Journalisten sind gefährlicher als Jihadisten

Der Präsident des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Christof Gramm, erregt seit gestern Aufsehen mit einem Interview, in dem er vor der Gefahr warnt, dass die Bundeswehr als Ausbildungscamp für gewaltbereite Islamisten missbraucht werden kann. Nun kann man drüber streiten, ob die von Gramm genannte Zahl von etwa 20 solcher Islamisten wirklich ins Gewicht fällt (auch wenn jeder einzelne Fall einer zu viel ist, genau so wie bei Rechtsextremisten), aber der Präsident hat schon eine Antwort, was man da tun könnte. In dem Interview der Welt (Link aus bekannten Gründen nicht) sagt er:

Ich glaube, wir müssen die Handlungsmöglichkeiten des MAD so weiterentwickeln, dass wir in der Lage sind, diejenigen, die zur Bundeswehr kommen, im Vorfeld einem Basischeck zu unterziehen. Wir würden gern überprüfen, ob es ernsthafte Zweifel an der Verfassungstreue der zukünftigen Soldaten gibt. (…)
Es geht mir nicht um nachrichtendienstliche Mittel, sondern um eine präventive Überprüfung mit Realismus und Augenmaß bei der Ausbildung an Kriegswaffen.

Was genau Gramm da vorschwebt, bleibt leider etwas offen – vermutlich dürfte es auf einen Abgleich der Daten für Bewerber bei der Bundeswehr gehen, zwischen MAD, Polizeibehörden und vielleicht Verfassungsschutz.

Ich hab‘ übrigens gerade mein Akkreditierungsformular für den Pressetermin des Heeresinspekteurs am morgigen Dienstag in Marienberg fertig gemacht. Da will das Deutsche Heer von mir unter anderem Geburtsdatum, Geburtsort, Personalausweisnummer und Ausstellungsort wissen. Wofür, steht auch drin:

Zur Realisierung der Teilnahme akkreditierter Medienvertreter/innen unter Berücksichtigung sicherheitsbezogener Anforderungen werden die nachfolgend aufgeführten personenbezogenen Daten benötigt.
Rechtsgrundlage für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung dieser Angaben ist § 12 Abs. 1 i. V. m. §§ 13 ff Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Zum Zweck der Überprüfung sicherheitsrelevanter Belange werden die Daten an das BKA bzw. das zuständige LKA übermittelt.

Na bitte, geht doch. Man muss sich nur auf die wirklich sicherheitsrelevanten Belange konzentrieren. Und was sind schon gewaltbereite Islamisten gegen die Vielzahl von Medienvertretern, die gefährliche Gegenstände wie Mikrofone, Kameras oder gar Kugelschreiber mit sich führen.

Nun ist diese Überprüfung von Journalisten, auch wenn man sie unter Sicherheitsaspekten für richtig hält, natürlich eine grandiose Verschwendung von Steuergeldern. Ich hab nämlich solche Formulare in den vergangenen Jahren zigmal ausgefüllt – für jeden Pressetermin im Verteidigungsministerium oder bei der Truppe aufs Neue. Dabei hatte schon das Bundespresseamt vor Ausstellung meiner Dauerakkreditierung mal vorsorglich beim BKA nachgefragt. Aber für den immer wieder wiederholten Datencheck scheint ja Manpower und Geld genug da zu sein.

Da hätte ich mal einen Vorschlag: BMVg und Bundeswehr könnten einfach ihren Kollegen glauben, die paar Wochen oder Monate vorher die Überprüfung sicherheitsrelevater Belange durchgeführt haben, und die freiwerdenden Mannstunden einsetzen, um nach Extremisten in der Bundeswehr zu gucken. Keine Ursache, die Prämie für diesen Einsparvorschlag kann gerne mit dem Haushaltstitel Materialerhalt verrechnet werden.

(Foto: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Kreis von potenziell gefährlichen Personen bei der Einweihung des Bundeswehr-Showrooms in Berlin am 19. November 2014)