Waffenlieferung nach Kurdistan: Das Problem Weitergabe
Für den Kampf gegen die islamistischen ISIS-Milizen hat Deutschland seit dem vergangenen Jahr Waffen an die kurdischen Peshmerga im Nordirak geliefert – als deutschen Beitrag zur internationalen Koalition gegen ISIS. Dabei kam es der Bundesregierung darauf an, dass nur die irakischen Kurden diese Waffen erhalten; eine Weitergabe an andere kurdische Gruppierungen, zum Beispiel die auch in Deutschland verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, wurde grundsätzlich ausgeschlossen.
Am (gestrigen) Montag waren in türkischen Medien Vorwürfe zu lesen, es hätten nun doch deutsche Waffen ihren Weg zur PKK oder ihr nahestehenden Organisationen gefunden – ein heikler Vorwurf angesichts der Tatsache, dass die Türkei (erneut) mit Waffengewalt gegen die PKK vorgeht. Auffällig war dann, dass die Bundesregierung nicht mehr wie zuvor die Möglichkeit der Weitergabe der deutschen Waffen kategorisch ausschloss. Sondern eben das für eine Möglichkeit hielt, für die es aber noch keinen Beleg gebe.
Den Wandel in den deutschen Aussagen hat Kollege Tilo Jung von Jung&Naiv im Video dokumentiert; mit Aussagen in der Bundespressekonferenz am 27. Juli und am 17. August:
(Direktlink: https://youtu.be/4HFouqt7aq4)
Falls sich bestätigen sollte, dass aus dem Irak deutsche Waffen tatsächlich weitergegeben wurden (wofür es eben noch keine Beweise gibt), wird das auf mehreren Ebenen ein politisches Problem. Das betrifft international die Beziehungen Deutschlands zum NATO-Partner Türkei, aber auch das Verhältnis zur kurdischen Autonomieregierung im Irak. Und innenpolitisch wirft das die Frage auf, was die so genannten Endverbleibsklauseln Wert sind.
Aber auch die Opposition dürfte ein Problem haben. Denn aus der Linkspartei gab es scharfe Kritik an den Waffenlieferungen. Aus der Linkspartei gab es aber auch die Forderung, Waffenlieferungen auch an die PKK zuzulassen:
Aus Rücksicht auf die Türkei soll die YPG bei Waffenlieferungen leer ausgehen, obwohl sie den Löwenanteil im Kampf gegen den IS leistet. Es muss also zuerst einmal darum gehen, die Kriminalisierung der PKK – und damit letztlich auch der YPG – durch die Terrorliste zu beenden. Weiterhin muss es darum gehen, die von der Türkei und der kurdischen Regionalregierung im Irak gegen Rojava verhängte Grenzblockade zu durchbrechen. Dann hätten die YPG die Möglichkeit, sich die benötigten Waffen und Ausrüstungsgegenstände zu beschaffen.
Eine Übersicht über die aus den Beständen der Bundeswehr gelieferten Waffen und militärische Ausrüstung:
8.000 Gefechtshelme,
4.000 Schutzwesten,
4.000 Schutzbrillen,
700 Funkgeräte,
680 Nachtsichtgeräte,
2.500 Doppelfernrohre,
1.000 ABC-Schutzmasken,
15 geschützte Transportfahrzeuge DINGO 1,
40 Lkw 2t UNIMOG,
60 Lkw WOLF,
10 UNIMOG Krankenwagen,
25 Feldküchen,
125 Zelte,
12.080 Sturmgewehre G3,
50 Maschinengewehre MG3,
8.000 Sturmgewehre G36,
8.040 Pistolen P1,
60 Panzerabwehrwaffen MILAN mit 1.000 Lenkflugkörpern,
400 Panzerfaust 3,
20.000 Handgranaten,
100 Signalpistolen,
Handwaffen- und Panzerfaustmunition,
Sanitätsmaterial
Handwaffen- und Fahrzeugersatzteile
(Archivbild: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 2. Oktober 2014 an der Infanterieschule des Heeres in Hammelburg bei der Ausbildung kurdischer Soldaten an der Panzerabwehrrakete Milan – Bundeswehr/Dana Kazda)
— Wg. zeitweiser technischer Probleme hier zunächst auf augengeradeaus.wordpress.com gepostet —
Der kleine Besserwisser am Morgen: von Proliferation spricht man nur bei der Weitergabe von Massenvernichtungswaffen.
Ansonsten beschreibt dieser Artikel leider genau das Szenario das ich von Anfang dieser Ausbildungsmission befürchtet habe. Leider kann man nicht ausschließen das sowohl die Waffenlieferungen als auch die Ausbildung rein auf die Peschmerga beschränkt bleiben und am Ende das Risiko besteht das von Deutschland ausgebildete Kurden mit deutschen Waffen gegen einen NATO Partner kämpfen.
Was Mutti und ihr Thomas wohl sagen würden, wenn in D mit nachweislich diesen Waffen, Granaten oder sonst was Attentate ausgeführt werden würden? Wahrscheinlich nichts, wie immer. Vielleicht sollte man dem Thomas das Taschengeld streichen und die Mutti zum putzen in ein Wohnklo für Kriegflüchtlinge zum putzen stecken. Vielleicht merken die dann was? … ach nee, quatsch, das merken die auch dann nicht.
Wer wählt die eigentlich?
@kleiner Besserwisser
Proliferation: Normalerweise schon. Aber ich brauchte ein Synonym… und ganz falsch isses ja auch nicht, oder?
@ T.Wiegold: laut Definition beschränkt sich Proliferation auf die Weitergabe von Atomwaffen und wurde auf Massenvernichtungswaffen wie Bio und Chemie erweitert.
Aus Wikipedia.
Waffenverbreitung, in Fachkreisen auch Proliferation (lat. proles ‚Nachwuchs‘, ‚Sprößling‘ und ferre ‚tragen‘), ist im Rüstungsbereich die Bezeichnung für die Weiterverbreitung bzw. die Weitergabe von Massenvernichtungswaffen und ihren Trägersystemen oder Bauplänen dafür, von Staaten, die derartige Technologien besitzen, an andere Staaten, die noch nicht darüber verfügen.
Ok, ehe die Debatte hier sich nur um den Begriff Proliferation dreht, ändere ich das. Macht ja so wenig Sinn.
@TW
Nutzen Sie doch den englischen Fachbegriff, small arms proliferation …
„Small arms proliferation is a related term used to describe the growth in both the authorized and the illicit markets“
https://en.wikipedia.org/wiki/Small_arms_trade
Damit es nicht auf wordpress liegen bleibt hier auch nochmal:
Die Peshmerga verschieben die Waffen schon seit geraumer Zeit.
Unteranderem auch an westliche Freiwillige der sog. “Legion”:
http://abload.de/img/zwischenablage02fwx4ugfux2.jpg
http://abload.de/img/11752556_678428702257j0lz7.jpg
http://abload.de/img/11760245_67842909892376uwx.jpg
Geführt wird der Trupp von einem deutschen Ex-Militär.
http://abload.de/img/unbenannt-2gautr.jpg
Die Bilder sind von deren öffentlichen FB-Seite, von daher nicht weiter von mir zensiert.
[Ich lasse das mal so stehen, obwohl das verlinkte Foto zu geführt wird der Trupp von einem deutschen Ex-Militär gewisse Fragen an der Ernsthaftigkeit aufkommen lässt. T.W.]
@TW:
Ernsthaftigkeit an mir, den Bildern oder am Gründer dieser Truppe?
Immerhin haben sie eine Website:
http://www.peshmergalegion.com/
Putzig ist jedoch der Besitzer:
Registrant Name: Hugues de Payens
Registrant Street: Apostolic Palace
Registrant City: Vatican City
Registrant State/Province: Vatican City State
Registrant Postal Code: 00120
Registrant Country: IT
Registrant Phone: +39.669881022
Registrant Email: vatio89@laity.va
Hugo von Payns war ein Gründungsmitglied und der erste Großmeister der Tempelritter.
Die Emailadresse scheint auch echt zu sein und führt zum „Päpstlicher Rat für die Laien“.
Ein Großteil der Gruppe sind einsatzerfahrene Briten.
Ein anderer Name, bzw älterer, ist „Brothers of Kurdistan“
https://www.facebook.com/pages/Brothers-of-Kurdistan/952749564776530?sk=timeline
Und sie schimpften sich selbst IVFOR, International Volunteer Force:
http://www.rt.com/uk/241473-isis-army-syria-veterans/
Seit Anfang Juni sind sie unter „Legion“ lose an die Peshmerga angegliedert.
@DZ
Sehr interessante Links, danke.
(Das mit der Ernsthaftigkeit bezog sich auf das Schäferhundfoto…)
Moin,
auch auf das Risiko, dass ich mich wiederhole, aber würde man die RGW 90 schicken, würde sich das Problem der Weitergabe mangels Munition gar nicht erst stellen.
Des weiteren wäre maximale Wirkung garantiert. Vielleicht findet sich ja noch eine Finanzierung.
https://de.wikipedia.org/wiki/MATADOR
@DZ
Wirklich sehr schlagende Beweise für die Weitergabe (Verschiebens) der gelieferten Waffen durch die nordirakischen Kurden.
@Stubenviech
Wo ist denn da der Unterschied? Ist ja nicht so als ob sich MILAN LFK durch Knospung vermehren.
Dann wird halt die RGW90, PzFst3, whatever weitergegeben. Wenn man was aus der Hand gibt hat man darüber keine Kontrolle mehr, Punkt!.
Man muss das einfach als Risiko hinnehmen und sich darüber im klaren sein ob es den angestrebten Nutzen hat und die negativ Folgen hinnehmbar sind, und in diesem Falle sage ich ganz klar ja.
Der Kampf gegen ISIS ist wichtiger!
@Forodir: Die RGW 90 habe ich genannt, da ich sie für das Mittel der Wahl halte, weswegen wir uns nach dem Verschießen der Restbestände auf sie konzentrieren sollten.
Das die Problematik der Weitergabe aufgrund der speziellen Munition und der geringeren Haltbarkeit bei allen Panzerabwehrhandwaffen relativer als bei „normalen“ Handfeuerwaffen ist und dass man sich generell bewusst sein muss, an wen man liefert, steht außer Frage.
Die direkte Weitergabe deutscher Waffen wird kurz und mittelfristig nur einen kleinen Teil der Waffenweitergabe ausmachen. Ganz allgemein wird die Nachfrage auf dem „Waffenmarkt“ in der Region niedriger liegen, oder anders gesagt, wenn 10.000 Peshmerga gratis an G36 und Milan samt Munition kommen dann werden die Preise für andere und alte Waffensysteme sinken und somit kann sich jeder Akteur besser versorgen, eher selten mit G36 und Milan, wohl eher AK und RPG, das reicht fürs Kriegerhandwerk.
Langfristig wird es zumindestens bei deutschen Kleinwaffen ein teilweises Versickern in der Region geben. Wo gehobelt wird… und dürfte an der Waffendichte in der Region nur wenig ändern.
@stubenviech
Ach so, dann hatte ich die Intention ihres Beitrages falsch verstanden. Ja das ist richtig, die haltbarkeit ist geringer allerdings trotzdem heutzutage bei über 10 Jahre, bei richtiger Lagerung natürlich.
@Forodir: Hinzu kommt, dass die Munition im Gegensatz zu Handfeuerwaffen deutlich spezialisierter ist, quasi nicht an jeder „Strassenecke“ zu erwerben ist, was die langfristige Nutzung deutlich einschränkt und vom Lieferanten abhängiger macht.