Deutsche Rüstungsexporte 2015: Schatz, es ist nicht wie du denkst (mit Nachtrag)
Das war am (heutigen) Freitag keine leichte Aufgabe für den Bundeswirtschaftsminister, Vizekanzler und SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel: Er musste irgendwann in seiner Halbzeitbilanz zur Rüstungsexportpolitik in dieser Legislaturperiode bekanntgeben, dass für das vergangene Jahr Rüstungsexporte im Wert von 7,5 Milliarden Euro genehmigt wurden – ein Rekordwert. Gabriel nannte diese Gesamtsumme in seiner Pressekonferenz denn auch erst nach mehr als einer halben Stunde, und führte zuvor schon an, welche Sonderfaktoren und besonderen Umstände außerhalb seiner Veranwortung zu dieser Rekordsumme geführt haben. Ein bisschen wie der Ehemann, der von seiner Frau in einer zweifelhaften Situation mit einer Kollegin ertappt wird und nur sagen kann: Schatz, es ist nicht wie du denkst.
Der endgültige Rüstungsexportbericht des Wirtschaftsministeriums für das vergangene Jahr liegt noch nicht vor, aber Gabriel nannte wesentliche Einzellieferungen, die die Summe von 7,5 Milliarden Euro erklären sollen:
• An Großbritannien wurden vier Tankflugzeuge im Wert von 1,1 Milliarden Euro genehmigt, für Südkorea gibt es eine Genehmigung für die Lieferung von Lenkflugkörpern im Wert von rund 500 Millionen Euro. Das ist noch vergleichsweise unproblematisch.
• In der Gesamtsumme ist die Lieferung von Panzern und Panzerhaubitzen an Katar enthalten – ein Geschäft im Wert von 1,3 1,6 ( sorry, Typo) Milliarden Euro, das Gabriel nach eigenen Angaben gerne verhindert hätte. Allerdings war die Bundesregierung, so die Aussage des Ministers, an eine vorangegangene Genehmigung der schwarz-gelben Vorgängerregierung gebunden. Um die rückgängig zu machen, wäre ein erneuter Beschluss des Bundessicherheitsrates nötig gewesen – und den hat der Wirtschaftsminister nicht bekommen. Welche Ministerien sich gegen die Aufhebung der Genehmigung aussprachen, sagte Gabriel nicht.
Weitere Kernpunkte von Gabriels Aussagen:
• Die bereits erteilte Genehmigung von Patrouillenbooten für Saudi-Arabien, die von der Lürssen-Werft gebaut werden, soll noch einmal auf den Prüfstand. Das Thema stehe auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung des Bundessicherheitsrats, sagte der Minister. Einzelheiten nannte er nicht – so recht klar ist nicht, was da gegebenenfalls noch wie gestoppt werden soll.
• Erneut kündigte Gabriel die Einsetzung einer Kommission an, die klären soll, ob an Stelle der bisher gültigen Richtlinien für Rüstungsexporte ein Gesetz geschaffen werden soll (was auch in der Bundesregierung umstritten ist). Mehr zu dieser Kommission soll es bei Vorlage des Rüstungsexportberichts 2015 vor der Sommerpause geben; zu deren Arbeit kündigte der Minister nur an, dass sie natürlich ihre Arbeit in dieser Legislaturperiode abschließen solle.
• Der von ihm angekündigte rüstungspolitische Kurswechsel, also eine deutlich restriktivere Genehmigungspraxis, sei bei den Kleinwaffen bereits umgesetzt, hob Gabriel hervor. So sei das Volumen der Ausfuhrgenehmigungen für so genannte Drittländer (außerhalb von EU, NATO und gleichgestellten Ländern wie Japan und Australien) von 42 Millionen Euro im Jahr 2013 auf 16 Millionen im vergangenen Jahr gesunken, eine Reduzierung von 60 Prozent und der geringste Kleinwaffenexportanteil in den letzten 15 Jahren.
Die gesamte Pressekonferenz von Gabriel, einschließlich der Fragen und Anworten, zum Nachhören:
Nachtrag: Inzwischen sind die meisten Zahlen, die Gabriel in seiner Pressekonferenz genannt hat, auch als schriftliche Antwort beim Linkspartei-Abgeordneten Jan van Aken eingegangen. Dass dessen Fragen bis heute beantwortet werden mussten, dürfte mit ein wesentlicher Grund für den Auftritt des Ministers an einem Freitagnachmittag gewesen sein…
In der schriftlichen Antwort ist auch noch eine Angabe enthalten, die Gabriel den Journalisten vorerst schuldig bleiben musste: Der Umfang der so genannten Sammelausfuhrgenehmigungen, die noch auf die oben genannten Einzelausfuhren aufaddiert werden müssen:
Sammelausfuhrgenehmigungen wurden nach vorläufiger Auswertung in Höhe von 4,96 Mrd. Euro erteilt. Die Sammelausfuhrgenehmigungen betreffen im Wesentlichen Ausfuhren im Rahmen wehrtechnischer Kooperationen zwischen EU- und NATO- Partnern.
Da sich der Genehmigungswert einer Sammelausfuhrgenehmigung auf mehrere Empfänger in unterschiedlichen Ländern bezieht, ist es nicht möglich, die Genehmigungswerte auf die einzelnen Länder aufzuteilen.
Das führt zu einer Gesamtsumme von mehr als zwölf Milliarden Euro – allerdings: Da diese Sammelausfuhrgenehmigungen vor allem in Partnerländer in EU und NATO gingen, ist ihre politische Bedeutung deutlich geringer als die Exporte in Drittstaaten. Und aus Sicht der Befürworter sogar ein Argument für die gute Zusammenarbeit in der Europäischen Union und im Bündnis.
@ T.W.
Schon für die Überschrift +1 !!
Deutschland profitiert massiv vom Export von Unsicherheit und schafft so Fluchtursachen, will sich aber vor den Folgen und humanitären Verpflichtungen abschotten und die Opfer im Stich lassen. Das nennt man dann wohl Doppelmoral.
das finde ich aber auch!
Es ist übrigens die höchste Summe ever. Sonderfaktoren hin oder her.
@w.kohlhoff
Nehme an, das das finde ich aber auch! bezieht sich auf die Überschrift ;-)
(durch den erst danach freigeschalteten Kommentar sieht das sonst etwas missverständlich aus)
@ TW
Einfach dem Kommentar dann eine andere Uhrzeit zuweisen und dann passt das auch von der Reihenfolge.
Mal etwas provokativ gefragt: Warum braucht der Bundessicherheitsrat erst ein Gesetz, um sich an seine Richtlinien zu halten?
Ach bitte, könnten wir diese 08/15-Betroffenheitsplatitüden bitte außerhalb von AG lassen…
Welche gelieferte „Unsicherheit“ war denn konkret für welchen Flüchtlingsstrom verantwortlich, könnten Sie das mal präzisieren? Das Gezerre um sog. „Kleinwaffen“ ist allein schon angesichts der verfügbaren Masse von AKs etc. lächerlich, passt aber grundsätzlich zum polternden Profilierungstreben von Herrn Gabriel.
@ Martin
Wer sich töten will, unternimmt dies auch mit Macheten, wenn es sein muss.
Es muss auf politischer Ebene Schluss sein mit diesem Geheule. Jedes andere Land ist heilfroh, wenn seine Rüstungsunternehmen zahlreiche Abnehmer finden in der Welt.
Und warum auch nicht? So wird die Weiterentwicklung der Waffensysteme durch die erzielten Einnahmen bereits innerhalb der Rüstungsunternehmen gefördert, ohne dass der Steuerzahler bei neuen Projekten dafür aufkommen muss.
Am Ende dient es auch der regierungseigenen politischen Handlungsfähigkeit, den Daumen für attraktive Exporte heben oder senken zu können.
Aber doch bitte nur im Dienste der nationalen Interessen – und nicht für den Weltfrieden. Wer letzteres zum Fixstern erhebt beim Thema Waffen(!)-Exporte, gibt sich der Lächerlichkeit preis.
@ Zyme
Merken Sie eigentlich, dass Sie sich gerade von der deutschen Verfassung und auch aus der Völkergemeinschaft verabschiedet haben? Wenn nicht, werfen Sie einfach mal einen Blick in die beiden Präambeln – Grundgesetz und Charta der UN. Da werden Sie mitnichten herauslesen können, dass nationale Interessen dem Frieden in der Welt vorgehen.
Damit erübrigt sich eine Diskussion darüber, ob man Rüstungsexporte ausschließlich an wirtschaftlichen Kriterien ausrichten sollte.
@Zyme
„Es muss auf politischer Ebene Schluss sein mit diesem Geheule. Jedes andere Land ist heilfroh, wenn seine Rüstungsunternehmen zahlreiche Abnehmer finden in der Welt.“
Nein, so ist es nicht, beginnend bei Japan!
Einschränkung im Rüstungsexport und restriktive Handelsbeschränkungen ist Sicherheitspolitik. Spitzentechnologie von den USA zu bekommen ist fast nicht möglich, selbst DEU bekommt nicht alles (einschl NVG).
Außerdem fehlen uns die Facharbeiter in den Technologiefeldern der Zukunft.
Schlüsseltechnologie behalten, ausbauen und nicht weitergeben (ggf muss die Firma Handelsausfallentschädigung bekommen), das ist der Weg der Zukunft. Der mili Markt in Europa ist groß genug.
@KeLaBe
Das Argument ist nun völlig lächerlich:
Es steht selbstverständlich frei, gegen Waffenexporte zu klagen. Denn das einzige Organ, was feststellen kann, wann eine Handlung des deutschen Staates verfassungswidrig ist, ist das deutsche Verfassungsgericht.
Es steht selbstverständlich frei, dagegen zu klagen. Ich vermute, dass gegen Waffenexporte geklagt worden ist und anscheinend gescheitert worden ist. Die Mode, jede Meinung (unabhängig vom politischen Inhalt) als juristisch falsch zu deklassieren, ist mir auch suspekt.
Zweitens: Ich behaupte, dass Waffenexporte Frieden schaffen. Wer hat nun Recht?
Sie sollten mehr Argumente vorbringen, als auf pseudomoralische Standpunkte zu verharren.
@Zyme
…und in jedem Fall muss der Weltfrieden in einer Welt voller Massenvernichtungswaffen der Fixstern sein. Der Weltfrieden ist nationales Interesse.
Rüstungsprodukte sind heute kein Technologietreiber mehr, eher hindern sie viele Firmen (siehe Airbus) weil sie wichtige Mitarbeiter binden.
P.S.: Mir ist nicht bekannt, dass je ein Navigator den Fixstern erreicht hätte.
Trotzdem dient er allen zur Orientierung.
@ snowparrot
Was reden Sie eigentlich daher? Lesen Sie doch einfach mal meinen Kommentar und versuchen ihn zu verstehen, bevor Sie irgendwas antworten. Kann ja nicht so schwer sein.
Aber eine kleine Denkhilfe: Ich habe mich lediglich von der Behauptung von @ Zyme distanziert: „ Aber doch bitte nur im Dienste der nationalen Interessen – und nicht für den Weltfrieden.“ Woraus entnehmen Sie da einen Zusammenhang mit einer Klage oder auch mit der Frage, ob Waffenexporte im jeweiligen Einzelfall Frieden fördern oder nicht (natürlich „kommt das immer darauf an“!)? Also: Denken, drücken, sprechen.
Und: Sie brauchen mir nicht pseudomoralische Standpunkte vorzuwerfen. Habe ich nun wirklich nicht nötig. Und damit Ende.
@ KeLaBe
Ich würde im Dialog ganz klar die Abrüstung empfehlen :-)
Meine Beiträge waren als Denkanstöße gedacht. Da ich nicht Präsident des Bundestags bin und die Heiligkeit unserer gegenwärtigen Ordnung nicht in den Himmel loben muss, würde ich Ihnen eine gewisse Gelassenheit im Umgang mit anderen Einschätzungen empfehlen.
Auch wäre es meiner Meinung nach verfehlt, einen Diskurs stets mit Verweis auf die gegenwärtige Rechtslage beenden zu wollen. Schließlich hat sich die Rechtslage in der Menschheitsgeschichte oft genug geändert – es muss immer Raum bleiben für Fortentwicklung & Verbesserungen, meinen Sie nicht?
Wenn Sie bei der Wahl zwischen Einhaltung hehrer UN-Prinzipien und nationaler Interessen sich klar für eine Seite entscheiden, ist das ihre Sache. Allerdings können Sie anderen keinen tragfähigen Vorwurf machen, wenn diese zu einem anderen Ergebnis gelangen.
@ Zimdarsen:
Wenn ich auch Ihre Einschätzung nicht teile, Ihr letzter Satz hat mir sehr gut gefallen :-)
@ Zyme
Okay, ist ja gut. Aber Sie müssen mir schon zugestehen, dass ich mich mit einer „gewissen Gelassenheit“ schwer tue, wenn meine Argumente als „lächerlich“ oder gar „pseudomoralisch“ bezeichnet werden. Damit waren aber hier nicht Sie gemeint.
Natürlich lebt das Recht und darf bzw. muss auch weiterentwickelt werden, wo dies geboten ist. Ich behaupte allerdings, dass die in den genannten Präambeln festgelegten Grundsätze doch ziemlich sakrosankt sind – es sei denn, man denkt an einen völlig neuen Staat. Konkret: Ihre Forderung (die ich oben schon zitiert habe) ist mit dem Kern unserer geltenden Verfassung ebenso wenig vereinbar wie mit der UN-Charta. Nur darauf wollte ich hinweisen, und das sollte auch erlaubt sein.
Vermutlich waren Sie sich dessen gar nicht so bewusst, oder Sie haben sich schlichtweg nur missverständlich ausgedrückt. Also Schwamm drüber. Man kann sich ja auch mal in der Formulierung verrennen. Passiert jedem mal.
Dann sag mir doch was ich DENKE, Schatz! (klatsch) / SCNR
@ T.W.
Gabriel ist es gelungen, seine Rekordzahlen bei Rüstungsexportgenehmigungen 2015 (ein Allzeithoch von 12,81 Mrd. genehmigter Exporte – der bisherige Rekord lag bei 10,79 Mrd. im Jahr 2011 unter schwarz-gelb) so verwirrend zu beichten, dass fast alle Kommentartoren sie nicht korrekt auf die Reihe bekommen haben.
Gabriel erwähnte:
a) Einzelexportgenehmigungen in Höhe von 5,9 Mrd, für die diese Koalition die politische Verantwortung trage plus
b) das Katar-Geschäft aus 2013 (schwarz-gelb), das 2015 noch eine AWG-Genehmigung bekam und
c) das Israel-U-Boot, das 2015 ausgeliefert wurde für 0,351 Mrd Euro
Macht zusammen 7,85 Mrd.
Nach Redaktionsschluss bekam dann MdB Aken, der Gabriel mit seinen Fragen zur frühzeitigen Bekanntgabe dieser Zahlen veranlasst hatte, durch STS Machnig auch noch die Angabe über die Höhe der Sammelausfuhrgenehmigungen 2015: 4,96 Mrd €.
In dessen Schreiben, das teilweise als Vorlage für den Ministervortrag gedient zu haben scheint, wird die Trickserei besonders nett deutlich:
In einer wunderbar übersichtlichen Tabelle der größten Empfänger von Genehmigungnen werden für Israel 2015 genehmigte Exporte in Höhe von knapp 158 Mio. € gelistet. Katar steht gar nicht in der Tabelle. Nach der Tabelle folgt ein Absatz in dem erklärt wird, was noch hinzu „kommt“: Die Panzer für Katar im Wert von rd 1,6 Mrd) und das U-Boot für Israel mit 351 Mio. €. Erst daraus ergibt sich die Gesamtsumme der Genehmigungswerte.
Weiter gehts: Schaut man auf die Tabelle der größten Empfänger, so landen dann (die Drittländer) Israel nicht auf dem siebten, sondern 4.Platz und Katar rückt sogar von Null an die Spitze noch vor Großbritannien, denn es wurden neben des Panzern weitere Genehmigungen im Wert von knapp 63 Mio. erteilt.
Auch die Verteilung der Genehmigungen auf NATO, EU und Gleichgestellte (54%) sowie Drittstaaten (46%) erweist sich bei genauer Lektüre als netter Versuch zu schummeln. Denn diese Berechnung bezieht sich auch nur auf die 5,9 Mrd, für die Gabriel die Verantwortung bei der gegenwärtigen Bundesregierung sieht.
Berechnet man das Ganze auf Basis der insgesamt erteilten Genehmigungen in Höhe von 7,85 Mrd. Euro, so steigt der Anteil der Genehmigungen für Drittländer auf mehr als 59% an und jener der NATO, EU und gleichgestellten Länder sinkt auf 41% ab.
Man kann nur hoffen, dass die statistische Trickserei im Jahresbericht der Bundesregierung keine Fortsetzung findet. Transparenz geht anders.
PS.: Ich habe mir und den Lesern weitere Beispiele erspart.
@ KeLaBe
ich würde ihnen dringend Raten sowohl das Grundgesetzt als auch die UN Charta nochmals genauer anzusehen.
In der UN Charta wird bereits in der Präambel erwähnt das Waffengewalt im gemeinsamen Interesse angewandt werden kann.
In der Präambel des Grundgesetztes beziehen Sie sich vermutlich auf den Teil „von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“.
Ich möchte hier nur anmerken das dem Frieden der Welt in der Vergangenheit verabschiedet durch die UN mit Waffengewalt „gedient“ wurde.(z.B. erster Irak Krieg, wo wir nicht mit dabei waren).
Insofern ist sicherlich über die Definition und das Verständnis von Frieden zu Diskutieren. Das überlasse ich aber dann doch lieber den Völkerrechtlern, die verlässlich zu den unterschiedlichsten und widersprüchlichsten Ergebnissen kommen werden …..
Das gute, alte Völkerrecht und Rüstungsexport….Au weia ;-) Das mit dem peace keeping, peace enforcing und R2P ohne Waffen ? Hm, interessantes Konzept.
Ich denke mal, das ist eine seeeehr akademische Diskussion, die nirgendwohin führt.
Insofern halte ich auch eine „gesetzliche Regelung“ für den BSR in Sachen Rüstungsexport für – mit Verlaub – Schwachsinn. Man würde dadurch einen weiteren Kernbereich der operativen Sicherheitspolitik auf die höchste Gewaltenteilungsebene heben. Ne, ne, wer regieren will, der kann sich nicht nur immer die Rosinen aus dem Politik-Kuchen picken, der muß auch in den unpopulären, sauren Apfel beißen und vielleicht sogar eine Vertrags-Kröte schlucken und letztere Delikatessen nicht dem Parlament und/oder Verfassungsgericht zum Verzehr vorsetzen.
@ klabautermann
Hmmh, da führen Sie aber einen merkwürdigen Punkt ins Feld. Wer hat denn wann und wo ein Konzept unterstützt, das peace keeping, peace enforcing und R2P ohne Waffen präferiert? Wäre ja nun völlig blödsinnig – genauso wie Rüstungsexporte aus völkerrechtlicher Sicht a priori ablehnen zu wollen. Insofern verstehe ich Ihren Einwurf nicht.
@KeLaBe
Na ja, also wenn ich den Faden so durchlese, dann haben Sie das Argument „Präambeln – Grundgesetz und Charta der UN“ in die Debatte eingeführt. Meine „Überspitzung“ sollte nur die imho akademische Textur dieses GG/CVN-Argumentes im Kontext deutscher Rüstungsexport als Teil der deutschen Sicherheitspolitik illustrieren……ich wollte nur nicht „blödsinnig“ schreiben, aber das haben Sie ja jetzt für mich übernommen ;-)
@ klabautermann
Ja, ich habe die beiden Präambeln aus gutem Grund erwähnt. Aber doch nicht, um daraus ein Dogma für oder gegen Rüstungsexporte oder generell Waffengewalt abzuleiten. Sondern nur um aufzuzeigen, dass „nationale Interessen“ sicherlich wichtig, aber keineswegs das einzige Kriterium im internationalen Umgang miteinander sind bzw. sein dürfen. Oder wollen wir wieder in das Stadium der Urgesellschaft von Thomas Hobbes zurückfallen?
Aber vermutlich sind wir uns da einig.
@KeLaBe
Sind wir ;-)
@ klabautermann
Das freut mich. ;-)
Nur noch ein Wort konkret zum Thema Rüstungsexporte. Grundsätzlich bin ich insgesamt eher skeptisch, dass ihre Chancen die Risiken überwiegen. Das gebe ich gerne zu, ohne wie erwähnt daraus ein Dogma basteln zu wollen. Ich bin aber dafür, in jedem Einzelfall sehr, sehr genau hinzuschauen und im Zweifel eher restriktiv zu verfahren (mit Ausnahme der Rüstungsexporte innerhalb der Nato und EU, die grundsätzlich nicht nur unbedenklich, sondern auch geboten sind). Gerade in akuten oder auch potenziellen Krisengebieten ist die Gefahr sehr hoch, dass Waffenlieferungen vielleicht kurzfristig attraktiv erscheinen und ein Problem zu lösen versprechen, aber längerfristig mehr als unerwünschte Folgen haben. Die Geschichte ist voll von Beispielen.
Von daher wäre es mehr als wichtig, dass im BSR die sicherheitspolitischen Argumente (und nicht die wirtschaftlichen – worauf allein die FF des BMWi in dieser Frage hinweist) überwiegen. Dazu braucht man als Entscheidungsgrundlage aber endlich eine klare sicherheitspolitische Strategie auf deutscher wie auf europäischer Ebene, an der es wiederum mangelt. So beißt sich die Katze wieder mal in den Schwanz.
@KeLaBe
Genau so sehe ich das auch. Deutschland sollte seine Strategie-Diät endlich einmal beenden. Cameron hat ja in seiner Victory-Speech ziemlich klar gemacht, dass es denn Superstaat Europa nie geben wird……und Hollande hat bestimmt innerlich Beifall geklatscht. Es wird höchste Zeit in Berlin zu erkennen, dass man ohne nationale SiPo-Strategie auf Dauer nur eines ist: erpressbar, aber ganz bestimmt nicht sicher.
@ klabautermann
Ja, das kann man so sehen. D’accord. Freilich ist aber auch bei der EU ein eklatantes Strategiedefizit bei den wirklich wichtigen Themen zu beklagen. Dieses Manko hat letztlich zu den aktuellen Erosionserscheinungen geführt. Ganz allgemein: Wir müssen uns endlich einigen, was Europa eigentlich ist, was es soll und was es dazu braucht. Oder umgekehrt: Was von sekundärer Bedeutung ist und daher nur vom Wesentlichen ablenkt.
Aber das ist jetzt doch eine ganz andere Baustelle – obwohl sich die Frage einer gemeinsamen und für alle halbwegs verbindlichen Rüstungsexportstrategie auch gerade in diesem Zusammenhang durchaus stellt.
@KeLaBe
Ich bin kein EU-Skeptiker, aber auch kein Romantiker.
Let’s face ist: es gibt da einen historischen Partner Europa’s, der ein strategisch-politisch emanzipertes Europa nicht als Senior-Partner, sondern als Konkurrenten sieht, und deshalb kein Interesse hat, dass ein solches Europa entsteht. Da ist der sich mit den Russen schon immer einig gewesen ;-) Man ist also ganz zufrieden mit dem europäischen „Strategiedefizit“.
Ich persönlich halte diese permanente Aufforderung an Deutschland, nun „endlich“ eine Führungsrolle in und für Europa zu übernehmen, für schlichtweg a. verlogen und b. irreführend, denn genau eine solche Führungsrolle Deutschlands will man in Washington, London und auch in Paris wie in Moskau doch nicht wirklich, siehe meinen ersten Absatz. Das europäische Strategiedefizit wird umso größer, je mehr man das deutsche Strategiedefizit nach Brüssel verpflanzt – so wird ein Schuh draus.
Ergo: wenn man das Strategiedefizit in Brüssel reduzieren will, dann muß man damit in Berlin anfangen und zunächst das deutsche Strategiedefizit reduzieren – und das ist eben eine deutsche Angelegenheit.
@ klabautermann
Gerne auch in dieser Reihenfolge. Hauptsache, wir wachsen mal langsam aus der kleinkrämerischen und zugleich reaktiv-aktionistischen Rolle der ständig von den „überraschenden“ Krisen verzweifelt Getriebenen heraus. Jetzt wird’s aber wirklich OT.
@KeLaBe
Yep ;-)
@klabautermann
Der laute Ruf nach Deutschland wird vor allem in DEU erzeugt. Im Moment möchten selbst unsere EU Partner eher ein leises DEU, denn sonst müssten sie sich auch engagieren und einbringen. Da ist es einfacher als Zeichen der Solidarität und Handlungspotenz Bomben zu werfen und Zäune zu bauen, als deutsche diplomatische Politik am Ende evtl dummer Weise erfolgreiche Politik nachhaltig zu unterstützen. Kaum einer möchte ein erfolgreiches Deutschland und eine erfolgreiche EU (nur als Sündenbock und Subventionskuh).
@Zimdarsen
Kein Widerspruch von mir zu Ihrem Kommentar ;-)
@klabautermann
….hatte ihrem nur verstärkt zugestimmt ;-)
Wenn die Patrouillenboote für Saudi-Arabien noch mal auf den Prüfstand sollen, wie sieht das aus mit den Eurofightern?
Fachlich gefragt: Wo taucht in der Statistik der dt. Anteil an den EF für die Saudis auf? In den Sammelausfuhrgenehmigungen, die nur den „Erst-Export“ nach GB erfassen?
@K.B.
die Genehmigungen für Eurofighter-Zulieferungen nach GB finden ihren Niederschlag in den Sammelausfuhrgenehmigungen sowie in Einzelausfuhrgenehmigungen in die am Projekt beteiligten Länder. Die Ausfuhr des EF nach Saudi Arabien wird von GB verantwortet und genehmigt.
Bei den Patrouillenbooten für KSA gibt es Verwirrung. BM Gabriel hat in seiner Pressekonferenz angedeutet, dass die noch einmal auf den Tisch kommen. Was das heißt, ist mir nicht ganz klar. Sachstand ist, dass dem Bundestag in 2015 mitgeteilt wurde, dass 15 44m-Boote abschließend befasst und genehmigt wurden. Kommen auch diese noch einmal auf den Tisch? Oder nur der Rest? Es sind ja insgesamt deutlich mehr Boote als in der üblichen Laufzeit einer AWG-Genehmigung fertiggestellt und ausfuhrfertig gemacht werden können.
@K.B.
Ein Nachtrag: Da die Bundesregierung dem Bundestag nach der o.g. Mitteilung zu den 15 Patrouillenbooten auf Nachfrage im Herbst mitgeteilt hat, dass für diese Boote noch keine Ausfuhrgenehmigung nach AWG erteilt wurde, löst sich das Rätsel teilweise: Die erteilte Genehmigung müsste eine KWKG-Genehmigung sein, bei der die AWG-Genehmigung noch aussteht. Darüber hinaus könnten weitere Genehmigungen für die zusätzlichen Boote anfallen.
@ONA:
Vielen Dank soweit.
Schon praktisch, wenn man GB die Publicity überlassen kann.
Bei den weiteren Booten hatte ein anderer Leser vor einiger Zeit darauf hingewiesen, dass die nicht unter eine Ausfuhrkontrolle fallen.
Vier Tankflugzeuge an Großbritannien ?
In der aktuellen Order Liste von Airbus ist kein neuer Auftrag aufgeführt !
http://militaryaircraft-airbusds.com/Portals/0/Images/Aircraft/OrdersAndDeliveries/AMOrdersDeliveries.pdf
Wenn die versprochene Transparents bei unseren Rüstungsexporte tatsächlich geben würde, wer sofort ersichtlich ob Großbritannien weitere 4 „Voyager“ ( A330MRTT) bestellt hat oder ob die Maschinen an einen Drittstaat gehen.
Vermutlich geht es nur um Ausrüstung !
Das BMWi schreibt für das Vereinigtes Königreich wurden 388 Genehmigungen in Gesamtwert von 1.161.205.419 € erteilt.
In der Güterbeschreibung steht:
Tank und Transportflugzeuge, Triebwerke, Schleudersitze und Teile für Kampfflug-zeuge, Kampfhubschrauber, Flugzeuge, Hubschrauber, Triebwerke, Luftbetankungs-ausrüstung, Bodengeräte, Besatzungsausrüstung (A0010/90,4 %)
Des Weiteren gibt keine Hinweise dafür das Großbritannien über die bereits gelieferten 12 und 2 in Zulauf befindlichen KC2/3 „Voyager“ weitere Maschinen beschaffen will !
Genaugenommen gehören die 14 „Voyager“ Maschinen ( ZZ330 bis ZZ343 ) nicht der RAF sondern AirTanker Ltd.
http://www.airtanker.co.uk/