Berlin billigt Lieferung von Ex-NVA-Schützenpanzern an Irak
Deutschland hat die Lieferung von 280 Schützenpanzern des russischen Typs BMP-1, die die Bundeswehr von der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR übernommen hatte, an den Irak gebilligt. Nach einem Schreiben des deutschen Rüstungsdirektors im Verteidigungsministerium, das Augen geradeaus! vorliegt, genehmigte die Bundesregierung einer tschechischen Firma den Export von 280 Panzerkampfwagen PbV-501. Die Schützenpanzer sollen dort vor allem im Kampf gegen die islamistischen ISIS-Milizen zum Einsatz kommen.
Die Gefechtsfahrzeuge, Standardausstattung der Streitkräfte des Warschauer Vertrags, waren nach der Übernahme durch die Bundeswehr im Reparaturwerk Neubrandenburg modernisiert und später an Schweden abgegeben worden. Das skandinavische Land verkaufte sie an das Unternehmen in Tschechien weiter. Wie bei Rüstungsexporten üblich, war für die jeweilige Weitergabe eine Exportgenehmigung des Ursprungslandes, also in diesem Falle der Bundesrepublik Deutschland, erforderlich. Das Unternehmen in Prag hatte sowohl 2013 als auch 2014 um die entsprechende Genehmigung nachgesucht, über die von der Bundesregierung insgesamt entschieden wurde; federführend für solche Länderabgaben ist jedoch das Verteidigungsministerium.
Nach dem von Rüstungsdirektor Generalleutnant Benedikt Zimmer unterzeichneten Schreiben ist die Lieferung der BMP an den Irak ebenfalls mit Auflagen versehen. So dürfen die Schützenpanzer nur direkt an die irakischen Streitkräfte abgegeben werden und nur zur nationalen Verteidigung, beim Krisenmanagement oder bei Friedensmissionen der Vereinten Nationen eingesetzt werden. Der Irak muss sich verpflichten, die Fahrzeuge nicht ohne deutsche Zustimmung an Dritte weiterzugeben.
(Foto: BMP-1-Schützenpanzer der NVA bei einer DDR-Parade 1988 – Bundesarchiv via Wikimedia Commons unter CC-BY-SA-Lizenz)
@T.Wiegold
Dank für die Info!
Sehe trotz des (guten?) Willens die Lieferung zu genehmigen eine Problematik in Folge des desolaten Zustandes der irakischen Armee. Sollte der IS (ISIS) wieder Panzer erobern können, so würden sie sich über diese recht guten SPz freuen. BMP 1 ist zwar schon älter, aber ein sehr zuverlässiges Gerät, einfach zu bedienen und bei einer richtigen Taktig sehr wirkungsvoll (gilt für beide Seiten Irak – ISIS).
Allen ein schönes Wochenende und bis die Tage!
Mich würde ja mal Interessieren, welche Unternehmen in Europa noch so ausrangiertes Kriegsgerät deponieren.
Letzten Endes scheint dieses Outsourcen ja sehr wirtschaftlich und üblich zu sein.
Welch realitätsfremde Forderung diese dürften “ nur zur nationalen Verteidigung, beim Krisenmanagement oder bei Friedensmissionen der Vereinten Nationen eingesetzt werden.“ Als ob das irgendwen im Irak kratzen würde wenns nicht der Fall wäre. Und was will Berlin dann machen? Schmollend in der Ecke stehen?
Die Lieferung zum jetzigen Zeitpunkt ist relativ simpel zu begründen und für die meisten nachvollziehbar: Maliki ist weg vom Fenster und damit auch Unterbutterungspolitik durch die schiitische Mehrheit, die Bekämpfung des IS erfordert eine passende Ausstattung der irakischen Armee (schließlich liefern wir ja auch Waffen an kurdische Milizen) und es ist in unserem Interesse wenn die Staaten der Region diese Bedrohung bekämpfen. Aber warum zum Geier macht sich das BMVg wieder mit solchen Teletubbie-Forderungen zum Gespött der ganzen Welt? Wir haben eh null Einfluß darauf, wie diese BMPs dann im Irak verwendet werden, also was soll das Gehabe? Hat man inzwischen soviel Angst vor der eigenen Presse und den Anti-Militaristen vom linken Außenrand?
Diese Klauseln hat man wohl deshalb eingebaut um sie eingebaut zu haben. Sinn ist es wohl weniger, eine Proliferation wirksam zu verhindern (dazu bräuchte man im Falle der Zuwiderhandlung ein wirksames Druckmittel), sondern vielmehr um sagen zu können „Das durften die doch gar nicht!“.
So stell ich mir das zumindest vor.
Werferfehler
Zumal sich der „Besitzwechsel“ innerhalb von bewaffneten Konflikten recht schnell ereignen kann – eine versaute Offensive und *schwupps* hat man Fotos von IS-Kämpfern auf schicken BMP. Mir ist es auch schleierhaft, warum man auf solchen Klauseln besteht, aber evtl. ist das einfach in unserer Bürokratie so vorgesehen und somit quasi ein Selbstläufer.
Vielleicht deswegen:
http://www.un.org/disarmament/ATT/
Endverbraucherklauseln sind aber üblich.
Oh, wo ich es gerade sehe:
Panzerkampfwagen (zumindest in dieser Schreibweise) gibt es seit 1945 nicht mehr… ;-)
Ich weiß, dass sich der Hausherr da höchstwahrscheinlich auf die schwedische Bezeichnung Pansarbandvagn 501 bezogen hat, politisch korrektes Bw-Deutsch wäre aber trotzdem und unverändert der „Schützenpanzer“, zumal Panzerkampfwagen gemeinhin Kampfpanzer waren.
Ok, ich weiß – sorry… Gehe wieder zurück in die Sonne ;-)
Zwar besser als nichts, aber wie soll die Irakische Armee mit alten BMP 1 Panzer gegen die ISIS gewinnen, welche über erbeutete amerikanische M 1 Kampfpanzer verfügt und auch über russische Kampfpanzer?
Und wieso hat Deutschland jetzt wochenlang gebraucht um diese Entscheidung zu treffen? Dieses Schneckentempo der deutschen Politik ist angesichts des Krieges gegen den Terror unverantwortlich. Denn mit 280 Schützenpanzern hätte man schon längst eine neue Offensive gegen die ISIS starten können, wenn die USA aus der Luft Schutz gegen stärkerer Kampfpanzer der ISIS geben würden.
Der IS hat bisher kaum Kampfpanzer eingesetzt. Es wurden zwar anscheinend einige erbeutet, aber mir wäre nicht bekannt, daß der IS im größeren Ausmaß Panzer einsetzt.
Meistens sind es „Technicals“.
Außerdem verfügt der Irak über Mi-35 und sogar über Mi-28, so daß Panzerbekämpfung durchaus machbar ist.
@csThor „Maliki ist weg vom Fenster und damit auch Unterbutterungspolitik durch die schiitische Mehrheit,“:
Das wäre schön. Hier zum Kontrast ein Absatz aus einer Veröffentlichung von HRW vom letzten Montag, in der Obama aufgefordert wird, militärische Hilfe an strikte Bedingungen zu knüpfen:
Quelle: https://www.hrw.org/news/2015/04/13/iraq-obama-should-press-abadi-militia-abuses
Zur Einordnung der Bedeutung von Milizen im Irak siehe das Schaubild in folgendem Artikel:
http://www.washingtonpost.com/world/middle_east/iraqs-pro-iranian-shiite-militias-lead-the-war-against-the-islamic-state/2015/02/15/5bbb1cf0-ac94-11e4-8876-460b1144cbc1_story.html
48,000 regulären irakischen Soldaten stehen dort 100,000 bis 120,000 Milizmitglieder gegenüber.
PS: Völlig weg vom Fenster ist Maliki ist übrigens auch noch nicht. Er ist einer der drei irakischen Vizepräsidenten.
IS mag einige schwere Geräte erbeutet haben aber nach bald einem Jahr permanenter Luftangriffe dürfte davon nicht mehr viel einsatzbereit sein und verlegefähig ist davon unter Garantie nichts mehr – oder kann sich jemand ernsthaft vorstellen dass unter der Lufthoheit der Alliierten grössere Verlegungen von MBTs oder Artillerie durch IS stattfinden?
Das was an schwerem Gerät noch überlebt hat das ist gut getarnt und tief eingegraben und das wird keiner anrühren um es mal eben 500-1000km durchs Land zu wuchten.
@all
Die deutschsprachigen Kommentare unter der englischen Fassung dieses Artikels habe ich mal hierher verschoben, das scheint mir sinnvoller…
@Voodoo
Den Begriff habe ich mir in diesem Zusammenhang nicht ausgedacht ;-)
(Außerdem: wo ist Sonne?!)
@ T.W.
1.) Mea culpa! 2.) Westliches Ruhrgebiet ;-)
@T.W.: Auch im Süden ist es phasenweise schön! Dafür haben Sie natürlich die Annehmlichkeiten der Hauptstadt.
Zurück zum Thema: Eine Lieferung von geschützten Fahrzeugen passt doch in die „Ertüchtigungsstrategie“ der Kanzlerin. Interessant in diesem Zusammenhang ist tatsächlich der Weg, den diese Fzg genommen haben. Hier scheint es Geschäftsfelder zu geben, die der breiten Öffentlichkeit weitgehend verborgen sind.
@TomTom
Geheim ist das aber nicht, wir hatten dies hier schon in Zusammenhang mit der UKR. Ein Unternehmen wäre z.B.
http://www.excaliburarmy.com/en/
http://news.rin.ru/eng/news/88188/
Die STV Group ist ein anderes Unternehmen in diesem Bereich, sowie VOP CZ.
Angesichts der Tatsache, wie lange es bereits nicht mehr die NVA
als auch die DDR gibt, frage ich mich, wieso dieses Material überhaupt noch existent ist. Ich habe bislang vermutet, es sei, auch mit Hilfe von ABM, verschrottet worden. Wo sie auftauchen werden? Fragt die Humvees der Iraker.
Zettel raus, Stifte raus: BMP =bajewaja maschina pechotui – Gefechtsfahrzeug der Infanterie. Entschuldigung für den Einwurf aber ich war mal Sprachausbilder. Reflex quasi.
Kennt jemand den Sachstand zur Auslieferung der BMP-1 an den Irak? Und, ist der ursprüngliche Rüststand 73mm BK und LfK Sagger auch heute noch Stand der Dinge?
Zusätzlich, Verschiffung via Emden?
@Popel:
Ich halte mich bei solchen Sachen an die NVA: Schützenpanzer/SPz für BMPs und Schützenpanzerwagen/SPW für BTRs. :)