Das Heer macht Schluss mit 50 Shades of Grey

Heeresgrau

Knapp ein Jahr nach Amtsantritt muss Johannes Poeppel der Geduldsfaden gerissen sein. Der frühere Wehrmachtsoffizier, Artillerist und seit April 1979 Inspekteur des Heeres der Bundeswehr, wies die Männer – damals gab es Frauen nur im Sanitätsdienst – seiner Truppe im April 1980 darauf hin, dass nun Schluss sein müsse mit den vielen unterschiedlichen Grautönen, in denen die Heeressoldaten die Jacke ihres Dienstanzugs trugen.

Im Heer werden von Selbst- und Teilselbsteinkleidern Dienstanzugjacken/Skiblusen in unterschiedlichen Grautönen getragen. Bei Anlässen, zu denen Truppenteile in geschlossener Formation im Dienstanzug antreten, fällt dieses unterschiedliche Erscheinungsbild negativ auf. Es muss sichergestellt werden, daß bei geschlossenem Antreten ein einheitliches äußeres Erscheinungsbild gewährleistet ist.

befahl Poeppel mit Datum vom 30. April 1980 unter dem Aktenzeichen Fü H I 3 – Az 49-01-00. Und er setzte konkrete Daten:

Alle Selbsteinkleider, verfügen spätestens am 01.04.192 – 1. GebDiv ab 01.01.1983 – mit Ablauf der Tragezeiten für Dienstanzugjacken/Skiblusen über eine Dienstanzugjacke/Skibluse, in dem dienstlich festgelegten Heeresgrau, das dem der am 1968 dienstlich gelieferten Dienstanzugjacken/Skiblusen entspricht.

Allerdings war dem Erlass des Generalleutnants wenig Erfolg beschieden. Jahrzehnte später treten die Offiziere des Deutschen Heeres, die sich als Selbsteinkleider ihren Dienstanzug selber kaufen, weiterhin mit einer breiten Palette von Grautönen an – vom Lichtgrau bis zu dunklem Jackett in Anthrazit. An der Präsentation der 50 Shades of Grey beteiligen sich fast alle, bis hin zum Vier-Sterne General.

Jetzt unternimmt Poeppels Nachfolger Bruno Kasdorf, knapp zwei Monate vor Dienstende, einen neuen Anlauf. Mit Datum vom 27. April erließ der Generalleutnant die Weisung zum Tragen des Dienstanzuges im Heer. Darin steht unter anderem:

Meine Absicht ist, dass sich die Professionalität des Heeres auch in seinem sichtbaren Auftreten widerspiegelt und dazu alle Angehörigen des Heeres so zeitnah wie möglich dazu beitragen, indem sie den Dienstanzug anlassbezogen vermehrt tragen und dabei in geschlossenen Formationen in einem einheitlichen „Heeresgrau“ antreten. (…)
Alle Angehörigen des Heeres verfügen spätestens ab 01. Juli 2016 über eine Dienstanzugjacke/Schibluse, die sie zu den genannten Anlässen [davor steht eine Liste mit grundsätzlicher Verpflichtung für den Dienstanzug, u.a. Dienstreisen im In- und Ausland; T.W.] tragen und deren Farbton „heeresgrau“ (wie „basaltgrau“ gemäß RAL 7012) den Vorgaben der ZDV 37/10, Ziffer 229 und den Bildern 207/1-2 und 208/10 entspricht. Teil- und Selbsteinkleider stellen sicher, dass auch beim Erwerb über LHD Group GmbH oder andere Anbieter diese Farbanforderung für mindestes eine Uniformjacke erfüllt wird.

Und Kasdorf geht sogar über den Erlass seines Vorgängers 1980 hinaus. Poeppel hatte damals noch das Zugeständnis gemacht: Die Beschaffung zusätzlicher Dienstanzugjacken/Skiblusen in geringfügig abweichenden Farbtönen bleibt unbenommen. Damit kommt man bei Kasdorf nicht durch:

Ab 01. Januar 2019 ist nur noch die Dienstjacke, basaltgrau (RAL 7012) zu tragen.

Zu diesem Farbton hat Wikipedia in der Anmerkung zur Farbtabelle noch einen interessanten Hinweis: Basaltgrau, RAL 7012, ist die Unterwasser-Tarnfarbe der Deutschen Marine. Vielleicht wurde deshalb die Weisung der Streitkräftebasis vom 11. Juni, mit der der Befehl für die Heeresuniformträger in der Streitkräftebasis weitergegeben wird, von einem Flotillenadmiral unterschrieben.

Nachtrag: Von Heeresuniformträgern wurde ich darauf hingewiesen, dass der Erlass von 1980, der bislang ja unverändert galt, in den meisten Dienststellen nicht mehr auffindbar sein dürfte. Da helfe ich gerne aus, zumal die damalige Weisung nicht eingestuft war/ist:

Weisung_1980_Tuchfarbe_Heer