ExerciseWatch: Raketenschießen der russischen Ostseeflotte (und die ‚Oste‘ schaut zu)
Bei den Beobachtungen der Übungen vor allem im NATO-Osten, die ich hier in der Rubrik Exercise Watch aufgreife, liegt ein Schwerpunkt auf den Übungen der Allianz und ihrer Verbündeten. Das muss ja nicht so bleiben (auch wenn meine mangelnden Russischkenntnisse da eine Hürde sind), deshalb ein Blick auf eine parallele Übung der russischen Marine: Die Einheiten der russischen Ostseeflotte haben in den vergangenen Tagen einen internen Wettbewerb im Schießen mit Lenkflugkörpern abgehalten.
Dazu gibt es ein interessantes russisches Video, dass die Korvette Boikiy beim Abfeuern von Anti-Schiff-Flugkörpern des Typs Kh-35 in der Variante 3M24 Uran (NATO-Codename SS-N-25 Switchblade) zeigt. Mit dabei: Das deutsche Flottendienstboot Oste als Beobachter – dem die russische Marine laut Begleittext zum Video vorwirft, sich nicht den Regeln guter Seemannschaft entsprechend zu verhalten:
(Direktlink: https://youtu.be/_k1kZhWtKSU)
Ergänzende Hinweise von Russisch-Kennern sind hochwillkommen.
(Foto: Screenshot aus dem Video)
Die scheinen ja auch unterlagen uber die Oste mit Bild und Daten zu haben. Was steht denn da spannendes drin? Hat die deutsche Marine solche Datenblaetter auch an Bord fuer Schiffe der Russen?
@Hans
(Bemerkung am Rande: Das ist jetzt mindestens der zweite mit dem Nick ‚Hans‘ – hm, wäre nett, wenn alle etwas kreativer werden, sonst kommen wir hier sehr durcheinander…)
Die meisten Informationen sind öffentlich verfügbar – in den Jane’s-Datenbanken und ähnlichen Produkten wie Weyers Flottentaschenbuch; und natürlich umgekehrt bei der Deutschen Marine genauso vorhanden.
Hihi, „gute Seemannschaft“ ist aber ganz bestimmt auch nicht mit Flugkörpern rumzuballern ;-)
Die Maulerei der Russen über die Oste ist fast schon „dezent“ zu nennen- da ging es „früher“ ganz anders „zur Sache“, wenn man sich „beobachtet“ fühlte.
Gute Gelegenheit mal wieder an aktuelle SIGINT/ELINT-Tauschware zu kommen. So ist halt das „Spiel“ – schon immer so gewesen.
In diesem Sinne, werte Kameraden der Baltischen Flotte, freut Euch doch über die Aufmerksamkeit ;-) Dann müßt ihr nicht singen:
https://www.youtube.com/watch?v=EfQFsNGdic4
Die Bilder vom letzten Jahr, wo man mit nem Helikopter um eines der Flottendienstboote flog, waren irgendwie interessanter ;-)
Wenn man die Untertitel bei Youtube nutzt (miese Spracherkennung) und dann übersetzen lässt (miese Übersetzung) wird man leider auch nicht viel schlauer.
@klabautermann
Das Flottendienstboot hat wohl nicht auf Funkrufe geantwortet.
So wie russische Flieger quasi..
@Hans
Auf der Seite, die man sehen konnte, kann nicht viel spannendes gestanden haben.
Es sah ähnlich ergiebig aus wie die Wikipedia…
Das gehört doch zum normalen Geschäft, die russische Flotte schickt auch immer min. 1 Aufklärungsschiff nach Kreta zum Jahresschießen der FlaRakTrp, um an Radarsignaturen zu kommen. Selbst die Türken haben diese in Kharamanmaras aufgezeichnet.
Sputniknews am 10. Juni dazu, Zitat:
„Der deutsche Aufklärer will als erster ein angegriffenes Ziel besichtigen und beantwortet die Anfragen der russischen Mariner nicht.“
Genau. Und es habe sich den russischen Territorialgewässern „angenähert“. Der Sprecher aus dem Off nennt das „nicht gentlemen-like“ und spricht von einem „ungebetenen Gast als Beobachter“. Der junge Offizier gibt sich gelassen und sagt was von „Statistik“ und „Resultate erfüllen“. Zu mehr reicht mein Russisch leider auch nicht mehr. :-) Sehr dramatisch oder gereizt klingt das jedenfalls nicht…
was ist das denn? Die Wiedervereinigung ist grade mal 26 Jährchen her, und kein Schwein kann mehr Russisch?
Wenn sich hier wirklich niemand findet, hole ich meinen russischen Kollegen von seinem Schreibtisch und lasse ihn übersetzen.
@SvD
Die Russen hätten es mal auf Englisch oder Deutsch versuchen sollen ;-) Abgesehen davon: falls die Russen die Oste tatsächlich angerufen haben, dann hat die garantiert geantwortet. Das sind halt PR-Spielchen auf beiden Seiten. Muß man eigentlich nicht mehr ernst nehmen.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Oste sich sehr genau an die Seestraßenordung gehalten hat – also seemännisch korrekt. Das Schiessen wird sie auch nicht gestört haben, denn die wollten ja das Schießen sigelinten und nicht nur tolle Fotos schiessen von der Korvette. Also stand die Oste wohl „wie üblich“ dicht an der verkehrsrechtlich „sicheren“ Grenze des Sicherheitssektors/-radius des FK-Schußes. Die Russen haben ja auch nur über „die Regeln guter Seemannschaft“ gemault, aber nicht über eine Verletzung z.Bsp.der Verkehrsregeln in internationalen Gewässern Die wissen ganz genau, dass die „geschriebenen“ Regeln von Seemannschaft ganz korrekt von der Oste eingehalten wurden. Beide Seiten haben sich eigentlich sehr professionell verhalten (freedom of action and reaction and navigation) – das ist jedenfalls meine Einschätzung des Video.
klabautermann | 13. Juni 2016 – 12:01
„Die Russen hätten es mal auf Englisch oder Deutsch versuchen sollen ;-)“
dabei hat er das „OSTE OSTE THIS IS…“ doch halbwegs verständlich rübergebracht. DSC-Anruf wäre ja auch eine Option gewesen, die MMSI der Oste dürfte ja im schlauen Handbuch stehen.
Würde mal gerne hören, wie er die „Sulzbach Rosenberg“ anrufen würde. Übrigens ein weiteres Argument dafür, Schiffen nicht allzu schwachsinnige Namen zu geben.
@f28
Stimmt ja, hab ich glatt überhört in dem Video. Dann hatte die Oste wohl keinen an Bord der Englisch kann – waren wohl eher auf Russische eingestellt ;-)
Die Russen haben eben versucht, PR-mäßig das „Maximum“ raus zu holen ohne sich bei den eigenen Leuten lächerlich zu machen, Hat schon seinen Grund warum unsere Flottendienstboote unbewaffnet sind – das sieht so besch….. unaggressiv aus ;-)
@Klaubautermann:
„Stimmt ja, hab ich glatt überhört in dem Video.“
konnte man auch nur raushören, wenn man wusste, was kommen müsste und drauf geachtet hat.
„Die Russen haben eben versucht, PR-mäßig das “Maximum” raus zu holen“
deshalb vermutlich auch kein DSC-Anruf – sieht im Video ja doof aus, wenn jemand nur ein paar Tasten an der Funke drückt. Der Anruf über CH16 wirkt da deutlich „dramatischer“. Also alles in allem einfach nur solide PR-Arbeit und in Wirklichkeit alles völlig undramatisch.
Die „Oste“ zeigt schon Wirkung: Die Überschrift lautet „Ostseflotte“… ;-)
@f28
Sehe ich absolut genau so wie Sie.
Hier noch einer zur „Entspannung“ für die Dramatiker:
http://www.spiegel.de/spam/
;-)
@Fussgänger
Ups, zum Glück habe ich nicht Osteflotte geschrieben…. Danke, ist korrigiert.
@f28
Das ist auch ein bisschen mein Problem, d.h. ich kann gar kein Russisch. Hilfe von Russischkennern ist bei diesen Themen wirklich willkommen! Gibt’s hier welche?
@TW:
was genau brauchen Sie denn?
Ich selbst kann kein Russisch, habe hier aber einen russischen Mitarbeiter sitzen, den ich bei Bedarf abkommandieren kann.
Also, nach mehrmaligem Anhören und immer noch ohne Gewähr: Der Offizier meint glaube ich, daß die Nato-Kundschafter vermutlich Statistiken über die russische Trefferquote aufstellen würde um die dann mit ihren eigenen Ergebnissen zu vergleichen.
@Klabautermann
Es war halt PR Technisch nicht das Beste, dafür hätte wieder ein Heli über der Oste schweben und filmen müssen.
Der Funkruf hätte dramatischer sein müssen usw.
Den schlichteren Gemütern suggeriert der Schnitt allerdings, das die Oste quasi so nah dran war beim Schießtest, das die Besatzung den Abschuss der Flugkörper quasi riechen konnte, bzw. beim Einschlag direkt daneben schipperte.
Ich habe es an anderer Stelle schon mal zitiert:
September 03, 2015
„A Russian intelligence ship, capable of cutting undersea communications cables and other sensors, has been spotted by the U.S. military off the coast of Kings Bay, Ga., home to the U.S. Navy’s East Coast ballistic missile submarine fleet.
[…]
When asked if the U.S. had similar spy ships off the coast of Russia, he answered, “Of course we do, what do you think all those ‘oceanographic ships’ are doing, studying whales?”“
http://www.foxnews.com/politics/2015/09/03/russian-spy-ship-spotted-near-us-sub-base.html
@f28
Hm, das ist nicht so einfach: Eigentlich müsste man (ich) auch die Mitteilungen des russischen Militärs (mil.ru) auf interessante Neuigkeiten durchsehen, insbesondere für die Exercise Watch. Es gibt zwar eine englische Version der Webseite, die ist aber oft deutlich hinterher…
@SvD
Wie bereits gesagt: PR-Spielchen, allerdings undramatisch – auch was die Inszenierung anbelangt seitens der Russen.
@TW:
hm, das ist in der Tat ein Problem. „Mein“ Russe soll ja Software entwickeln. Falls mal ein bestimmter Text oder die Ton-Spur in einem Video übersetzt werden soll, könnte ich aber behilflich sein.
Alles was zur Oste gesagt wird, wurde oben schon erfasst. Im Beitrag wird von einem „ungebetenen Gast, der sich permanent am Rand unserer Gewässer rumtreibt“ gesprochen, aber in recht unaufgeregtem Ton. Auch der zitierte Offizier sieht das so, sinngemäß: „das ist immer so, sie versuchen unseren Leistungsstand zu erfassen.“
Ansonsten liegt der Fokus eher auf den eigenen Leistungen a la „auch aus dutzenden Kilometern wird der Gegner sicher getroffen, schon eine einzige Rakete kann ein Schiff versenken“ etc.
Kann wörtliche Übersetzung liefern, wenn gewünscht.
Ansonsten wie @kaengurufan geschrieben hat, die Oste wird zunächst als NATO-Schiff bezeichnet, dann als deutsches Schiff vom Typ „Oste“ [sic!] identifiziert.
Wörtlich: „Das Schiff verhält sich nicht gentleman-mäßig, sondern wimmelt sozusagen zwischen den Beinen herum, antowortet nicht auf Anrufe. Im Übrigen ist über solche Zuschauer ein volles Dossier zur Hand [gezeigt wird die Typenübersicht der NATO-Schiffe].“
Der Rest des Beitrags ist Selbstbeweihräucherung.
Gruß,
Andreas
Mir ist eben aufgefallen, die tragen ja blau-weiss-gestreifte Shirts, früher hatte ich die bei den Landstreitkräften gesehen, die Marine trug rot-weiss. Oder täuscht mich die Erinnerung?
Die waren ja sehr aufgeregt bei den Aufnahmen, das erste Mal, wenig Routine? :)
Die Flotte hatte immer blau-weiss. Nur einzelne Heeresgattungen haben die „Telnjaschka“ übernommen, vor allem die Fallschirmjäger.
Was mir auffällt, immer noch „Towarischtsch Kommadir?“ Ich dachte das hieße schon seit 1994 wieder „Gospodin“ :D
@Edgar Lefgrün
https://en.wikipedia.org/wiki/Telnyashka
Grundsätzlich ein Marine-Ding. Früher so getragen, damit man Männer über Bord oder im Vordergrund der Segel besser erkennen konnte.
In dunkelblau-weiß repräsentieren sie seit der Zeit des russ. Imperiums die Seekriegsflagge (blaues Andreaskreuz auf weißem Grund).
Später wurde das aus praktischen Gründen (langärmlige und ärmellose Ausführung, leicht zu waschen) von anderen TSK übernommen.
Schwarz-weiß = Marineinfanterie
Hellblau-weiß = Luftlandekräfte & SpezNaz GRU
Bordeaux-weiß = SpezNaz MVD
Hellgrün-weiß = Grenztruppen FSB
Gruß,
Andreas
Also, zum Thema Flottendienstboote ist auch in früheren Fäden hier schon mal alles gesagt worden, dennoch,
1.Seien Sie gewiss, mindestens 1 an Bord spricht Russisch akzentfrei.
2. „Schlechte“ Seemannschaft gehört bei diesem Geschäft dazu, sonst sind die Ergebnisse entsprechend – für die Entscheidungen(Risikoabwägung) dabei trägt jemand einen weissen Hut und wird dabei „noch“ nicht gegängelt.
3. Vor ein paar Jahren verhielten sich die Russen gerade bei den Exporterprobungen äußerst kooperativ und brachen sogar ein Einlaufen ab, da die Deutschen noch nicht „Alles“ hatten. Kommunikation in Russisch. Ein Bild dieser „Besichtigung“ hat dann der Exflottenchef seinem BFGegenüber nach Petersburg mitgebracht.
4. Gab mal einen St. Befehl zum Verhalten gegenüber RUS in See, weiß aber nicht ob das noch gilt, heisst ja jetzt auch Regelung……., jedenfalls nicht auffindbar im Vorschriftenmanagementtool der BW.
Rot weiss Shirts bei der Marine?, hab ich noch nie gesehen.
@JCR
„Tovarissh“ kann sowohl „Genosse“ als auch „Kamerad“ heißen
P.S. Seemannschaft- ein „O Schiff“ wurde bei sowas auch mal getroffen.
@JCR
Ja, das ist die Tljenjaschka, das berühmte blau-weiß quergestreifte russische Matrosenhemd. Das ist dann in den späten 1930ern an die Fallschirmjäger gekommen, weil deren „Erfinder“ (Margelow) aus der Marine-Infaterie kam… Rot-weiß kenne ich in Rußland nicht.
Gospodin. Das gab es in der SU nie, weil das vor 1917 die Anrede des leibeigenen Knechts für den „Herrn“ war. War danach nur noch eine Anrede für Wessis und ist es eigentlich auch heute noch. Korrekte Anrede im Russischen: [Vorname] [Vatersname] mit „Sie“ („vy“). Für Vorgesetzte weiterhin: „Towarischtsch [Rang]“.
P.S.: Häftlinge mußte früher den Natschalnik mit Grazhdanin (Bürger) anreden, weil sie eben nicht Towarischtsch (Genosse) sagen durften.
Dann bleibt mir eigentlich nur noch, das bereits Gesagte zu bestätigen: Nämlich, dass alles Relevante schon genannt wurde. Im Großen und Ganzen eines dieser Filmchen, die man auf Kanal Swesda öfter mal sieht.
Angemerkt sei aber vielleicht noch, dass der Betrieb auf der Korvette schon sehr – um nicht zu sagen: übertrieben – idealtypisch wirkt. Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass der Kommandant die Mannschaft im Vorhinein freundlich dazu angehalten hat, sich nochmal die eine oder andere Vorschrift zu Gemüte zu führen. ;)
@ JCR:
In Ergänzung zu Andreas‘ Antwort: Tatsächlich nutzen die meisten linken Parteien eher das Äquivalent des Begriffes „Kamerad“ (Camarada, Compagno, Comrade, Rafiq, etc.) als das des Genossen. Der kam hierzulande – und in den Niederlanden, wenn ich richtig informiert bin – nur auf, weil für Soldaten und Rechte die Anrede „Kamerad“ schon sehr früh sehr verbreitet war.
@ Jan Wilhelms:
Ich meine mich zu erinnern, dass Blau erst in den 1960ern Waffenfarbe der Luftlandetruppen wurde. Davor trugen sie rote Barette – bis Onkel Wasja plötzlich feststellte, dass man sich damit ja an den Gepflogenheiten des Klassenfeindes orientierte. ;)
Heutzutage ist Rot das Markenzeichen der Inneren Truppen, aber das schrieb Andreas ja schon. Übrigens gibt es neuerdings auch eine (weiß-)orangene Telnjaschka: Nämlich beim Ministerium für Zivilverteidigung und Katastrophenschutz. Wurde noch unter Schoigu eingeführt, glaube ich.
@ T.W.:
Wenn Sie auf der Suche nach halbwegs objektiver Berichterstattung über Geschehnisse in und um Russland sind, empfehle ich The Moscow Times. Ist zwar kein Enthüllungsblatt wie Nowaja Gaseta, dafür aber auch ohne Weiteres lesbar und im Allgemeinen ganz gut informiert.
@bürger & t.w.
Decoder kann ich auch empfehlen.
Übersetzt russische Artikel und ist für den Grimme award nominiert.
Zu ergänzen bliebe, daß es in den meisten romanischen Sprachen auch keine klare Abgrenzung zwischen der linken Anrede „Genosse“ und dem eher rechten, also militärischen „Kamerad“ gibt…
Man kennt sich, und man respektiert sich. Ich denke, dieses Verhältnis sollte man sich – bei allen Gegensätzen – nicht kaputt machen lassen.
@ Snowparrot:
Die Seite kannte ich tatsächlich noch nicht. Guter Tipp, vielen Dank!
@JCR @Bürger
Danke für die Ergänzungen!
Gruß,
Andreas