‚Maersk Tigris‘: Genug Verwirrung auf See

maersk_tigris_ais

Preisfrage für die maritimen Experten: Wenn iranische Einheiten auf einer internationalen Schiffahrtsroute durch iranische Gewässer einen Containerfrachter aufbringen, der im Auftrag einer dänischen Firma fährt, aber von einer Reederei in Singapur bereedert wird, die eine Tochter einer deutschen Holding ist, das Schiff die Flagge der Marschallinseln führt, die zwar keine eigene Marine, aber ein Verteidigungsabkommen mit den USA haben, und der Frachter eine osteuropäisch-asiatische Besatzung aus wieder ganz anderen Ländern hat …. wer ist da eigentlich betroffen?

Fest zu stehen scheint nur: Der Containerfrachter Maersk Tigris wurde am (heutigen) Dienstag in der Straße von Hormuz von iranischen Kräften gestoppt und mit Waffengewalt zur Weiterfahrt in Richtung des iranischen Hafens Bandar Abbas gezwungen, wo er inzwischen weit vor der Küste ankert (siehe Karte oben). Spiegel Online fasst die Nachrichtenlage so zusammen:

Iranische Patrouillenboote haben Warnschüsse auf ein Frachtschiff einer deutschen Reederei abgefeuert, Sicherheitskräfte brachten es unter ihre Kontrolle. Die USA haben daraufhin einen Zerstörer und ein Kampfflugzeug losgeschickt.

Das wäre alles der verwirrenden Welt der internationalen Schiffahrt zuzuordnen und nicht weiter von Bedeutung, wenn es nicht gerade in der Straße von Hormuz passiert wäre, einem Nadelöhr – oder, international gesprochen, choke point der Schiffahrtsrouten für Öl. Und wenn das das Verhältnis zwischen Iran und vor allem den USA, aber auch anderen westlichen Ländern nicht so angespannt wäre. Wenn es nicht eine grundsätzliche Einigung im Atomstreit mit dem Iran gäbe, für den die Einzelheiten noch ausgehandelt werden müssen. Und wenn nicht zudem noch nicht reguläre iranische Streitkräfte, sondern angeblich die Revolutionsgarden für das Aufbringen des Frachters  verantwortlich sein sollen.

Nach Angaben der offiziellen iranischen Nachrichtenagentur Fars übrigens hat der Fall keinerlei politischen Hintergrund. Es gehe nur um einen Zivilstreit zwischen iranischen Hafenbehörden und dem Schiffseigner, zudem eine gerichtliche Beschlagnahmeanordnung.

Es bleibt verwirrend und brisant. Stay tuned.

Ein Bild des Schiffes gibt es hier.

Weitere Meldungen von Reuters dazu hier und hier.

Nachtrag 29. April: Ein Update von Reuters – dem Ganzen soll ein 14 Jahre alter Rechtsstreit zu Grunde liegen:

Iran’s Ports and Maritime Organization said a court had ordered the ship seized after ruling against Maersk Line in a case about debts brought by Pars Talaie, an Iranian company.
[Foreign Minister Javad] Zarif told the audience on Wednesday Maersk was required to pay damages on the basis of a court order. He said the legal proceedings had been going on for some 14 years.
Tasnim, an Iranian news agency, quoted a Pars Talaie lawyer as saying the debt involved a cargo that Pars Talaie had hired Maersk to take from the Iranian port of Abadan to Dubai more than a decade ago but which never arrived.

 

 

(Kartenausriss: marinetraffic.com)