Abschiebung abgelehnter Asylbewerber: Zur Not auch mit der Bundeswehr (Update)

Transall_2005_Sarajevo-approach

Um die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber in ihre Herkunftsländer zu beschleunigen, will die Bundesregierung die eigentlich zuständigen Länder mit allen Möglichkeiten unterstützen – und gegebenenfalls auch Flugzeuge der Bundeswehr einsetzen. Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte am (heutigen) Mittwoch im Kern entsprechende Berichte.

Allerdings machten sowohl Seibert als auch BMVg-Sprecher Jens Flosdorff deutlich, dass Abschiebungen mit (gecharterten) zivilen Maschinen Vorrang haben sollten. Außerdem werde die Bundeswehr, wenn sie tatsächlich gefragt sein sollte, nur Transportraum bereitstellen. Aber eben nicht polizeiliche Aufgaben übernehmen. Zudem kämen dann eher die Truppentransporter vom Typ Airbus A310 infrage, nicht die betagten Kampfzonentransporter vom Typ Transall.

Die wesentliche Aussagen dazu von Seibert und Flosdorff vor der Bundespressekonferenz zum Nachhören (Transkript wird später nachgereicht unten):

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Nun ist die Bundeswehr ist seit Wochen daran beteiligt, den Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland zu bewältigen – in Amtshilfe von Ländern und lokalen Behörden, nicht aber mit Soldaten in hoheitlichen Aufgaben. Diese Amtshilfe, nicht aber den bewaffneten Einsatz im Inland, sieht das Grundgesetz so vor.

Aber ganz offensichtlich ist die Idee, dafür die betagten Transall C-160 zu nutzen, ein bisschen, nun, unsinnig. Zum einen ist die Bundeswehr froh über jede der Jahrzehnte alten Maschinen, die flugklar ist und für die eigenen Aufgaben der Truppe genutzt werden kann, für die Einsätze ebenso wie für Übungen.

Und zum anderen, weil es erheblich wirtschaftlicher ist, mit gecharterten Zivilmaschinen zu fliegen, als mit den Transall, in die man gerade mal 50, eng gepackt 70 Passagiere bekommt. Die als Flieger für Kurzstrecken zwar in einem Rutsch auf den Balkan kommt, für weitere Strecken aber zwischenladen muss. Und die viele schöne Hebel innen hat, an denen Unbefugte größeren Schaden anrichten können – es ist ja nicht die Kabine eines Passagierflugzeugs.

Ganz davon abgesehen, dass das politische Image eines Abschiebeflugs mit Militärmaschinen auch nicht das Beste ist.

(Die übliche Bitte: Hier geht’s um die Beteiligung der Bundeswehr – aber nicht um eine Debatte über das Thema Flüchtlinge und Abschiebung insgesamt.)

Nachtrag: Das Transkript aus der Bundespressekonferenz – neben dem Text des obigen Audios noch mit zwei weiteren Passagen zum Thema Bundeswehr:

Frage: Herr Seibert, die Bundesregierung wird alles tun, um die Länder zu unterstützen. Seit heute Morgen kursiert die Information, es werde bis hin zur Einbeziehung der Bundeswehr und der Nutzung von Transall-Transportmaschinen der Bundeswehr überlegt. Sind das konkrete Überlegungen, die auch eine Rolle im Kabinett gespielt haben?

StS Seibert: Ganz klar ist: Rückführungen auf dem Luftweg werden unter Nutzung ziviler Flugzeuge durchgeführt. Das hat Priorität. Da, wo zivile Flugkapazitäten möglicherweise nicht ausreichen, wird der Bund die Länder mit angemessenen Maßnahmen unterstützen. In dem Zusammenhang ist es richtig, dass auch der mögliche Einsatz von Bundeswehrflugzeugen geprüft wird. Aber die Priorität ist und bleibt, zivile Flugzeuge für die Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern zu nutzen.

Zusatzfrage: Herr Flosdorff, können Sie vielleicht sagen, in welche Richtung die Prüfung in Ihrem Hause geht und ob es überhaupt Kapazitäten dafür bei der Bundeswehr gibt?

Flosdorff: Um es vorweg zu sagen: Selbstverständlich ist die Unterstützung der Bundeswehr bei diesen Transportaufgaben nicht ausgeschlossen. Wenn es konkrete Anfragen gäbe – in dieser Priorität, wie Herr Seibert das sehr richtig dargestellt hat -, würden wir das auch prüfen. Wichtig ist für die Bundeswehr, dass dies, weil wir auch – Stichwort Bekämpfung der Fluchtursachen – in Einsätzen beschäftigt sind, nicht zulasten der Einsätze oder der einsatzgleichen Verpflichtungen geht. Dazu zählen Übungen oder Nato-Verpflichtungen, die Nato-Speerspitze. Das muss alles gewährleistet sein. Wenn dann Kapazitäten vorhanden sind und zivile Kapazitäten nicht ausreichend zur Verfügung stehen, wird selbstverständlich auch die Bundeswehr schauen, was an Lufttransport zur Verfügung gestellt werden kann.

Man muss sich das genauso vorstellen, wie das bei einer zivilen Airline auch wäre. Aber man muss hier mit einer Einschränkung sagen: Dass viele das Stichwort „Transall“ in diesem Zusammenhang nennen – das wäre sicherlich nicht das Erste, an das man denken würde. Geeigneter würde sicherlich ein Truppentransporter erscheinen, weil er eine deutlich höhere Kapazität hat und auch nicht anderen Einschränkungen der Transall unterliegt.

(…)

Frage: Herr Flosdorff, es hat Berichte über rechtliche Bedenken im Zusammenhang mit einer Beteiligung der Bundeswehr an Abschiebungen gegeben. Könnten Sie bitte dazu etwas sagen?

Herr Dimroth, jetzt ist auch wieder das Stichwort „Laissez-passer-Papiere“ gefallen, auch im Zusammenhang mit der Kabinettssitzung. Können Sie sagen, wie konkret die Überlegungen sind und welche Hoffnung sich damit bei Leuten verbinden würde, die gegenüber den Herkunftsländern im Zweifel nicht die Papiere haben?

Flosdorff: Ich darf den Anfang machen. Rechtliche Bedenken würde ich das jetzt nicht nennen. Es sind die bekannten Einschränkungen, die die Bundeswehr bei allen Handlungen im Inland hat. Das heißt, wir können unterstützen. Das tun wir auch gerne und auf vielen Feldern tagtäglich in der Bundesrepublik – von der Verpflegung bis zum Aufbau der Unterkünfte usw. – im Wege der Amtshilfe. Auch so etwas ist hier durchaus denkbar. Nicht denkbar ist, weil es von der Verfassung her nicht möglich ist, dass die Bundeswehr hoheitliche Aufgaben eigenständig durchführt, das heißt polizeiliche Aufgaben übernimmt. Deswegen habe ich eben auch gesagt: Die Bundeswehr kann selbstverständlich Transportkapazitäten zur Verfügung stellen – das ist denkbar -, genauso wie das eine zivile Airline auch kann, aber für diese polizeilichen Aufgaben müsste polizeiliches Personal die ganze Aktion steuern und auch anwesend sein und sozusagen alles machen, was die Bundeswehr nicht darf.

(…)

Frage : Herr Seibert, aus der Union waren in den vergangenen Tagen immer wieder Stimmen zu hören, die eine Beteiligung, Heranziehung, Unterstützung der Bundeswehr über die hier genannte Amtshilfe hinaus propagiert haben. Ist das etwas, bei dem die Bundesregierung sagt: Erstens gilt das Grundgesetz, zweitens gilt das Grundgesetz, und drittens ändern wir daran nichts? Oder muss man diese Stimmen aus den Reihen der eigenen Partei in der Bundesregierung etwas ernster nehmen?

StS Seibert: Ich bin ja hier nicht dafür da, Parteidiskussionen widerzuspiegeln oder in sie einzugreifen. Ich will einmal daran erinnern, dass die Bundeswehr eine großartige Rolle beim Bereitstellen von Unterkünften für Flüchtlinge in Deutschland spielt. Im Übrigen haben wir Ihnen zum möglichen Einsatz von Bundeswehrmaschinen bei der Rückführung das gesagt, was dazu heute zu sagen ist. Andere Pläne habe ich hier nicht zu verkünden.

Zusatzfrage: Es gibt also in der Bundesregierung auch keine Debatte darüber, ob man andere Möglichkeiten eröffnen müsste?

StS Seibert: Ich habe Ihnen heute dazu nichts mitzuteilen.

Zusatzfrage: Das ist kein Nein.

StS Seibert: Ich habe Ihnen heute nichts mitzuteilen. Wir achten selbstverständlich das Grundgesetz. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit.

(Archivbild 2005: Transall bei steiler Landung, dem so genannten Sarajevo-Approach – Gaspar Torriero unter CC-BY-Lizenz)