlaufen.
Hans Schommer
Einiges hier diskutierte wir auch in einem Artikel der Zeit aus 2014 aufgeworfen. Der Titel lautet „Haltet zusammen“ – einfach googeln. Es geht um ein Pädoyer für ein soziales Pflichtjahr.
„Haltet zusammen!
Wir sind dabei, eine Gesellschaft sozialer Autisten zu werden. Deutschland braucht ein soziales Pflichtjahr.“
Von Rudi Novotny
5. September 2014 DIE ZEIT Nr. 37/2014, 4. September 2014″
Zur ausgesetzten Wehrpflicht hat sich gestern auch der Herr Wüstner in einem Interview des Deutschlandfunks geäußert, aber auch natürlich zum Gesamtzustand der Bundeswehr („Die Bundeswehr ist mittlerweile der größte Sanierungsfall“).
Zusammengefasst sagt er in etwa, die Aussetzung der Wehrpflicht müsse prinzipiell jederzeit wieder rückgängig machbar bleiben (einen Anlass dafür sieht er aber in der momentanen Lage nicht), aber dazu müsse die Bundeswehr vorher erst in einen handlungsfähigen Zustand versetzt werden.
http://www.deutschlandfunk.de/fuenf-jahre-freiwilligenarmee-die-bundeswehr-ist.694.de.html?dram:article_id=358690
@ ewmnimKe: danke, habe es mir gerade angehört. Er hat absolut recht, auch bezüglich der anderen Aussagen und ich bin froh, dass er das Thema Sanierungsfall Bundeswehr in der Phase der Haushaltsverhandlugnen immer wieder mehr als glaubwürdig beschreibt. Eigentlich müsste ihm das BMVg dankbar sein. Und zur Wehrpflicht: es gab ja in den letzten Tagen auch MdBs die sogar die „Ausradieren“ der Wehrpflicht aus dem GG forderten. Daher hat er recht, dass dies niemals passieren dürfte.
Tja, manchmal frage ich mich, warum ich mich bemühe, den Text im Eintrag gelegentlich zu aktualisieren und Nachträge einzustellen…. Da stand gestern schon der Link zum Wüstner-Interview.
Ich muss aber einräumen, dass ich blöderweise auf das selbe Interview verlinkt habe wie T.W. in seinen oben stehenden Nachtrag vom 30.06. (der vielleicht etwas leicht zu übersehen war).
Der Wüstner hat da imho einen ganz wichtigen Punkt gemacht. Was bringt denn eine neue Wehrpflicht, wenn die gegenwärtige „Bestandsbundeswehe“ im Zustand eines sanierungsbedürftigen Umbaus ist, dessen Statik nach Baugeginn neu berechnet und konstruktiv nachgebessert werden muß, weil man andere Umweltlasten berücksichtigen muß als zu Beginn des Umbaues. Die gegenwärtig auch unter Schlechtwetter leidenden Umbauarbeiten würden doch nur zusätzlich belastet werden, wenn man den Baukolonnen einen Riesenschwarm Azubis vor die Füße rollen würde. Die Baugerüste sind einfach für einen solchen Azubi-Schwarm nicht ausgelegt.
@ Klabautermann: Bildlich voll zutreffend! +1 :-))
@Hans Schommer
Ich bitte sie mir die Stelle im GG zu zeigen, mit der man eine allgemeine Dienstpflicht legalisieren kann
Irgendwo aus BW(u.a. IIRC hier) und US Army Kreisen habe ich es her, das man für die Ausbildung eines Infantristen 2 Jahre benötigt.
Warum dieser Zeitunterschied?
@ ThoDan | 01. Juli 2016 – 13:00:
„Ich bitte sie mir die Stelle im GG zu zeigen, mit der man eine allgemeine Dienstpflicht legalisieren kann“
Im Abschnitt I. des GG werden die Grundrechte benannt. Diese zu gewährleisten ist die Aufgabe des Staates – von wem auch sonst. Diese Verpflichtung, die unantastbar ist, kann (als „Ultima Ratio) die Einführung einer Dienstpflicht erforderlich machen.
Wegen der Kollision mit grundgesetzlich garantierten Freiheitsrechten kommt man um eine Ergänzung des GG jedoch nicht herum. Welche jedoch möglich wäre. Siehe dazu u.a. hier:
https://www.bundestag.de/blob/407368/43df3ffead238bcb3419889beece932d/wd-3-371-07-pdf-data.pdf
„Irgendwo aus BW(u.a. IIRC hier) und US Army Kreisen habe ich es her, das man für die Ausbildung eines Infantristen 2 Jahre benötigt.“
Wenn dem so wäre, hätten wir keinen Soldaten unter Dienstzeit 24 Monate im Einsatz.
„Warum dieser Zeitunterschied?“
Sofern sich Ihre Frage auf die von mir genannte Zeitspanne sechs bis zwölf Monate bezieht: Das hängt von der ATB (Ausbildungs-Tätigkeits-Beschreibung) ab. Es macht einen Unterschied, ob einer Kraftfahrer B und Funkgerätebediener wird oder Fallschirmjäger.
Hans Schommer
@Hans Schommer
Ich denke einmal mit einer GG-Änderung ist es nicht getan. Deutschland müßte aus 3 völkerrechtlichen Konventionen aussteigen, wenn man das Bundestagsgutachten sofgfältig durchliest. Glauben Sie wirklich, dass es dafür eine Mehrheit im Bundestag gäbe ?
@ klabautermann | 01. Juli 2016 – 14:44
Mit den im Schriftsatz erwähnten internationalen Abkommen hatten doch schon zu Zeiten der Wehrpflicht die Totalverweigerer argumentiert – und waren gescheitert. Zudem haben die Konventionen keinen Verfassungsrang. Ich bin mir schon sicher, dass das alles zu regeln wäre. Aber ob da derzeit eine Mehrheit zusammenkäme – das glaub ich nicht.
Hans Schommer
@Hans Schommer
Da steht GG §1, Internationale Abkommen und Völkerrecht gegen Zwangsarbeit und Sklaverei davor.
Der ECHR hätte da bestimmt Spaß.
Einen Zwangsdienst – eine Dienstpflicht ist IMNSHO nur in Ausnahme und Notfällen legitim, nicht aber als Dauerzustand und für einen Dauerzustand sehe ich keinen legitimierenden Grund.
Ja, die Frage bezog sich darauf.
Ich verstehe nicht inwieweit eine Ausbildung als Kraftfahrer(den Kurs habe ich mal belegt) oder Funker einen Soldaten gefechtstauglich machen kann?
@ThoDan … stellen sie sich nicht bitte provozierend dümmer da, als sie (hoffentlich) sind!
Auch zu Zeiten der noch gültigen Wehrpflicht wurde nicht jeder Wehrpflichtige in der selben Fachtätigkeit ausgebildet. Manche Aufgaben sind komplexer als andere. Man braucht aber eine Vielzahl an Verwendungen in den Streitkräften. Eben auch Funker und Kraftfahrer. Und selbst in einer „Staatsfirma“ wie der Bundeswehr wird man keinen Wehrpflichtigen zum gefechtst