Abschiebung abgelehnter Asylbewerber: Zur Not auch mit der Bundeswehr (Update)
Um die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber in ihre Herkunftsländer zu beschleunigen, will die Bundesregierung die eigentlich zuständigen Länder mit allen Möglichkeiten unterstützen – und gegebenenfalls auch Flugzeuge der Bundeswehr einsetzen. Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte am (heutigen) Mittwoch im Kern entsprechende Berichte.
Allerdings machten sowohl Seibert als auch BMVg-Sprecher Jens Flosdorff deutlich, dass Abschiebungen mit (gecharterten) zivilen Maschinen Vorrang haben sollten. Außerdem werde die Bundeswehr, wenn sie tatsächlich gefragt sein sollte, nur Transportraum bereitstellen. Aber eben nicht polizeiliche Aufgaben übernehmen. Zudem kämen dann eher die Truppentransporter vom Typ Airbus A310 infrage, nicht die betagten Kampfzonentransporter vom Typ Transall.
Die wesentliche Aussagen dazu von Seibert und Flosdorff vor der Bundespressekonferenz zum Nachhören (Transkript wird später nachgereicht unten):
Nun ist die Bundeswehr ist seit Wochen daran beteiligt, den Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland zu bewältigen – in Amtshilfe von Ländern und lokalen Behörden, nicht aber mit Soldaten in hoheitlichen Aufgaben. Diese Amtshilfe, nicht aber den bewaffneten Einsatz im Inland, sieht das Grundgesetz so vor.
Aber ganz offensichtlich ist die Idee, dafür die betagten Transall C-160 zu nutzen, ein bisschen, nun, unsinnig. Zum einen ist die Bundeswehr froh über jede der Jahrzehnte alten Maschinen, die flugklar ist und für die eigenen Aufgaben der Truppe genutzt werden kann, für die Einsätze ebenso wie für Übungen.
Und zum anderen, weil es erheblich wirtschaftlicher ist, mit gecharterten Zivilmaschinen zu fliegen, als mit den Transall, in die man gerade mal 50, eng gepackt 70 Passagiere bekommt. Die als Flieger für Kurzstrecken zwar in einem Rutsch auf den Balkan kommt, für weitere Strecken aber zwischenladen muss. Und die viele schöne Hebel innen hat, an denen Unbefugte größeren Schaden anrichten können – es ist ja nicht die Kabine eines Passagierflugzeugs.
Ganz davon abgesehen, dass das politische Image eines Abschiebeflugs mit Militärmaschinen auch nicht das Beste ist.
(Die übliche Bitte: Hier geht’s um die Beteiligung der Bundeswehr – aber nicht um eine Debatte über das Thema Flüchtlinge und Abschiebung insgesamt.)
Nachtrag: Das Transkript aus der Bundespressekonferenz – neben dem Text des obigen Audios noch mit zwei weiteren Passagen zum Thema Bundeswehr:
Frage: Herr Seibert, die Bundesregierung wird alles tun, um die Länder zu unterstützen. Seit heute Morgen kursiert die Information, es werde bis hin zur Einbeziehung der Bundeswehr und der Nutzung von Transall-Transportmaschinen der Bundeswehr überlegt. Sind das konkrete Überlegungen, die auch eine Rolle im Kabinett gespielt haben?
StS Seibert: Ganz klar ist: Rückführungen auf dem Luftweg werden unter Nutzung ziviler Flugzeuge durchgeführt. Das hat Priorität. Da, wo zivile Flugkapazitäten möglicherweise nicht ausreichen, wird der Bund die Länder mit angemessenen Maßnahmen unterstützen. In dem Zusammenhang ist es richtig, dass auch der mögliche Einsatz von Bundeswehrflugzeugen geprüft wird. Aber die Priorität ist und bleibt, zivile Flugzeuge für die Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern zu nutzen.
Zusatzfrage: Herr Flosdorff, können Sie vielleicht sagen, in welche Richtung die Prüfung in Ihrem Hause geht und ob es überhaupt Kapazitäten dafür bei der Bundeswehr gibt?
Flosdorff: Um es vorweg zu sagen: Selbstverständlich ist die Unterstützung der Bundeswehr bei diesen Transportaufgaben nicht ausgeschlossen. Wenn es konkrete Anfragen gäbe – in dieser Priorität, wie Herr Seibert das sehr richtig dargestellt hat -, würden wir das auch prüfen. Wichtig ist für die Bundeswehr, dass dies, weil wir auch – Stichwort Bekämpfung der Fluchtursachen – in Einsätzen beschäftigt sind, nicht zulasten der Einsätze oder der einsatzgleichen Verpflichtungen geht. Dazu zählen Übungen oder Nato-Verpflichtungen, die Nato-Speerspitze. Das muss alles gewährleistet sein. Wenn dann Kapazitäten vorhanden sind und zivile Kapazitäten nicht ausreichend zur Verfügung stehen, wird selbstverständlich auch die Bundeswehr schauen, was an Lufttransport zur Verfügung gestellt werden kann.
Man muss sich das genauso vorstellen, wie das bei einer zivilen Airline auch wäre. Aber man muss hier mit einer Einschränkung sagen: Dass viele das Stichwort „Transall“ in diesem Zusammenhang nennen – das wäre sicherlich nicht das Erste, an das man denken würde. Geeigneter würde sicherlich ein Truppentransporter erscheinen, weil er eine deutlich höhere Kapazität hat und auch nicht anderen Einschränkungen der Transall unterliegt.
(…)
Frage: Herr Flosdorff, es hat Berichte über rechtliche Bedenken im Zusammenhang mit einer Beteiligung der Bundeswehr an Abschiebungen gegeben. Könnten Sie bitte dazu etwas sagen?
Herr Dimroth, jetzt ist auch wieder das Stichwort „Laissez-passer-Papiere“ gefallen, auch im Zusammenhang mit der Kabinettssitzung. Können Sie sagen, wie konkret die Überlegungen sind und welche Hoffnung sich damit bei Leuten verbinden würde, die gegenüber den Herkunftsländern im Zweifel nicht die Papiere haben?
Flosdorff: Ich darf den Anfang machen. Rechtliche Bedenken würde ich das jetzt nicht nennen. Es sind die bekannten Einschränkungen, die die Bundeswehr bei allen Handlungen im Inland hat. Das heißt, wir können unterstützen. Das tun wir auch gerne und auf vielen Feldern tagtäglich in der Bundesrepublik – von der Verpflegung bis zum Aufbau der Unterkünfte usw. – im Wege der Amtshilfe. Auch so etwas ist hier durchaus denkbar. Nicht denkbar ist, weil es von der Verfassung her nicht möglich ist, dass die Bundeswehr hoheitliche Aufgaben eigenständig durchführt, das heißt polizeiliche Aufgaben übernimmt. Deswegen habe ich eben auch gesagt: Die Bundeswehr kann selbstverständlich Transportkapazitäten zur Verfügung stellen – das ist denkbar -, genauso wie das eine zivile Airline auch kann, aber für diese polizeilichen Aufgaben müsste polizeiliches Personal die ganze Aktion steuern und auch anwesend sein und sozusagen alles machen, was die Bundeswehr nicht darf.
(…)
Frage : Herr Seibert, aus der Union waren in den vergangenen Tagen immer wieder Stimmen zu hören, die eine Beteiligung, Heranziehung, Unterstützung der Bundeswehr über die hier genannte Amtshilfe hinaus propagiert haben. Ist das etwas, bei dem die Bundesregierung sagt: Erstens gilt das Grundgesetz, zweitens gilt das Grundgesetz, und drittens ändern wir daran nichts? Oder muss man diese Stimmen aus den Reihen der eigenen Partei in der Bundesregierung etwas ernster nehmen?
StS Seibert: Ich bin ja hier nicht dafür da, Parteidiskussionen widerzuspiegeln oder in sie einzugreifen. Ich will einmal daran erinnern, dass die Bundeswehr eine großartige Rolle beim Bereitstellen von Unterkünften für Flüchtlinge in Deutschland spielt. Im Übrigen haben wir Ihnen zum möglichen Einsatz von Bundeswehrmaschinen bei der Rückführung das gesagt, was dazu heute zu sagen ist. Andere Pläne habe ich hier nicht zu verkünden.
Zusatzfrage: Es gibt also in der Bundesregierung auch keine Debatte darüber, ob man andere Möglichkeiten eröffnen müsste?
StS Seibert: Ich habe Ihnen heute dazu nichts mitzuteilen.
Zusatzfrage: Das ist kein Nein.
StS Seibert: Ich habe Ihnen heute nichts mitzuteilen. Wir achten selbstverständlich das Grundgesetz. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit.
(Archivbild 2005: Transall bei steiler Landung, dem so genannten Sarajevo-Approach – Gaspar Torriero unter CC-BY-Lizenz)
@J.R.
Ich würde diesen OT jetzt bitte gerne gleich beenden. Die Debatte über dieses Thema ist zweifellos wichtig, aber nicht an diesem Ort.
J.R. | 22. Oktober 2015 – 7:52
„Wer jetzt noch Zelte kaufen will (im Herbst!) hat es vor einem halben Jahr versäumt Häuser zu bauen. Muss man leider so hart sagen.“
zwischen Zelten und Wohneinheiten nach aktuellem Standard (für die man im Moment aber erst mal einen Lieferanten finden muss) gibt’s ja noch Zwischenstufen: die berühmt-berüchtigte „Döcker’sche Baracke“. Die hat aber vielleicht etwas zuviel Geschichte in D – ok, das führt jetzt wirklich weit in’s OT, ich höre auf.
[@T.Wiegold: Verzeihen Sie mir diesen kurzen Offtopic-Ausrutscher, aber es muss an dieser Stelle einfach mal gesagt sein…]
@J.R.: Korrekt. Ich erweitere das ganze noch. Hätte dieses Land seine Verwaltung nicht kaputt gespart, die Vorschriften nicht wild wuchern lassen, den sozialen Wohnungsbau nicht unterbunden und ein Zuwanderungsgesetz erlassen, dann würde uns dieser Zustrom an Migranten kaum jucken. Man sah das Ganze schon vor Jahren kommen (wie lange rummst es da nun schon?) und hat trotzdem nicht mal eben Wohnungsbauprogramme (für alle hier lebenden Menschen!) aufgelegt oder mehr Sachbearbeiter verpflichtet. Stattdessen hat man die Grenzstaaten der EU am langen Arm verrecken lassen. Jetzt ist es halt zu spät. Das Merkeln hat numal seine Grenzen.
Ansage an alle: Diesen OT bitte jetzt beenden.
Ich amüsiere mich, wie jetzt im politischen Raum rumgeeiert wird, um vll. zurückzurudern.
Fängt bei dem Begriff Truppentransporter an und setzt sich über die Ungeeignetheit der Transall zum Personentransport fort. Komisch, dass Soldaten problemlos mit ihr transportiert werden können und konnten. Denke da so an LUTRANS, Deci, NAMFI…
Gibt es eigentlich Infos zur aktuellen Klarstandsrate der Transall? Und deren Einbindung in „Trident Juncture“ etc.?
@Langnase: Konkrete Klarstandszahlen wird hier (und andernorts im großen weiten Netz) niemand öffentlich machen, der seinen Job noch eine Weile machen möchte. Nur so viel: Die Klarstandszahlen sind im Großen und Ganzen stabil, sie sagen jedoch nicht allzuviel aus, da zu bedenken ist, dass regelmäßig weitere Maschinen außer Dienst gestellt und verschrottet werden. Somit bedeutet ein gleichbleibender Klarstand von X Prozent heute eine geringere Anzahl an verfügbaren Maschinen als z.B. noch vor einem Monat.
@Wolfsmond:
Die Verschrottung von C-160 ist also weiterhin nicht gestoppt?
@Hubi
„Komisch, dass Soldaten problemlos mit ihr transportiert werden können und konnten. Denke da so an LUTRANS, Deci, NAMFI“
Es geht nicht darum ob es die Trall/MRTT können sondern ob es sinnvoll ist.
Die Flugstunden von mili Lfz sind teuer und Mangelware, warum sollte man Menschen mit einem Truppentransporter befördern, wenn es mit ziv Lfz billiger ist.
@Memoria:
Nein, und das wäre auch gar nicht möglich, da die betreffenden Maschinen das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben. Eine erneute „Aufarbeitung“ wäre aufgrund nicht mehr verfügbarer Teile selbst dann nicht mehr durchführbar, wenn man die sehr hohen Kosten einer Grundüberholung zu tragen bereit wäre. Es fehlt mehr denn je ein „kleiner Bruder“ für den A400M als Sofortersatz für die Trall. Ansonsten können in naher Zukunft nicht nur keine Flüchtlinge transportiert werden.
@Wolfsmond
Der kleine Bruder der Transall kann über das EATC angefordert werden.
Wir benötigen eher den kleinen Bruder der Bo/NH90 als Flächenflieger.
@Zimdarsen:
Nach dieser Argumentation kann man die Bundeswehr auch auflösen und bei Verteidigungsbedarf Leute von Blackwater anheuern.
Auf die Gefahr hin, endgültig off-topic zu landen:
Mich hat extrem gewundert, daß die A400M das einzige Gerät im Fuhrpark werden soll. Für viele Zwecke ist der Vogel einfach überdimensioniert.
Spätestens bei Bekanntwerden der Verzögerung vor 4 (?) Jahren hatte ich erwartet, daß mit Airbus eine „Naturalien-Pönale“ vereinbart würde, so etwa eine C-295 pro Monat Verspätung der Erstauslieferung plus ein Simulator pro Jahr…
Es ist sachlogisch, dass die federführende Stabsstelle im Bundeskanzleramt auch an die Streitkräfte denkt, um an andere überlastete Teile der Exekutive zu entlasten.
Ob hier die Bundeswehr mittels Lufttransport geeigneter, und auch wirtschaftlicher, ist als Chartermaschinen, bezweifle ich aber. Und das hat nichts mit Klarstandszahlen, Befähigung der Crews usw. zu tun.
@ Memoria | 21. Oktober 2015 – 23:08
Danke für den Link. Darin findet sich das Hauptproblem:
Generalarzt Dr. Ulrich Baumgärtner, Unterabteilungsleiter der Abteilung Führung Streitkräfte im BMVg, stellte den Sachstand zur Einführung der EU-Arbeitszeitrichtlinie als gesetzliche Vorgabe in die Bundeswehr vor…. So sei beispielsweise noch nicht klar, inwieweit die Dienstzeit im Rahmen der Flüchtlingshilfe im Inland oder Dienstzeiten bei Verlegungen ins Ausland im Zuge von „Persistent Presence“ zu diesen „Ausnahmetatbeständen“ zähle, so Generalarzt Dr. Baumgärtner.
Ziel sei es aber jetzt, so schnell wie möglich die Ausführungsbestimmungen zur Verfügung zu stellen,
Juristische Ränkespiele („Handreichung) gepaart mit einer Erziehung der Inneren Haltung an Hand der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie. Und alle scheinen diese sachfremde Bevormundung von Befehlshabern und Kommandeuren/Chefs und Leitern toll finden zu müssen.
Es ist sicher ein Brett über 150.000 Menschen (Stand September, Quelle: Zeit online, 21.10.2015) abschieben zu müssen und noch mehr Menschen betreuen zu müssen.
Auch wenn Sie mich wieder schelten dürften, aber:
Ich sähe die Befähigung der Luftwaffe adäquater eingesetzt die Flugplanung im Stab Bundeskanzleramt federführend zu übernehmen und die Vergabe an zivile Dientsleister (Ich weiß, dennoch: auch weil es in der Lw auch ein, zwei Beamte und Vertragsjuristen geben sollte) zu koordinieren, als zwei drei Transalls (ich vermute Richtung Kosovo und Albanien) fliegen zu lassen, was mehr show of forces ist als effektive Möglichkeit zur Umsetzung verfügter rechtstaatlicher Verwaltungsakte.
@Wolfsmond
Was hat Blackwater mit dem Modell EATC zu tun?
Es wird mit Sicherheit in den nächsten Jahren noch mehr Einheiten nach diesem Modell geben.
Geilenkirchen funktioniert ebenfalls und auch da wird es in der Zukunft mehr geben.
@Zimdarsen:
Über Sinn, Unsinn und Effizienz solcher Einheiten kann man natürlich lange diskutieren, allerdings gehört das wohl eher nicht hier in diesen Thread.
Festzuhalten bleibt, dass ein groß angelegter Transport von abzuschiebenden Personen in Drittländer durch die Bundeswehr abgesehen von verfassungsrechtlichen Fragen derzeit schon alleine aus Gründen nicht vorhandener Ressourcen undurchführbar wäre, unabhängig vom Anstrich der von der Politik dafür favorisierten Maschinen.
@Wolfsmond
Das ist nicht richtig, die Lw hat gemeldet, dass sie kann und sie kann.
Die Flugbereitschaft hat auch noch Kapazitäten
Die Frage wäre wie oft und wie lange und was man dann nicht mehr macht.
Doch zuerst steht die Frage ob es einen Sinn macht.
@Langnase
Eine kleinere Transportmaschine gehört schon lange ins Inventar der Luftwaffe.
Wurde hier auch schon mehrfach diskutiert.Aber im Hause von UvdL beschäftigt man sich lieber mit G-36 und verpennt solche Tatsachen,wie auch die rechtzeitige Bestellung eins neuen SAR-Helis.
Es fliegen wohl ganze 2 Transall und eine A-310 der Lw bei „Trident Juncture“.
@Zimdarsen
Denke das EATC wird nicht begeistert sein „deutsche Flüchlinge“ im militärischen Rahmen durch die Welt zu fliegen.
Was den Einsatz von Flugbereitschaft etc. angeht, ist in Deutschland noch kein Notstand ausgerufen worden.
@Langnase @ Jens Schneider
„Haus(e) UvdL verpennt solche Tatsachen, …“
Bestimmt nicht. Nur haben die Damen und Herren bessere Erkenntnisse zu KDB, VgPolRichtl, (künftiges) Weißbuch und erwartbarem Haushalt.
Oberbegriff, sichertheitspolitische Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Und dort passen Phantasien à la „auch-haben-wollen“ nunmal nicht hinein.
Aus rein nationalen Beweggründen, da hatten wir Zugriff auf das European Air Transport Command?
@Jens Schneider
Wer hat denn behauptet, dass das EATC Flüchtlinge mit nicht deutschen LFZ fliegen lassen soll? Wenn die Ministeren einen Auftrag bekommt und den Insp Lw beauftragt, dann wird der Flug über das EATC gehen., auch wenn es nur um DEU Trall geht.
Wir haben kein Lufttransportkommando mehr.
@Jens Schneider
Für eine Beauftragung der Flugbereitschaft braucht es keinen Notstand, nur einen Befehl durch IBuK.
… dass Abschiebungen mit gecharterten zivilen Maschinen Vorrang haben sollten und es vielleicht erheblich wirtschaftlicher sein könnte… Das denke ich auch. Aber aus praktischem Erleben ist die Anzahl der dafür angebotenen Maschinen endlich, und auch die Airlines/Anbieter verhalten sich – nun, sagen wir mal „unterschiedlich“- wenn es um Abschiebungen gegen den Willen der Betroffenen bzw. mit Zwang durchzusetzende Abschiebungen handelt. Hier wäre eine Armee, die nicht „herumzickt“, hilfreich.
Aber gerade diese emotional und rechtlich vorgetragenen Bedenken wie „nicht polizeiliche Aufgaben übernehmen“, „politisches Image eines Abschiebeflugs mit Militärmaschinen“ und „EU-Arbeitszeitrichtlinie … beispielsweise noch nicht klar, inwieweit die Dienstzeit im Rahmen der Flüchtlingshilfe im Inland oder Dienstzeiten bei Verlegungen ins Ausland Arbeitszeit ist“… , die sind es, die mir Angst machen, ob Deutschland wirklich á la Kanzlerins Meinung dieser Aufgabe gewachsen ist. Das ist ja nicht nur in der Bw so, sondern auch andernorts, wo mal schnelle und klare Entscheidungen erforderlich sind.
Beim Hochwasser-Einsatz ist es egal, womit die Sandsäcke gefahren werden und ob nach 16 Stunden am Deich es immer noch Arbeitszeit ist. Die Bw machte hier stets einen hervorragenden Job. So auch beim Zelte-Aufbauen. Das politische Image eines von der Bw aufgebauten Zeltlagers mit Stacheldraht außen rum und einem Wachturm in der Mitte ist auch zweifelhaft. Den Syrern helfen allerdings die wetterdichten und beheizten Zelte.
Und genauso sehe ich es mit den Abschiebeflügen. Dann ist eben ein Gesetz zu ändern. Aber ich sehe weder den Untergang der deutschen Verfassung noch anderes Ungemach, wenn die Abzuschiebenden im Airbus von deutschen Soldaten begleitet werden, die im Fall der Fälle auch Zwang anwenden dürfen. Wozu der Flugbegleiter hier nun eine Polizeiuniform brauchen soll… …
Aus FAZ-online
Abschiebung von Flüchtlingen
Das Märchen von der Transall
@TBC:
Am Beispiel Ordnungsmaßnahmen bei der Flüchtlingshilfe zeigt sich aber wie wenig man bereit ist pragmatische Lösungen zu finden.
Stattdessen wird durch Rechtsberater und höhere Dienststellen Handlungsunsicherheit bei Soldaten erzeugt.
Jedwede Ordnungsmaßnahme soll durch Soldaten unterbleiben, so die wage Vorgabe von oben.
Wie ist das abzugrenzen? Bei der Organisation einer Essensschlange?
Welche Befugnisse gibt es bei Nothilfe? Ein besonders drängendes Thema mit Blick auf die häufigen Auseinandersetzungen in den Einrichtungen.
Das sind bereits jetzt die Probleme in der Realität, denen nun das BMVg in Form einer Taschenkarte begegnen soll?
Daher ist die Trall eigentlich nicht das Problem.
Klare Entscheidungen fehlen.
Wieviel Transportkapazität steht denn überhaupt auf der Anforderungsliste? Anzahl der Schüblinge pro Tag und wohin sollen sie denn gebracht werden? Wen man das wenigstens wüsste, könnte man überhaupt erst über das geeignete Fluggerät reden. Reicht ein A340? Oder wären zwei A320/B737 günstiger? Oder wie wäre es mit einer 747? Die Welt ist voll mit Fliegern, die kurz vor dem Ende der wirtschaftlichen Zellenstunden stehen. Da läßt sich schon was machen. Schön weiß angemalt und fertig. Aber das ist ja nur der leichte Teil.
Die Transportkapazität müßte dann auch gefüllt werden. Ist denn überhaupt eine Beschleunigung der Asylverfahren in Sicht? Wenn nicht, wäre das alles doch eine inzwischen eher typische Aktion für die Öffentlichkeit. Seht her – wir tun was…
Offensichtlich übernehmen Bw-Angehörige bereits polizeiliche Aufgaben im Inland.
Die Kieler Nachrichten schreiben („Drohungen, Diebstahl, Schläge“)
“ Aufgrund längerer Wartezeiten soll es laut LKA-Papier unter den Flüchtlingen zu „tumultartigen Szenen und lautstarken Streitigkeiten“ wegen Vordränglern gekommen sein. Zeitweise sollen 100 bis 150 Personen beteiligt gewesen sein. Neben dem Sicherheitsdienst und Polizeikräften waren auch acht Soldaten der Bundeswehr im Einsatz. Im Fazit des Einsatzberichtes heißt es: „Abschließend muss darauf hingewiesen werden, dass die Lage vor Ort ohne die Kräfte der Bundeswehr nicht zu bewältigen gewesen wäre.““
ich denke mal, daß das kein Einzelfall ist und daß dt. Soldaten hier und da schon mal für Ordnung sorgen. Soviel zum Thema „hoheitliche Aufgaben im Inneren“.
Es scheint alles aus den Fugen zu geraten.
@G. Struve:
Danke für den Hinweis.
Sehr interessant, die Realität ist eben oft fernab der Ideen im BMVg. Man sollte aus dem Fall jedoch nicht schliessen, dass es in Wahrheit eine pragmatische Herangehensweise gibt.
Zumal gar nicht klar ist was der Beitrag der Bw war.
Wenn Soldaten helfen, muss die nicht zwingend im Rahmen eines Auftrages geschehen sein. Evtl war es ja nur Notwehr oder Hilfe wie sie jeder Bürger leisten darf.
Die Eingriffsrechte für jedermann (Jedermann-Paragraph) haben als Rechtsgrundlagen die § 127 Abs. 1 StPO und § 229 BGB. Hiernach ist jedermann befugt, der jemanden auf frischer Tat angetroffen hat und dieser der Flucht verdächtigt ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen (§ 127 Abs. 1 StPO).
@Zimdarsen:
Und eben jene Jedermanns-Rechte wurden im Rahmen der Flüchtlingshilfe von Rechtsberatern in Frage gestellt.
So hört man es von verschiedenen Stellen.
Das wäre ein Thema für die Presse. Stattdessen viel Aufschrei um die Trall
@Zimdarsen | 23. Oktober 2015 – 20:06
Wenn Soldaten im Inland einen verfassungskonformen Einsatz durchführen und dabei wegen – nennen wir es mal – Disharmonie vom Jedermannsrecht Gebrauch machen, so dürfte das akzeptabel sein.
Nicht verfassungskonform wäre jedoch, wenn der Dienstherr seine Soldaten nolens volens in Bereiche schickte, in denen von „Disharmonien“ auszugehen ist.
Im Grunde müßten alle Soldaten aus Verwendungen abgezogen werden, bei denen solche Auseinandersetzungen zu erwarten sind. Das wären allerdings nicht wenige und das System würde umgehend kollabieren.
In kleinen Schritte, szsg. scheibchenweisen wird das Grundgesetz relativiert.
@G. Struve:
„Im Grunde müßten alle Soldaten aus Verwendungen abgezogen werden, bei denen solche Auseinandersetzungen zu erwarten sind“.
Genau so wünscht man es sich in der höheren Führung und vergisst dabei, dass ein Unterlassen noch grössere rechtliche, politische und mediale Probleme erbringen kann.
Es sagt ja schon viel wenn das Heer eine Handreichung initiieren muss. Das Thema ist sehr sensibel und sehr viele Ebenen wollen sich daher nicht festlegen. Da sind dann weltfremde Auslegungen des GG ganz gern gesehen.
Aber die Realität lässt sich nicht auf Dauer verdrängen.
Man kann nur hoffen, dass die Opposition und Presse da mal genauer hin schauen. Die gewünschte Handreichung belegt ja bereits, dass es bei den eingesetzten Soldaten erhebliche Rechts- und Handlungsunsicherheiten gibt.
Man lasse sich das Wort ‚Handreichung‘ auf der (rechtlich-praktischen) Zunge zergehen…..
Es kann m.E. davon ausgegangen werden, dass eine Entwicklung, wie wir sie derzeit erleben, außerhalb des Vorstellungsvermögens der Väter des GG lag. Ich denke, dass es deshalb dringend geboten ist, eine verfassungsgerichtliche Entscheidung mit dem Ziel einer „wirklichkeitsangepassten Interpretation“ der Regelungen zum Einsatz der SK im Inneren herbeizuführen.
Zitat:
“ …eine verfassungsgerichtliche Entscheidung mit dem Ziel einer „wirklichkeitsangepassten Interpretation“ der Regelungen zum Einsatz der SK im Inneren herbeizuführen.“
Dies haben die Innenminister der Länder doch schon mal versucht, als es darum ging, ob die Bw für erweiterterte Aufgaben im Innern eingesetzt werden könne.
Hintergrund war damals, dass die Länder mit der zweigeteilten Polzeilaufbahn, also Einstieg als Polizeiinspektor (A9), sich die Probleme mit Großdemonstration usw. erleichtern könnten und nicht ihre vielen Beamten des gehobenen Dienstes zur Absicherung einer Demonstration oder eines Fussballstadions auf die Straße bringen müssen. Dafür wären nach der Meinung von verschiedenen Ministern die Bundeswehr billiger, weil die ja noch mit den einfachen Dienst anfängt.
Irgendwie ist diese Diskussion aber im Sande verlaufen.
@Memoria
„Und eben jene Jedermanns-Rechte wurden im Rahmen der Flüchtlingshilfe von Rechtsberatern in Frage gestellt.“
Auch etwas in Frage zu stellen ist Jedermannsrecht
@Gustav Struve
Die Väter des GG dachten wohl eher an einen bewaffneten Einsatz der Bw.
Unterlassene Hilfeleistung und Menschen im Stich zu lassen hatten unsere Väter wohl eher nicht im Sinn.
Es ist gerade von Beamten und Soldaten zu erwarten, dass sie Menschen in Not zur Hilfe kommen und Deeskalieren.
Die Väter des GG konnten sich sehr viel schlimmeres vorstellen, sie hatten es gerade erlebt.
Wenn die SK „freihändig als billige Schläger verfügbar“ (polemische Überspitzung zur Verdeutlichung des Standpunkts!) sind, besteht die Gefahr, dass das missbraucht wird und alternative, eventuell unbequemere Lösungen gar nicht erwogen werden.
Sind die Soldaten denn tatsächlich dafür ausgebildet? Der Polizeivollzugsbeamte des Mittleren/ Gehobenen Dienstes (Zweite/ Dritte Qualifikationsebene heißt das heute?) hat schon eine längere Ausbildung hinter sich als Mannschaftsdienstgrade, die regulär eine ganz andere Verwendung haben. Und Sachsen z.B. plante, ich weiß nicht, was daraus wurde, die Wiedereinführung der Wachpolizei mit verkürzter Ausbildung und weniger Befugnissen (niedrigerer Besoldung…). Die Länder wissen sich durchaus zu helfen. Hohe Hürden vor der ultima ratio sind eine gute Sache.
@ Georg | 23. Oktober 2015 – 22:11
Ich denke dabei eher an die Entscheidung vom 03. Juli 2012 im Zusammenhang mit dem Luftsicherheitsgesetz. Stichwort hier insbesondere „Ausnahmesituationen katastrophischen Ausmaßes“ – damals jedoch noch unter anderen Aspekten.
Link:
http://www.bverfg.de/pressemitteilungen/bvg12-063.html
Hans Schommer | 23. Oktober 2015 – 21:56
„wirklichkeitsangepassten Interpretation“ „zum Einsatz der SK im Inneren “
SK=Sonderkommandos?
Georg | 23. Oktober 2015 – 22:11
„die Bundeswehr billiger“ „zur Absicherung einer Demonstration oder eines Fussballstadions“
Man muß den Teufel nicht gleich an die Wand malen;
die Assoziationen, die ich hier lese, lassen mich jedoch erschaudern.
Wenn jeder, szsg dahergelaufene, Sachzwang ausreichte um die Verfassung zu negieren, dann wäre das – um mit höherer Stimme zu sprechen – nicht mehr mein Land.
@ Gustav Struve | 23. Oktober 2015 – 22:47
Dann steht bei Ihnen SKB wohl für Sonderkommandobasis?
@Gustav Struve
SK steht für Streitkräfte.
Hans Schommer | 23. Oktober 2015 – 22:54
Sie hatten geschrieben:
„einer „wirklichkeitsangepassten Interpretation“ der Regelungen zum Einsatz der SK im Inneren“
Was meinen Sie dann damit: „Sicherheitskräfte“ im Inneren?
Die Bundeswehr gehört aber ganz sicher nicht dazu.
@Zimdarsen:
Was meinen sie damit?
Werter Herr Struve, das Kürzel SK steht für „Streitkräfte“. Ich hätte wohl besser „Bundeswehr“ schreiben sollen.
@MHDD
Wie kommen sie drauf, dass da ausschließlich Mannschaften beteiligt waren?
„Neben dem Sicherheitsdienst und Polizeikräften waren auch acht Soldaten der Bundeswehr im Einsatz“
Was wissen wir über den Vorfall genau?
Waren die Soldaten zur Registrierung abkommandiert?
Was war der Einsatzgrund?
Ist die freiwillige Unterstützung an Laufbahngruppen gebunden?
Wurden die Soldaten zum Eingreifen befohlen?
Es ist evtl eher eine Nichtstory!?
„SK steht für Streitkräfte.“
Sorry. Auf Streitkräfte im Inneren bin ich so schnell nicht gekommen.
Diese Konnotation ist bei mir (noch) nicht geschaltet.
Hatte Sicherheitskräfte assoziiert.
Macht die Sache aber nicht besser, eher dramatischer.
Gustav Struve | 23. Oktober 2015 – 23:10:
“ … Macht die Sache aber nicht besser, eher dramatischer.“
Das ist aber grundsätzlich nix Neues. Das Grundgesetz lässt den Einsatz der Streikräfte im Inneren zu. Siehe hierzu Artikel 35 GG und die oben verlinkte Rechtsprechung des BVerfG
Man google mal unter „Tumult in Lübecks Erstaufnahme?“ Das erscheint bedeutend ergiebiger, als hier die „Hard-Core-Diskussion“ über das Hören und Sagen von Dritt- und Viertquellen.
@Vtg-Amtmann | 24. Oktober 2015 – 0:13
Die KN ist nicht gerade eine Drittquelle. Zwar ist die Tendenz zum Dramatisieren bei Medien wohl systemrelevant, doch werden die betreffenden Aussagen als Zitate des LKA dargestellt. Wenn nun die Sprecherin der Polizeidirektion auf „hl-live.de“ die Geschehnisse relativiert, dann ist das wohl der offizielle Stand der Dinge.
Gleichwohl steht die Frage im Raum, ob Soldaten in einem Umfeld eingesetzt werden können, welches auch mal ihren „ordnenden“ Einsatz erfordert.
Die Gefahr besteht doch darin, daß Politik und Verwaltung ihre Rechtsauslegungen mit der sich verändernden Lage entsprechend erweitern.
Zustimmung zu einer Überdehnung des Art 35 GG (und auch zu seiner „Anpassung“) hört und ließt man immer häufiger. Das ist eine bedenkliche Entwicklung.
@Hans Schommer
Warum muss ich bei sowas immer an, ein verfassungswidriges Gesetz ist kein Gesetz denken.
Kombiniert mit wenn du als einziges Werkzeug einen Hammer hast, Soldaten sind als Gesetzeshüter nicht gerade gut geeignet.