Psychische Erkrankungen nach Bundeswehr-Auslandseinsatz 2014 um ein Viertel gestiegen
Die Zahl der Bundeswehrsoldaten, bei denen nach einem Auslandseinsatz neu eine Post-Traumatische Belastungsstörung (PTBS) oder eine andere psychische Erkrankung festgestellt wurde, ist im vergangenen Jahr um gut ein Viertel gestiegen. Unter anderem wurde 2014 bei 204 Soldaten PTBS neu diagnostiziert, das sind 55 mehr als im Jahr zuvor. Das berichtet das Fachportal Angriff auf die Seele unter Berufung auf das Psychotraumazentrum der Bundeswehr in Berlin.
Der Statistik liegt die Fortschreibung der im Januar veröffentlichten Zahlen der Bundeswehr zu Grunde, die die Zählung bis Oktober 2014 enthält. Nach Angaben von Angriff auf die Seele meldeten sich im vergangenen Jahr 431 Einsatzsoldaten wegen einer möglichen PTBS-Erkrankung, von denen bei 204 dieses Krankheitsbild festgestellt wurde. Darüber hinaus wurden 214 Soldaten mit anderen psychischen Störungen wie Depressionen oder Angststörungen registriert. Insgesamt seien 75 Soldaten mehr als 2013 mit psychischen Erkankungen nach dem Einsatz verzeichnet worden, was einer Steigerung um 25,6 Prozent entspreche.
Die Zahl der Soldaten, die wegen PTBS in – oft jahrelanger – Behandlung oder Therapie sind, stieg nach dieser Statistik um rund 370 an: Im vergangenen Jahr wurden wegen dieser Erkrankung 1.697 Soldaten behandelt, die meisten von ihnen nach einem Einsatz in Afghanistan. 2013 waren es noch 1.423 gewesen.
Die ganze Meldung mit der Statistik hier.
(Archivbild 2010: Hubschrauber-Außenlandung in Afghanistan – Bundeswehr/PIZ Einsatzführungskommando)
Nicht auszuschließen, dass ein Großteil der Erkrankungen seine Ursache in der Berichterstattung in unseren Medien und daraus resultierend die vorherrschende Meinung über die Soldaten in der Öffentlichkeit liegt.
Wer in Deutschland Soldat ist und erfährt, wie über ihn geschrieben und gedacht wird, muss doch fast automatisch psychisch krank werden….
@Sascha Vohwinkel
Ich bin ein bisschen sprachlos. Da kommen Leute mit einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung aus dem Einsatz zurück, und Sie behaupten Nicht auszuschließen, dass ein Großteil der Erkrankungen seine Ursache in der Berichterstattung in unseren Medien und daraus resultierend die vorherrschende Meinung über die Soldaten in der Öffentlichkeit liegt.
Ihnen scheint der Unterschied zwischen einer echten psychischen Erkrankung und Kränkung durch fehlenden öffentlichen Rückhalt nicht klar zu sein. Oder Sie wollen trollen. Schlage vor, Sie bleiben hier erst mal weg, bis Sie sich über das Thema informiert haben.
@ T.W.
auch schwarzer humor ist humor. da muss man nicht gleich dekompensieren.
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zum thema: was ich mich immer wieder frage. wenn wir schon jetzt , in 2014 war doch kaum gefechtsaktivität bzw. die aktiven einsätze waren mehr oder weniger ruhig, derart hohe ausfallzahlen haben, wie sähe es dann bei einem fiktiven schießkrieg a la „donbass 2015“ aus
hat man dann 50 % psychoausfaälle? was sagt das eigentlich für die gefechtstauglichkeit der truppe insgesamt? wird gegengesteuert? bei personalrekrutierung, durch fordernde ausbildung (ich habe schon in der grundausbildung mal angeregt das man geschlossen die forensische pathologie besucht zwecks desensibilisierung. „ah ja Herr gefreiter… interessanter vorschlag aber keine zeit….“
wenn man das erfahrungsdelta zwischne einsatz und friedensgesellschaft nicht durch fordernde ausbildung schließt muss man sich über permanenten PTSD nachschub nicht wundern
Ich muss darauf hinweisen (auch als jemand, der im eigenen nahen Umfeld Menschen mit Depressionen und psychischen Erkrankungen um sich hat), das man hier ein sensibles Thema anschneidet, das man aber differenziert betrachten muss.
Die tatsächliche Anzahl erkrankter Soldaten/Ex-Soldaten ist unbekannt.
Auch, weil manche Symptome als „PTSB“ diagnostiziert werden, die keine sind; aber auch, weil manch einer auf diese Weise wunderbar auf sich aufmerksam machen kann…..
Ja-es gibt sie….und es gibt Soldaten, die an PTSB leiden, ohne es zu wissen-bzw. ohne es „an die große Glocke“ zu hängen.
Interessant ist auch das Verhältnis der PTSB-Erkrankten zwischen „Drinnies“ und „Draussies“…(ohne das jetzt in irgendeiner Weise werten zu wollen)..
Noch viel interessanter ist, das in anderen Berufsbranchen, die ähnlichen Einsatz-Szenarien ausgesetzt sind/waren wie die Bundeswehr, im Verhältnis gesehen die Zahl der Erkrankten deutlich geringer ausfällt…..das wäre mal eine Studie wert…….mag es vielleicht daran liegen, das Menschen-je mehr man sie darauf aufmerksam macht, was eintreten könnte-diese irgendwann daran glauben?
Ich denke auch, dass man diesen Anstieg in der Anzahl der Betroffenen sehr ernst nehmen muss und dass man das im Einsatz Gesehene oder Erlebte nicht einfach wegstecken kann. Allerdings glaube ich, dass man Menschen nicht so auf solche Situationen vorbereiten kann, dass diese dann spurlos an einem vorüber gehen.
@wacaffe&huey:
+1
@TWiegold
Bei den Zahlen im letzten Absatz hat sich gegenüber der Quelle ein kleiner Fehler eingeschlichen. Im letzten Absatz heißt es, dass 1697 Soldaten behandelt wurden, in der Quelle ist von 1697 Kontakten die Rede. Ein Soldat kann jedoch mehrere Behandlungskontakte haben.
Durch dienstliche Nähe zum Thema vermute ich, dass es auch viele Soldaten sind, die sich erst in 2014 aufraffen konnten, zum Arzt zu gehen. Der Weg der Erkenntnis ist eben lang und steinig. Gerade in männerdominierten Berufen ist es normal, dass viele ihre Beschwerden erst zugeben, wenn sie zusammenbrechen oder von der Familie die Pistole auf die Brust bekommen.
Zudem bedeutet PTBS ja nicht immer, dass man mit der Situation an sich Probleme hatte (Gefecht, gefallene Kameraden, allgegenwärtige Gefahr wegen IED usw.), sondern eher damit an der Situation nichts ändern zu können (betrifft gerade die Kameraden, die der Meinung sind, wenn sie schneller, besser, anders reagiert hätte , wäre der Kamerad noch
am Leben/ nicht verwundet).
Die Konstanten im Leben, die sonst immer so wichtig waren und Maß aller Dinge, ändern sich und diese Verwunderung führt nachträglich auch zu psychischer Belastung (insbesondere wenn Kameraden erleben, wie Kameraden oder Angehörige von Verwundeten/ Gefallenen um die Anerkennung der WDB kämpfen müssen.
PTBS ist auch extrem unter den Teilnehmern 1./2. WK verbreitet. Wird nur nicht mehr behandelt. Ich empfehle dazu eine Nachtschicht in einem Seniorenzentrum.
Und was die Auswirkungen ala Krieg im Donbass angeht: es gäbe einfach noch mehr Traumatisierte. Das ist die direkte Folge von Krieg/ kriegsähnlichen Zuständen (Menschen auf der Flucht haben auch oft PTBS). Eine normale Reaktion des Körpers auf nicht ständig vorkommende Erlebnisse. Darauf kann sich niemand so vorbereiten, dass er dagegen gefeit ist (die Hormone hat so nämlich keiner im Griff, das hat dann nicht mehr mit „wollen“ zu tun ).
Und ebenfalls Fakt ist: die Dunkelziffer wird noch weit höher sein. Eben, weil es immer noch viel zu viele Kameraden gibt, die meinen, nach unseren paar lapidaren Einsätzen darfst „sowas“ einem Soldaten nicht passieren. Und es gibt immer noch zu viele Vorgesetzte, die da kein gutes Auge auf ihre Untergebenen haben.
Willkommen in der Leistungsgesellschaft Deutschland.
Nur was wert, wenn Mensch einwandfrei und ohne zu murren funktioniert.
Als Unterpunkt des Berichtes erscheint : 2/3 der PTBS-Befallenen hatte bereits vor dem Auslandeinsatz psychische Probleme.
Die sogenannte Fuersorge des Dienstherrn haette diese Leute also wohl garnicht in diese Einsaetze entsenden duerfen…Bzw man muesste alle Aulandsdesignierten vorher auf mentale Stabilitaet untersuchen. Praevention ist das Wort…
1. Es liegt sicher nicht an der Berichterstattung der Medien, ob jemand eine PTBS erleidet oder nicht. Ich kenne das Thema erst seit dem Vietnamkrieg, der nun mal als verlorener Krieg gilt. Und ich könnte mir vorstellen, das weniger Fälle von PTBS auftreten oder die Syntome weniger schwer oder lange ausfallen, wenn ein Krieg gewonnen wird, die Soldaten(wie früher) eine Siegesparade bekommen und vom Volk als Helden angesehen werden, statt den Eindruck vielleicht der Gleichgültigkeit in der Bevölkerung für ihren Einsatz zu haben.
2. Bei den steigende Zahlen gehe ich nicht unbedingt davon aus, daß die Zahl der PTBS Fälle tatsächlich gestiegen ist, sondern ich könnte mir vorstellen, daß die Sensibilität für das Thema gestiegen ist und sich deshalb mehr Soldaten mit PTBS oder Verdacht darauf melden, die vielleicht früher eine Meldung unterlassen haben.
3. Wie könnte man das Problem lösen, die Zahl der Fälle reduzieren. Wenn ich das Krankheitsbild richtig verstehe, dann erleidet der Betroffene mehr Stress, als sein Körper auf einmal verarbeiten kann und niemand kann wissen, ob es einen trifft oder nicht. Die einen triffts, die anderen nicht, selbst wenn diese dieselben Situationen erlebt haben.
4. Die Bundeswehr sollte sich fragen, wie man die Zahl der PTBS in Zukunft reduzieren kann bei gefährlichen Einsatz? Da es gerade AFG betritt, scheint doch die Gefährlichkeit des Einsatzes großen Einfluß auf die Zahl der PTBS Fälle zu haben.
Ich könnte mir als Laie vorstellen, daß eine besonderes realistische Ausbildung, z.B. die Soldaten in der Ausbildung einem scharfen Beschuß oder plötzlichen Angriffen und Überfällen im Manöver auszusetzen, und damit eine gewisse Stressgewöhung in der Ausbildung. die Zahl der PTBS Fälle dann im echten Einsatz reduzieren könnte. Aber ich weiß nicht, ob es dazu schon Studien oder Untersuchungen gibt?
Zudem gibt es gerade bei der Feuerwehr auch häufig vorkommend PTBS. Es gibt schon einige Beufsbilder, die über PTBS Erkrankungen verfügen, diese werden nur nicht so öffentlich gemacht wie bei der Bw, da könnten die Krankenkassen Auskunft geben. Machen sie aber nicht.
@Dragoonstattoo
Bei den genannten Berufen kann man seine Angst aber durch „Tun“ bekämpfen – sei es durch retten / helfen (Feuerwehr, Ersthelfer, u.a.), zudem ist die Gefahr immer konkret (Feuer) oder nicht mehr vorhanden (Unfallrettung).
Ich denke, das Problem kommt daher, daß die Gefahr nur latent vorhanden ist (IED) und man im falle eines Falles sich nicht wehren kann (kein erkannter Gegner, ROE, u.a.).
Niemand ist vor den Folgen eines ungewohnten und (subjektiv) lebensbedrohlich empfundenen, konfrontativen Ereignisses geschützt. Die Annahme, dass Soldaten, im Gegensatz zu anderen Gesellschaftsmitgliedern, eine potentiell belastende Situation besser oder einfacher verarbeiten, möchte doch jemand mal mit Argumenten untermauern…
Selbst Gewöhnung in den Bereichen, die häufiger mit Kampf und Bedrohung in Kontakt kommen (aufgrund ihrer Verwendungsreihe 18A – 18D…) schützt nicht sicher vor naturgemäßer Reaktion (Psychotrauma).
Die im Text genannte Begründung, dass mehr Verständnis für diese Erkrankung durch Sensibilisierung der Truppe zu einem offenen Klima führt, in dem sich mehr Erkrankte in Behandlung begeben, ist lebensnah und nachvollziehbar. Dies darf dann auch zu einer positiven Bewertung der ergriffenen Bw-Maßnahmen führen. Vieles ist nun besser, als noch zu der Zeit, in der man seitens der Führung und Leitung von der Thematik nichts wissen wollte.
Closius, es gab PTBS auch schon im 1./2. WK. Nur dort hatte man als Therapie eine standrechtliche Erschießung durchgeführt. Wer starke angstzustände hatte und sich weigerte, an die Front zurückzukehren, wurde einfach in den meisten Fällen erschossen. Auch, um somit der Truppe zu zeigen, was einem blühte, wenn dieser Befehl mißachtet wurde, egal wie es um die pschische Gesundheit stand (das habe ich aus einem Augenzeugenbericht 2. WK wiedergegeben).
Keine noch so gute Vorbereitung wird da helfen. Wenn der Körper hormonell auf Flucht eingestellt ist und es nicht gelingt, das zu durchbrechen, bleibt der Körper hormonell in dieser stresssituation. Und je länger dies anhält, desto schwieriger wird es, da auch wieder rauszufinden. Das bedarf frühzeitiger ärztlicher abklärung. Bei den meisten ist es manifest, bevor sie sich zum Arzt begeben. Deshalb finde ich die Einrichtung der Peers und Lotsen sehr gut. Vielleicht klappt das anvertrauen auf kameradschaftlicher Augenhöhe besser, jemand der erst mal unvoreingenommen zuhört und dann das weitere Vorgehen bespricht (compliance vorausgesetzt).
ich glaube nicht, daß die heutigen Soldaten wesentlich PTBS-sensibler sind als die Militärs früherer Generationen. Man lese einfach mal die einschlägigen Erlebnis-Berichte aus den früheren Kriegen (Remarque, Ernst Jünger usw.). Z.B. findet man auch bei dem doch recht hartgesottenen Jünger Hinweise darauf, daß dieser (nach heutigen Maßstäben) ebenfalls unter PTBS gelitten haben müßte. Er beschreibt z.B. sein panisches Zusammenschrecken bei harmlosen Geräuschen wie dem Quietschen einer Straßenbahn usw.. Allerdings hat das niemanden damals interessiert, solange die Herrschaften noch ein Gewehr halten konnten. Erst wenn man als „Kriegszitterer“ mit völlig zerrüttetem Nervensystem eingestuft war, wurde man aus dem Verkehr gezogen. Außerdem hatte vermutlich damals JEDER Frontsoldat die PTBS-Symptome. Wo hätte man denn da anfangen sollen?
Bei Jünger übrigens auch interessant: die Jungs haben ihren Krieg damals zumindest in der Endphase im ständigen Vollrausch geführt. Ohne mindestens zwei Flaschen Wein im Blut brach der Herr Leutnant grundsätzlich nicht zu seinen Kommando-Unternehmen auf. Zur Grundausstattung gehörte der Flachmann in der Rocktasche mit scharfem Sprit für den Nachschub unterwegs. Beschreibt er alles völlig selbstverständlich und unbefangen…
@Thomas Melber
Das ist so richtig, aber trotzdem verhilft auch das aktive tun nicht immer zum Schutz gegen PTBS. In allen Berufen, in denen es um Leben und Tod bei gleichzeitiger hoher Belastung durch zu kurze regenerationszeiten (häufig durch Personalmangel im zivilen begründet) kommt es auch zu PTBS. In Krankenhäusern und Altenheimen sind es die Arbeitsbedingungen an sich (Menschen wie am Fließband abfertigen zu müssen), die zu Burn Out/ PTBS führen.
Bei Polizei und Feuerwehr kommt es auch öfter zu Suiziden, welche als belastendes Ereignis bei „hinterbliebenen“ Kameraden zur Auslösung einer PTBS führen kann.
Und auch ohne berufliche Hintergründe finden sich PTBS bei Vergewaltigungsopfern, Menschen mit schweren Erkrankungen, Flüchtlingen uvm.
Es ist die Mannigfaltigkeit, die das Erkennen so schwer macht und vorallem der Wille des Betroffenen sich Hilfe zu suchen (und dabei ist das problem, dass auch das nichts hilft).
Ich wünsche diese Erkrankung keinem.
Vorallem im Hinblick auf die Tatsache, dass es meist 2 Jahre dauert, bis das WDB abgeschlossen ist.
@f28
Könnten Sie mir bitte die Buchtitel von Remarque und Jünger nennen. Ich bin an solchen Büchern sehr interessiert und beschäftige mich mit dem Thema PTBS von heute und damals.
Vielen Dank
Ich kann Dragonstattoo und Closius nur zustimmen: Ein Anstieg der Zahl der Diagnosen ist nicht gleichzusetzen mit einem Anstieg der Fälle.
1.) Zum einen ist die medizinische Betreuung besser geworden, d.h. Fälle, die vorher nie erkannt worden wären, werden jetzt endlich erkannt. PTBS ist ja mitnichten ein neues Phänomen – das gab es in allen Kriegen vorher auch schon. Nur interessierte es damals fast keinen, sehr zum Leidwesen der Betroffenen. (In der zeitgenössischen Literatur wurde das Thema dagegen oft aufgegriffen – von „Odysseus“ bis „Draußen vor der Tür“) Zum Glück gibt es heute diese Möglichkeiten.
2.) Die Sensibilisierung ist verbessert wurden, d.h. mehr Kameraden, die unter anderen Umständen in der Dunkelziffer geblieben wären, gehen jetzt zum Arzt.
3.) PTBS kann sich innerhalb von Jahren entwickeln, d.h. Personen die 2014 zum Arzt gehen, wurden nicht unbedingt auch 2014 traumatisiert. Auch nach dem Abzug aus AFG ist ein statistischer Anstieg der Fallzahlen möglich, im Hinblick auf das Krankheitsbild sogar wahrscheinlich.
Edit: Zwischen Schreiben und Abschicken gab es noch eine ganze Reihe neuer Posts, deshalb einige Doppelungen
@ DuNe:
Ich bin zwar nicht f28, aber er meint garantiert „Im Westen nichts neues“ und „In Stahlgewittern“
@huey
fällt die geringer aus oder wurde das nicht wahrgenommen?
@T.Wiegold
So leid es mir tut aber so ganz unrecht könnte er nicht haben, das Problem scheint in der Vergangenheit nicht in dem Umfang aufgetreten zu sein.
Ich habe keine professionelle Kenntnis, aber in früheren Zeiten war die Rolle des Nicht zu Gehörigen Menschen eine andere, es scheint da möglicherweise durchaus funktionierende Kartharsissysteme gegeben zu haben.
Andererseits, wenn ich daran denke wie die Generation meiner Eltern z.T. erzogen wurde, hat da eine Generation von PTSB Geschädigten das Problem durchgereicht?
Andererseits, wenn es Psychologen gibt die mit „Sie haben ein Wildschwein erschossen, das MUSS ihnen doch nahe gehen“ wie mir erzählt wurde, könnte das Problem doch mehrere Seiten haben.
@wacaffe
die Briten haben im WWII Soldaten in Schlachthäuser geführt
@MikeMolto
Stimmt das könnte auch im Inland Leben retten und hätte es auch(Stichwort WehrPFLICHTarmee) wenn Vorgesetzte ihrer Fürsorgeverantwortung nachkommen – können.
@Closius
Einer der Kommandeure der Iron Brigade of the eas , Rufus Dawes hat wahrscheinlich auch darunter gelitten
@Closius „Ich kenne das Thema erst seit dem Vietnamkrieg“:
Nichtkörperliche Verletzungen waren schon im ersten Weltkrieg ein Thema. Der Begriff „shell shock“ ist damals entstanden:
http://en.wikipedia.org/wiki/Shell_shock
http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegszitterer
http://en.wikipedia.org/wiki/Combat_stress_reaction
//EDIT:PS: Sorry. Überschneidungen während ich geschrieben habe.
TZG90 | 09. Februar 2015 – 14:50
@ DuNe:
„Ich bin zwar nicht f28, aber er meint garantiert “Im Westen nichts neues” und “In Stahlgewittern” “
genau diese alten Schwarten meinte ich.
@TZG90 / DuNe
Empfehlenswert auch:
Köppen, Heeresbericht – quasi ein „anti-Jünger“
http://de.wikipedia.org/wiki/Heeresbericht
Vgl. auch die anderen Verweise dort.
Ich sah mich jahrelang nicht als betroffen an, weil die Schilderungen von Tod, Verwundung und direktem Beschuss nichts mit den individuellen Gründen für die Traumatisierung zu tun hatten, die bei mir Vorliegen.
Wenn es eine Auswirkung der Medienberichterstattung gibt, dann die, das die Zahlen nicht noch sprunghafter steigen, weil lieber über Kampftruppe geredet wird, aber das Bewusstsein für die Überbeanspruchung der „Spezialisten“ nicht entstehen soll.
Mein Grad der Schädigung ist nun mit 30 % beziffert – wenn mir das MAD nicht irgendeine Pest andichtet, dann erhalte ich in Kürze Raum für Therapue und (hoffentlich) Genesung.
Für ein gebrochenes Bein kennt die Gesellschaft Reaktionsweisen. Wie mit psychologisch behandlungsbedürftigen Menschen umzugehen ist, ist überwiegend nicht bekannt.
Und wenn es etwas gibt, was mich krank macht, dann das Kämpfer-Gesülze & das betteln um Anerkennung. Wer die Augen aufmacht sieht längst, was hinter Natoerweiterung, Drohnenkrieg und den weltweiten fragwürdigen Aktionen steckt. Dafür hat kein Deutscher Soldat Anerkennung verdient. Aber wer stoppt diese Politik?
Als Soldat der Bundeswehr, der über 1000 Tage ISAF, und ca. 1200Tage anderer Einsätze seid 1990 hinter sich gebracht hat, kann ich mich über einige Beiträge nur wundern und erstaunt schauen….
@istso1
wären sie bereit das näher auszuführen?
@ThoDan
ich warte erstmal ab was noch so kommt zu dem Thema
@istso1
ich bin ebenfalls interessiert an näheren Ausführungen.
@Istso1: 6 Jahre Einsatzdauer? Ich zweifele ein wenig……
@Thodan:
„fällt die geringer aus oder wurde das nicht wahrgenommen?“
Ich habe dazu keine Studien angestellt…kann aber aus 16 Jahren Bundeswehr und mittlerweile 6 Jahren „Krisengebietseinsatz“ im Iraq, Afghanistan und Somalia gut vergleichen (natürlich nur im eigenen Bekanntenkreis):
Bei der Bundeswehr sind mehr Soldaten der „Drinnies“-Fraktion betroffen, welche das Lager nie verlassen haben.
Spricht man mit diesen, so fällt auf, das sie ihre Einsätze überwiegend mit den Worten „Langeweile“, „Abgammeln“, „Bürokratie“ und „Sinnlos“ beschreiben, während die „Draussies“ überwiegend aussagen, das sie „ihren Job gemacht „hatten, und „etwas erreicht hatten“-sei es die Aufklärung und Räumung von IED´s, das Auffassen und Festsetzen gegnerischer Kräfte, oder die Befreiung besetzter Gebiete…
Bei den „Contractors“ sieht es ganz anders aus…..dort gibt es nur sehr, sehr wenige, die über PTSB „klagen“-und diese beschreiben das dann häufig mit „leichter Schlaf“, bzw. mit „Schreckhaftigkeit bei Geräuschen, die einer Explosion oder einem Beschuss ähneln“….
Was beiden gleich zu sein scheint (und dies schreibe ich auch aus meiner Erfahrung beim „Joint&Combined-Einsatz“ mit amerikanischen, britischen und italienischen Kräften-ist die „Tatsache“, das die aktive Vorgehensweise jedes Einzelnen sowohl das Risiko als auch die Schwere einer PTBS mindern können…..dabei geht es vorrangig auch um die körperliche Leistungsfähigkeit….scheinbar hilft das „auspowern“ im Gym den Betroffenen, damit umzugehen…
Aber-wie gesagt…..nix wissenschaftlich bewiesenes…nur meine Erfahrung aus mittlerweile fast 25 Jahren Erfahrung……
@huey
Danke
Interessant, das die latente Bedrohung „Drinnen“ kombiniert mit „Macht/Sinnlosigkeit“ schlimmer sein könnte, als „draussen“.
Wie sieht das mit „Drinnen“ – Contractors aus?
Aber ich bezog mich eigentlich auf andere Berufsgruppen wie Polizei/Feuerwehr/Rettungsdienste etc…
@huey,
zweifeln kann man immer, aber leider entspricht es den Tatsachen…..oder nicht leider, bereue bis jetzt keinen Tag davon, auch wenn es manchmal recht hart war…
achja, drinnen und draussen
@Istso1: No offense, wie man so schön sagt…..kommt nur wirklich sehr, sehr selten vor-und wenn doch, dann i.d.R. nur, weil der Betreffende sich so oft freiwillig gemeldet hat…
;-)
„Interessant, das die latente Bedrohung “Drinnen” kombiniert mit “Macht/Sinnlosigkeit” schlimmer sein könnte, als “draussen”.
Wie sieht das mit “Drinnen” – Contractors aus?“
Interessanterweise ähnlich…..aber-wie schon erwähnt-alles nur aus meiner persönlichen Warte gemessen…
Bei den Amerikanern z.B. ist die Zahl der Personen, die als „Drinnies“ (z.B. als Gate Guard, Badging Officer u.ä.) eingesetzt sind UND „zu Hause“ Probleme haben, deutlich höher als bei den Menschen, die „aktiv arbeiten“ (also z.B. den ganzen Tag Luftfahrzeuge oder Fahrzeuge betanken, Waffen warten, Fahrzeuge reparieren usw..).
Mittlerweile haben ja auch die deutschen Psychologen schon einsehen müssen, das „Langeweile“ bzw. UNTERforderung ebenso zu einer Belastungsstörung beitragen können-evtl. sogar noch viel mehr, als dies eine „Ausnahmesituation“ kann…
@istso1
Respekt und Dank für Ihren Einsatz, aber die Debatte weiterbringen könnten Sie durch das Teilen Ihrer offensichtlich konkret vorhandenen Schlüsse aus Ihrer eigenen Erfahrung. Mich würde das auch ziemlich interessieren.
Mein Bruder ist im Übrigen Berufs-Feuerwehrmann…
Er war bei der Bundeswehr Rettungsassistent, bevor er zur Feuerwehr gewechselt hat-und auch in dieser Berufssparte hat sich einiges geändert, seit die Wehr-Männer und Frauen nicht mehr „nur“ gegen das Feuer, sondern auch gegen tätliche Übergriffe kämpfen müssen…
Bei einem der Feste, die gefeiert wurden, erzählte mir ein kürzlich pensionierter Feuerwehrmann, das er diesen Beruf heute nicht mehr ergreifen würde-wo es „früher“ um Rettung von Menschenleben ging, und er mit Respekt behandelt wurde (u.a. wurden Rettungsgassen freigemacht, und Menschen haben ihn unterstützt), müssten sich die heutigen Feuerwehren ihre Einsätze „freikämpfen“-von Menschen, die absichtlich ihre Fahrzeuge nicht aus dem Weg fahren würden über Menschen, die sie dabei behindern, einen Brand zu löschen bis hin zu tätlichen Angriffen war alles dabei…
Die „Belastungs-Störungen“ kommen also nicht immer oder ausschließlich von Erlebnissen, die DIREKT mit der Bedrohung zu tun haben-sondern scheinbar oft auch durch indirekte Belastungen….
@ ThoDan:
Nach Stand der jetztigen Forschung sind Ohnmachtsgefühle der wichtigste Auslösefaktor für PTBS. Der Überlebensinstikt des Menschen basiert auf „fight or flight“, d.h. sich entweder wehren oder fliehen. Tritt eine als extrem bedrohlich wahrgenommene Situation auf, gegen die man sich weder wehren noch vor ihr fliehen kann, „weiß“ der Überlebensinstikt nicht mehr, was er tun soll – das Ergebnis ist unberechenbar.
Warum in solchen Situationen einige PTBS-Symptome entwickeln und andere nicht, ist noch nicht erforscht – aber im Grunde sind Ohnmachtssituationen in einer bereits extrem stressigen Situation (Lebensgefahr für sich oder andere) den meisten PTBS-Betroffenen gemein.
Deshalb tritt PTBS ja nicht nur bei Soldaten auf, sondern auch bei Notärzten, denen der Patient unter den Armen wegstirbt; Lokführern, denen sich ein Selbstmörder vor den Zug wirft; Opfern von brutalen Raubüberfällen oder Vergewaltigungsopfern. Was ab diesem Zeitpunkt mit dem Gehirn passiert ist noch nicht vollständig erforscht, aber die Prozesse im Gehirn scheinen sich dauerhaft zu verändern, weshalb man PTBS nicht einfach „wegtherapieren“ kann.
Soweit mein Stand als Laie, der versucht hat, sich in die komplexe Thematik halbwegs einzuarbeiten.
Moin !
Interessante Ansätze von Euch !
Ich habe auch immer gedacht, dass es sowohl Soldaten gibt, die den Zug aus irgendeinem Grund für sich nutzen, und das es Unterschiede zwischen „Drinnen und Draußen“ gibt.
Seid ich selber in Behandlung war habe ich meine Meinung geändert!
Dieses ewige drinnen gegen draußen kann ich nicht mehr hören. Es macht für mich keinen Unterschied ob ich draußen angerumpelt wurde oder die RPG übers, bzw. ins Camp flogen! Desweiteren habe ich beim Papierkrieg und an der Vorschriftenfront mehr graue Haare bekommen, als auf mancher gruseligen Patroullienfahrt! Nur weil ich teilweise „drinnen“ war bin ich doch kein Soldat 2. Klasse bzw. darf ich keine Gedanken haben oder gar Krank werden?!? Viele der „draussen“ Fraktion würden sich auch mit Händen und Füßen gegen das „drinnen“ sein wehren, dass aber nur am Rande.
Ein Anstieg in 2014 könnte einen einfachen Grund haben:
Viele Soldaten sind durch Versetzungen und Auflösungen aus ihren alten Verbänden in ein neues Umfeld gekommen. Vielfach war und ist das ganze auch mit einem totalen Neuanfang verbunden. (Neuer Arbeitsplatz des Partners, Famillie usw.)
Vieles was vorher durch die gewohnten Strukturen und vor allem Kameraden an Stress aufgefangen wurde prasselt jetzt direkt auf den Soldaten ein! Da kann der „Rucksack“ schnell an seine Belastungsgrenze kommen!
Bei einem Arztbesuch und der Überweisung zum Facharzt findet man sich dann entsprechend schnell in einer Statistik wieder die nicht wirklich etwas aussagt, da auch nichts über Behandlungen, Dauer usw. vermerkt ist !
[Hm, den gleichen Kommentar unter zwei verschiedenen Nicks posten ist auch nicht so die nette Art… T.W.]
@huey
Danke
@huey: Danke! Unterschreib ich alles!
Vor allem der Punkt mit dem körperlichen auspowern (ja die Gym ist wichtig und kein Poserschuppen!).
Im Einsatz hatten/haben(?) ja selbst Bundeswehrärzte eine negative Einstellung zum Gymbesuch gehabt. Motto: Zu viele Sportverletzungen….. naja, dann eben ein paar Jahre später Verletzungen der Psyche.
Vielleicht sollte man die Rohdaten im Verhältnis zum stetig steigenden BMI der Bw setzen!
Sport baut Stress ab, macht die Birne klar und hält gesund. Oder wie der Lateiner sagt: Mens sana in corpore sano
@ huey
Ihre persönliche Erfahrung würde zu mindest logisch Sinn machen. Wenn PTBS durch Stress verursacht wird der da durch ersteht das man gegen die gefühlte Bedrohung nichts tun kann, macht es Sinn das diese die etwas tun können da mit besser umgehen können als die die nicht reagieren können. Wenn es dabei um Flucht oder Kampf reaktionen geht, man aber weder noch das eine oder das andere tun kann als Reaktion, würde es Sinn machen das dies zu Störungen führen kann. Denn dann fühlt man eine gewisse oder gar starke Hilfslosigkeit. Das Sport, also körperliche Anstrengung Stress (auch Depression) abbaut ist ja allgemein bekannt.
Dies würde auch erklären warum Innendienstler vieleicht stärker betroffen zu sein scheinen. Erst mal haben sie weniger Bewegung. Zweitens, man kann nicht direkt reagieren, auch die Angst ist wohl indirekt gefühlt. Und das sich nutzlos fühlen, also das Gefühl das der Job denn man macht völlig Sinnloss ist psychologische Probleme zB. Depression hervorruffen kann wissen wir ja auch aus der Arbeitslosigkeit. Da es dabei um Gefühle und gefühltes geht, also subjektive Wahrnemung, ist die empfundene Gefahr sowie Reaktionsmöglichkeit ausschlaggebend und nicht die tatsächliche. Dies würde auch denn positive effekt des Alkoholrausches erklären.
@ f28 In einer Studie die ich vor kurzem gelesen habe wurde bestätigt das der Alkoholrausch einen positiven Effekt hat auf die Überlebenschance. Also Leute die besoffen sind erleiden in Unfählen weniger Verletzungen und heilen auch schneller. Ausnahme Autounfähle. So weit ich mich erinnere galt dies auch für psychologische Folgen. Das heist wer besoffen oder zu mindest angetrunken ist verarbeitet sowohl die körperlichen wie psychischen Schäden besser. Der körperliche Effekt ist teilweise relativ einfach zu erklären, eine lockere/entspantere Körperhaltung führt zu weniger Widerstand und eine bessere Aufnahme des physischen Schocks.
Im psychischen/psychologischen Bereich würde eine positive Wirkung auch Sinn machen da der Alkoholrausch ja die Wahrnehmung beinflusst, bzw. verändert. Man nimmt Gefahren gedämpft, also reduziert wahr. Deshalb haben sich die Soldaten in ihrem Beispiel ja auch besoffen, eben „Mut“ angetrunken wie man so schön sagt. Postiv auswirken kann sich auch das man sich schlecht an Sachen erinnert die man im Vollrausch getan hat :-).
Als Lösungsansatz heist das erst mal regelmässiger Sport, vorallem für Innendienstler. Wenn die Ursache von PTBS in der subjektiven Wahrnehmung liegt könnte dort auch die Lösung liegen. Also Wahrnemungs verändernde Drogen oder Hypnose. Da beide problematisch sein könnten, wer kann sich schon Vorstellen das der erste Befehl vor der Patroullie lautet „Dose auf! Hebt an! Trinkt! Ganz davon angesehen das es etwas schwerig sein dürfte den Rausch beim Marsch ohne Nachschub aufrecht zu erhalten.
Ein realistischer Ansatz liegt dan wohl ehr im Bereich Meditation, also Wahrnemungs veränderne oder Entspannungs Übungen. Wie Epictetus schon sagte, es sind nicht die Dinge selbst die uns beunruhigen, sondern unsere Sicht der Dinge. Dies erklärt vieleicht auch diverse Aberglauben und Riten die archaische Krieger/Kulturen vor einer Schlacht durch geführt haben. Der Glaube versetzt Berge, oder eben auch die Wahrnemung.
@Daniel Lücking
„Und wenn es etwas gibt, was mich krank macht, dann das Kämpfer-Gesülze & das betteln um Anerkennung. “
Jemandem wie Ihnen, der so sensibel ist wenn es um den Umgang mit der eigenen Person geht, stände es gut zu Gesicht, anderen Standpunkten selbst etwas mehr Achtung entgegenzubringen. Pauschal allen, die Ihre Sicht der Dinge nicht teilen, auf so herablassende Weise zu begegnen, fällt sehr negativ auf Sie und Ihr Anliegen zurück und tut denen keinen Gefallen, die Aspekte dieses Anliegens teilen, ohne dieses durch unkameradschaftliches Verhalten diskreditiert sehen zu wollen.
@TZG90 Bezüglich ihres letzten Paragraphen, die Distanzierung, vorallem die emotionale scheint also ausschlaggebend zu sein. Stichwort Stoizismus. Zugespitzt, in unserer „betroffenheits“ Gesellschaft wo die Empathie, Sympathie etc hoch gehalten wird stat eben die Distanzierung oder Loslösung wie sie im Buddhismus oder Stoizismus gepredigt wird.
“ Zugespitzt, in unserer “betroffenheits” Gesellschaft wo die Empathie, Sympathie etc hoch gehalten wird…….:“
Das würde auch zu meiner eigenen Erfahrung mit den „Einsatznachbereitungsseminaren“ der Bundeswehr passen…..
Wer dies noch nicht weiß:
Nach JEDEM Einsatz müssen die Soldaten an diesen Seminaren teilnehmen-i.d.R. 2-3 Tage irgendwo „weg“, mit Peers bzw. mit Psychologen über das „Erlebte“ reden.
Ich habe auf JEDEM dieser Seminare die gleiche Erfahrung gemacht:
Soldaten mit etlichen Einsätzen, die schon für den nächsten geplant waren, und die nur nach Hause wollten und sich beschwerten, das sie zu diesen Seminaren „gezwungen“ wurden…….sowie Peers oder Psychologinnen, die den Soldaten Probleme geradezu „aufgedrängt“ hatten, nach dem Motto „Sie waren im Einsatz…..es MUSS ihnen schlecht gehen“….
Bei einem dieser Seminare war das „Schlimmste“, das die Soldaten berichten konnten die Tatsache, das die Kaffeemaschine im Kantinenzelt für 2 Wochen ausgefallen war, und man „üblen Instantkaffee“ trinken musste……natürlich haben die Peers nicht nachgelassen und weiter gebohrt……..schließlich muss jeder Soldat, der aus einem Einsatz kommt, ein Problem haben…..
Zum Thema Stoizismus und Soldatentum m.E. besonders empfehlenswert ist „Courage under Fire“ von James Stockdale. Der Autor hatte sich ausführlich mit dieser Philosophie auseinandergesetzt, bevor er als US-amerikanischer Pilot in nordkoreanische Gefangenschaft geriet, wo sie ihm und seinen Kameraden eine große praktische Hilfe war.
Hier das Dokument: http://research.policyarchive.org/11815.pdf
Interessant fand ich auch „Stoic Warriors“ von Nancy Sherman und „Philosophie fürs Leben“ von Jules Evans, der sich populärwissenschaftlich mit dem Thema Stoizismus und Extremerfahrungen auseinandersetzt.
Man kann psychische Erkrankungen natürlich auch herbeireden, wenn man Suggestivbefragung mit situativem Anpassungsdruck kombiniert.
Auf die Weise schaffen es Psychoanalytiker auch, Leuten einzureden, sie wären als Kinder von Aliens entführt und mißbraucht worden.
Nach ein paar intensiven Sitzungen glauben manche Leute das wirklich und zeigen Mißbrauchssymptome…
@ huey
Gut das Nachborren kann ja Sinn machen wenn man bedenkt wie schwer sich der Mann als Wesen tut PTBS oder anderes („Schwäche“) zu zu geben. Ich meinte das mit der Empathie/Sympathie nicht im Sinne von „Weichei“ sondern einfach das wir vieleicht die Fähigkeit zur Distanzierung verloren haben. Nicht unbedingt im Sinne von Gleichgültigkeit aber sich nicht berühren lassen. Die Sache philosophisch sehen.
@ Max Ibl Danke!! Im Gegenzug kann ich empfehlen „The Age of Absurdity“ von Michael Foley
@Ein Leser: Das PTBS gab es schon immer, aber es war früher eben kein Thema, ein Soldat, dessen Nerven versagt haben galt eben einfach als Feigling oder Drückeberger.
Im 1. Weltkrieg hätte man das PTBS eigentlich am meisten erwarten müssen ,weil ein jahrelanger Stellungskrieg kann den Nerven nicht gut tun. Da müssten alle Soldaten eigentilch PTBS bekommen haben oder vielleicht deswegen nicht, weil die Soldaten auch ständig am kämpfen waren mit MG oder jeder Artillerieschlag der Gegenseite mit eigenem Feuer erwidert wurde.
Aus dem 2. Weltkrieg gibt es einige Beispiele, wo die Nerven von Soldaten versagt haben, z.B. vom 13. Mai 1940, als die Wehrmacht bei Sedan die Mass überschritten hat, haben die Nerven der französichen Verteidiger der 55. Infanteriedivison den stundenlangen Stuka-Angriffen zuvor nicht stand gehalten . Dagegen hatten die Bunker selbst den Angriffen der 1.500 Flugzeuge überwiegend überstanden. Sie konnten wegen den rollenden Angriffen nicht fliehen und nicht kämpfen, weil sie nicht auf schwere Luftangriffe vorbereitet waren und keine oder fast keine Flugabwehr hatten.
Und bei Luftangriffen der Alliierten 1944 auf deutsche Panzertruppen haben deren Nerven teilweise auch nicht gehalten.
Aber nach diesen Weltkriegen hatten die Menschen keine Zeit oder Möglichkeit sich um PTBS zu kümmern. Deutschland war jeweils ziemlich am Boden.
Und Kriegsgefangenschaft ist für PTBS wohl noch förderlicher als Kämpfe. Untersuchungen an Kriegsgefangenen haben gezeigt, so länger die Gefangenschaft, um so höher die Quote. Bei längerer russischer Kriegsgefangenschaft lag die PTBS Quote bei 75 %.
Zunächst ist PTBS eine biochemische Reaktion auf Grund einer stressbedingten Dauerbelastung oder Überbelastung. Die biochemischen Veränderungen im Körper sind mittlerweile messbar. Für Interessierte empfehle ich, sich mal die Seite von NeuroLAB GmbH anzuschauen. Hier findet man sehr gute Beschreibungen der Krankheitsbilder. Allerdings ersetzt diese Beschreibung nicht die Behandlung eines Arztes. Im übrigen ist die Behandlung nicht durch die deutschen Krankenkassen anerkannt.
Da ich berufsbedingt als Fachkraft für Arbeitssicherheit mit steigenden Burnout – und PTBS Zahlen zu tun habe, kann T.W. an Interessierte meine Email weiterleiten. Ich bin gerne bereit Hilfestellung bzw. weitere Infos zu geben.
MkG
zulu1975
@zulu1975
Nun ist der Mensch aber in der Lage, auf neurologische und biochemische Vorgänge durch kulturelle Praktiken Einfluss zu nehmen. Das, was z.T. seit Jahrtausenden Bestandteil soldatischer Kultur bei vielen Völkern ist, stellt sich bei naturwissenschaftlicher Betrachtung oft als aus Erfahrung gewachsenes praktisches Wissen über Vorgänge dar, die Naturwissenschaften bzw. die Medizin erst anfängt zu verstehen. Dem einzelnen Soldaten aber dürfte die Vermittlung dieser kulturellen Praktiken eher weiterhelfen als eine Bescheibung ihrer neurobiologischen Wirkungen oder der entsprechenden Abläufe im Menschen.
P.S.
Nicht umsonst erweisen sich diverse Gegner, die sich dieser kulturellen Praktiken gegenwärtig bedienen, als so robust. Die vielen freiwilligen Kämpfer aus Europa, die es nach Syrien oder in den Irak zieht, scheinen trotz größerer Herausforderungen deutlich weniger Probleme mit PTBS zu haben als ihre den Grundsätzen der Inneren Führung folgenden Landsleute.
@Max Ibl
Das ist sicher richtig, aber dazu muss es der Betroffene erst mal wissen bzw. darauf vorbereitet sein. Wenn PTBS erst mal eingetreten ist, können Sie rückwirkend mit kulturellem Einfluss an der tatsächlichen Erkrankung nichts mehr ändern. Wobei Ihre Aussage natürlich in eine vernünftige Therapie mit einfließt um Rückfälle zu vermeiden. Die Neurostresstherapien greifen erst, wenn die Erkrankung eingetreten ist. Um das Risiko für eine PTBS Erkrankung zu reduzieren, ist eine solide Einsatzvorbereitung und das Erkennen von ersten Symptomen wesentlich.
MkG
zulu1975