Afghanistan-Einsatz zum Nachlesen: Zwei Bücher
Zum Thema Bundeswehreinsatz (nicht nur) in Afghanistan gibt’s zwei neue, nun, Bücher, die ich gerne empfehle:
• Am Hindukusch – und weiter?
Die Bundeswehr im Auslandseinsatz. Erfahrungen, Bilanzen, Ausblicke
An dem Buch, herausgegeben von Rainer Glatz, dem früheren Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, und Terrorismus-Experte Rolf Tophoven, haben ziemlich viele Autoren mitgewirkt. Unter anderem auch ich, mit einer Betrachtung der Bundeswehr-Auslandseinsätze im Spiegel der Öffentlichkeit.
Das Buch gibt’s bei der Bundeszentrale für politische Bildung hier zu bestellen.
• Krieg in Afghanistan – Eine Bilanz
ist eigentlich kein Buch im eigentlichen Sinne, sondern die Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage der Linksfraktion im Bundestag. Und deshalb, trotz des Umfangs von 104 Seiten, auch nicht als Buch erhältlich, sondern steht als Bundestagsdrucksache 18/4168 hier zum Herunterladen bereit.
Wie bei fast jeder Parlamentsanfrage gibt’s da natürlich das Problem, dass die Antworten der Bundesregierung hinter den Erwartungen der Fragesteller zurückbleiben – das ist hier nicht anders, und die Fraktion der Linkspartei hat auch schon bemängelt, dass es auf manche Fragen keine, nur unzureichende oder nur als Verschlusssache eingestufte Aussagen gebe. Dennoch ist das mal ein Ansatz für einen Überblick über einen Einsatz, der ja noch nicht zu Ende ist.
Danke für die Literaturhinweise, T.W.
Wann kommt denn eigentlich Ihr Drohnenbuch?
Danke. Bundestagsdrucksache auf keinen Fall, da auf politischer Anfrage mit „political correctness‘ geantwortet werden dürfte. Bezug nur über die Bundeszentrale?
Die interessierte Öffentlichkeit, die im Netz oder traditionell im Buchladen um die Ecke bestellt, wie läuft da die Information?
@Klaus-Peter Kaikowsky | 27. April 2015 – 15:40
gockelscht du das:
ISBN: 978-3-8389-0584-6
Vielen Dank für den Hinweis, Herr Wiegold.
Bzgl. BT 18/4168
Frage 113: „Wie viele Aufständische wurden von Bundeswehrtruppen oder […] in von Offizieren der Bundeswehr angeforderten Einsätzen […] im Rahmen ISAF, OEF sowie im Rahmen geheimer Operationen […] getötet oder verletzt […] (bitte nach Ort, Monat, Jahr, Name der Operation und verantwortlicher militärischer Einheit aufschlüsseln)?“
Diese Frage impliziert doch frechweg, dass es Operationen gab, die außerhalb der Mandate, also außerhalb des Auftrages durch den BT, stattfanden: als hätte jemand in der Führung oder Leitung das Rückgrat/ die Möglichkeit bewaffnete Soldaten klammheimlich ohne Mandat selbstständig zu einer Mission zu entsenden…
Es ist wirklich fragwürdige Praxis, hier nach Details abgelaufener Kampfhandlungen (bzgl. der mil. Einheit) zu forschen.
Nun ist es zwar nicht allzu schwer zu einigen besonderen Situationen Zusammenhänge zwischen Vorfall und verantwortlicher Einheit oder gar involvierter Person festzustellen, was im Rahmen der (auch Bw-) Selbstdarstellung (Karfreitagsgefecht- Tle FschJgBtl 313) oder im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle im Untersuchungsausschuss (Bombenabwurf Kunduz- „Red Baron“, LLBrig 26 und O/BG Klein) geschah. Dies also entweder freiwillig offenbart oder im Rahmen eines -auch- vertraulich tagenden U-Ausschusses.
Aber inwieweit ist das überhaupt sachlich begründbar, reichen Zahlen ohne Hinweis auf die Einheit nicht aus, um die parlamentarische Kontrolle auszuüben?
Hier versuchen doch Politiker auf dem Rücken von Soldaten Gesinnungsethik durchzusetzen.
Wem nutzt es also, solche Antworten zu verlangen?
Auf diesen Anfragen lastet der Vorwurf, dass gewisse Informationen dann den Weg in Richtung außerparlamentarische Linksopposition finden- ob hier wiederholt Informationen an linke Gruppierungen gelotst werden sollten?
Die Fragesteller begreifen sich wohl nicht als Abgeordnete für alle Menschen, also auch derjenigen die, zwar entgegen des Willens der Linkspartei, aber mit Beschluss der MEHRHEIT des Bundestages in den Einsatz entsandten Soldaten. Damit bedienen sie doch nur ihre eigenen Gesinnungsgenossen.
*kopfschüttel*
Der nächste Schritt wäre dann, sich über den Bodycount aufzuregen, wenn die Frage beantwortet werden könnte… Manchmal kann man tatsächlich nur mit dem Kopf schütteln.
Unabhängig davon wie die Angaben dann politisch interpretiert werden, ist die Frage der Linken doch legitim, denn die Antwort darauf ist für die Bewertung der Einsatzes durch den dafür letztlich verantwortlichen Bundestag durchaus relevant. Es wäre zwar verkürzt, die militärische Wirkung des Einsatzes vorwiegend an getöteten Gegnern zu messen, aber in öffentlichen Darstellungen wird bislang der Eindruck erweckt, als würden gar keine Gegner getötet. Falls das Ergebnis der Anfrage wäre, dass dies tatsächlich der Fall ist, wäre eine mögliche Schlussfolgerung, dass die Bundeswehr in Afghanistan überflüssig ist, denn keine Gegner töten kann z.B. das THW besser und billiger.
Vielen Dank! Habe ich mir direkt bestellt.
Ich möchte hier nun wirklich keine Lanze für die Linke brechen, aber sind parlamentarische Anfragen nicht fast immer suggestiver Natur?
Wo ist das Problem diese Zahlen und Daten vorzulegen?
Muss ja nicht genau so passieren wie gewünscht, aber z.B. so:
(willkürliche Zahlen nur zur Veranschaulichung)
2008 – 245 Tote
2009 – 143 Tote
2010 – 120 Tote
2011 – 34 Tote
ISAF – 563 Tote
Enduring Freedom – 320 Tote
Geheime Operationen – 34 Tote
Rest – 25 Tote
KSK – 45 Tote
DSO Gesamt – 56 Tote
Rest – 650 Tote
Also so richtig mit Operationsnamen, Monat/Jahr, Kompanie X finde ich auch ein wenig zu weit.
Aber mich würde es schon interessieren und ich finde es auch legitim dies mitzuteilen.
Aber natürlich sollte dadurch keine FSchJg an den Pranger gestellt werden („Todesschwadrone“ oder solch Blödsinn der dann von der BILD erdacht wird) und auch keine militärischen Geheimnisse.
Ich habe immer wenn bestimmte Dinge nicht berichtet werden den Verdacht auf Vertuschung/Ablenkung von der Wahrheit. Mag ja alles naiv, schizophren etc. sein, aber wenn nix zu verbergen ist dann raus mit den Daten.
Vielleicht wäre wir ja auch alle überrascht Positiv/Negativ aber es würde doch im Endeffekt zur immer wieder geforderten Transparenz beitragen und auch aufzeigen dass die Bundeswehr nun mal eine Armee ist mit allen positiven und negativen Konsequenzen.
Und natürlich würde die LINKEN dann schreien „Ah Soldaten sind Mörder, 1200 Tote.“ etc.
Aber dann wünsche ich mir einen General oder eine Von der Leyen die dann sagen „Was habt ihr denn gedacht? Schutz der Bevölkerung/Aufbaumaßnahmen durch Armeeoperationen ist nun mal kein Kaffeekränzchen oder ein Polizeieinsatz mit Pfefferspray. So schlimm es auch ist, es gehört leider dazu und wir vermeiden es so gut wie es geht. bla bla“
Mal bisschen Klarheit und Aussprache gehört auf beiden Seiten dazu. Pazifisten wie Selbstverständnis einer Armee.
Die Bundeswehr ist keine Brunnenbohrfirma wie manche gerne denken, aber diese ewige Nichtoffenlegung von Fakten geht mir genauso auf den Keks
@karl_a
Die Schwierigkeit ist, daß gegnerische Verluste nur grob geschätzt werden können, da Tote regelmäßig geborgen werden und man selbst nicht oft die feindlichen Positionen besetzt bzw. durchsucht.
Das ist mir klar, aber eine grobe Schätzung oder eine definitive Anzahl plux Schätzung x wäre zumindest möglich.
Mir persönlich ist völlig unklar,wie man die Verluste bei dem Gegner eingrenzen sollte.
Sofern es überhaupt offizielle Zahlen dazu gibt,können die aus meiner Sicht (und Erfahrung) einfach nur geschätzt sein.Und zwar so grob,das sie für ernsthafte Vergleiche/Rückschlüsse absolut nichts taugen.
Der Gegner hat so gut wie immer aus dem Hinterhalt agiert,er hat in den meisten Fällen das Gefecht eröffnet und auch beendet.
Oft (natürlich nicht immer) wurde auf Distanz gekämpft,ohne das auch nach dem Gefecht die Position des Gegners nach Toten abgesucht wurde(n konnte).
Eine Aufschlüsselung nach Einheiten macht auch nur begrenzt Sinn.Die Kontingente waren meist aus einem Sammelsurium von verschiedenen Einheiten zusammengesetzt.Selbst auf eine Division (z.B. damals DSO) reduziert,macht das wenig Sinn.Kontingent wäre eine Möglichkeit,da gibt es ja auch Untersuchungen zu.
Abseits vom bodycount scheint mir die aktuelle Entwicklung in Nord-AFG sehr interessant zu sein.
Denn wie sagte schon BK a.D. Dr. Kohl?
Wichtig ist was hinten bei raus kommt.
Daher verweise ich hier mal auf die aktuelle Lage in Kunduz aus dem Bällebad:
http://augengeradeaus.net/2015/04/baellebad-fuer-die-2-aprilhaelfte-2015/comment-page-2/#comment-193810
Und irgendwo dort oder sonstwo ist ein GIZ-Mitarbeiter in Geiselhaft.
Gut wäre, wenn man seine Fragen auch begründen müßte – „Wir wollen das wissen, weil …“
Das würde vielleicht auch die ausufernde Fragerei – welche grundsätzlich natürlich berechtigt ist – etwas eindämmen.
@Memoria
Diese Geiselnahme ist für mich Indikator für die Sicherheitslage, da sie (noch) ein singuläres und auch in einem sicheren Umfeld mögliches Vorkommnis ist.
@Thomas Melber:
Ich gehe mal aufgrund der Formulierung davon aus, dass in ihrem Beitrag ein „kein“ vor Indikator fehlt.
Das sehe jedoch anders. Nach Presseberichten wurde der Deutsche an einem „Checkpoint“ von Taliban-nahen Milizen auf der Rückreise von KDZ nach MeS entführt. Es handelt sich also – wenn die Angaben stimmen – um eine Haupverbindungslinie. Wenn diese nicht mehr offen sind, dann ist dies auch für die afgh. Bevölkerung ein starker Indikator für eine erheblich veränderte Sicherheitslage.
In dem Zusammenhang ist zudem ein Artikel im STERN (3 Krieger) vor 2 Wochen interessant in dem ein am Karfreitagsgefecht beiteiligter Taliban-Unterführer berichtet er müsse nun seine Beteiligung am CIP-Programm (Abwerbung von Taliban durch die Regierung) durch ein „großes Ding“ ausgleichen. Ein großes Ding ist nach seinen Angaben ein großer Anschlag oder die Entführung eines Ausländers. Die Sicherheitslage hat sich erheblich zu Gunsten der Taliban verschoben und örtliche „player“ passen sich entsprechend an. Wie sie es auch 2011ff taten – nur hat die Dynamik des Konfliktes nun eine andere Richtung.
Im Ergebnis gibt es mehr Gelegenheiten und Handlungsdruck Ausländer zu entführen. Somit schon ein starker Indikator für die veränderte Sicherheitslage.
Wie sehr das Thema der Entführung medial (und politisch?) weitgehend ignoriert wird, finde ich überaus peinlich.
Laut fernmündlicher Auskunft der „Bundeszentrale für politische Bildung“ ist „Am Hindukusch – und weiter“ im freien Handel nicht erhältlich, sondern nur direkt bei der Bundeszentrale beziehen. Die weiter o.g. ISBN existiert für diesen Titel nicht.
Ja, ist wohl so. Allerdings ist wohl auch eine Fassung als e-Book geplant.