Weiter Streit ums G36: Billigerer Kunststoff zugemischt? (Update: Stellungnahme H&K)
Das Sturmgewehr G36, die Standardwaffe der Bundeswehr, steht seit Jahren wegen mangelnder Treffgenauigkeit im heißgeschossenen Zustand in der Kritik. Und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte vor Ostern aufgrund der Erkenntnisse einer Expertkommission die mangelnde Präzision des Gewehres bestätigt. Nach einem Bericht des Magazins Stern vom (heutigen) Mittwoch gab es zudem, das war bislang so nicht in der Diskussion, Untersuchungsergebnisse, die eine möglicherweise nachträgliche technische Veränderung der Waffe belegen könnten.
Aus dem Stern-Bericht in der Online-Version (Link aus bekannten Gründen nicht):
Laut dem Prüfbericht des Rechnungshofs fand auch das Wehrwissenschaftliche Institut der Bundeswehr Hinweise auf Merkwürdigkeiten. In der Kunststoffmischung der Gehäuse der Seriengewehre ließ sich der Zusatzstoff Polyethylen nachweisen, der die Verformung der heißen Waffe befördern könne.
Das von der Firma gelieferte Vorzeigemodell, der sogenannte Abnahmedemonstrator aus dem Jahr 1993, mit dem die Bundeswehr von der Alltagstauglichkeit der Waffe überzeugt wurde, enthielt dagegen noch kein Polyethylen.
Das wäre eine neue Wendung in der Geschichte dieses Gewehrs. Denn Polyethylen ist ein billigerer Werkstoff als das sonst für die Waffe verwendete Polyamid. Bislang hat die Herstellerfirma Heckler&Koch betont, sie habe sich bei der Produktion an die vorgeschriebene technische Spezifikation gehalten:
Alle G36-Gewehre der Deutschen Bundeswehr erfüllen die mit der Bundeswehr vereinbarten sog. „Technischen Lieferbedingungen“, welche die zu erfüllenden technischen Leistungsmerkmale des Gewehrs G36 als Bestandteil des Liefervertrages abschließend normieren und dokumentieren.
Damit ging es bislang in der Auseinandersetzung vor allem um die Frage, ob die wie bestellt gelieferten Waffen im praktischen Einsatz nicht mehr zeitgemäß waren und auf überholten Anforderungen beruhten. Eine nachträgliche Veränderung der Werkstoffe, wie sie die Stern-Berichterstattung nahelegt, wäre eine andere Dimension.
Darüber hinaus, berichtet das Magazin, hätten Sonderermittler des Ministeriums bereits Ende Januar 2011 den damaligen Staatssekretär Rüdiger Wolf über Probleme mit dem G36 informiert.
Das Verteidigungsministerium wollte zu den Details zunächst nicht Stellung nehmen. Zunächst müsse der endgültige Bericht der Expertenkommission aus Fraunhofer-Institut, Bundesrechnungshof und Bundeswehrsachverständigen abgewartet werden. Der Bericht wird noch im April erwartet.
Nachtrag: Die Stellungnahme von Heckler&Koch dazu:
Stellungnahme Nr. 3 von Heckler & Koch zum Sturmgewehr zum G36
08.04.2015
Im aktuellen Stern-Artikel „Mängel beim Sturmgewehr G36: Führung des Verteidigungsministeriums war seit 2011 gewarnt“ von Hans-Martin Tillack wird behauptet, ein „Abnahmedemonstrator“ des G36 aus dem Jahr 1993 habe eine andere Kunststoffbeschaffenheit aufgewiesen als die später durch den Bund beschaffte Serienwaffe.
Die Materialbeschaffenheit des durch die Bundeswehr erprobten Gewehres HK50, das später unter der Bezeichnung G36 eingeführt wurde, war dem Bund jederzeit bekannt. Sie wurde durch die hinterlegten Zeichnungssätze bzw. der „Technischen Lieferbedingungen“ jederzeit und vollumfänglich mitgeteilt. So herrschte in allen Phasen des Beschaffungsprozesses auch bzgl. des Gehäusewerkstoffs des HK50/G36 volle Transparenz. Die Werkstoffkonfiguration erfolgte zudem jeweils in enger Abstimmung mit der Bundeswehr.
Der Begriff „Abnahmedemonstrator“ ist der Firma Heckler & Koch nicht bekannt, auch die Ausschreibungsunterlagen der Bundeswehr nennen einen solchen Begriff nicht. Bei einem „Demonstrator“ handelt es sich um eine prototypähnliche Musterwaffe in einem sehr frühen Entwicklungsstadium. In keinem Fall handelt es sich um sog. „Erprobungswaffen“, die in der Regel dem sogenannten „Vorserienstand“ entsprechen, wie z. B. seinerzeit das HK50 als Vorläufer des G36.
„Abnahmemuster“ hingegen stellen in der Regel Serienwaffen dar, welche bei Beginn einer Serienfertigung abgenommen werden.
Angesichts der extrem schadensträchtigen strafrechtlichen Dimension von gegen Heckler & Koch erhobenen falschen Anwürfen und Verdächtigungen werden wir in jedem Fall widerrechtlicher Veröffentlichungen alle rechtlich erforderlichen Schritte insbesondere zur Durchsetzung des Ersatzes aller hieraus entstehenden Schäden gegen die Verantwortlichen einleiten.
(Eine Sammlung der bisherigen Meldungen seit 2012 zum Thema G36 findet sich hier.
Man lese im Stern (Online-Vorab) vom 08.April 2015 „Führung des Verteidigungsministeriums war seit 2011 gewarnt“:
„… Das G36, das Standardgewehr der Bundeswehr, verzieht sich bei Hitze und trifft nicht mehr genau. Ein Bericht des Bundesrechnungshof belegt: Das Problem ist seit Jahren bekannt, wurde aber vertuscht.
Laut dem Prüfbericht des Rechnungshofs fand auch das Wehrwissenschaftliche Institut der Bundeswehr Hinweise auf Merkwürdigkeiten.
Ich bin ja schon immer auf den Werkstoff-Kennblättern für P6.6 beim G36 „herumgeritten“; rein von der physikalisch bedingten Mechanik in Bereich Rohrlager. Allerdings, daß jemand dem ohnehin gemäß denm aktullen Stand der Technik eher minderwertigen P6.6 (=Polyamid) auch noch das noch minderwertigere Polyethylen zugibt, auf diese Idee kann wohl kein normaler Mensch kommen!
Wenn sich allerdings der Verdacht der Zugabe von Polyethylen (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Polyethylen, dort Schmelzpunkte) als Materialzugabe zu P6.6 bei der Spritzgußfertigung des G36 durch H&K bestätigen sollte, wäre m.M.n. der Skandal perfekt! Nicht nur für den AN, sondern auch für den AG.
So etwas kann man m.M.n. mit einer simplen Röntgen-Fluoreszenz-Analyse und ergänzend mit einer Flamm-Anaylse eindeutig nachweisen. Läßt etwa doch noch die Staatsanwaltschaft grüßen?
[Zu dem Thema gibt’s einen neuen Thread, da verschiebe ich das hin. Außerdem ist das Stern-Zitat ein bisschen lang… muss ich leider kürzen. T.W.]
@Vtg-Amtmann: Welchen Kunststoff würden sie denn für geeignet halten für das Gehäuse eines Sturmgewehres in Sachen Hitzebeständigkeit oder würden sie nur Metall verwenden?
Für mich stellt sich die Frage, ob Heckler & Koch denn keine Chemiker beschäftigt für Kunststoffe? Ich kenne es nur so, daß die mittleren Firmen welche mit Kunststoffen zu tun haben, mindestens einen Kunststoffchemiker beschäftigen, der für die richte Auswahl der Kunststoffe bzw. deren Erprobung zuständig ist, bevor daraus Produkte gefertigt werden.
Wenn die für das Vorzeigegewehr wirklich einen anderen Kuststoff verwendet haben als für die Serienproduktion, dann könnte wirklich der Staatsanwalt Arbeit bekommen, falls dies der BW nicht mitgeteilt worden wäre. Wenn die BW von der Änderung der Zusammensetzung des Kunststoffes wusste, dann ist die BW selber schuld, aber wenn ihr dies verschwiegen wurde, dann könnten die Verantwortlichen von Heckler & Koch wegen Betruges vor Gericht landen und dann könnte die BW möglicherweise auch erfolgreich den Kaufvertrag über die G 36 Gewehre wegen arglistiger Täuschung anfechten und den Kaufpreis zurückfordern.
Falls die BW diese Mängel aber schon seit Jahren kennen sollte, aber vertuscht hätte, dann könnten Ansprüche gegen Heckler & Koch bereits verjährt sein nach der langen Zeit.
Warum redet hier eigentlich keiner über strafrechtliche Folgen für einen Staatsekretär aus dem Jahr 2011, der der Gefährdung von Auftrag und Leben von Soldaten tatenlos (?) zugesehen hat?
[blockquote] So etwas kann man m.M.n. mit einer simplen Röntgen-Fluoreszenz-Analyse und ergänzend mit einer Flamm-Anaylse eindeutig nachweisen. [/blockquote]
Wie kommen Sie denn auf so was? Atomspektroskopische Methoden wie F-AAS oder RFA sind nicht im geringsten dazu geeignet die molekulare Zusammensetzung von Kunststoffen zu analysieren.
Und bitte nicht nur über die strafrechtlichen Folgen für einen Staatssekretär. Bei AIN, sollte auch einmal völlig vorbehaltlos recherchiert werden…ob da nicht vielleicht auch jemand tatenlos zugesehen hat….
Und ich hoffe, das jetzt auch einmal beim MG 5 Projekt intensiver hinter die Kulissen, bei AIN, BAAIN und Hersteller geschaut wird!
Leute, das Problem ist, dass wir uns – leider – auf noch recht unsicherer Faktengrundlage bewegen. Deswegen wäre ich mit Äußerungen bzgl. der (straf)rechtlichen Relevanz zurückhaltend. Bitte.
@Jan Hoffmann: Es dürfte schwierig sein einen Staatssekretär der von einer Fehlerhaftigkeit des Gewehres G 36 gewusst hätte, strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
Weil die Fehlerhaftigkeit des Gewehres wenn es heißgeschossen ist, müsste kausal für den Tod oder die Verwundung von deutschen Soldaten gewesen sein.
Dazu müsste ein BW-Soldat z.B. sagen, ich bin ein guter Schütze und habe am Tag X im Gefecht Y mit den Taliban anfangs Taliban-Kämpfer getroffen, aber als mein Gewehr heiß geschossen war, hatte ich einen Taliban genau im Visier und hätte diesen Treffen müssen, aber merkwürdigerweise habe ich nicht getroffen, dieser hat zurückgeschossen und mich getroffen.
Der Staatssekretär müsste von der Fehlerhaftigkeit des Gewehres gewusst haben, dieses trotzdem nicht ausgetauscht haben oder die BW-Soldaten nicht gewahrnt haben, und wegen der weiteren Verwendung des Gewehres müssten deutsche Soldaten zu schaden gekommen sein, wie vorgenannt.
Ohne eine Kausalkette von der Fehlerhaftigkeit des Gewehres bis zum Tod oder der Verwundung von deutschen Soldaten könnte kein Staatssekretär wegen Körperverletzung durch Unterlassen oder fahrlässiger Körperverletzung verurteilt werden.
@Closius
In D müsste sich wohl zunächst der Soldat verantworten, wenn er zugibt auf andere Menschen geschossen zu haben. Da würde Kaessmann für kämpfen.
Sarc oft.
@ Closius
Es ist aber bei Rohrwaffen nun einmal so, dass diese Waffen sich heißschießen und dadurch Verzug „erleiden“. Das Ermitteln eines neuen Haltepunkts sollte ein guter Schütze auch im Gefecht können. Dafür eignet sich nicht jede Situation, zumal das G36 auch kein Scharfschützengewehr ist.
Allerdings ist der Abnahmeprozess der Waffen eigentlich sehr komplex. Da stellt sich die Frage, warum nicht bestimmte Waffen aus dem Produktionsprozess heraus genauer untersucht wurden.
Oder wurden sie das bzw. die Werkstoffänderungen waren bekannt und die Waffen wurden dennoch aktzeptiert?
Abwarten und Tee trinken…über Kontaminierung der Laborausrüstung/Produktion über Fehler beim Granulat Hersteller kann alles möglich sein – da muss nicht automatisch Absicht im Spiel sein.
Hier wird mal wieder hyperventiliert.
Merke: Polyethylen ist nicht gleich Polyethylen:
„Festigkeit, Härte und Steifigkeit von PE sind geringer als bei den meisten anderen Thermoplasten, allerdings weist PE hohe Dehnbarkeit und Kälteschlagfestigkeit sowie gutes Gleitreibverhalten auf. Für im Spritzgussverfahren hergestellte Formteile werden Typen mit hoher Molmasse verwendet, wobei PE-HD-UHMW nicht mehr thermoplastisch verarbeitbar ist. PE lässt sich zu sehr festen Verstärkungsfasern verstrecken, die Festigkeit beruht dabei auf einer durch das Verarbeitungsverfahren erzielten extrem hohen Kristallinität. Die maximale Dauergebrauchstemperatur liegt je nach Typ bei etwa 60 bis 85 °C, kurzzeitig sind 80 bis 120 °C möglich (etwa 150 °C bei PE-HD-UHMW).“
https://www.kunststoffe.de/themen/basics/standardthermoplaste/polyethylen-pe/artikel/polyethylen-pe-644757
PE-HD-UHMW-Teile kann man sich also in moderaten Klimazonen auch im Bereich der Waffentechnik vorstellen. Ich persönlich halte die Handwaffenlogistik im Einsatz hier für viel „untersuchungswürdiger“ als die Herstellungs- und Abnahmeverfahren.
Für mich klingt das momentan eher nach Nebelkerze. Verschleiert wird durch die Diskussion um die technischen Probleme des G36 weiterhin, welche konzeptionellen und operationellen Fehler z.B. im Rahmen des ISAF-Einsatzes gemacht wurden.
Was ist die zentrale Erkenntnis aus dem größten Kampfeinsatz der Bundeswehr:
Der Kunststoff des Gehäuse unseres Sturmgewehres besitzt eine Polyethylen-Verunreinigung?
Ups. Diese Seite und die Kommentare sehen derzeit ein bisschen merkwürdig aus.
Techniker(in) ist informiert.
@klabautermann: Bei einer Mischung des P6.6-Granulats mit PE-Granulat und dem Aufschmelzen dieses „Halbzeugs“ vor dem Spritzgussprozess erscheint mir eine Verstreckung des PE als unmöglich. Vielmehr liegt ein heterogenes Blend aus Polyamid und PE vor, wobei die absolut zu vernachläßigenden geringeren Gestehungskosten zu Lasten der thermischen Belastbarkeit gehen.
Der im Prüfbericht des BRH unter Bezugnahme auf das WIWeB zumindest unterschwellige Vorwurf, daß sich in dem P6.6-Material der Gehäuse der Seriengewehre Polyethylen nachweisen lasse, welcher die thermische Belastbarkeit der heißen Waffe reduziere, wäre ein ungeheuerlicher, wenn das BAAINBw davon tatsächlich nichts gewußt haben will und für die Abnahmeprüfung durch H&K Waffen vorgelegt wurden, welche dagegen noch kein Polyethylen enthielten.
Sollte dagegen das BAAINBw davon gewußt haben, wird unterm Strich der Fall für alle Beteiligten auch nicht besser!
Wem auch immer in dieser Sache Vorsatz nachgewiesen werden kann … derjenige ist „reif“ für den Staatsanwalt. Da gibt’s überhaupt kein „Vertun“.
Darf ich noch mal den Hinweis von weiter oben erneuern, dass es noch eine recht dünne Faktenlage ist undjuristische Aussagen bislang schlicht nicht sinnvoll sind?
Was in dem Stern-Artikel geht denn über die Berichterstattung des Spiegel in 2013 hinaus?
@T.W.: Völlig richtig Ihre Auffassung! Gerade deshalb müssen nunmehr absolut wasserdichte Beweise auf den Tisch, egal, wen diese belasten oder auch entlasten. Mir scheint die Sache mittlerweile so gediehen, daß man die Probleme nicht mehr weiter zerreden sollte, auch wenn die Konsequenzen bitter und höchst blamabel sein könnten! Die juristischen Aussagen sollte man ohnehin dort lassen, wohin diese hingehören., nämlich bei der Justiz, falls der Fall dort überhaupt anhängig werden sollte! Und das ist wiederum erstens eine Frage der Beweise und zweitens auch eine Frage der evt. Nichtschöpfung und/oder Verdrängung der möglichen ent- und belastenden Beweise!
@ Woody:
Sie treffen den Kern. Hier geht es um Ablenkung und um Unterfütterung der Entscheidung von vdL. Warum kommt so ein Papier wohl an den „STERN“? Im BMVg munkelt man, dass erneut der oberste Kommunikationsstratege dieses Papier bewusst weitergereicht hat. Und es wirkt. Ohne nähere Fakten bekommt die story den entsprechenden spin und wird medial weitergedreht. Ergebnis:
1. vdL ist diejenige, die aufräumt
2. TdM war doof
3. es gibt ein neues Gewehr
Also alles im Sinne von BMin vdL.
Bin gespannt, wer bei der „internen Revision“ über die Klinge springt. Vorausgesetzt es gibt ein Ergebnis ;-)
Zur Temperaturbeständigkeit von Thermoplasten.
Thermoplaste haben generell Probleme mit Hitze insbesondere bei Dauerbelastung (hohe Feuerkadenz), selbst Hochleistung-Thermoplaste aus der Luftfahrt wie PEEK werden in der Luftfahrt nur bis Einsatztemperaturen von ca. 140°C verwendet.
Kurzfristig können Thermoplaste z.B. PA 6.6-30GF (PA6.6 mit 30% Glasfaser) Temperaturen von bis zu 200°C aushalten, bei längerer thermischer Belastung verformt sich der Thermoplast jedoch bleibend, und es kommt zu einer Haltepunkt Abweichung. (Ich nehme mal an, ohne das G36 genau zu kennen, dass der Lauf in einem PA6.6 GF30 irgendwo gelagert ist.)
PE wird zusätzlich verwendet um den Spritzgussprozess zu optimieren (schnelleres aufschmelzen, geringere Reibung), die Einsatztemperatur wird herabgesenkt. Jedoch ist wieder zu beachten, dass der Kunststoff kurzfristig immer noch Temperaturen von ca. 200°C ertragen kann.
Die Frage als Ingenieur stellt sich nun, wie sieht das Lastenheft aus? Welche Kadenz wird tatsächlich gefordert, was sind die Einsatztemperaturen?
Eine Frage wäre wie stark erwärmt sich der Lauf bei einer Schussfrequenz (10 Schuss/min …… 100 Schuss/min) => (70°C…..220°C)?! Daraus kann man dann ableiten bis zu welcher Kadenz sich der Haltepunkt nicht verschieben wird (nur Aufgrund des Kunststoffes).
Rein aus der Tatsache dass der Lauf wohl in ein Kunststoff eingebettet ist, ist es recht ersichtlich, dass sich der Haltepunkt bei einer hohen Kadenz und Umgebungstemperatur verschieben wird. Technisch gibt es sicherlich einige Möglichkeiten den Temperaturbereich nach oben zu verschieben, dies kostet aber einiges an Geld wie auch evtl. Gewicht. Oder man verwendet das G36 entsprechend des Lastenhefts und/oder führt vermehrt ein MG3 mit Wechselrohr in der Gruppe mit (wird das MG3 eigentlich noch bei der Infanterie mitgeführt?).
Schade dass die technischen Sachverhalte so untergehen und es mehr um Politik und sonstigen Populismus geht..
Und am Ende darf H&K mit Millionen Unterstützung ein neues Sturmgewehr entwickeln und letztendlich produzieren und verkaufen…
Und alle sind glücklich.
Da die Kostenersparnis H&K vermutlich gleich Null ist, könnte es sein, dass der Kunststoff-Rohlieferant die Zusammensetzung später leicht geändert hat, ohne es H&K mitzuteilen. Denn der Rohlieferant wird die Mischung vermutlich ja auch noch an andere Fabriken geliefert haben, und da lohnt sich Sparen möglicherweise durchaus. Zumal die Festigkeit ja sicherlich ähnlich hoch ist. Die minimale asymmetrische Verformung bei Erhitzung war damals kein Thema; Daran hat niemand gedacht bzw. man hielt es für irrrelevant – falls das überhaupt mitgeteilt worden ist.
Wenn ich H&K wäre, würde ich mich erst mal so verteidigen. Denn eigentlich ist unvorstellbar, dass H6K eine m- möglicherweise lebensgefährliche Qualitätsminderung in Kauf genommen hat, nur um ein paar Pfennige für billigeren Kunststoff zu sparen. Das wird – ohne erschlagenden Gegenbeweis – auch kein (Straf-)Richter annehmen. Damit sind auch die damals verantwortlichen Beamten und Verteidigungspolitiker (Minister und Staatssskretäre, die wie Schmidt heute Minister sind) erst mal aus dem Schneider.
Die kann man nur kritisieren, wenn sie wissentlich oder fahrlässig die ersten Zweifel – also wider besseres Wissen – ignoriert hätten. Das war damals umstritten. Daher ist es das unbestreitbare Verdienst der jetzigen Ministerin (und ihrer Staatssekretärin), das fast Undenkbare trotzdem mutig, stur und unbeirrt nachprüfen zu lassen. Trotz des politischen Risikos, von Industrie und industrienahen „Parteifreunden“ politisch an die Wand gestellt zu werden, und auch von vielen Forums-Schreibern. .
Was herauskam, ist vermutlich „nur“ ein versteckter, technischer Mangel, den nicht mal H&K entdeckt hatte. Und das Beschaffungsamt hat „gutgläubig“ die laufende Produktion nicht ausreichend auf Temperaturbeständigkeit kontrolliert. Umso mehr Grund haben H&K und Co. ,jetzt einfach mal zu schweigen.
Diese versteckte Panne wird nicht die letzte bleiben in der nervös gewordenen Rüstungsindustrie. Gut, dass sich die beiden „fachfremden Damen“ nicht haben beeindrucken lassen. Männe , wie ihre Vorgänger wären nach dem „Hey-Joe..“-Prinzip eingeknickt. Nicht wahr, Herr Kujat?
Die Reaktion von HK:
http://www.heckler-koch.com/de/presse/detail/article/stellungnahme-nr-3-von-heckler-koch-zum-sturmgewehr-zum-g36.html
@Memoria: Nach der Stellungnahme kann man nur allen Beteiligten (BAAINBw, WIWeb, BRH, Stern und auch HK) raten, „zieht Euch warm an“. Wenn das tatsächlich H&K vor den Kadi bringen sollte, fliegen irgendwo die Fetzen, denn sowohl H&K, als auch dem BAAINBw obliegt die Qualitätskontrolle. Da kann der Zulieferer als Halbzeug liefern, was er will, das ist rechtlich im Innen- und Vertragsverhältnis nicht relevant!
Man darf eigentlich nur noch der Sache willens hoffen, daß die Angelegenheit tatsächlich vor den Kadi kommt, denn dann wird auch das BMVg PrInfoStab sofort zurückhaltender agieren und es gibt nur noch Unschuldige, oder eben Täter und Mittäter!
[Es tut mir leid, aber das ist mir zu heikel – als Blogbetreiber kann ich auch für Aussagen in den Kommentaren haftbar gemacht werden. Deshalb muss ich diesen Kommentar leider löschen, so lange ich für diese Aussage keine handfesten Belege kenne. T.W.]
@Vtg-Amtmann: Ihre Justiz-Zuversicht teile ich nicht. Der STA Bonn und Koblenz liegen seit Jahren alle relevanten Informationen vor. Dort fehlt es aber an Personal mit Beurteilungskompetenz. Die ertrinken in ihren Akten und sind unfähig zu priorisieren.
@Tom_Weinreich: Wer sagt denn, daß die Staatsanwaltschaft Bonn örtlich und sachlich zuständig sein wird, wenn z.B. der STERN „böse Gerüchte über H&K verbreitet“? Und da dürfte es im Fall auch noch mehr Varianten geben.
@Tom_Weinreich:
[Da ich den Kommentar gelöscht habe, auf den sich dieser Kommentar bezieht… auch hier leider Löschung. Grund siehe oben. T.W.]
Danke an Memoria für den Hinweis auf die H&K-Stellungnahme (habe ich oben im Wortlaut als Nachtrag eingefügt).
Ansonsten 3. Aufforderung: Die juristische Debatte hier ist bislang nicht mit genügend Fakten unterfüttert, und ich würde dringend bitten, darauf zu verzichten.
Die Amerikaner haben bereits 1965 „You can tell, its Mattell, its smell“ gesungen, da das neue Gewehr aufbauend auf dem AR-15 zuviel Plastikanteile für die „Holz ist das einzig wahre“ Fraktion hatte. 50 Jahre später ist das M-16 nach wie vor im Einsatz und hat sich offenkundig in der Zeit bewährt, und wurde weiterentwickelt.
Wen die Bundeswehr ein paar Euro in die Hand nehmen würde, und die grausame Red Dot Optik des G36 Standard durch etwas besseres ersetzen würde,wie beim neuesten Modell, wäre viel geholfen. Warum man das damals als „Reflex“-Visier verkauft hat ist mir immer noch schleierhaft.
@all
Es tut mir leid, aber ich habe hier jetzt Kommentare löschen müssen, weil dort Sachaussagen getroffen wurden, die ggf. juristisch angreifbar sind – und mir als Blogbetreiber angelastet werden können. Das ist für mich eine sehr unbefriedigende Situation, aber ich sehe leider keine andere Möglichkeit. Die Lage ist nicht nur juristisch recht unübersichtlich, und deshalb kann ich das Risiko nicht eingehen.
Aus dem gleichen Grund setze ich jetzt auch alle (!) Kommentare auf moderiert. Ich hoffe auf Verständnis.
Man munkelt, dass die BW damals einen kratzfesteren Kunststoff haben wollte und HK aus thermischen Gründen eigentlich ein anderes Material verwenden wollte.
@ T.W.
Kann ich nachvollziehen, zumal jetzt anscheinend vollständig die Nerven blank liegen. Außerdem wurde bereits alles geschrieben, da offensichtlich niemand von uns technische Details zur Abnahme und/oder letzten Prüfung kennt.
Ruhe bewahren und zurück zum Sachproblem bitte – alles andere ergibt sich daraus.
Ich verstehe das Heißgerede nicht. Kennt hier jemand die Spezifikation für das G36?
Wenn H&K sagt, sie haben nach Spec geliefert, dann wird das wohl so sein. Wenn ich mich als Hersteller an die Vorgaben halte und das Produkt ist Mist, waren einfach die Vorgaben auch Mist. Außer meinem Ruf als Qualitätsschmiede hab ich dann nichts zu verlieren.
Als guter deutscher Rüstungsbetrieb verzichte ich zum Wohl der Kundenzufriedenheit nicht auf meinen Gewinn.
Schade das H&K wohl auf einen weiteren Auftrag der BW angewiesen sein wird.
Also jetzt erstmal viel Theater, politische Profilierungssucht befriedigen, und am Ende werden 600 deutsche Arbeitsplätze gesichert sein.
Ich habe jetzt nicht mitbekommen was hier abgegangen ist, weswegen hier gelöscht werden musste und auf moderiert umgestellt werden musste.
Die Stellungnahme von H&K finde ich sehr schwach. Die greifen den Begriff Abnahmedemonstrator an und verteidigen sich damit, daß die BW immer alles über die Zusammensetzung des Kunststoffes gewusst habe. Wenn dies so ist, dann ist H&K juristisch aus dem Schneider, denn wenn die Bundeswehr die Zusammensetzung des Gewehrgehäuses jederzeit gekannt hat, dann hat H&K nicht betrogen und kann weder strafrechtlich, noch zivilrechtlich erfolgversprechend belangt werden.
Aber es fällt doch auch, wozu sich H&K gerade nicht äußert:
1. Sie behaupten nicht, daß die Zusammensetzung des Gehäuses nie geändert worden wäre.
2. Sie behaupten auch nicht, daß ihnen falscher oder fehlerhaft Kunststoff oder Kunststoffgranulat geliefert worden wäre.
3. Sie bestreiten nicht die Richtigkeit der Untersuchungen des Gehäuses, was dafür spricht, daß es sich um ein Kunststoffgemisch handelt.
4. Sie behaupten nicht, daß das Gehäuse nur aus Polyamid sei oder kein Polyethylen enthalten würde.
5. Sie behaupten auch nicht, daß das Polyethylen nur eine Verunreinigung des Kunststoffes sein könne oder in so geringer Menge enthalten sei, daß es die Hitzebeständigkeit des Materials nicht beeinträchtigen könne.
Dies spricht dafür, daß sich in dem Gewehrgehäuse Polyethylen befindet, weil sonst hätte H&K dem Stern und jedem anderen Nachrichtenmagazin, was darüber berichtet, eine Unterlassungs- und Schadensersatzklage angedroht wegen einer Falschbehauptung.
Der Vorwurf eine falsche oder schlechte Kunststoffmischung für das Gewehrgehäuse verwendet zu haben – wenn auch mit Wissen der BW – steht damit weiterhin im Raum und schadet dem Ruf von H&K.
Ich glaube es wäre erfolgversprechender für H&K, wenn diese sagen würden, wir glauben an unser Gewehr, aber rein vorsorglich verwenden wir jetzt für die weiteren G 36 Gewehre, eine noch bessere Kunststoffmischung! So daß das angebliche Problem gar nicht mehr auftreten kann.
Um mal zur Ausgangssituation zurückzukommen:
Ursprünglich wurde das G36 ja für das klassische Kalter-Kriegs-Landesverteidigungsszenario konzipiert. Gibt es da öffentlich zugängliche Infos über die damaligen Anforderungen, z.B. „Temperaturbereich -15 bis plus 30 Grad Celsius“ oder „30 Feuerstöße oder 2 Magazine Dauerfeuer oder max. 100 Schuß zwischen den Reinigungsintervallen“ etc.?
Ich verstehe als Soldat eines älteren Semester diese Situation sowieso nicht mehr.
Ich kenne G3 und G36 zur genüge. Sowie ein gutes Dutzend internationale Sturmgewehre.
Auch das G3 ist ein Sturmgewehr wo es in der Vorschrift eine maximale Schussbelastung gab. Aufgrund von Probleme mit der Hitzeentwicklung.
Das G36 ist und war mir immer ein treuer Begleiter. Es schoss dahin wo ich zielte. Es versagte mit Gefechtsmunition nie. Und erst vorgestern war ich mal wieder nSaK Schießen und hatte nach einer wieder sehr hohen Schussbelastung keinerlei Probleme
@Buche: Ihr subjektives Empfinden zum G36 ist leider nicht mehr gefragt. Fragen sind spätestens seit jüngst vielmehr:
1.) War dem BWB (BAAINBw) bewußt, daß bereits P6.6 spätestens nach Verschuß eines Magazins grenzwertig ist?
2.) Wenn Ja, wieso wurde das ignoriert und nicht schon seinerzeit ein hochwertigeres Spritzguß-Material gefordert?
3.) Wenn Nein, wieso hat der AN H&K seiner Aufklärungspflicht gegenüber dem BWB (BAAINBw) nicht genügt?
4.) Wurde nach Abnahme der Prüflinge PE dem P6.6. beigemischt? Ja oder Nein?
5.) Welche exakten Spezifikation hatte dieser Blend?
6.) Wußte davon der AG, das BWB (BAAINBW)? Ja oder Nein?
7.) War sich das BW (BAAINBw) bewußt, daß damit die thermische Grenzwertigkeit sich noch weiter verschlechtert? Ja oder Nein?
8.) Wenn Ja, wer in BWB (BAAINBw), AIN und BMVg hat dies warum gebilligt?
9.) Wenn Nein, wieso hat der AN H&K seiner Aufklärungspflicht gegenüber dem
(BAAINBw) nicht genügt?
10.) Ab wann wußte das BMVg von vorgenannten Sachverhalten?
11.) Wer alles – in Persona – wußte dies aufgrund welchen Vorgangs bzw. welcher Vorgänge?
12.) Was wurde seitens des BVMg unternommen bzw. nicht unternommen, aufgrund welcher Begründungen?
13.) Flossen vorgenannte Erkenntnisse in die bisherigen Begutachtungen des G36 ein?
14) Wenn Nein, warum nicht und auf wessen Veranlassung?
15.) Wenn Ja, warum erfolgten keine weiteren Maßnahmrn und auf wessen Veranlassung wurde diese unterbunden?
16.) Wenn vorgenannte Fakten sei Anfang 2011 dem BMVg bekannt waren, welcher Personenkreis zeichnete dafür verantwortlich, daß bis jüngst nichts unternommen wurde?
17.) Wie sollte mit diesem Personkreis – und zwar mit jedem Einzelnen desselben – tunlichst verfahren werden?
18.) Welche vergaberechtlichen Konsequenzen erscheinen im Fall einer Nachfolgeneration zum G36 als geboten?
19.) Was haben im konkreten Fall die IBUK UvdL und deren unmittelbares Führungsteam (StS-Ebene) unmittelbar oder mittelbar davon mitzuverantworten?
20.) Was haben im konkreten Fall die Führung der BW und der TSK sowie wiederum deren unmittelbares Führungsteam unmittelbar oder mittelbar davon mitzuverantworten?
21.) Sollte in Masse die Antwort „TdM“ bzw. „TdM samt früheren Umfeld als IBUK“ lauten, stellt sich Frage, ob diese Herrschaften soweit noch in Ämtern und Würden, weiterhin für solche dem Volkssouverän als zumutbar erscheinen?
Das Ganze ist keinesfalls eine Hexenjagd, wie diese z.B. im Bereich NH90 angeblich veranstaltet wird, sondern im Fall G36 ein m.M.n. längst gebotenes „die Hosen runterlassen“!
@ Amtmann
Zumal es nicht das letzte Projekt im Rüstungsbereich gewesen sein wird, welches uns in näherer Zukunft „um die Ohren fliegen“ wird. Insofern ist eine saubere Aufarbeitung dringend geboten; und zwar eine, die man zukünftig ebenfalls anwenden könnte – ohne vorher medienwirksam ganze Porzellanläden zu zerlegen…
„Sturmgewehr G36: Generalinspekteur Wieker erlässt Weisung für den zukünftigen Gebrauch in den Einsätzen“
http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/NYs9D8IwDET_kZ0sfG1UHWBloJQtbaPIqIkr45SlP77JwJ30hns6fGNpcisFp8TJzfjCfqTL8IMhrgE-nKWsECnRV71QjtjVz-Rh5OS1Un1SKgzilAUWFp2rySLFAE3YG9s2xpp_7HZ-Hm-H7mRMe28euMR43QFuuttB/
Wäre interessant zu wissen, welche Einschränkungen / Auflagen es da gibt.
[Auch hier gerne der Kurzlink:
https://bw2.link/MB7Pj
Und nach der Originalweisung suche ich noch… T.W.]
Das ist es ja was ich nicht verstehe. Ausbildung nSaK, wie angesprochen.
Nur wenig Ausbilduungsteilnehmer. Daher eine Serie mit 4 Magazinen auf 4 T-Scheiben innerhalb von vielleicht 20 min. Und keinerlei Probleme.
Deswegen weiterhin meine Frage, die ich mir seit Jahren stelle. Welche Probleme sind vorhanden.
Auch in meinen AFG Einsätzen, keine Probleme. Und auch die eine oder andere Ausbildung im Bereich Ausweichen bei einemm meiner ehemaligen Truppenteile keine Probleme.
Das sich ein Sturmgewehr der Treffpunkt verlagert, bzw. es zu einer Streukreisaufweitung kommt. Das ist auch bei jedem anderen Sturmgewehr so.
Deswegen interssiert mich vor allem eine Sache. Mit welchen Vergleichswaffen wurde die letzte Untersuchung gemacht.
Und zweitens, die Weisung vom GI sagt nichts besonderes aus. Nur das was altgediente als Taktik schon von Kindesbeinen eingebleut bekommen.
– Feuerzucht
– gezieltes Feuer
– und Unterstützung mit den Unterstützungswaffen
Ansonsten keine Auflagen oder Einschränkungen. Die Waffe ist sicher und man sollte auf eine gleichbleibende Temperatur achten (selten so gelacht)
@Buche: Na denn sollte der GI mal ganz pragmatisch die Schußleistungen des G36 auf 6 Schuss/Minute begrenzen und schon wird er Ihren Erfahrungen in Sachen „gleichbleibender Temperatur“ dann vielleicht gerecht.
Also mich würde zunächst einmal ganz grundsätzlich interessieren, wer wann was unter welchen Testbedingungen mit welchen Waffen herausgefunden hat.
@ J-P-W
Gute Frage(n) – und erstaunlich, dass man sich bisher, bei allem medialen Feuer, dazu ausschweigt. Von diesem ominösen Test wissen wir nur, dass ausschließlich Waffen von H&K genutzt wurden.
Bezeichnend für den Zustand der Deutschen Armee im Speziellen und Deutschlands im Allgemeinen ist die akademische Diskussion, die über Kunststofftypen entbrennt, während der Nutzer an sich kaum Gehör bekommt und jeglicher Praxisbezug (Präzisionsdauerfeuer mit einem möglichst leichten, günstigen Sturmgewehr in ariden Klimazonen?) flöten geht…
Von der hohlen Diskussion über das richtige Kaliber ganz zu schweigen.
Na dann Schtonk!
@Nur 2 Cent: Was ist Präzisionsdauerfeuer? Etwa MG42 auf Lafette? Egal ob in aridem oder humiden Klima, und womit wir wieder bei den Thermoplast-Typen wären. So ganz ohne Theorie und Physik geht es halt wohl doch nicht.
@Vtg-Amtmann: Das ist Sarkasmus in Reinkultur (Präzisionsdauerfeuer)
Wenn ich das G36 dafür einsetze wofür es beschafft wurde funktioniert die Waffe sehr gut und ohne Probleme. Und ob man es glaubt oder nicht. Ein vernüftig ausgebildeter Schütze trifft auch dann bei 300 Meter aufwärts. Und auch das noch wenn er in der heißen Sonne AFG rumrennt oder schon einen ganzen Tag auf der Schießbahn verbracht hat.
Kurz um, das G36 funktioniert. Wer versucht die Waffe artfremd einzusetzen oder taktikfremd einzusetzen hat halt keinen Erfolg.
Und das grundlegende Problem der Bundeswehr wird nicht angegangen. z.B.:
1. Warum gibt es in den Einsätzen Kontingentwaffen die natürlich irgendwann einfach ausgeschossen sind (siehe AFG) und keine personenbezogenen Waffen
2. Warum haben wir keinen vernüftigen Waffenmix für den Einsatz und den Friedenbetrieb verfügbar (siehe Ausbildungssituation für BW nach Ausstattung NRF)
3. Wie kommt es das Soldaten ihre Sturmgewehr falsch einsetzen.
Selbst in AFG erlebt nach einen Feindkontakt:
Ich nach dem Feuergefecht zu einem Soldaten: „Warum haben Sie einfach 1 komplettes Magazin in grobe Feinrichtung abgefeuert ohne was gesehen zu haben?“
Antwort des Soldaten: „Das wurde mir in der Ausbildung so beigebracht. Es soll den Feind abschrecken.“
Meine Antwort: „Hat es was gebracht?“
Bedrücktes Schweigen und dann leise: „Weiß ich nicht, ich habe dann nicht mehr darauf geachtet.“
Vorteil aus diesem Vorgang, die Soldaten haben ihr Verhalten deutlich bei den nächsten Kontakten der Situation angepasst und nicht mehr diese Munitionsverschwendung betrieben.
Und um auf dieses Thema nochmal zurückzukommen: Aus welchen Kunststoff das G36 auch immer ist, wenn ich die Waffe richtig einsetze habe ich keinerlei technische Probleme.
Und übrigens im Kunstoff des Gehäuse ist ein Gewinde eingesetzt, in welches das Rohr einfach eingeschraubt ist. Also ist die Bettung des Rohres nicht das Problem sondern wenn überhaupt das Gewinde.
@Vtg-Amtmann: Tja, was ist Präzisionsdauerfeuer? Anscheinend 150 Schuss Dauerfeuer mit der Anforderung, danach noch auf 100-300 m mit mehr als 1/3 Wahrscheinlichkeit zu treffen. Vergleiche auch den Ausgangspunkt im Jahr 2012:
http://augengeradeaus.net/2012/04/kein-aprilscherz-wenn-das-gewehr-heislauft/
Bitte T.W.s Artikel noch einmal lesen und sich dann fragen, weshalb und wofür nun ein solches Fass (strafrechtliche relevante Behauptungen) aufgemacht wird?
Hier hätte ich noch einen Vorschlag für einen plakativen Stresstest:
https://www.youtube.com/watch?v=Kzfm4pYhIyY
• Wenn man sich klar macht, dass an einem Sturmgewehr der Lauf das teuerste und in der Fertigung aufwändigste Teil ist, dann ist auch relativ klar wo “Kosteneinsparungen“ eher einen Sinn ergeben würden. Alleine die vielen Fertigungsschritte und Prüfverfahren bieten weit mehr Einsparpotential (ohne dass es dem Kunden auffällt) als das bisschen Kunststoff. Zum Beispiel verwendet H&K kaltgehämmerte Läufe die besonders kostspielig und qualitativ hochwertig sind. Hersteller wie FN hämmern hingegen die Läufe nicht und sparen sich damit einen teuren Arbeitsschritt.
–> Die Geschichte mit der gezielten Kosteneinsparung durch Veränderung der Kunststoffmischung ergibt für mich keinen Sinn.
• H&K war in den 90er führend bei der Verwendung von Polymeren in Sturmgewehren (das know how geht zurück auf das G11). Neben dem Gewicht, der guten Wärmeisolation für erleichterte Handhabung hatte die Verwendung von Polymeren besonders fertigungstechnische Gründe. Eine Spritzgussmaschine kann in kurzer Zeit und mit geringen Kosten eine enorme Anzahl an Gehäusen fertigen. Dies war mit eines der Verkaufsargumente für das G36. Warum? Die BW hatte zu dieser Zeit noch den V-Fall als Hintergedanken. Wäre dieser Fall eingetreten, so ist eine Standardwaffe die leicht in großen Stückzahlen gefertigt werden kann ein signifikanter strategischer Vorteil (siehe MG 34 zu MG42). Inzwischen haben schnelle CNC Automaten aufgeholt und die Kosten für Aluminiumteile sind gesunken. Da auch die Massenproduktion von mehreren Millionen Gewehren nicht mehr das wahrscheinlichste Szenario ist (siehe letzter Punkt), wird ein Nachfolger eher ein Aluminiumgehäuse erhalten und damit aus einem Material gefertigt werden, welches sich nach dem Abkühlen wieder in seine ursprüngliche Form begibt.
P.s Die H&K Vergleichswaffe kann nur ein H&K 416 gewesen sein – mit Aluminiumgehäuse und einem riesen Kühlkörper (Handschutz), welcher direkt am Lauf hängt, ist es auch nicht verwunderlich, dass die Waffe besser abgeschnitten hat.
–> Frage: Welche Abweichung unter Erhitzung ist für die BW akzeptabel? –> Gefahr des Overengineering.
• Last but not least: Neben der strategischen Situation (kleine Berufsarmeen) hat sich inzwischen auch die taktische Situation verändert. Die Dichte an automatischen Karabinern (wie G36, M4, FN FAL, SA80 etc…) und leichten bis mittleren MG`s sorgt für eine Feuerdichte (Eine Infanteriegruppe generiert inzwischen etwa die gleiche oder gar höhere Feuerdichte wie ein Infanteriezug im Kalten Krieg) die selbst einen zahlenmäßig überlegenen Gegner binden kann. Dies ist letztlich auch die offizielle Lehre aus dem Afg. Einsatz: Gut ausgerüstete westliche Infanterie hat in der Regel keine Probleme die Feuerüberlegenheit selbst gegen einen quantitativ überlegenen Gegner herzustellen. Das Problem liegt jedoch darin den Gegner wirklich zu zerschlagen. Daraus resultiert die Forderung des Heeres nach leichten Mörsern (auch in den USA wurde die Signifikanz von Steilfeuer wiederendeckt, weiterhin waren Mörser schon immer der natürliche Feind des Infanteristen – siehe 2WK Statistiken). Aus diesen Erfahrungen heraus wurde auch die Entwicklung von Airburst 40mm Granaten und spezialisierten schultergestützten Waffen wie RGW90AS oder Wirkmittel 90 forciert. Je schneller der Gegner zerschlagen werden kann, desto kürzer müssen die automatischen Rohrwaffen zur Unterdrückung schießen. Daraus ergibt sich zumindest eine klare Anforderung an die Konstruktion von Karabinern. Diese müssen in der Lage sein, den Zeitraum bis zur Zerschlagung des Feindes mit präzisen und schnellen Einzelfeuer zu überbrücken. MG`s sind wichtig um die Feuerdichte zu erzielen und somit auch einen quantitativ überlegenden Gegner zu binden. Letztlich beenden jedoch Steilfeuerwaffen, Granatwerfer, Unterstützungswaffen etc… den Feuerkampf. Der Feind rennt nicht mehr gegen feindliche Stellungen an, sondern versucht sich dieser hohen Feuerdichte und Vernichtungskraft nach Möglichkeit durch gute Deckung oder Tarnung zu entziehen (lässt sich auch in der Ukraine beobachten). Das Gefecht ist somit wieder statischer geworden.
–> Damit ergibt sich für die BW eine Frage die von höherer Relevanz ist als die G36 Thematik: Warum mündeten die gemachten Erfahrungen/Schlüsse noch nicht einer adäquaten Ausstattung/Ausbildung der Infanterie? Warum schafft es die BW nicht, gemachte Erfahrungen konsequent in systematische und zielgerichtete Handlungen zu übersetzen?
P.s Durch die durchaus notwendige Aufbereitung der Meldewege bzgl. „G36 Trefferpunktverlagerung“ droht jedoch das größere Bild aus den Augen verloren zu gehen. Am Ende dürfte die Infanterie um keinen Millimeter besser dastehen – gerade mit Blick auf hybride Kriege und die nur kleinen Truppenstärken ein ggf. unverzeihlicher Fehler.