Harte Töne vom künftigen NATO-Oberbefehlshaber
Als der scheidende NATO-Oberbefehlshaber Philip Breedlove vor einigen Wochen Russland mehrfach als existentielle Bedrohung bezeichnete, stieß das in Europa auf ein geteiltes Echo – nicht zuletzt in Deutschland wurden die Worte des SACEUR als Säbelrasseln verstanden. Da dürfte es dann mit dem designierten Nachfolger Curtis Scaparotti (Foto oben) noch ein bisschen schwieriger werden, der sieht das nämlich mindestens genauso. Der General, der zugleich mit dem NATO-Befehl Kommandeur der US-Truppen in Europa werden soll, plädierte bei seiner Anhörung vor dem Streitkräfteausschuss des US-Senats am (heutigen) Donnerstag unter anderem für eine permanente Truppenpräsenz in Osteuropa die permanente Stationierung einer Panzerbrigade in Europa – und nicht nur, wie bislang geplant, rotierende Einheiten.
Das Video der ganzen Anhörung Scaparottis gibt es hier zum Anschauen. Für die, die nicht so viel Zeit haben, aus den Meldungen zu seinen Aussagen:
An armored U.S. military brigade permanently stationed in Europe would be more effective at deterring Russian aggression in the region than the current rotational presence, the Army general nominated to lead U.S. forces in Europe said on Thursday.
General Curtis Scaparrotti, President Barack Obama’s choice to lead U.S. European Command and become the next NATO supreme allied commander, said he agreed with other military leaders that Russia posed the greatest threat to the United States and Washington should be firm in asserting its rights. (…)
Scaparrotti told the Senate Armed Services Committee he thought Washington should supply Ukraine with the arms it needs to defend itself against Russian-backed forces, including an anti-tank missile like the Javelin.
berichtet Reuters.
Von Radio Free Europe:
The incoming head of U.S. military forces in Europe said he supports a permanent brigade-sized presence of U.S. combat troops in Eastern Europe to deter Russia’s expanded and assertive actions.
U.S. Army General Curtis Scaparrotti also told a Senate hearing on April 21 that he supported putting U.S. aircraft carriers in the Mediterranean Sea to send a “strategic message” to Russia and Iran.
The comments by Scaparrotti, who is expected to be confirmed as head of U.S. European Command in the coming weeks, reflect the growing push in Washington and some European capitals for a greater military presence, particularly among NATO members who have felt threatened by Russia’s actions.
Vom United States Naval Institute Blog:
The nominee to command American and NATO forces in Europe says Russia needs to receive a “strong, clear and consistent” message about what could happen if its aircraft cross the line in endangering U.S. ships and airplanes when lawfully operating.
“Once we make that known we have to enforce it,” Army Gen. Curtis “Mike” Scaparrotti told the Senate Armed Services Committee on Thursday.
When asked, he said ship and other commanders have the authority to defend themselves under current rules of engagement, but guidance for specific scenarios could assist them in the future in deciding how to respond to differing provocations.
Scaparrotti said Moscow’s actions—such as buzzing American ships, increasing submarine patrols to Cold War levels, threatening the Baltic states, supporting separatists in the Ukraine, seizing Crimea and deploying troops and aircraft to Syria—show that President Vladimir Putin “is deliberately trying to break up NATO.”
(Foto: Screenshot aus dem Video der Anhörung – U.S. Department of Defense)
Wie schon eben auf Twitter geschrieben, Sie scheinen den General nicht ganz richtig zu zitieren. Zumindest der Textauschnitt aus dem Reuters Artikel spricht nur von „armored U.S. military brigade permanently stationed in Europe“, nicht Osteuropa.
@Daniel
yep, ist korrigiert.
Yes Sir, general. That’s the way it is!
Als deutscher General mit gleicher Äußerung stünde der Tag Ihrer Entlassung allerdings unmittelbar bevor.
Die Versetzung von Generälen in den Ruhestand kann ohne Angaben von Gründen erfolgen. Das erlaubt das Gesetz. Es reicht, darauf hinzuweisen, dass das Vertrauen des Verteidigungsministers in den Offizier beeinträchtigt ist. – Ein entsprechendes Gesuch ginge dem Bundespräsidenten zu -.
Klartext, zumal als Warnung vor konstatierter RUS Bedrohung [„… presence of U.S. combat troops in Eastern Europe to deter Russia …“] wäre sicherlich als Beeinträchtigung des politischen Vertrauens wahrgenommen werden denn, setzen wir verständlichkeitshalber einfach mal „deutsche Kampftruppe anstelle U.S. combat troops“!
Klartext und Zivilcourage oder keine Angst vor Fürtenthronen keine akzeptierte (Primär)-Tugend, auf politisch bedeutsamem Niveau?
…unter anderem für eine permanente Truppenpräsenz in Osteuropa – und nicht nur, wie bislang geplant, rotierende Einheiten. wie zumindest Radio Free Europe berichtet.
Nun ja, ich hatte hier mehrfach ausgeführt, dass ich das erwartet habe und warum. Ich begrüße das, obwohl ich mir gewünscht hätte -und nebenbei: es für wichtig wie auch richtig erachtet hätte- dass die Diplomatie einen Schritt weiter wäre.
Sei es drum, ein strategisches Gleichgewicht hat noch selten geschadet. Ich denke, Deutschland wird sich beteiligen (müssen), auch das ist nichts schlimmes. Btw: In Punkt Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eine feste Stationierung dem rotierendem System vorzuziehen.
Zwei Dinge sind aus meiner Sicht nicht verhandelbar, ganz gleich wie General Curtis Scaparotti sich zu positionieren gedenkt:
1. Es ist nicht zielführend, dass sich Europa auf dem eigenem Kontinent us-amerikanischen Interessen unterordnet. Entweder Partner auf Augenhöhe oder eben nichts.
2. Deutsche Soldaten im Baltikum ist das Maximum. Belarus, Ukraine, und andere Ex-Sowjetrepubliken unter dem Gesichtspunkt der Verwendungen von Truppen oberhalb von OSCE Missionen -und damit im agreement mit Russland- sind und bleiben Tabus. Herr General Curtis Scaparotti möge seine strategische Planung und militärpolitische Rhetorik daran ausrichten oder auch hier gilt: entweder Partner oder eben nichts.
Insgesamt betrachtet wird seine Rhetorik weder von Hillary Clintons noch von Donald Trumps außen- und sicherheitspolitischen Absichten -sofern das von Washington Post und NYP Wiedergebene Umsetzung finden wird- gestützt.
Weder Clinton noch Trump werden schache Präsidenten wie Barack Obama sein. Mit ihnen wird sich eine Partnerschaft aushandeln und organisieren lassen, Voraussetzung: eine deutliche eigene europäische (aus deutscher Sicht: deutsche als Teil der europäischen) Strategie und Perspektive.
Insbesondere Clinton dürfte wohl kaum vergessen haben, dass insbesondere die Schwäche der Europäer ihren Mann zu Dayton und IFOR/SFOR zwangen.
Wenn die NATO-Staaten Osteuropa verteidigen wollen, müssen sie die Mittel dafür vorhalten, nichts anderes stellt Scaparotti fest.
Wenn sich deutsche Politiker gegen die feste Stationierung von Truppen in Osteuropa aussprechen, scheint mir oft nicht nüchternes Abwägen sondern schlicht die Angst vor dem militärisch erstarktem Russland den Ausschlag dafür zu geben.
Der Osteuropaforscher Andreas Umland schrieb neulich, dass die osteuropäischen Staaten Anfang der 90 er Jahre nicht wegen besonderen Wagemutes der Westeuropäer Mitglied der NATO werden konnten sondern schlicht deshalb, weil die Westeuropäer den russischen Imperialismus fälschlicherweise für überwunden hielten und deshalb annahmen. eine NATO-Mitgliedschaft der Osteuropäer würde Russland nicht wirklich stören.
Die Osteuropäer dagegen fürchteten weiter den russischen Imperialismus und nutzen die sich nur kurz bietende Gelegenheit zur NATO-Mitgliedschaft.
Umland schreibt:
„Heute hätten Estland, Lettland und Litauen keine Chance, der Nato beizutreten, wenn sie dies nicht bereits 2004 getan hätten. Und wenn wiederum Estland heute kein Nato-Mitglied wäre, dann wäre – ceteris paribus – die Stadt Narwa in dessen Osten heute vermutlich von Russland besetzt.“
NZZ, 19.4.2016, „Verständlich, doch vergeblich“
Ich denke ein Blick aus Syrien und seiner Soviet, nun Russland, Allianz auf die Ansagen des kommenden SACEUR kann helfen. Denn während all der Kriege die Syrien geführt hat, verfügte die SAA und Loyalisten zwar über Material aus Moskau, Ausbildung und stationierter Intel, jedoch kam es zu keiner direkten Stationierung.
Heute steht in Syrien keiner weis genau was alles an mitwikenden russischen Piloten, SoF, Infanterie etc.
Wir erreichen also einen Punkt, an dem positiv davon auszugehen ist, dass Russland bereit ist, sehr viel direkter zu agieren. Aus einem Erfolgserlebnis kann zu Begierlichkeiten werden.
gez.
Advocat Diaboli
US-amerikanische Militärführer haben halt den Vorteil, dass sie global denken und nicht zwischen der Oder und dem Rhein und Klartext reden, statt zu schwurbeln (wobei die Gründe dafür schon genannt wurden). Die litauische Präsidentin hat heute in der FAZ, Seite 2, ein interessantes Interview gegeben und die Aussage des Generals politisch unterstützt. Die vielen Putin-Versteher im AA und anderswo werden mit den Augen rollen und vermutlich erst dann aufwachen, wenn Deutschland seinen Einfluss in Osteuropa auch sicherheitspolitisch verloren hat.
@TW tun sie dass meinetwegen ins Bällebad. LT Berliner Zeitung sind beim Probeschißen RBS 15 MK3 auf den neuen Korvetten 2 Flugkörper abgestürzt.
Und keiner weis warum.
[Tatsächlich. Da sind wieder zwei abgestürzt? Wann denn? Also, einfach hier was reinwerfen ohne Nachdenken ist nicht erwünscht. Vorgestern gab es einen Rechnungshofbericht zu den RBS15, deshalb steht das Thema in allen Blättern, die Fehlschüsse waren im August 2013 und hier damals schon Thema:
http://augengeradeaus.net/2013/08/die-fehlschusse-der-korvetten/
Und warum posten Sie das nicht gleich im Bällebad? Mir das hinzuwerfen mit den Worten ‚tun Sie das meinetwegen ins Bällebad‘ ist schlicht schlechter Stil. T.W.]
@Dante, 10:36: Die Geschichte ist schon ein wenig älter…. http://augengeradeaus.net/tag/rbs-15-mark-3/
(August 2013)
@all
Dass stand erst gestern bei mir in der Zeitung und dort stand halt nicht drinn dass das schon 2013 passiert ist. Und obwohl ich diesen Blog täglich lese kann ich mir auch nicht alles merken. Also alle mal ein wenig runterfahren. LG Dante
Russland als Bedrohung für die Nato anzusehen, sofern man die Nato noch als Verteidigungsbündnis begreift, ist lächerlich. Man gibt ja die Hoffnung nicht auf, dass die deutsche Armee seit Hitlers Tagen ein bisschen dazu gelernt hat. Bei den Kommentaren hier, ist die Hoffnung jedoch ein sehr kleines Pflänzchen.
@Nachdenken
Ich gebe mal nur zu bedenken, dass es kein allzu guter Stil ist, gleich im allerersten Kommentar hier darauf zu setzen, in einem Rundumschlag möglichst viele Kommentatoren zu beleidigen. Da wäre vielleicht Nachdenken vor dem Posten angebracht.
@Nachdenken: Sie leiden wohl an einem heftigen Phantomschmerz?! Ihr post liegt in Denke&Sprache auf AfD-Niveau: Einfach mal an die Reflexe des Echsenhirns appellieren (. . . deutsches Militär . . . Hitler . . . ).
[Bitte den OT mit den von ‚Nachdenken‘ (was für ein Nick…) aufgeworfenen Reizworten bitte nicht weiterführen. Danke. T.W.]
@ TW u.a.
Curtis Scaparotti ist SACEUR-Kandidat eines demokratischen Präsidenten, der vor einem republikanisch dominierten Senatsausschuss mitten im Vorwahlpräsidentschaftswahlkampf angehört wird und deshalb sicher bemüht ist, keinen unnötigen Widerspruch auf republikanischer Seite hervorzurufen und sich zugleich nicht in einen offenen Widerspruch zur Administration zu verwickeln.
Seine Einlassungen zu Europa spiegeln dies und man kann seine Aussagen auch anders lesen/hören, als Medien dies tun, weil sie eine Schlagzeile generieren müssen:
Scaparotti hält die vom Pentagon geplante dauerhafte Verlegung eines Armoured Brigade Teams für richtig, hätte es aber als SACEUR lieber, wenn nicht nur das Material in DE und NL dauerhaft stationiert würde, sondern auch das Personal. Die geplante rotierende Stationierung des Personals implziert nämlich, dass das immer wieder neue Personal erheblich durch „Eingewöhnungsaufgaben“ in Europa okkupiert ist. Scapparotti weiß zudem, dass die rotierenden, zeitlich begrenzten Stationierungen von US-Soldaten in mittelöstlichen und südosteuropäischen Länder im Nato- und nationalen Kontext (z.B. Ukraine) auch weiterhin vor allem von leichter verlegbaren Einheiten aus der Stryker- und der Luftlandebrigade wahrgenommen werden dürften.
Mithin, er riskiert keine unnötigen Diskussionen mit den Republikanern (die theoretisch ja den nächsten Präsidenten stellen könnten) und fällt der Obama-Administration nicht in den Rücken. Er bedient, was beide (aufgrund der innenpolitischen Debattenlage) hören wollen und zugleich hilft, während der NATO-Frühjahrstreffen und dem Warschauer Gipfel im Juli weitergehende Forderungen z.B. aus Polen oder Baltikum an die US-Präsenz zurückzuweisen.
Nachrichtenwert hatten dagegen aus meiner Sicht seine Aussagen zu Mazar.
@ONA
Danke für die Hinweise. Bzgl. Afghanistan muss ich mir dann wohl das Video noch mal komplett anhören…