(Keine) Boxer für Litauen? Hinreichende Verwirrung.

Die Sachlage ist hinreichend verwirrend: Nach der Meldung des Wochenendes Deutschland verweigert Litauen Boxer-Radpanzer, nach der litautischen Erklärung Wir wissen noch gar nicht, ob wir Boxer wollen und nach der deutschen Erklärung vom (heutigen) Montag Litauen hat uns gar nicht nach Boxern gefragt fühle ich mich bislang außerstande, zu bewerten, was eigentlich passiert ist oder nicht. Außer dass die erste Meldung auch international ziemliche Wellen geschlagen hat, mit dem Tenor: Da lässt Deutschland einen Verbündeten im Stich.

Der Reihe nach. Am Wochenende meldete die Welt am Sonntag (Link aus bekannten Gründen nicht):

Obwohl die Nato Russland als existenzielle Gefahr für das Bündnisgebiet in Osteuropa einstuft, verweigert die Bundesregierung dem Nato-Partner Litauen die Lieferung von Panzern. Eine Anfrage der Balten, die ihre Streitkräfte mit Radpanzern des Typs Boxer modernisieren wollen, lehnte das Verteidigungsministerium ab.

Ebenfalls am Wochenende relativierte das der litauische Verteidigungsminister in litauischen Medien:

Following a German media report earlier in the day that Germany refuses to sell Boxer vehicles to Lithuania, Olekas told BNS that the ministry had no official information about this yet.
„What we have at the moment is the company’s offer to sell us that weaponry. We have not yet considered whether we will purchase this particular weaponry. Thus, if it is not offered, there will be nine other (offers) and we will choose from these nine. I do not know whether we would choose (Boxers) if they were offered, because we have not made a final decision yet,“ he said.

Und am Montag erklärte das deutsche Verteidigungsministerium (hier zitiert nach tagesschau.de):

Litauen habe Interesse am Kauf von bis zu 100 neuen Radpanzern des Typs Boxer geäußert, nicht an der Abgabe der Militärfahrzeuge durch die Bundeswehr, stellte der Sprecher des Verteidigungsministeriums klar. Ein offizieller Antrag liege dafür bisher jedoch nicht vor. (…) Die Bundeswehr könne keine Radpanzer an Litauen abgeben, da sie davon selbst nicht genug habe und das verfügbare Gerät zwischen den Einheiten rotieren lassen müsse.

Die letzte Äußerung ist nicht so richtig erstaunlich, beim Dynamischen Verfügbarkeitsmanagement kriegt ja bislang noch nicht mal die Bundeswehr genügend Fahrzeuge. Da will man natürlich keine abgeben. Andererseits taucht jetzt erst mal die Zahl von bis zu 100 auf, vorher war von zweistelligen Zahlen die Rede…

Aber insgesamt ist damit doch offen, ob Litauen überhaupt Boxer will. Vielleicht, warten wir mal ab. Vielleicht ist es ja nur eine Frage des Preises. Was Litauen will, sind Panzerhaubitzen 2000. Da gibt’s eine Anfrage, und die Litauer jedenfalls scheinen auf eine Antwort zu warten.

Und wo wir gerade über Litauen reden: Für die geplanten geplanten NATO-Kommunikationszentralen in den östlichen Mitgliedsländern, die praktisch als Kontrollstelle für temporäre Verstärkungen des Bündnisses fungieren sollen, hat das Land heute die Vereinbarung mit der NATO unterschrieben.

Nachtrag: Der Welt-Kollege Thorsten Jungholt, von dem auch die erste Meldung stammt, hat inzwischen noch mal nachgelegt und Details erläutert:

Der Regierungsdeal, juristisch korrekt Mandatsvertrag genannt, könnte so aussehen, dass die Bundesregierung ihre geplante Bestellung von 131 Boxern auf 231 aufstockt und 100 davon dann an Litauen weiterverkauft – gegebenenfalls den finanziellen Möglichkeiten des Bündnispartners angepasst. Ein solches Geschäft aber soll es nun offenbar nicht geben. Was es geben könnte, erläuterte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Montag: Ein ganz normales Rüstungsexportverfahren.

(Archivbild 2011: GTK Boxer im Einsatz in Afghanistan im Lager der deutschen ISAF-Truppen – Bundeswehr/Krumbach)