Open Source: Russlands militärische Aktivitäten in der Ukraine
Der Atlantic Council veröffentlicht am (heutigen) Donnerstag eine Dokumentation über (offiziell von Russland dementierte) russische Militäraktivitäten in der Ukraine, die – so weit ich das bisher sehen kann – ausschließlich auf der Zusammenstellung offener Quellen beruht. Das Projekt Hiding in Plain Sight – Putin’s War in Ukraine wurde zusammen mit dem britischen Blogger Elliot Higgins und seinem Open-Source-Project Bellingcat realisiert und bezieht auch Erkenntnisse aus dem Bericht ein, den der ermorderte russische Oppositionsführer Boris Nemzow initiiert hatte.
Kernaussagen aus dem Bericht, wie sie der Atlantic Council veröffentlichte:
- Satellite images confirm the movement of Russian troops and camp buildups along the Ukrainian border.
- Russian training camps stationed along the Ukrainian border are the launching points of Russia’s war in Ukraine. These camps are the staging ground for Russian military equipment transported into Ukraine, soon to join the separatist arsenal, and for Russian soldiers mobilized across Russia to cross into Ukraine.
- Commanders order Russian soldiers to conceal the identifying features of military vehicles, remove insignia from uniforms, and travel across the border to join separatist forces in eastern Ukraine.
- A variety of Russian manufactured arms and munitions—not used by the Ukrainian military—have appeared in the hands of separatists, including shoulder launched surface-to-air missiles (MANPADS), various types of rocket launchers, anti-tank guided missiles, landmines, and various small arms.
- During key offensives, Russian forces in Ukraine have received cover from Russian territory. A combination of satellite data, crater analysis, and open source materials confirms that many attacks originated in Russia.
Der gesamte Bericht steht hier zum Herunterladen; der Bericht Nemzows war in einer englischen Übersetzung bereits gestern veröffentlicht worden.
Zu diesem Thema gehört auch (hier schon erwähnt) ein ebenfalls gestern veröffentlicher Exklusivbericht der Nachrichtenagentur Reuters: Russia masses heavy firepower on border with Ukraine – witness mit der dazugehörigen Bildergalerie. Und ein Erklärstück in der New York Times: Armed With Google and YouTube, Analysts Gauge Russia’s Presence in Ukraine
Nachtrag: Und diese Meldung von RFE/RFL gehört auch in den Kontext:
Russian President Vladimir Putin has signed a decree that classifies military losses during special operations in peacetime.
The edict, on amendments to a 1995 presidential decree on state secrets, was published on Russia’s official legislative website on May 28.
Previously, information on Russian military losses was classified as a state secret only during wartime.
… und da ich an alles denke: Für diejenigen, die RFE/RFL nur für eine verkappte US-Propagandaveranstaltung halten, die Meldung der BBC:
Russian President Vladimir Putin has signed a decree to make losses of Russian troops in peacetime a secret.
The amendment bans information about the deaths of Russian forces „during special operations“ in peacetime.
Before the amendment was signed by Mr Putin on Wednesday, the loss of troops was a state secret only in wartime.
The decree gives no details of what is meant by „special operations“.
(Da bei diesem Thema mit den Kommentaren bisweilen merkwürdige Dinge passieren, setze ich die Kommentarfunktion auf moderiert.)
Ich bin zutiefst dankbar für solche Links.
Links, die die Dinge beim Namen nennen.
Links, welche die völlige Missachtung der KSZE-Schlussakte, Bruch des UN-Völkerrechts, Bruch des Budapester Memorandums aufzeigen.
Ich hätte nicht gedacht, dass wir es wieder mit einem solchen Russland zu tun haben werden – Hegemonialpolitik allerbester Qualität.
Da zeigt der Herr im Kremel sein Sowjetgesicht. Anders auch nicht zu erwarten, waren es doch seine Lehr- und Wanderjahre.
KSZE gelang nur, weil UdSSR damals ökonomisch bereits vor dem Tal der Tränen stand und sie sich durch ‚compliance‘ bessere Wirtschaftshilfe versprachen. Zudem wuchs die Erkenntnis, dass der Rüstungswettlauf nicht zu gewinnen war. Also macht man auf gut Wetter.
Das muss der neue Zar noch lernen.
Schöne Zusammenfassung bekannter Fakten. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Aber da wird es ganz besonders in meiner Wahlheimat M-V in und um Schwerin, Rostock und Neubrandenburg ’ne ganze Menge Leute geben, die diese Dokumentation (ich nenn das jetzt einfach mal so)
a) als US-gesteuerte Propaganda abtun (m.E. minderschwerer Fälle) oder
b) als Dokumentation des gerechten, russischen Aufbäumens gegen die Unterjochung von „Volksgenossen“ durch die (micro)imperialistischen Ukrainer betrachten (mittelschwere Fälle) oder
c) als längst überfällige Wiederauferstehung des Sowjetreiches begrüßen (die wirklichen und leider nicht therapierbaren Fälle – Altgenossen und Jungspinner).
Gott sei Dank bilden diese Gruppen heutzutage in der Summe nur noch eine vernachlässigbare Minderheit. Wir arbeiten dran, dass das auch so bleibt!
@Klaus-Peter Kaikowsky | 28. Mai 2015 – 17:42
Das wirklch schlimme ist, dass „der Zar“ es geschafft hat, das westliche Bündnis so weit „einzulullen“, dass dieses seine konventionelle (mil)Verteidigungsfähigkeit de facto aufgegeben hat. Ich will’s mal so formulieren: „Nie war Europa so offen wie heute“.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 28. Mai 2015 – 17:42
M.E. viel schlimmer ist, dass es dem „Zar“ ganz offensichtlich gelungen war, das westliche Bündnis – zumindest einen Großteil der Europäer – regelrecht „einzulullen“. Mit dem Ergebnis, dass dessen (mil) Verteidigungsfähigkeit im konventionellen Bereich de facto nicht mehr vorhanden ist. Das ist aber wohl ein OT – hoffentlich jedoch mit der gebotenen Beachtung durch die Gremien auf nationaler und auf NATO-Ebene, die „das Ruder noch herumreißen“ könnten.
@Hans Schommer In Sachsen gibt es auch noch die, die mit dem mühsamen Weg der Demokratie nicht klarkommen und deshalb Putin als den „starken Mann“ bejubeln. Auf der anderen Seite auch die, die seit über einen Jahr wieder Hilfsgüter sammeln und in die Ukraine fahren (wie weiland nach Kroatien). Beide Seiten kommen aus dem seriösen konservativen Lager.
Ich meine sogar, dass KSZE damals eine wesentliche Initiative der Sowjets war, um die Beziehungen zum Westen zu formalisieren und das Glacis der Osteuropäischen Staaten abzusichern. Heute haben wir es mit einem ganz anderen Russland zu tun. Es wird interessant sein zu beobachten, inwieweit Russland den Konflikt jetzt runterfährt (Ende Sanktionen bewirken, Ende Neurussische Bestrebungen (??)…) oder den Konflikt bei Bedarf wieder hochfährt.
Im Juni will die EU über die Fortsetzung der Sanktionen gegenüber Russland entscheiden. Da kommen die „Entscheidungshilfen“ des „Atlantic Council“ ja gerade rechtzeitig.
Aber wir haben ja auch noch den „Realitäts-Check“ des Auswärtigen Amtes als Orientierungshilfe im dichten Geflecht des Ukraine-Konfliktes. Gut, dass es diese wirklich hilfreiche Handreichung gibt.
Und bei ganz kniffligen Fragen kann man ja immer noch Boris Reitschuster fragen, einen der anerkanntesten Russlandexperten in Deutschland.
Trotzdem wird nicht ganz auszuschließen sein, dass jetzt wieder Stimmen laut werden, die uns weismachen wollen, der Atlantic Council wolle nur die Politik der EU gegenüber Russland beeinflussen.
Das stimmt natürlich nicht. Denen geht’s nur um den Nachweis, dass russische Truppen in der Ukraine eingesetzt sind. Dabei ist das schon so oft bewiesen worden, dass man sich fragt, warum die das erneut beweisen wollen.
Die müssten nur bei ARD und ZDF nachfragen, die haben das auch schon oft bewiesen. Na ja, ein erneuter Beweis vor wichtigen EU-Entscheidungen kann ja nicht schaden.
Leider alles schon, soweit man sich für dieses Thema interessiert, bekannt.
Was ich vermisse ist eine Strategie der Nato, EU etc. dem entgegen zu wirken bzw. auch mal einen Schritt voraus zu sein.
Werter Herr Wiegold,
ich bin nun innerhalb der letzten beiden Stunden mit zwei Kommentaren offensichtlich „abgeblitzt“. Als Neuling im Blog gestatte ich mir die Empfehlung, dem Kommentierenden dann doch zumindest mitzuteilen – ggf. im Blog per @all, was er falsch gemacht hat.
MfG
Hans Schommer
@All
Die Wahrheit in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.
Schön, dass in diesem Fall das bekannte Zitat in einer leicht abgewandelten Form zutrifft.
Leider braucht das Zusammentragen solcher Fakten Zeit, Sorgfalt, Fachwissen und leider auch Mut zum Risiko.
Letztendlich kommen solche investigativen Berichte leider immer zu spät, um in der heißen Phase eines Konfliktes die öffentliche Meinung beeinflussen zu können.
Umso wichtiger ist es, dass unsere Politik aufgrund einer guten nachrichtendienstlichen Lage ihre Entscheidungen fundiert treffen kann.
In den entsprechenden Zeiträumen tobte auch in den deutschen Internetmedien eine Schlacht um die Deutungshoheit.
Das Gefühl sagte mir damals, dass es sich durchaus um professionelle Schreiberlinge handelte, die mit ihren teilweise unsinnigen Kommentaren die Foren volkleisterten.
@Hans Schommer
Für mich persönlich ist, bei allen Fehlern der USA und ihrer Politik, nicht nachvollziehbar, wie sich aus einem Hass gegen die USA eine Sympathie für die Politik Russlands ergeben kann.
Die fehlerhaften Weichenstellungen in Russland was demokratisches Verständnis, Rechtssicherheit, Wohlstand und Innovationsfähigkeit angeht, sind ja eigentlich nicht zu übersehen.
Es würde mich erschrecken, wenn diese Sichtweise in den neuen Bundesländern dominiert, den gerade dort sollte man sich darüber im Klaren sein, welche Rolle die UDSSR gegenüber der DDR einnahm und dass die DDR vom Wesen ihrer Institutionen ein Unrechtsstaat war. Ab hier führt die Diskussion jedoch zu weit weg vom Thema.
@T.Wiegold
Großes Lob für dieses Forum, in dem sicherheitspolitische Themen weitgehend frei von Trollen und überzogener Moderation diskutiert werden können.
„Schöne Zusammenfassung bekannter Fakten. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.“
Credit to whom credit is due. Viele dieser „bekannten“ Fakten, hat bellingcat ja erst bekannt gemacht. Hervorragende journalistische Arbeit die zeigt, wie moderner Journalismus zu funktionieren hat und nicht alles „Bild“-Niveau ist.
Gruß,
Arian
@hans Schommer
Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ( klausewitz)
Schon mal darüber nachgedacht?
Ständiges provozieren löst das Problem nicht, hier ist eine kluge Politik gefragt und da fehlt es im Moment.
Darüber sollten sie nachdenken, wir haben bisher in Europa friedlich miteinander gelebt und ich möchte das es so bleibt, also Akzeptanz der Meinung und Interessen anderer und da scheint es haben sie ein Problem.
Das ist meine Meinung einfach nur so zum nachdenken:-)
@all – und auch und gerade an die, deren Kommentare ich jetzt nicht freischalte:
Pardon, aber wer – noch dazu als bisher in diesem Blog nie aktiver Kommentator – mit etwas merkwürdigen Quellen/Links kommt oder die alte, inzwischen von den Russen selbst nicht mehr aufrecht erhaltene Theorie „MH17 wurde von einer ukrainischen Maschine abgeschossen“ verbreiten will, findet sicher bessere Foren.
Und auch muss ich einige um Sachlichkeit bitten und darum, nicht mit einer ‚Fünfte Kolonne‘-Argumentation zu kommen.
@Hans Schommer
Einfach mal lesen, was hier im Text steht, ehe man sich beschwert. Aber für Sie noch mal als Nachhilfe:
Ich würde gerne mal Mäuschen beim geschlossenem NATO-Treffen spielen welche Konflikte welche Stellenwerte haben und wo man Nachbesserungsbedarf sieht (was etwas anderes als Nachbesserungsfähigkeit ist).
Inzwischen brennt es ja wirklich allüberall direkt vor westlichen Sicherheitssphären, sei es die arabische Welt, die ehemaligen Sowjetstaaten, das südchinesische Meer, jeder versucht gerade auszuloten ab wann der Westen reagiert und so wie es aussieht reagiert er kaum bis spät.
Da wirkt die Zeit vor zehn Jahren (Somalipiraten, Irak, Afghanistan, Kolumbien) ja fast schon übersichtlich und friedlich.
Wie geht man als Politik mit einem Informationsvakuum bzw. einer Kakophonie sich wiedersprechender Informationen um?
Die Entwicklung der Ukrainekrise hat gezeigt, dass die Politik auf allen Ebenen, angefangen von den Parteien bis hin zu den Ländern der EU, dazu kein funktionierendes Konzept hatte.
Weiterhin hat sich gezeigt, dass die EU zwar wirtschaftlich ein Schwergewicht ist, politisch aber durch fehlende, handlungsfähige Außenpolitische Institutionen unter die Räder gerät bzw. einfach zu spät aus den Startlöchern kommt.
Nachdem nun immer mehr Fakten aus unterschiedlichsten Quellen auf den Tisch kommen, die die Beteiligung Russlands am Krieg in der Ukraine belegen, sollte es zumindestens gelingen eine konsequente und zielführende Politik der EU gegenüber Russland auch vor den europäischen Bürgern zu rechtfertigen.
@Walter 21:45
Dass dieses Klausewitz Zitat nur noch bedingt zutrifft zeigt dass Handeln Russlands.
Krieg wird i.d.R. nicht mehr einfach von den eigenen Bürgern akzeptiert.
Den Gegner überwinden zu können, reicht als Begründung nicht alleine aus.
Russland versucht vielmehr seine Beteiligung abstreitbar zu halten und hält sich dadurch, dass es sich nicht zu seinem Handeln bekennt, manigfaltige Rückzugsoptionen offen.
Wie gefährlich man die Wahrheit über eine Kriegsbeteiligung in der Ukraine ansieht zeigt das neu verabschiedete Gesetz, dass den Tod von Soldaten in Friedenzeiten zu einem Staatsgeheimnis erklärt.
Letztendlich ist Russland immer noch in einer Kolonialmentalität verhaftet. Da die russischen „Kolonien“ sich nicht in Übersee befinden erscheint es mit einfachen Mitteln möglich dort weiterhin den Ton anzugeben. Russland täte gut daran sich genau anzusehen, warum sich Frankreich und England von ihrem Kolonialbesitz getrennt haben und welche neuen Handlungsmöglichkeiten sich daraus ergben haben.
@T.Wiegold | 29. Mai 2015 – 0:18
Ja, Herr Wiegold, hatte ich gelesen, verstanden und find ich auch gut. Nur die technische Umsetzung hatte mich verwirrt – daher auch die Doppelung. Aber ist ja alles da – was mich wiederum beruhigt. Nun weiß ich’s besser.
MfG
Hans Schommer
Der Bericht ist 100% reine Heuchelei.Wer einen Putsch in einem souveränen Staat organisiert und eine gewählte demokratische Regierung stürzt sollte in diesem ziemlich großen Glass nicht anfangen mit Steinen zu werfen zumal Russland nie verschwiegen hat die Loyalisten mit Freiwilligen und Material zu unterstützen,Stichwort Voyentorg.Dies hat nichts mit der so oft herbeigelogenen russischen Invasion zu tun.In der Ukraine kämpfen keine russischen Einheiten.Von internationalen Recht zu faseln tun ausgerechnet jene die es ständig brechen.Vielleicht sollte man sich mal in diesem Blog mit der Finanzierung von al-Queida und seinen diversen Ablegern durch westliche Geheimdienste,Quatar,Saudi Arabien,Israel und die Türkei beschäftigen.Vielleicht mit dem offenen Angriffs des engsten Verbündeten der USA in der Region auf einen souveränen Staat als Hilfe für al-Queida im Jemen.
[Ich toleriere ja eine ziemliche Bandbreite an Meinungen hier, nicht aber Links zu allem und jedem Verschwörungstheoretischen. Link deshalb entfernt. T.W.]
@ Ungedienter | 28. Mai 2015 – 18:41
„… Beide Seiten kommen aus dem seriösen konservativen Lager.“
Die Ersteren wohl eher nicht.
Zum Thema: Interessant wäre es sicher auch zu verfolgen, wie (lange) sich der Lebensweg der beiden von den Ukrainern festgenommenen, „bekennenden“ GRU SpezNas fortsetzt.
Wie der Beitrag von dirigist | 29. Mai 2015 – 11:22 zeigt, könen die von mir identifizierten Kategorien (Hans Schommer | 28. Mai 2015 – 18:05) der „Russland ist ein freies, demokratisches, die Menschenrechte achtendes Land“ – Theoretiker durchaus auch kummulativ auftreten.
@Hans Schommer
Was dirigist gesagt hat: „wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen“ stimmt doch.
Ich erinnere nur ‚mal an die Unterstützung der syrischen Rebellen beim „regime change“. Für eine moralische Überhöhung des Westens gibt es überhaupt keine Grundlage.
Ich dreh‘ da die Hand nicht um.
(Moderation -?)
Leider sind Bellingcats Methoden nicht wissenschaftlich aber dafür politisch. Finanziert von transatlantischer Lobby wird schön stramm Meinung gemacht.
@Feldwebel
Belege?
(Sie verstehen, dass Sie auf der Troll-Verdachtsliste ziemlich weit oben stehen, wenn Sie zum allerersten Mal in diesem Blog kommentieren und dann so schön stramm mit solchen Behauptungen ankommen. Für wie blöd haltet ihr alle mich eigentlich?)
Aus der Betrachtung Europas ist es ganz einfach, Russland hat in Europa ein anderes Land überfallen und versucht mit mili Mitteln seinen Einfluss und Staatsgebiet zu erweitern.
Die USA haben dies in Europa nicht getan. Die europäische Ordnung wird durch Russland gestört und alte Rechnungen mit mili Mitteln wieder geöffnet. Europa hat ein Interesse Gebietsansprüche nicht mit mili Mitteln zu regeln.
Wer sich über das Verhalten der USA äußeren möchte, sollte das dort tun, wo es Diskussionsgegenstand ist. Dafür gibt es genügend andere Foren.
Feldwebel | 29. Mai 2015 – 12:03
Ich unterstütze mal mit Blick auf die Ihnen abverlangten „Belege“: FAZ-Online brachte gestern (28.05.15) einen interessanten Artikel von Oliver Kühn aus dem ich (hoffentlich ist das statthaft) kurz zitiere:
„Die Fachleute des „Atlantic Council“ verfolgen mit ihrem Bericht dezidiert die Absicht, die Politik des Westens Russland gegenüber zu beeinflussen… Dazu gehört ihrer Ansicht (Atlantic Council) nach mindestens auch die Verlängerung der europäischen Sanktionen gegen Russland, über die die EU-Staaten im nächsten Monat entscheiden wollen.“
Wenn also auf „eindeutige und bestimmte Weise“ (dezidiert) Einfluss auf europäische Entscheidungen genommen werden soll, könnte man ja zumindest mal fragen, ob die westliche „Sanktionitis“ für Europa weiter von Nutzen ist oder nur den Interessen der USA dient.
OT, passt aber grade: ein Bericht auf SPON über eine russische Troll-Fabrik:
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/russische-trollfabrik-eine-insiderin-berichtet-a-1036139.html
Als Beleg für die „wissenschaftlichen“ Methoden von Putins kleinen Helferlein ist dieser Spiegelbericht ganz nützlich:
„Russische Propaganda Insiderin berichtet aus der Trollfabrik des Kreml“
(ohne link, aber leicht auf SPON zu finden, falls der link doch statthaft ist, kann man das ja nachtragen).
Immer wieder interessant zu sehen, wie heute noch genau die gleichen Mechanismen und Versatzstücke der Propaganda in Moskau verwertet werden, die schon Wolfgang Leonhard unter ganz anderen Voraussetzungen kennen gelernt hat.
Re: StMarc | 28. Mai 2015 – 18:57
„Ich meine sogar, dass KSZE damals eine wesentliche Initiative der Sowjets war, um die Beziehungen zum Westen zu formalisieren und das Glacis der Osteuropäischen Staaten abzusichern“.
JA und NEIN, und um der Legendenbildung vorzubeugen, die Sowjets wollten alles, nur nicht mit dem Westen über Menschenrechte etc verhandeln. Dies war nach kommunistischer Lesart ein Eingriff in die, wenn es zur Sache zu gehen drohte, „Eingriff in die inneren Angelegenheiten der Sowjetunion.“ Dies traf faktisch zu, kennzeichnet aber den Normalzustand, wenn gegensätzliche Partner am Verhandlungstisch sitzen.
Zwar schlug tatsächlich der Warschauer Pakt (WP) schon 1967 eine Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) vor.
Die Konferenz sollte aber vor allem zur Auflösung der bestehenden Allianzen beitragen und die USA und Canada- als nicht-europäischen Staaten – aus Europa hinausdrängen, um somit eine zweifellose militärische und ff auch politische Dominanz in Westeuropa zu verwirklichen.
Wesentliche Leistung, von vor allem Hans Dietrich Genscher, damals FDP-Außenminister war es, die USA/Canada als Teilnehmer gegen die Sowjets durchzusetzen. Die erfolgreiche Beendigung des KSZE-Prozesses war im Rückblick erster Schritt zum Zusammenbruch der UdSSR, des WP und des RGW. Dies konnte den weitsichtig strategisch handelnden Sowjets aber nicht klar sein, sie waren auf dem Höhepunkt ihrer Machtentfaltung und unterschätzten die langfristige Kraft des freien Willens der Völker.
Gelernt daraus hat allerdings bis heute ein ehemaliger Sowjetbürger:
Wladimir Wladimirowitsch Putin.
Bei Außenministerium.de erläutert Hr Steinmeier in einem Video die Ziele seiner Ukraine-Reise.
Gibt es eigentlich eine ähnliche Analyse seitens der OSZE oder vom SIPRI? Persönlich glaube ich, daß das Projekt Novorussia durch Moskau zwar am „köcheln“ gehalten wird, aber de facto beendet ist. Die Separatisten werden zwar am Leben gehalten und gleichzeitig die „Machno“-orientieren Teile dort entmachtet – nur ein „Anschluß“ bzw. eine Eigenstaatlichkeit sind Schimären…
Was wollen die „Separatisten“ ? Das sagen sie ganz offen selber :
Alexander Sachartschenko, de facto „oberster Separatist“ und „Ministerpräsident der Volksrepublik Donezk“ im Interview mit Vice News, „Russian Roulette“, Dispatch 106, Minute 5.00 des Interviews:
„Der großartige Staat UdSSR muss wiederrichtet werden“
@Politikverdruss: Ihre Frage: „Wenn also auf „eindeutige und bestimmte Weise“ (dezidiert) Einfluss auf europäische Entscheidungen genommen werden soll, könnte man ja zumindest mal fragen, ob die westliche „Sanktionitis“ für Europa weiter von Nutzen ist oder nur den Interessen der USA dient.“ ist m.E. doch ziemlich schnell beantwortet:
Da wir (d.h. Westeuropa im Besonderen und D im Speziellen) uns nicht selbst verteidigen können, sind wir grundsätzlich auf den US-Schutz angewiesen, sozusagen als eine Koalition der notgedrungen Willigen (notgedrungen heißt hier unter anderem, dass wir nicht alles billigen oder auch nur für vertretbar halten, was unsere Vormacht so alles vormacht.)
Dass wir dieses Schutzes bedürfen, hat Putins Krieg gegen die Ukraine deutlich gemacht, denn hier wurden erstmals nach 45 in Europa Grenzen mit Gewalt verschoben, ein regelrechter Raubkrieg angezettelt.
Solange diese kriminelle, skrupellose Bande namens russische Regierung mit ihrem Capo Putin an der Spitze amtiert und die überwiegende Mehrheit der Russen dem Raubkrieg auch noch Beifall spendet (ganz so wie die aus eigener Schuld verblödeten Deutschen des Jahres ´40, die sich kaum zu lassen wussten vor Freude darüber dass „unser Führer“ den Franzosen endlich mal wieder was aufs Dach gegeben hat) bleibt uns gar nichts anderes übrig. Und sie dürfen sicher sein dass dies wenn auch nicht der Formulierung so doch der Grundlinie nach die Mehrheitsmeinung hierzulande ist.
Und das ist auch gut so.
@Hohenstaufen:
Danke. Ich habe seit mittlerweile 2 Jahren das Gefühl, ich wäre in Deutschland der einzige, der diese Interviews und Verlautbarungen der Russen liest.
Jetzt gibt es – scheinbar in ganz Deutschland- zwei Leute. Sie haben keine Ahnung, wie sehr das erleichtert.
@califax: Seltsamerweise scheinen sich deutsche Medien für solche entlarvenden Aussagen nicht zu interessieren – da wird manchmal noch von „Autonomiebestrebungen“ u.s.w. phantasiert.
Alles bekannt. Kann man auch in der russischen Presse nachlesen. Ist letztlich auch egal.
Das Schlimme ist, dass Europa keinen Plan hat. Nur die USA. Deren Interessen jedoch sind rein destruktiv. D.h. Russland schwächen. Das folgende Chaos treibt Europa an ihre Seite. Das aber ist letztendlich auch egal. Aus reinem Daffke lese ich die russische und ukrainische Presse und es ist nicht schwierig, folgendes vorherzusagen:
1. Es gibt einen schleichenden Bürgerkrieg in der Ukraine. Und ich rede nicht vom Donbass. In Kiew sind Extremisten am Ruder, die die gemäßigteren Teile der ukrainischen Bevölkerung (die zufällig geografisch in der Mitte und im Osten leben) mehr und mehr vor den Kopf stoßen. Die meisten ziehen es vor zu schweigen, andere sind emigriert und noch weitere organisieren sich. Sobald der Druck nachlässt oder Kiew schwächelt wird es dort zu großen Protesten kommen
2. Die Russen sind bestens informiert und haben den Finger im Kuchen
3. Der Westen ist einfach lächerlich. Die Unterstützung für die Ukraine ist gerade genug, um dem Kreml Argumente in die Hand zu geben, reicht aber nicht um die Situation zu ändern.
Es gibt nur eine Lösung: Föderalisierung. Genau wie es Minsk II vorsieht. Aber genau das will Kiew nicht, sondern setzt auf Gewalt. Man müsste endlich Druck auf Kiew ausüben, aber genau dies wird durch die USA verhindert.
Ansonsten räumt der Kreml tatsächlich auf seinem Gebiet auf. Oder versucht es. Die eigensinnigsten (und besten) Führer fallen nacheinander mysteriösen Anschlägen zum Opfer.Doch wie einer Hydra wachsen den Milizen immer neue Köpfe nach und der Kreml hat immer noch keine volle Kontrolle. Ich denke, man weiß das alles auch in Berlin. Im Prinzip müsste man sich mit den Russen zusammensetzen und einen Marshall Plan für die Ukraine erarbeiten. Sonst wird das alles irgendwann zu einem europäischen Somalia
Re: Tom | 30. Mai 2015 – 20:08
Wie sieht ihre Föderalisierung, der ich grundlegend zustimme, aus?
Nach ethnischer Festlegung, Russen – Ukrainer – Moldawier, von Resten bei Slowaken und Ungarn mal abgesehen?
Religiös separiert, orthodox – römisch/katholisch – andere?
Oder vllt auch sprachlich-kulturell-lateinisch-kyrillisch.
Bitte meine Einlassung nicht provokativ zu werten, bin wie gesagt pro-Föderalisierung eingestellt, da sie ohnehin kommen wird. Ziel sollte aber sein, diese kooperativ zu gestalten, ansonsten besorgen es die Waffen.
Vorschlag zur Diskussion gestellt auf Basis des status quo, der da lautet:
– Nova Russija ist und bleibt abgetrennt als
– selbständige politische Einheit
Im Detail daraus folgend die UKR dreigeteilt, föderativ verbunden:
1. Nova Russija
– kulturell, sprachlich russisch orthodox
2. Raum ostwärts des Dnjepr bis Westgrenze Nova Russija/Donbas
– kulturell ukrainisch, sprachlich russisch, orthodox
3. Raum zwischen Dnjestr und Dnjepr, also grob der westliche Rest.
– kulturell, sprachlich ukrainisch, römisch-katholisch, westlich.
4. Die Krim, UKR und der Westen müssen auf Wiedervereinigung bestehen. Wir wissen, wie lange es dauern kann.
Und jetzt heftiges „beschimpfen‘, Feuer frei.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 31. Mai 2015 – 17:10
Zustimmung – und die Kriegsverbrecher nach Sibirien. Aber ob die Beteiligten da auch selbst drauf kommen? Das würde die Umsetzung immens erleichtern.
So, ich komm‘ jetzt mal mit etwas merkwürdigen Quellen/Links, um meinen Senf zu dieser Diskussion zu geben:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/mh17-satellitenbilder-bellingcat-betreibt-kaffeesatzleserei-a-1036874.html