Verteidigungshaushalt bis 2020 mit 10 Mrd € mehr – inkl. Besoldungserhöhung (m. Nachtrag)

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Die Eckwerte des Bundeshaushalts für das kommende Jahr und die Finanzplanungen bis zum Ende des Jahrzehnts, die am (heutigen) Mittwoch im Bundeskabinett Thema sind, bescheren dem Verteidigungshaushalt für die nächsten Jahre ein Plus von gut zehn Milliarden Euro. Allerdings, das geht aus einem Blick in den Eckwertebeschluss hervor, soll damit nicht nur eine bessere Ausrüstung der Truppe finanziert werden: Ein möglicher Aufwuchs beim Personal, vor allem aber die Besoldungserhöhungen, müssen ebenfalls daraus bezahlt werden.

Zunächst ein Blick auf die vorgesehenen Steigerungen:

2016: 34,287 Mrd €
2017: 36,611 Mrd € (ein Plus von 6,18 Prozent, rechnet der Finanzminister vor)
2018: 36,859 Mrd €
2019: 37,850 Mrd €
2020: 39,176 Mrd €

Interessant ist aber der Blick ins Kleingedruckte:

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(Klick macht größer)

Und da fällt zum einen die Globale Minderausgabe auf, die den Verteidigungshaushalt wie alle anderen trifft und rund 200 Millionen Euro schon mal wegnimmt.

Vor allem aber muss man wohl auf das achten, was das Finanzministerium in der Tabelle als Mehrbedarf bei militärischen Beschaffungen (einschl. Wehrforschung, Entwicklung und Erprobung) im Hinblick auf eine aufgabenorientierte strukturgerechte Ausstattung sowie sonstiger Mehrbedarf (einschl. Personal/Versorgung) ausgewiesen hat. Denn das sind faktisch die Summen, die für die angestrebte bessere Materialausstattung zur Verfügung stehen – und vielleicht auch für mehr Dienstposten.

Und auch wenn diese Summen recht groß klingen, vor allem die nahezu vier Milliarden im Jahr 2010 2020: Da sind dann auch die steigenden Personalkosten, also die steigenden Kosten für das schon vorhandene Personal, mit drin.

Wenn wir uns zum Vergleich mal die Haushaltsplanung vor ziemlich genau einem Jahr angucken, dann finden wir: die Auswirkungen der Tarif- und Besoldungsrunde 2014 werden da mit gut 800 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt. Das gilt natürlich weiterhin, eher mit steigender Tendenz. Erst recht, falls es mehr Personal – Soldaten wie Zivilbeschäftigte – geben sollte. Und das muss bei diesem großen Posten gegengerechnet werden.

Eine erste Reaktion auf die Planung für den Verteidigungsetat gibt es schon, vom Grünen-Haushälter Tobias Lindner:

Die Bundesregierung will in den kommenden Jahren rund 10 Milliarden Euro zusätzlich für Verteidigung ausgeben. Eigentlich das ist ein gigantisches Ostergeschenk an Steuergeldern, mit dem sich Ursula von der Leyen jeden Wunsch erfüllen können müsste. Tatsächlich ist der Wunschzettel der Verteidigungsministerin weitaus größer als die Mittel, die Wolfgang Schäuble ihr nun zusätzlich geben will. Von der Leyen will allein 3,6 Milliarden jährlich mehr für Rüstung, mehr Personal, mehr Forschung, mehr Instandhaltung – von den üblichen Mehrausgaben bei Personalrunden und Kostensteigerungen bei Rüstungsprojekten ganz zu schweigen.
Die Ministerin wird ihrer Aufgabe nicht gerecht, wenn sie einfach nur unrealistische Wunschlisten schreibt und Mehrforderungen aufstellt. Auch 10 Milliarden in vier Jahren zusätzlich entlassen Ursula von der Leyen nicht aus der Verantwortung, endlich Prioritäten zu setzen! Andernfalls würde am Ende erneut eine Bundeswehr stehen, bei der Auftrag, Struktur und Finanzausstattung nicht zusammenpassen. Mehr Geld alleine wird die strukturellen Probleme der Bundeswehr nicht lösen können.
Nicht zuletzt fällt auf, dass der Großteil der Ausgaben in der Zeit nach Ende der laufenden Wahlperiode liegt; im Grunde ist also vollkommen unklar, ob von der Leyen dann noch im Amt ist und eine neue Bundesregierung diesen Kurs mitträgt.

Nachtrag: Die kritische Bewertung der Opposition ist nicht überraschend. Aber jetzt meldet sich auch der Koalitionspartner SPD zu Wort – und dessen verteidigungspolitischer Sprecher Rainer Arnold übt ebenfalls deutliche Kritik und spricht von einer völlig unzureichenden Steigerung:

Die heute im Kabinett beschlossenen Eckwerte für den Einzelplan 14 (Verteidigung) sind enttäuschend. Zwar steigt der Verteidigungsetat für 2017 um 1,7 Milliarden Euro, doch angesichts der Ausrüstungsmängel und der erforderlichen Aufstockung beim Personal für die Bundeswehr ist das verschwindend gering.
Anfang diesen Jahres hatte Bundeskanzlerin Merkel bei ihrem Besuch im Verteidigungsausschuss mit ihrer Äußerung, die Bundeswehr müsse ihren Aufgaben gemäß entsprechend ausgestattet werden, Erwartungen geweckt. Die jetzt beschlossene, völlig unzureichende Steigerung im Haushalt für die Streitkräfte ist gerade angesichts der Mängel bei der Ausrüstung ein Schlag ins Kontor. Mit Blick auf die notwendigen Investitionen hat die Ministerin Ende Januar ein 130-Milliarden-Euro Investitionspaket für die Bundeswehr bis 2030 angekündigt. Mit diesem Paket sollte die Truppe für ihre Aufgaben besser gerüstet werden. Dies alleine hätte einen jährlichen Zuwachs von über vier Mrd. bedeutet. Dazu kommen die anstehenden Überlegungen zur Beseitigung der gravierenden Engpässe im Personalbereich. Mit der jetzt für 2017 vorgeschlagenen Erhöhung von 1,7 Mrd. Euro ist kein ernsthafter Einstieg in die Mangelbeseitigung möglich, zumal davon auch noch die anstehende Erhöhung der Gehälter und Pensionen finanziert werden muss.
Auch in den kommenden Jahren wird in der Mittelfristigen Finanzplanung der Verteidigungsetat nicht ausreichend steigen, zumal Zahlenwerke für die Zeit nach der Bundestagswahl 2017 nicht mehr Verbindlichkeit als ein Scheck ohne Unterschrift haben. Weil der Finanzminister die Probleme offensichtlich bewusst in die nächste Legislaturperiode verschiebt, ist auch weiterhin keine an den tatsächlichen Aufgaben orientierte verlässliche Bundeswehrplanung möglich.
Sollte das Zahlenwerk im Zuge der anstehenden Beratungen nicht an die dringend notwendigen Ausgaben für Gerät, Sanierung der Liegenschaften sowie für mehr Soldaten und Zivilbeschäftigte angepasst werden, führt kein Weg an einer Priorisierung vorbei: Da die Finanzmittel nicht ausreichen, um alle Aufgaben gut erfüllen zu können, müssen Schwerpunkte mit dem Blick auf klügere Arbeitsteilung in den Bündnissen festgelegt werden. Die Ministerin muss dann Farbe bekennen, auf welche Fähigkeiten sie nicht verzichten kann und welche Fähigkeiten gegebenenfalls nachrangig sind. Denn mit einer Bundeswehr, die teilweise nur auf dem Papier funktionsfähig ist, werden wir den gestiegenen sicherheitspolitischen Anforderungen nicht gerecht.

Nachtrag 2: Die Aussagen zum Eckwertebeschluss auf der Webseite des Verteidigungsministeriums heben wir uns mal auf:

10,2 Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr
Berlin, 23.03.2016.

Die Bundeswehr wird in den kommenden Jahren deutlich mehr Geld erhalten, als dies noch im Eckpunktepapier 2015 für die Haushaltsplanung der kommenden Jahre festgelegt wurde. Die im Jahr 2016 eingeleitete Trendwende wird so verstetigt.

Im Anschluss an die einvernehmliche Abstimmung im Bundekabinett, wurde am 23. März der sogenannte Eckwertebeschluss 2017 bekannt gegeben. Ausgehend von einem Verteidigungsetat für das Jahr 2016 in einer Höhe von 34,287 Mrd € sieht dieser für die kommenden Jahre einen stetigen Anstieg vor:

2017: 36,611 Mrd €

2018: 36,859 Mrd €

2019: 37,850 Mrd €

2020: 39,176 Mrd €

Diese positive Entwicklung trägt den vielfältigen Herausforderungen, die die Bundeswehr angesichts der aktuellen Krisen zu bewältigen hat, Rechnung. Insbesondere können nun erste Projekte der von der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen angekündigte Ausrüstungsmodernisierung initiiert werden.

Bei den genannten Zahlen ist jedoch zu berücksichtigen, dass jährliche Verfügungsbeschränkungen in Höhe von circa € 200 Millionen greifen, globale Minderausgaben genannt. Sie ersetzen gezielte Ausgabenkürzungen und überlassen es den einzelnen Ressorts, die pauschale Ausgabenkürzung innerhalb eines Etats zu erwirtschaften.

Auch die Kosten der anstehenden Lohnrunde sind aus diesen Mitteln zu erwirtschaften.

Zudem reduziert sich der Etatansatz für internationale Einsätze von 2017 – 2020 von € 430 Millionen auf € 200 Millionen. Dies spiegelt so die derzeitige Einschätzung der internationalen Sicherheitslage wieder.

(Foto: Aufstellungsappell des Panzerbataillons 414 in Bergen am 17. März)