Schlechte Nachrichten aus Kundus
Die schlechten Nachrichten aus dem Norden Afghanistans, vor allem aus Kundus, waren auch hier in den vergangenen Tagen schon nachzulesen. Jetzt scheint sich rund um Kundus die Lage zuzuspitzen, wie zum Beispiel die Stars&Stripes berichten:
Afghan President Ashraf Ghani held emergency talks Monday with NATO’s commander about escalating fighting against insurgents in northern Afghanistan, delaying a planned visit to India.
There was no immediate word on the substance of Ghani’s talks with Gen. John Campbell, who commands the alliance’s Resolute Support training mission. Campbell told reporters before the meeting that the main focus would be the fighting in Kunduz, though other security matters facing Afghan and coalition forces ahead of this year’s spring fighting season were likely on the agenda. (…)Amanudin Qureshi, district governor of Imam Sahib in Kunduz, said roughly 2,000 Afghan Taliban have infiltrated the district, accompanied by a small contingent of foreign fighters. Insurgent forces advanced into the district’s center Monday afternoon, with heavy fighting continuing in the area, Qureshi said.
Wäre schon interessant zu wissen, welche Wünsche/Fragen Ghani an Resolute Support gerichtet hat und was die geschrumpfte internationale Truppe konkret tun kann. Im Norden, übrigens, ist weiterhin der deutsche Schwerpunkt in Afghanistan.
Weiter nach Entwicklung, gerne in den Kommentaren, da ich unterwegs bin.
(Archivbild: Ausbildung afghanischer Soldaten 2011 – ISAFmedia/Resolute Support Media unter CC-BY-Lizenz)
Die Standardantwort unserer afghanischen Kameraden lautet:
„Helicopters, heavy weapons, tanks, fuel, ammunition“ in beliebiger Reihenfolge…
Chapeau liebe Taliban,
dort angreifen, wo der Gegner schwach ist und RSM garnichts mehr kann. Man bräuchte vermutlich wieder eine ANA-Brigade, ein westliches verst. INF-Btl, jede Menge Geld um die Wankelmütigen zum Überlaufen zu bringen und eine monatelange Decapitationkampagne durch SOF.
Allein, wofür? Wie oft sollen wir das Tal noch säubern?
pi
„In seiner Rede betonte der Minister, dass „noch nicht alles gut ist, aber vieles besser“.“
https://bw2.link/ciFVU
haben wir überhaupt noch reaktionsfähige kräfte vor ort?
irgendwelche infanteriekapazitäten?
oder müsste man schon Sturmbataillone aus Stab/PresseOffzen und Wetterfröschen bilden?
wo wir schon beim zitieren sind
https://bw2.link/14rHr
@politisch inkorrekt:
Die ANA-Brigade (-) scheint ja schon auf dem Weg zu sein. RS wird wohl einige Starrflügler schicken. Man muss ja was tun, wenn der Präsident da ist.
Helfen wird es vielleicht noch dieses mal.
International hat man jedes Interesse verloren.
Der US-Präsident wird dazu nicht mehr die Kraft aufbringen.
Nüchtern gesehen ist es auch kein relevantes Problem wer im Kunduz-Tal das Sagen hat.
Es drängt sich nur die Frage auf wofür dann all unsere Opfer waren.
Aber wem sage ich das.
Da kommen die Antworten der BReg auf die Anfrage der Fraktion der DIE LINKE gerade recht – das rückt dann die Zwischenfälle in KDZ in ein anderes, positives Licht.
Das Glas ist halt halb leer oder halb voll. Hust …
Schade, dass da keine „Kampftruppen“ mehr sind…
@Tilo Jung
Wenn die dann kämpfen dürfen. ‚hatte verinnerlicht, daß dort am Hindukusch Deckung vor Wirkung geht und collateral dammage so ‚was von „geht gar nicht“ ist.
Mit einer Hand auf dem Rücken kann man noch kämpfen, mit beiden wird es eine echte Herausforderung.
@Tilo Jung:
Und ganz naiv gefragt:
Wofür? Um noch eine Schlacht zu schlagen – bevor der Krieg verloren ist?
Das ist ungefähr so sinnvoll wie die Ardennenoffensive.
Man sollte wissen wann man verloren hat.
Und das war in dem Fall spätestens 2009 der Fall als die internationale „Gemeinschaft“ den systematischen Wahlbetrug von Karzai unterstützt hat.
Herrschaft ohne Legitimation ist nie von all zu langer Dauer – besonders in einem Bürgerkrieg.
Man sollte zumindest für die Zukunft daraus lernen.
@Memoria
Wir haben nicht „verloren“, sondern nur unsere Ziele (*) nicht erreicht.
(*) die da waren …
statt notorisch irgendwelchen illusionen nachzuhängen „good governance duchr zntralregierung in kabul“ hust…. sollte man sich besser schleunigst auf die desintegration (kann man gerne auch politisch korrekt als föderalisierung euphemisieren) einstellen und sihc mit den tatsächlich relevanten leuten vor ort arrangieren.
die heißen dann nicht Achmed Qureshi oder Ashraf ghani sondern Dostum und Atta.
sich immer an die formell zuständigen und nicht an die tatsächlich relevanten akteure zu halten war ja eins der wesentlichen defizite des deutschen ISAF handelns. (hier wäre übrigens eine wichtige lektion für zukünftige einsätze)
denen gibt man eine linie vor „pro monat X millionen im gegenzug wird der kontrollierte raum bitte terroremissionsfrei gehalten. wenn es nicht läuft wird der hahn zugedreht und wer anders protegiert. ansonsten carte blanche“
für den norden klappt das sicher ordentlich.die rest CT kräfte kann man dann auf pashtunistan redux im süden konzentrieren und auch dort mit zuckerbrot und peitsche operieren.
das im gegenwärtigen stadium,(eigentlich schon vor zwei jahren absehbar) die situation keinen preussischen grnadier mehr wert ist dürfte wohl jedem klar sein.
Thomas Melber | 27. April 2015 – 21:18
+1
@Hutzel
Danke. Sagen wir es so:
„Wir blieben unter unseren Möglichkeiten“. Oder auch nicht. Na ja.
Für die hybriden Szenare verheißt das nichts gutes. In wie weit wären diese eigentlich von AFG / IRQ zu unterscheiden?
Sollte Kunduz fallen, bedeutet das „was?“ für RS.
Wann ist dann MeS dran?
@CRM-Moderator
Domino-Theorie?
Übrigens, wie ist das im WARDUJ-Tal(WDJ) ausgegangen?
In Badakhshan halten die Kämpfe ebenfalls an:
„Militants this month launched major attacks in another northern province, Badakhshan, and on Monday fired on a government delegation meeting soldiers there.
Their rockets and gunfire narrowly missed the group, led by Ahmad Zia Massoud, head of Ghani’s governance commission, a close aide said. The delegation withdrew by helicopter.“
http://www.nytimes.com/reuters/2015/04/27/world/asia/27reuters-afghanistan-war.html?_r=0
Da wird es im Warduj-Tal nicht viel besser aussehen.
Mit massivem Einsatz wird man das Problem an der Oberfläche lösen.
Es bleibt aber die Erkenntnis des amerikanischen Oberst Summers bei den Friedensverhandlungen mit den Nordvietnamesen im Jahr 1975:
Summers: “‘You know you never defeated us on the battlefield“
Nordvietnamesischer Oberst: „That may be so, but it is also irrelevant.“
Das damit grundlegende Verständnis eines irregulären Krieges hat die Bundeswehr (und wohl auch die gesamte NATO) auch 40 Jahre später nicht entwickelt.
Dazu auch:
http://www.longwarjournal.org/archives/2015/04/taliban-launch-offensive-in-northern-afghan-province.php?utm_source=feedburner&utm_medium=email&utm_campaign=Feed%3A+LongWarJournalSiteWide+%28The+Long+War+Journal+%28Site-Wide%29%29
Als Ironie der Geschichte ist der Zeitpunkt des Angriffes der Taliban zu nennen, der den afg. Präsidenten von der Reise nach Indien abgehalten hat.
Pakistan, das unzweifelhaft über den pakistanischen Geheimdienst ISI die Taliban unterstützt, versucht die Lage in AFG instabil zu halten, damit AFG als Staat nicht zu eng mit Indien kooperieren kann und der indische Einfluss in AFG begrenzt wird. Pakistan betrachtet AFG als sein Hegemoniegebiet, seinen rückwärtigen Raum und der soll nicht von seinem Erbfeind Indien dominiert werden. Dabei hat Indien seine konsularische Präsenz in AFG in den letzten 10 Jahren massiv ausgeweitet.
Insofern tut sich eine Parallele zur Ostukraine auf, bei der bekanntlich Russland durch zielgerichtete Intervention und Unterstützung der Aufständischen die Lage instabil hält (und nebenbei bemerkt erst Ruhe geben wird, wenn der Landkorridor zur Krim erreicht wurde).
Die deutsche Geisel wurde – angeblich – in den Distrikt Chahar Dareh verbracht (siehe Berliner Zeitung, „Potsdamer in der Hand der Taliban“).
Bilder sagen mehr als Worte:
https://pbs.twimg.com/media/BrlWcwbIMAASinf.jpg
Man hätte so viele Möglichkeiten gehabt. Wenn man nur robuster, mit all seinen möglichen Folgen, vorgegangen wäre.
Mit „Wirkung vor Deckung“, „Tank Laster Bombardements“ und „durchstoßen“ gewinnt man keine Schlacht.
@ht_: Wenn das nur so einfach wäre. Andere Alliierte haben ja genau das gemacht und trotzdem siehts da auch nicht wirklich besser aus. (Helmand, anyone? oder Kunar?)
Also bitte keine neuen Dolchstoßlegenden á la „im Felde unbesiegt…“. Das hilft keinem. Das Versagen in AFG hat viele Gründe, einige wurden oben schon genannt, die meisten davon haben nichts mit dem kinetischen Teil von ISAF zu tun.
@ADLAS-Doe
+1
Die Region Kunduz war spätestens 2012 beruhigt. Befriedet war sie nie. Dieses Ziel hätte durch die Afghanen erreicht werden müssen, wir konnten ihnen nur Zeit erkaufen, genutzt haben sie sie nicht.
pi
Wie müssen sich angesichts dessen Hinterbliebene und Kameraden gefallener deutscher Soldaten fühlen. Wozu war ihr Tod, wozu der Einsatz des Lebens deutscher Soldaten gut? Wofür sind sie nun gefallen…? Bitter, ganz bitter.
Aber es gilt ja das Primat der Politik. Möchte das also ein Politiker nochmal kurz erklären?
@Joker:
Die treffendsten Worte am Schluss…
Also ehrlich gesagt: als Außenstehendem kommt es mir so vor, als wenn ich das Ganze schon mal gehört hätte: der Rückzug der Amerikaner aus Südvietnam. Ein paar Jahre danach konnten sich die Südvietnamesen gegen die entschlossene Guerillia auch nicht mehr halten.
Wie @politisch inkorrekt schon schrieb: Das Ganze hätte in den letzten Jahren von den Afghanen politisch gewonnen werden müssen. Dazu kann man NATO keine Vorwürfe machen. Nation-Building von außen ist wohl ein Irrglaube.
Das state building ist schon steckengeblieben, das haben wir bisher so richtig nicht einmal im Kosovo hinbekommen.
Was genau war noch mal der Grund für unsere Anwesenheit in Afghanistan?
Strafexpedition nach 9/11. OK, verstehe ich. Aber warum ist man dann 2002 nicht wieder abgezogen?
In AFG müssten wir noch viel länger bleiben. Falls jetzt die angegriffenen Regionen in Taliban Hände fallen, fallen alle anderen auch, dann haben wir Ruck-zuck wieder den Zustand von vor der Mission. Im Kosovo sind wir immer noch da und begleiten den Aufbau und das vermutlich noch ein paar Jahre länger. Warum also nicht auch in AFG? Genug Rohstoffe, die dankbare AFG’ner bestimmt an uns verkaufen würden zum Vorzugspreis, wären der Lohn, wenn wir das länger machen… Schon die Amis haben früher rausgefunden, dass die Rohstoffe locker reichen um das Land wieder aufzubauen. Seltene Erden, Erdöl Kupfer, Eisen, Litium und andere sollten uns doch als Krämer reichen, um dort wieder Kräfte hinzuschicken? Die Schwaben habens schon immer gesagt: Nix ist umsonst, außer der Tod und der kostets Leben!
@Ex HG
Deshalb gibt es einen Unterschied zwischen Umsonst und Kostenlos.
Ob wir in AFG bleiben oder gehen hängt wenig von unseren Wünschen ab, als vom Handeln der USA. Ohne USA keine Bw in AFG.
Rohstoffe gehen nicht an den freundlichsten, sondern an den der am besten zahlt.
Die Taliban hatten den Vorteil das man ihnen ziemlich genau gesagt hatte wann man in welchem Umfang das Land verlassen würde und wie die Folgemission aufgebaut sein wird.
Sie konnten sich dementsprechend vorbereiten und die „Befriedung“ war doch nur ein Trugschluss.
@ Freiherr vom Stein
Strafexpedition wegen 9/11 ? So war es!
Ein Land, dass den Al-Kaida Kämpfern zuflucht gewährt hat, war halt leichter angreifbar als eine ominöse saudische Terrororganisation.
Nicht zu vergessen, dass nach dem 11.09. eiligst von der saudischen Botschaft in Washington ca. 20 Saudis eiligst abgereist sind, damit deren Kontakte mit im Anschlag verwickelte Saudis nicht die guten Beziehungen von Saudi Arabien und den USA stören. Wo doch der ehemalige Präsident Carter für einen Vortrag in Saudi Arabien schon mal eine Million Dollar Gage erhalten hat und Saudi Arabien der große Islamismusexporteur dieser Welt ist
@ Ex HG
Umgekehrt wäre es meiner Meinung nach richtig gewesen. Wir hätten viel kürzer bleiben sollen, nachdem die Operation OEF mit der Jagd nach den Al-Kaida Mitgliedern abgeschlossen war, die Taliban aus AFG vertrieben waren, hätte man 2002 abziehen müssen. Alles andere war das deutsche Gutmenschentum, zumindestens wurde es so von den Grünen und der SPD an die Bevölkerung als der gute „ISAF“-Einsatz verkauft.
Intern war es für die Regierung jedoch „nur“ ein Nato-Bündnisfall und diese Begründung für den Einsatz wollte man der deutschen Bevölkerung nicht zumuten. Und dies nachdem Deutschland jahrelang von der Solidarität des Bündnisses profitiert. Dies wirft ein Licht auf das sicherheitspolitische Empfinden der deutschen Bevölkerung, nach dem Motto „der Strom kommt aus der Steckdose“.
PS: Rohstoffe, dieses Geschäft machen wohl die Chinesen zur Zeit (Kupfermiene, Kraftwerk und Bahnstrecke zum Abtransport) und dies kann ohne den Einsatz von eigenen Streitkräften!
Dachte „der Chinese“ habe sich schon um die Rohstoffe gekümmert.
http://de.wikipedia.org/wiki/Afghanistan#Bergbau_und_Industrie
@ StMarc:
Warum in die Ferne schweifen, wenn das „Gute“ liegt so nah?
http://en.wikipedia.org/wiki/Civil_war_in_Afghanistan_%281989%E2%80%9392%29
Ein Blick nach Chahar Dareh:
http://www.aljazeera.com/indepth/features/2015/04/foreign-fighters-set-shop-northern-afghanistan-150424081505305.html
Nach Aussagen der Provinzregierung weigert sich die NATO Luftangriffe in KDZ zu fliegen – aus Sorge um CIVCAS.
Sollte es wirklich zum Fall von Kunduz-Stadt kommen, wäre dies für die Amerikaner, die NATO, aber auch für die Bundesregierung und die Bundeswehr überaus peinlich.
Aber was daraus lernen?
Zu China – die Chinesen unterhalten scheinbar „halb-offizielle“ Beziehungen zu den TB:
http://atimes.com/2015/04/what-is-the-real-military-situation-in-afghanistan-today/
The Taliban have welcomed China’s involvement. They sent a delegate to China to discuss issues related to Afghanistan and the current regional situation, sources close to Taliban told the AIP or Afghan Islamic Press. A Taliban official, who requested anonymity, also confirmed the visit of the Taliban officials to China, saying, “The purpose of the trip was to share the Islamic Emirate’s stance with China.”
wir wissen doch alle aus dem „Vernetzten Ansatz“, daß Gewalt keine Lösung ist. Und wir haben das doch auch alles ohne so viele Geschütze, Spz und die Bundesluftwaffe geschafft . . .
@Jan Hoffmann
Glauben sie wirklich, dass viele Geschütze und die Lw an der Situation was verbessert hätten oder würden?
Hinweis an alle: Ihr habt gesehen, dass es zum Thema Kundus einen neuen Thread gibt?
@TW
Ja, aber „China“ paßt besser hierhin.