Deutsche Marine im Mittelmeer: Seenotrettung bleibt der wichtigste Auftrag
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat am (heutigen) Samstag die beiden Schiffe der Deutschen Marine besucht, die bislang in der Mission Seenotrettung von Flüchtlingen und Migranten im Mittelmeer unterwegs waren… und künftig im Rahmen der EU-Militärmission EUNAVFOR MED zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität im Einsatz sind.
Aber Moment, ändert sich was für die Fregatte Schleswig-Holstein und den Tender Werra mit dieser ersten Phase des EUNAVFOR MED-Einsatzes, die der Aufklärung von Schleuserstrukturen dienen soll?
Wie es scheint, nicht so viel. Oder besser: vorerst nicht wirklich. Denn beim Besuch der Ministerin auf der Schleswig-Holstein vor dem Hafen von Catania auf Sizilien klang eines klar durch: Beide Schiffe haben weiterhin den Rettungsauftrag, den sie dann halt mit ihrem Aufklärungsauftrag kombinieren. Man könnte auch sagen: Aus deutscher Sicht ist die Seenotrettung weiterhin die eigentliche Mission. Die Militärmission kommt danach.
Dazu gehört sicherlich auch, dass der deutsche Kontingentführer, Kapitän zur See Thorsten Mathesius, nicht nur augenzwinkernd von einem Umbau der Fregatte zu einem Rettungsschiff sprach. Sondern dass der Kapitän auch recht deutlich machte, dass die für spätere Stufen der EU-Militärmission vorgesehene Zerstörung von Schleuser-Booten so einfach nicht wird: Die Boote, die zum Transport der Migranten genutzt werden, unterschieden sich eben nicht wirklich von den Booten, die zum Fischfang oder für Transporte vor der libyschen Küste genutzt würden.
Dass von der Leyen zwar die Notwendigkeit betonte, gegen die Strukturen der organisierten Kriminalität der Schleuser vorzugehen, in Details aber recht vage blieb (s. O-Ton ihres Pressegesprächs unten), geht ja in eine ähnliche Richtung: Außer der dringenden Aufgabe, Menschen aus Seenot zu retten, ist derzeit noch recht viel unklar.
Ein kurzes Gespräch mit dem Kontingentführer:
und die Aussagen der Ministerin in ihrer Pressekonferenz an Bord der Schleswig-Holstein:
Der Vollständigkeit halber hier auch die Ansprache der Ministerin an die Besatzung der Schleswig-Holstein (ich denke, es ist trotz zwischendurch massiver Tonprobleme ein wichtiges Dokument):
(Mehr Fotos und auch bisschen mehr Info gibt’s nach Rückkehr nach Berlin. Aber dann eher am morgigen Sonntag.)
(Foto: Besatzungsmitglieder der Schleswig-Holstein in den Schutzanzügen, die sie bei der Aufnahme von Migranten tragen)
Laut Thorsten Jungholt, Weltgruppe, (bei Twitter) ist die „Schleswig-Holstein“ zur >Seenotrettungs-Fregatte< mutiert. So wird Bevölkerung über den wahren Charakter des Einsatzes der Deutschen Marine bei "EUNAVFOR Med“ verharmlosend hinter die Fichte geführt.
Dank an den Kontigentführer.
Ansonsten hört man, dass Retter und zu Rettende das Procedere verinnerlicht und harmonisiert haben. Die zu Rettenden fahren morgens los und werden pünktlich nachmittags gerettet. Ohne Panik, Stress und vorsätzlichen Leckschlagens des eigenen Bootes.
Läuft.
Ich glaube, bei den Flüchtlingen und MIgranten, für die der Weg übers Mittelmeer nur das letzte und dazu kürzeste Stück ihrer langen Flucht ist, kann man kaum von ‚kein Stgress‘ reden. Für die Schleuser schon eher.
(Ich schreib’s morgen noch mal auf, aber schon mal eine weitere Aussage von Mathesius: Die Deutschen stießen auf ein Boot mit eriterischen Kopten, die der festen Meinung waren, sie seien kurz vor der rettenden Küste und bräuchten keine Hilfe. Weil ihnen das so gesagt worden war.)
Es ist doch eigentlich schlichtweg pragmatisch, was die deutsche Prioritätensetzung anbelangt:
wenn Deutschland sich mit der Marine beteiligt, dann werden die Schiffe eben so effektiv wie möglich eingesetzt. Mit militärischen „Bordmitteln“ kann man sehr wenig gegen 1. the root causes und 2. the logistics of illegal/criminal human trafficking bewirken. Man kann aber sehr effektiv Nothilfe/Seenotrettung betreiben, abgesehen davon, dass Nothilfe/Seenotrettung völkerrechtlich sowieso im Frieden absolute Prio 1 ist…. und nach meinem Wissen befindet sich die EU nicht im „Kriegszustand“ mit ganz Afrika und NMO
@T.W.:
Eben.
Kein zusätzlicher Stress durch Leckschlagen, Überbordwerfen von anderen Ethnien/Religionszugehörigkeiten oder Verdursten.
Man „weiß“ sobald man ausschifft ist es „geschafft“.
Soweit ich gehört habe bisher keine Wasserleiche oder Verstorbener an Bord.
Aber vielleicht stimmt das auch nicht.
Insofern ist der „Stressfaktor“ [mir fällt kein andere Name ein] erheblich niedriger als zuvor.
es ist wie in deutschen debatten so oft.
solange eine seite von vorneherein die wohlklingenden euphemismen besetzt ist sie gegen jede kritik immun bzw. rationalen argumenten nicht mehr zugänglich.
Ansonsten könnte man sich ja fragen:
sind alle „geretteten“ bei „Rettung“ in „Seenot“?
ist die Seenot exogenen faktoren geschuldet oder seitens schleppern bzw. „Flüchtlingen“ vorsätzlich herbeigeführt?
Ist es nicht verantwortungslos und staatsrechtlich sowie normativ sinnwidrig als staatliche Institution schleusertätigkeit in Mittäterschaft zu betreiben?
wie lange bzw. bis zu welchen quantitativen ausmaß will man diese fährtätigkeit aufrechterhalten? Zustände in Italien sind bekannt.
Summa summarum. „Rettung“, Seenot“ „Schiffbrüchig“ und ähnliches tendenzvokabular sollte man auch und gerade in der presse nicht unreflektiert übernehmen weil sie zustände implizieren die möglicherweise nicht immer oder gar selten vorliegen.
Doch, Verstorbene gab es durchaus schon einige, ich weiss aber nicht, aus welchem Land das aufnehmende Schiff war.
„Verstorbene gab es durchaus schon einige“….. einige ?
Es sind mittlerweile tausende auf diesen Seelenverkäufern „verstorben“ !!!!!
Manfred Schmidt, Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, hat der FAZ unterdessen ein aufschlussreiches Interview gegeben, in dem er auch die Erkenntnisse seiner Behörde zu den Motiven der Migranten erwähnt:
Schmidt befürwortet diese Form der Zuwanderung gleichzeitig und begründet dies mit einem Auszubildendenmangel der deutschen Wirtschaft. Demnach wäre die Bundeswehr also vor allem aus Gründen der Beschäftigungspolitik im Einsatz, was mit ihrem grundgesetzlichen Auftrag aber nur schwer zu vereinbaren scheint.
naja ich würde von weniger Stress für die Schleuser reden. Das Geschäft läuft ja prächtig und wer kann mit so einer erfolgsquote schon hausieren gehen…
Wie crm-Moderator schon geschrieben hat, die Schleuser wissen genau ab welcher Seemeile die Retter schon auf die Menschen warten. Das Risiko für die geschleusten ist, dass die Schleuser immer miesere „Boote“ einsetzen
Was allen Berichterstattern durch die Lappen geht, ist der Anteil an Rettungsaktionen, den die Handelsschifffahrt beiträgt. Es entsteht der völlig unzutreffende Eindruck, die Marine(n) dort vor Ort würden den Löwenanteil schultern – das Gegenteil ist der Fall!
Gibt es dazu nähere Daten? IMO o.ä.?
Frage: Der hier angesprochene FKpt Mathesius, ist das der ehemalige Kommandeur SEK M?
Wenn ja warum ist der noch immer FKpt und gibt es einen Zusammenhang zwischen seiner Funktion als KS und ehemalige Kommandeur SEK M und der jetzigen Aufgabe, ich denke mal eher weniger?
Seenotrettung und Humanität den Flüchtlingen gegenüber ist kein Subjekt jedweder Diskussion, keine Frage. Die Deutsche Marine ist prominent beteiligt, das ist gut so.
Dies ist die eine Seite der maritimen Lage im Mittelmeer.
Die andere ist EUNAVFOR MED. “ …Die EUNAVFOR MED wird in mehreren aufeinanderfolgenden Phasen und im
Einklang mit den Anforderungen des Völkerrechts durchgeführt. Die Planung der Operation und die
erste Phase der Beobachtung und Prüfung von Menschenschmuggel- und Menschenhandelsnetzen im
südlichen zentralen Mittelmeer werden schnellstmöglich durchgeführt …“.
Soweit im Auszug aus o.g. EU-Papier.
Ich erkenne da einen AUFTRAG, nämlich >Beobachtung und Prüfung von Menschenschmuggel- und
Menschenhandelsnetzen<.
Wenn Truppe einen Auftrag erhält, lässt der jeweilige TrFhr diesen auswerten, u.a. die wesentliche
Leistung zur Auftragserfüllung herausarbeiten und sich das Ergebnis im Rahmen der BdL vortragen.
Wesentliche Leistung bedeutet in diesem Fall, durch Aufklärung Erkenntnisse zu
Schmuggel/Schleusern/Infra/Kommunikation zu beschaffen. Die BdL gipfelt in den Möglichkeiten des Handelns
und dem Entschluss, dem der Operationsplan folgt.
Soweit der rein militärisch-taktische Grundsatz. Der militär-strategische nennt sich "single set of
forces". Die Kräfte, die vorbereitet, ausgebildet und einsatzbereit zur Verfügung stehen für
multinationale Einsätze können nur EINMAL eingesetzt werden. Eine Truppe kann EIN Mandat zu 100%
erfüllen, nicht zwei. Mehrere Aufträge führen zur Zersplitterung der Kräfte und
Unredlichkeit in der Ausführung dem Auftraggeber gegenüber sowie zu Halbheiten im Ergebnis.
Dies Faktum sehe ich in gegenwärtiger Lage als existent.
Das verantwortliche Führer, zumal vor offenem Mikro und bei laufender Kamera sich politisch korrekt äußern, vermag kaum zu überraschen.
Insgesamt bewerte ich den "double headed" – Auftrag als unseriös in der Anforderung für die Deutsche
Marine.
@Der Grüne
Wie oben im Text steht: Kapitän zur See Mathesius. Und ja, es ist der ehemalige Kommandeur SEK M, danach aber noch in div. anderen Verwendungen.
Erinnern wir uns, wie noch vor kurzem einige Medien (u.a. SPON) indirekt kritisierten, wie „forsch“ und „ohne Abstimmung“ Verteidigungsministerin von der Leyen die Rettungsaktion im Mittelmeer „auf eigene Faust“ begann. Um mal wieder die einschlägigen Klischees gegen „diese Frau“ abzuarbeiten.
Wenn von der Leyen beim Entschluss zur Rettungsaktion nicht so kurzentschossen gehandelt hätte, dann wären die deutschen Marine-Schiffe auf dem Rückweg vom Horn von Afrika quer durch die Flüchtlingsschiffe hindurch gerauscht. Ohne womöglich Ertrinkenden zu helfen.
Man stelle sich als Scenario vor, an diesem Tag wäre ein hilfesuchendes Flüchtlingsschiff untergegangen, nachdem die Deutsche Marine kurz zuvor in Sichtweiter vorbeigefahren war. Die Bundeswehr und ihre Ministerin wären als egoistische, hartherzige „Mörder“ verschrien worden. Und zwar genau denselben kritischen Medien, von Pazifisten und links-grünen Oppositions-Politikern und „Flüchtlings-Campagneros“ in Deutschland. Der Satz „Soldaten sind Mörder“ wäre – auf diesem Hintergrund – nicht einmal unlogisch gewesen.
Der Marine-Rettungseinsatz war daher von Anfang an zwangsläufig und „alternativlos“. Die Schnelldenkerin im BMVg hat diese Zwickmühle in einen Vorteil verwandelt. Die Ministerin ist nicht in die „Soldaten sind Mörder“-Falle gelaufen.
Jetzt heißt es: „Soldaten sind Retter“.
Zwar ist das Ende des Mittelmeer-Dramas nicht abzusehen, auch nicht die Dauer des Marine-Einsatzes. Fast niemand zweifelt mehr den Rettungseinsatz an. Noch nie in ihrer Geschichte hat die Bundewehr in den Augen der Bevölkerung eine derart gute Figur gemacht wie jetzt – dank der Marine. Gerade in den Zeiten teurer Rüstungsskandale und einer naiven Abneigung vieler Menschen gegen alles Militärische sind humanitäre Einsätze für die Akzeptanz der Bundeswehr politisch unschätzbar wertvoll.
Der Besuch der Ministerin in Sizilien und das symbolhafte Speedboot-Foto verstärken diese Akzeptanz. Ihre Interviews an Bord des „Rettungsschiffes“ waren für die mitgereisten Journalisten überzeugend. Daher die SZ-Schlagzeile von heute: „Die stolzen Retter von Catania“.
So geht Politik.
@ lies.das | 05. Juli 2015 – 11:33
“ …Wenn von der Leyen beim Entschluss zur Rettungsaktion nicht so kurzentschossen gehandelt hätte, dann wären die deutschen Marine-Schiffe auf dem Rückweg vom Horn von Afrika quer durch die Flüchtlingsschiffe hindurch gerauscht. Ohne womöglich Ertrinkenden zu helfen. … “
Entschuldigung – bei allem Respekt gegenüber den Kommentatoren hier:
Ist DAS wirklich ernst gemeint ?
Falls NEIN sollte hier niemand einen solchen Unsinn über die ( Deutsche ) Marine verbreiten.
Falls JA scheinen Sie eine ausgesprochen „hohe Meinung“ der Junx und Mädels zu haben, die in See ihren Dienst für dieses Land leisten ….
Über den Rest sage ich mal lieber gar nichts …
MKn hat die SH bisher keine Toten/Wasserleichen aufnehmen/bergen müssen.
Weiß es jemand besser?
@lies.das
Hm. In der Tat scheinen Sie eine merkwürdige Einschätzung der Marine zu haben, die durch Flüchtlingsboote durchrauscht… Mein Eindruck ist, dass die sogar ohne Befehl Menschen aus Seenot retten würden…
Was Ihre Aussage angeht Ihre Interviews an Bord des „Rettungsschiffes“ waren für die mitgereisten Journalisten überzeugend.: Das Pressestatement der Ministerin einschließlich der Fragen haben Sie schon angehört, oder?
@all
Ich mach noch was Zusammenfassendes, aber es ist so heiß… also bisschen später. Mehr Fotos gibt es schon hier:
https://www.flickr.com/photos/wiegold/sets/72157655057279219
Hier mal ein paar Zahlen:
„Die Daten aus Griechenland, Italien, Malta und Spanien zeigen, dass die Zahl der Ankünfte von Flüchtlingen und MigrantInnen über das Mittelmeer in der ersten Jahreshälfte um 83 Prozent gestiegen ist (137.000 gegenüber 75.000 im Vergleichszeitraum 2014). Die letzten Jahre haben gezeigt, dass sich die Zahl der Meeresüberfahrten in der zweiten Jahreshälfte, vor allem während der Sommermonate, noch einmal signifikant erhöhen. Es muss daher von einem weiteren Anstieg der Zahlen ausgegangen werden. So kamen in der zweiten Jahreshälfte 2014 in den genannten Ländern fast doppelt so viele Menschen wie im ersten Halbjahr an. …….. Die Situation fand im April 2015 ihren tragischen Höhepunkt. Durch mehrere fast zeitgleiche Bootsunglücke verloren innerhalb eines Monats 1.308 Flüchtlinge und MigrantInnen ihr Leben oder sind seitdem vermisst (42 im April 2014). Diese Zahl fiel auf 68 im Mai und damit auf ein Viertel der ein Jahr zuvor dokumentierten Toten und Vermissten (226). Dieser Abwärtstrend setzte sich im Juni 2015 mit 12 Toten und Vermissten fort (Juni 2014: 305). Insgesamt kamen in der ersten Hälfte dieses Jahres 1.805 Flüchtlinge und MigrantInnen im Mittelmeer ums Leben oder sind vermisst (Januar bis Juni 2014: 590) – 2014 waren es im ganzen Jahr 3.500. …….
„Dieser zahlenmäßige Rückgang der Menschen, die im Mittelmeer ertrinken, ist ermutigend. Er ist ein Zeichen dafür, dass es mit richtiger Politik, unterstützt durch effektive Seerettungsmaßnahmen, möglich ist, mehr Menschenleben zu retten“, sagte Guterres. „Dennoch müssen wir wachsam bleiben. Für tausende Flüchtlinge und MigrantInnen, die weiterhin jede Woche das Mittelmeer überqueren, bleibt die Gefahr sehr real.“ “
http://www.unhcr.de/home/artikel/435da63ac57f3eaee63d95d2e4f7eb9b/mittelmeer-rekordzahl-von-fluechtlingen-und-migranten.html
Bei diesen Zahlen kann man schon von einer humanitären Katastrophe sprechen, die von Europa nicht einfach ignoriert werden kann und ganz bestimmt nicht von Deutschland als politische „lead-nation“.
Den bisherigen Beiträgen vermag ich weitgehend zu folgen. Lage: Dort die impotenten Flüchtlinge aus dem Süden, hier die potenten Retter aus dem Norden. Was zu tun bleibt, bedarf keiner Diskussion.
Aber wie lange, wieviel Monate, Jahre, mit welchem Ziel bleibt das so, welches ist der (definierte) „end state“?
Stellen wir uns einen neutralen Beobachter in geo-stationärer Lage über dem Mittelmeer vor, was beobachtet er:
1. Im Süden die nordafrikanische Küste
2. Im Norden die europäische Gegenküste
3. Von Süden schippern die Nussschalen nach Norden
4. Von Norden kommen ihnen die Fregatten entgegen
5. An einer imaginären Demarkationslinie im südlichen Drittel tauscht man Passagiere aus
Da fragt sich doch der Neutrale. nicht Informierte, was soll das, warum so schwierig?
Warum fahren die nicht gleich zur nordafrikanischen Küste zwecks Boarding, viel gefahrloser und nachhaltiger, oder?
Vielleicht habe ich es missverständlich ausgedrückt:
Ohne den Rettungsbefehlt hätte wäre die Marine einfach auf dem Heimweg durchs Mittelmeer gewesen. Natürlich hätte sie zufällig angetroffene Schiffe in Seenot gerettet, diese Hilfsbereitschaft habe ich ja auch nie angezweifelt. Dass die Marine durch die Flüchtlingsboot-Szene „hindurchrauscht“ (wie viele Handelsschiffe) – das war vielleicht etwas zu bildhaft für einen bundeswehrnahen Blog formuliert – ok. Doch : Kritische zivile Medienund POlitiker hätten eine Weiterfahrt einige Tage später genau so kritisiert. Seid bitte nicht medial naiv.
Denn nach einer oder zwei Zufallsrettungen hätten die Marine-Schiffe das Gebiet wohl wieder Richtung Gibraltar verlassen – der ursprüngliche Befehl war ja Heimatkurs. Es entstand quasi automatisch die moralische Verpflichtung, in der Gegend zu bleiben und nach Booten zu SUCHEN.
Oder hat hier schon jemand vorher gewusst, dass aus der Heimfahrt und aus dem Passieren der Meerenge vor Sizilien ein Dauereinsatz wird? Beide Varianten waren möglich.
Nochmals: Ich unterstütze die Hilfsbereitschaft und auch die emotionale Beteiligung der Marine mit vollem Herzen. Daher empfinde ich die „merkwürdige“ Verständnislosigkeit einiger Blogger als ungerecht, die verstehen das miß‘. Ich habe nur den politischen und medialen Hintergrund in Deutschland beschrieben. Der ist nicht so unkritisch wie hier offenbar mache glauben. Umso wichtiger ist der riesige Beitrag der Marine. Nicht nur für die geretteten Menschen, sondern auch für Euer Image als Soldaten.
Das MAREM Projekt (Ruhr Uni Bochum) verfolgt und zeichnet die Flüchtlingsströme im Mittelmeer: http://www.ruhr-uni-bochum.de/marem/en/map.shtml
Eigentlich habe ich die (niederländische?) Studie und Animation (Flash?) gesucht, welche über die Jahre hinweg die Anzahl der Ertrunkenen anhand der registrierten Flüchtlinge extrapolierte, ich kann das aber gerade einfach nicht mehr finden.
Fakt ist und bleibt ansonsten: Auf See kann und wird man gegen die Schleuser wenig bis nichts tun können. Die Bemühungen, eine Regierung der nationalen Einheit in Lybien hinzubekommen sollen sich ja verstärkt haben, dies scheint der derzeit vielversprechendste Lösungansatz zu sein.
Ich will noch eine ziemlich umfassende Publikation der IOM nachtragen: Ab Seite 85 findet sich im chapter 3: „Tracking deaths in the Mediterranean“: http://publications.iom.int/bookstore/free/FatalJourneys_CountingtheUncounted.pdf (die „International Organization for Migration“ ist eine INGO mit derzeit 157 Mitgliedsstaaten).
Bei dpa gibt es auch eine Zusammenfassung. (Link – falls erlaubt). Es wird auch der DBWV zitiert. War der schon vor Ort? Er soll laut BMVg.de doch im IRAK gewesen sein. Naja, ich bin gespannt, was der Hausherr noch dazu schreibt. Wenn ich die Fotos im Netz oder in der BamS sehe, dann wirkt das wie ein Show-Ausflug. Wieviele Journalisten waren dabei? Mehr als 10? Wurde etwas zur deutschen Lösungsidee gesagt?
http://www.eu-info.de/dpa-europaticker/263415.html
@FK70 und all
Ein paar ihrer Fragen – und einige andere – habe ich versucht in einem neuen Eintrag zu beantworten.
Mal eine ganz andere Frage: Bei aller Wertschätzung für KzS Mathesius: Warum leistet sich DEU (erst Recht nach dem Unterstellungswechsel der Plattformen zu EUFORMED) noch einen eigenen nationalen Kontingentführer (und wahrscheinlich Stab?) an Bord einer Fregatte, welche auftragsbedingt ohnehin regelmäßig an die Grenzen ihrer Einschiffungskapazitäten geführt wird?
Ich kann mir nicht vorstellen, das die national / koordinierenden Aufgaben für eine F123 und einen T404 so gewaltig sind, das das der Kommandant SLH und sein Team nicht noch „nebenbei“ machen können, der (administrative Rest) läuft doch ohnehin über das EinsFüKdo Bw.
Kann mich jemand erleuchten, was der Hintergrund dieser zusätzlichen Zwischenebene ist?
@Prometheus,
Das Naheliegendste für einen eigenen KtgFhr im Dienstgrad KzS ist: Kein italienischer Konteradmiral spricht mit einem FKpt – auf Augenhöhe.
Und wenn Sie sich den CV des KzS ansehen, ministerielle Verwendungen etc, dann hat das BMVg da einen exzellenten Stabsoffizier auswählen lassen, der mit NATO Flaggoffizieren nötige Augenhöhe repräsentiert und die im Umgang mit Medien eforderliche Souveränität gewährleistet.
EUNAVFOR MED ist nämlich, neben allem hier vielfach Erörtertem, eine höchst politische Operation mit der Qualität, im Falle des Scheiterns, Köpfe in Berlin rollen zu lassen.
@KPK
Zum Scheitern gehört zuerst einmal die Definition eines Zieles um dann die Ablage bestimmen zu können.
Kein Ziel, keine Ablage, kein Scheitern.
Weiß jetzt nicht genau @Thomas Melber, worauf Sie sich beziehen, Auftrag und Ziel ergeben sich bei EUNAVFOR MED aber aus
https://bw2.link/j5hEZ und den zugrunde liegenden EU-Rechtsgrundlagen vom 18. Mai und 22. Juni 2015.
Allerdings ist das, was hier Auftrag genannt wird, (noch einmal zum Vergleich unten), kein mil Auftrag, sondern eine ziemlich unpräzise Vorhabenbeschreibung, aber für Presse und Öffentlichkeit reicht’s, und darauf kommt es doch wesentlich an???
„Auftrag:
Die Schiffe der EUNAVFOR MED werden im Seegebiet zwischen der italienischen und libyschen Küste, außerhalb der libyschen Hoheitsgewässer eingesetzt. Sie sollen Informationen über die kriminellen Netzwerke der Schleuser sammeln. Die Größe des Seegebiets entspricht in etwa der Fläche Deutschlands.
Die Aufgabe der Seenotrettung bleibt weiterhin bestehen. Sie ist die Pflicht eines jeden Seefahrers nach dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen und dem Übereinkommen zum Schutz menschlichen Lebens auf See. Die Seenotleitstelle (Maritime Rescue Coordination Centre, MRCC) Rom koordiniert die Rettungseinsätze“.
@KPK
„, … sondern eine ziemlich unpräzise Vorhabenbeschreibung, …“
Das ist kein Auftrag ieS. Sehr unbestimmt und nebulös.
Ist die Seenotrettung eine Auflage? Sind die Kräfte überhaupt zur Informationsgewinnung befähigt? Wie? Wer wertet diese aus? Wie werden die Auswerteergebnisse verwertet?
Steht Rettung im Konflikt mit Informationsgewinnung oder läuft das parallel oder ist sogar Voraussetzung (Befragung, o.ä.)?