US-Ex-Militärs machen sich für Iran-Deal stark: ‚Erst der Diplomatie eine Chance geben‘
Der Nuklear-Deal mit dem Iran, im Juli endgültig ausgehandelt von den Vetomächten im UN-Sicherheitsrat und Deutschland mit dem Regime in Teheran, ist in den USA politisch heftig umstritten. Präsident Barack Obama muss selbst in den eigenen Reihen um eine Zustimmung zu dem Abkommen ringen, dass die Gefahr einer atomaren Aufrüstung des Iran bannen soll.
In dieser Situation ist es bemerkenswert, dass sich eine Reihe von pensionierten US-Generalen und -Admiralen öffentlich zu Wort gemeldet haben und das Abkommen befürworten. (Fun Fact am Rande: darunter auch der frühere Marines-General James „Hoss“ Cartwright, der als Initiator der Stuxnet-Attacke auf den Iran gilt.) Aus ihrem Brief, den die Washington Post veröffentlicht hat:
There is no better option to prevent an Iranian nuclear weapon. Military action would be less effective than the deal, assuming it is fully implemented. (…) If at some point it becomes necessary to consider military action against Iran, gathering sufficient international support for such an effort would only be possible if we have first given the diplomatic path a chance. We must exhaust diplomatic options before moving to military ones.
Auch unter Militärs scheint das allerdings sehr umstritten. Eine Gruppe, die sich als Irak-Veteranen bezeichnet, hat nach einem Bloomberg-Bericht eine Initiative Veterans Against the Deal gegründet, die heftig gegen das Abkommen opponiert – allerdings ihre Geldgeber nicht offenlegen will.
(Foto: U.S. Secretary of State John Kerry, flanked by U.S. Under Secretary of State for Political Affairs Wendy Sherman, U.S.Energy Secretary Dr. Ernest Moniz, and National Security Council Senior Director for Iran, Iraq, Syria and the Gulf States Robert Malley, sit across from Iranian Foreign Minister Javad Zarif, Dr. Ali Akbar Salehi, the Vice President of Iran for Atomic Energy and President of the Atomic Energy Organization of Iran, and other advisers on March 17, 2015, in Lausanne, Switzerland, before resuming negotiations about the future of Iran’s nuclear program – State Department photo/Public Domain)
Das Trauma der USA in allem, was den Iran angeht ist die Geiselnahme von Teheran mit 52 US-Diplomaten, die 444 Tage lang vom 4. November 1979 bis zum 20. Januar 1981 als Geiseln gehalten, nachdem eine Gruppe iranischer Studenten die US-amerikanische Botschaft in Teheran im Verlauf der Islamischen Revolution besetzt hatte.
Dazu die Passivität der Carter-Administration sowie der klägliche Misserfolg der „Operation Eagle Claw“ zur Geiselbefreiung vom 24. 04. 1980.
Das sitzt, bis heute, besonders bei Traditionalisten und Konservativen, da geht’s nur um Gefühl, Ehre, Stolz und verletzte Eitelkeit.
Rationales wird dazu nicht gehört.
Trotzdem, der Deal muss her.
Islamisten mit einer Atombombe. Was soll schon schief gehen. Da muss man erstmal der Diplomatie eine Chance geben.
Schleudertrauma durch Kopfschütteln.
@Hutzel: Ich habe mehr bedenken bei Pakistan als beim Iran. Schon die, für uns bekannte, Sicherheitslage ist im Iran besser als in Pakistan.
@Hutzel | 12. August 2015 – 8:09
Die wichtigsten islamistisch-terroristischen Organisationen sind der „Islamische Staat“ in Syrien und dem Irak sowie weiterhin „al-Qaida“ und ihre regionalen Ableger.
Beide Gruppierungen sind der sunnitischen Konfession innerhalb des Islams zugehörig.
Iraner sind mit über großer Mehrheit jedoch Schiiten, neben wenigen Bahai.
Die Zuordnung „Islamisten und Atombombe“ trifft also auf den Iran nicht zu, es gibt keine persischen Islamisten, wohl aber Radikale anderer Couleur.
Nichtsdestotrotz, wäre eine atomare Bewaffnung des Irans eine Katastrophe, nicht nur in der Region. Gerade dies kann verhindert werden, z.B. durch diesen Deal.
Ohne dergleichen Abkommen geht’s auch. Nur müsste der Iran dann „genuked“ werden.
Also lassen Sie uns lieber auf das Controllregime der IAEO hoffen.
@KPK
Was, wenn das KSA tatsächlich „die Bombe“ hat? Daß man dort danach strebt ist ein offenes Geheimnis, das PAK Nuklearprogramm soll ja maßgeblich von dort finanziert worden sein. Früher gab es auch Anwerbungsprogramme für westliche Militärs.
Der Iran wird dann sehr schnell nachziehen.
Oder werden die USA dem KSA schon nahelegen, darauf zu verzichten?
@Thomas Melber | 12. August 2015 – 10:36
Die Saudis haben die Bombe nicht. Da glaube ich nun mal den US-Diensten. Sie würden sich diese Fähigkeit jedoch zulegen, sofern der Iran „vorlegte“.
Der Deal verhindert also beide möglichen zusätzlichen Atommächte.
Der Iran wird sich an Verträge halten, sie wollen unbedingt die Sanktionen loswerden. Dass die Mullahs im Stillen weiter forschen werden, ist normal im internationalen Geschäft, weiß jeder, nimmt es hin, ist nicht zu verhindern.
Ich bin optimistisch. Der Export der Khomeini-Revoultion ist, Allah sei Dank, kläglich gescheitert. Jetzt wird wieder Öl exportiert. Gut so.
Selbstverständlich muss man der Diplomatie eine Chance geben und zwar immer und bis zum Äußersten, dies schließt die glaubhafte Androhung von Zwangsmaßnahmen im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen selbstverständlich mit ein. Alles andere wäre insbesondere nach den Erfahrungen der letzten 20 Jahre völlig abstrus, gegen jede Erfahrung, frei von jedem Lerneffekt, international nicht durchsetzbar und damit völkerrechtswidrig und in jedem Fall von praktisch keinen Erfolgsausschten und noch geringerer Legitimität geprägt. Herr Kaikowsky hat absolut Recht mit seinen Ausführungen. Der Deal verhindert – wenn er denn umgesetzt wird – die atomare Aufrüstung im Iran, Saudi-Arabien und Ägypten. Die Mullahs sind Radikale und unsere Vorstellung von Menschenrechten sind dort auch nicht gegeben, aber das sind sie in Saudi-Arabien noch viel weniger und die regional und global bedrohlichsten islamistischen Terrorgruppen stammen allesamt aus der sunnitischen Sphäre. Der Iran wird sich an die Verträge halten und ein wirtschaftlicher Aufschwung hoffentlich noch mehr die progressiven Kräfte innerhalb der iranischen Gesellschaft stärken. Diplomatie in enger Abstimmung mit positiven und negativen Anreizen ist die einzige Option, die ein klein wenig Hoffnung macht, dass der Nahe und Mittlere Osten nicht völlig implodiert. Last but not least:Ohne die CIA und deren Putschhilfe 1953 gegen Mossadegh hätten wir wahrscheinlich heute einen weitgehend demokratischen Iran mit guten Beziehungen zu Russland, aber eher einer Indien vergleichbaren Entwicklung. Was lernen wir daraus?
Die Argumentation der Gegner des Deals, ob sie nun in Wahington oder Jerusalem sitzen, ist ziemlich rätselhaft. Eine „militärische Lösung“ zur Verhinderung einer atomaren Aufrüstung des Iran gibt es real nicht. Falls das überhaupt einmal eine erfolgversprechende Option war, so ist der Zeitpunkt längst verstrichen. Das wissen auch alle. Warum also nicht die dipomatische Chance ergreifen, die sich nun bietet? Auch wenn es natürlich keine absolute Sicherheit hinsichtlich des gewünschten Ergebnisses geben kann: Mehr ist wohl kaum erreichbar.
Das eigentliche Kernproblem wurde hier ja schon thematisiert: Es geht nicht „nur“ um den Iran, sondern um die ganze Region. Es wäre nicht auszudenken, wenn auch etwa Saudis oder Türken oder andere nach einer militärischen Nutzung der Nukleartechnologie erfolgreich streben würden. Als hätten der Mittlere Osten und Südasien mit Indien und Pakistan nicht schon genug Sorgen auf diesem Gebiet.
Daher darf der Deal, wenn er denn allseits ratifiziert wird, nicht zu Blauäugigkeit verleiten. Er ist allenfalls ein erster Schritt. Dann geht die diplomatische Arbeit erst richtig los: Nämlich glaubwürdig Vertrauen gewinnen bei allen anderen regionalen Mächten, dass eine nukleare Aufrüstung für niemanden einen Gewinn bringt. Dazu muss in erster Linie der Iran durch Transparenz selbst beitragen – und zwar im eigenen Interesse.