Gespannte Lage: Litauen will Wehrpflicht wieder einführen
Angesichts der angespannten politischen Lage in der Ukraine-Krise und der zunehmenden Frontstellung zwischen der NATO und Russland will Litauen die Wehrpflicht wieder einführen. Damit werde der nötige Aufwuchs der Streitkräfte des baltischen NATO-Landes sichergestellt, erklärte Präsidentin Dalia Grybauskaitė. Die allgemeine Wehrpflicht soll zunächst für fünf Jahre in Kraft treten und muss noch vom Parlament beschlossen werden.
Aus dem Bericht der englischsprachigen Lithuania Tribune vom (heutigen) Dienstag:
The State Defence Council, comprising of the Lithuanian president, prime minister, parliament speaker, defence minister and army chief, decided on Tuesday to reintroduce military conscription in Lithuania.
The conscription, which was suspended several years ago as Lithuania opted for the professional army, should be reintroduced in light of the changes in geopolitical situation, President Dalia Grybauskaitė said after the meeting.
Under the proposal, compulsory military service would apply to men between the ages of 19 and 26. The plan is to draft between 3,000 and 3,500 men each year.
Nun kommt in einem so kleinen Land wie Litauen auch mit Wehrpflicht keine schlagkräftige Armee zusammen, wie die angepeilten Zahlen zeigen. Aber es ist eine hochgradig symbolische Entscheidung (wie der Wunsch, Boxer-Radpanzer und Panzerhaubitzen zu bekommen).
Im Moment fehlt mir der Überblick – aber nach meiner Erinnerung besteht auch in den anderen beiden baltischen Staaten derzeit keine Wehrpflicht? (Würde also wieder mal Zeit für eine NATO-Gesamtübersicht; wobei Norwegen mit einer Besonderheit heraussticht: Dort gilt der Wehrdienst für Männer wie für Frauen.)
(Foto: Litauische Soldaten bei der US-geführten Übung Combined Resolve II im Mai 2014 auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels in Deutschland – U.S. Army photo by Spc. John Cress Jr)
@Hohenstaufen
Die EU hat aber auch 1,4Mio Soldaten.
Wir haben kein Geld und kein Personalproblem, sondern ein europäisches NATO Mangement und Reformen Problem.
@Zidmarsen:
Widerspruch.
Es ist in erster Linie kein Managementproblem, sondern ein intellektuelles Problem (hier stimme ich Bang50 voll zu).
Der Zustand der NATO erinnert an die franzöische Armee der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts.
In dem sehr lesenswerten Buch „Die seltsame Niederlage“ aus dem Jahr 1940 (!) beschreibt er den Zusammenbruch der französischen Armee.
Seine Erfahrungen aus dem Blitzkrieg fasste Bloch in eine niederschmetternde Kerndiagnose: „Unsere Chefs waren unfähig, den Krieg zu denken.“
Für ihn war die Kapitulation 1940 eine intellektuelle Niederlage der Nation, seiner Erziehung, seiner Schulen, aufgrund fehlender geistiger Beweglichkeit, kurz: ein Mangel an „Imagination“.
Man schaue sich nur mal an wieviel die Russen seit 2008 (Georgienkrieg) gelernt haben und wieviel wir seit 2008 gelernt haben (siehe Besenstiel & Co).
Es fehlt vorallem an geistiger Beweglichkeit.
Ohne diese intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Krieg von heute und morgen ist jedes Management unnütz.
Wie groß die Defizite hier sind, hat ja sogar die Bundeskanzlerin in ihrer Rede in München erwähnt. Aber man braucht ja nicht glauben, dass deswegen nun ein ernsthafter Denkprozess beginnt.
Wir schreiben ein weichgespültes Weißbuch…
Bei der NATO kann ich ebenfalls keine intellekuelle Dynamik erkennen (siehe SACEUR zu hybrider Kriegsführung).
@Foxy
Bitte, den Trick mit dem gezielten Missverständnis kenne ich. Und halte ihn intellektuell für überschaubar.
Russland veranstaltet seit Jahren Großmanöver mit zehntausenden Soldaten auch in Grenznähe – aber wenn Litauen die Wehrpflicht mit 3.500 Mann (!) neuer Rekruten im Jahr einführt, hat die westliche Rüstungsindustrie Grund, die Korken knallen zu lassen?
Ihre Meinung ist Ihre Meinung, das respektiere ich, aber bitte halten Sie nicht alle anderen für blöd.
@Jas: Aus meiner Sicht sind weder die Attraktivitätsmaßnahmen und die Werbemaßnahmen ausgeschöpft noch hat man dem Bürger die Notwendigkeit und Nützlichkeit des Dienstes in den Streitkräften versucht zu vermitteln.
Das Problem wurde hier im Blog schon oft genug diskutiert: Flachtbildschirme auf den Stuben u.ä. sind heutzutage keine Attraktivitätsmaßnahmen, Spots über das bezahlte Studium bei der Bundeswehr für Offiziere ebenfalls nicht, und zur Notwendigkeit des Dienstes in den Streitkräften, die wehrhafte Demokratie, die Verteidigungswürdigkeit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und deutscher Interessen hab ich noch in den letzten Jahren keinen einzigen Spot und keine einzige Zeitungsanzeige gesehen. Vermutlich gab es das zuletzte in den 90ern: https://www.youtube.com/watch?v=dK-ga6wjl6k
Wo sind die Wehrdienstberater in den Fußgängerzonen, wo sind die Fernseh- und Kinospots, die Zeitungsanzeigen usw.? Wo sind die Jugendoffiziere in den Schulen? Statt dort die Notwendigkeit des Wehrdienstes zu vermittlen, lässt politisch-militärische Führung zu, dass teilweise verfassungsfeindliche Interessengruppen eine verfassungsmäßige Institution aus dem öffentlichen Raum drängen!
Selbst eine Stärke von aktiven 250.000 Soldaten muss (und ist) ohne Wehrpflicht umzusetzen. Deutschland ist der wirtschaftlich stärkste Staat mit der größten Bevölkerung in Europa und derzeit leben (laut UNECE) 45 Millionen Menschen im Altersband 20 bis 60 Jahre in Deutschland. Bei 250.000 wäre jeder 200. Einwohner Soldat. Laut der CIA werden jedes Jahr 790.000 Menschen volljährig. Aus diesen muss es für ein Land wie Deutschland auch ohne Wehrpflicht möglich sein, die notwendige Zahl an geeigneten Rekrutieren zu generieren.
Natürlich ermöglicht das Grundgesetz Zwangsverpflichtungen, aber man muss sich die Frage stellen, wann es geboten und legitim ist, freie Bürger zu einem allgemeinen Zwangsdienst heranzuziehen und wie die Wehrgerechtigkeit – und das bedeutet im Falle einer Wiedereinführung der Wehrpflicht für beide Geschlechter – zu gewährleisten ist. Zwangsverpflichtungen kann es aus meiner Sicht nur für Dienste geben, die dem Gemeinwohl dienen (also „öffentlichen Gütern“ im wirtschaftstheoretischen Sinn) und deren Erbringung sonst nur mit unverhältnismäßig / prohibiv hohen Kosten verbunden wäre. Bereits der Zivildienst erfüllt diese Anforderungen nicht, da weder die Gesundheitsversorgung allgemein noch der Rettungsdienst öffentliche Güter sind. Beide können – entsprechende staatliche Regulierung und Anreize vorausgesetzt – durch den Markt erbracht werden. Ansonsten kann gleich der Reichsarbeitsdienst wieder eingeführt werden, um den Mangel an Handwerkern zu beheben ;) Darüber hinaus fehlt dem Zivildienst – mit Ausnahme der im Rettungsdienst eingesetzten ZDLern – die Komponente „(tapferer) Einsatz des Lebens“ zur Gefahrenabwehr, die Wehr- und Ersatzdienst auszeichnen. Es bleiben der Wehrdienst und Ersatzdienst bei Feuerwehr und im Katastrophen-/Zivilschutz (sowie Freistellung für diejenigen, die im Polizeivollzugsdienst, Zoll und Rettungsdienst angestellt sind).
Wenn auf dieser Grundlage Wehrgerechtigkeit und ein militärisch und gesellschaftlich (nicht finanziell!) notwendiger Einsatz der Wehr- und Ersatzdienstleistenden gewährleistet werden kann (d.h. eine Verwendung von 790.000 Personen im Jahr), befürworte ich sofort die Wiedereinführung der Wehrpflicht bzw. die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht!
Eine verfehlte Umsetzung delegitimiert nicht die Idee dahinter. Und genau das ist bei der Bundeswehr der Fall.
@Boots on the Ground
Bei einem sind wir auf Linie. Mir ist es persönlich egal welche Form wir haben: mit oder ohne Wehrpflicht – Nur Argumente und Umstände müssen passen. Und hat die Politik versagt. Es wurden eben keine Bedingungen für eine Freiwilligenarmee geschaffen und dann die Wehrpflicht ausgesetzt sonder einfach Tatsachen geschaffen und nun muss man einem verlorenen Spiel mit massiv Geld und Zeitdruck hinterher rennen.
Aber:
Werbung:
Über die Art lässt sich immer diskutieren – gekauft
Ich nehme familiär bedingt noch stark am Medienkonsum der Zielgruppe teil und muss sagen: es ist alles da. Bundeswehr Spots auf DMAX, Viva, Pro7 und das sogar in Werbepausen von für die Zielgruppe relevanten Sendungen. Besuch im Kino im neuesten Action Film? Bundeswehr Spot. Billboards in Stationierungsorten und Großstädten? alles da.
Klar ist hier kein Limit nach oben – aber das Argument „zu wenig“ zweifle ich an. So offensiv um „Arbeitskräfte“ wirbt kein anderer Marktteilnehmer. Da sind ja eher Produktwerbung und Imagespots die Regel.
öffentliche Dienste = Gemeinwohl – öffentliche Güter
Nein. Tut mir leid, da halte ich ihre Definition für schlichten Unfug. Öffentliche Dienste sind nicht limitiert durch Gemeinwohl und öffentliche Güter. Vorallem letzteres haben rein garnichts damit zu tun. Was ich kaufe, ist das diese öffentliche Dienste dem Gemeinwohl dienen sollen. Allerdings ist dort die Vielfalt der Möglichkeiten deutlich größer als Zivildienst (was beinhaltet das alles?) oder Wehrdienst. Technischer Dienst, Dienst in Behörden und Bundesämtern, Ökologische Jahre, Soziale Jahre, Katastrophenschutz, THW usw… Da steckt viel drin und eine Übersicht über die Anzahl derer, die bereits solche Jahre und Dienste einlegen oder bereits ehrenamtlich nebenbei leisten ist beachtlich.
790.000 „Wehrpflichtige“
Nehmen wir an die Zahl trifft zu. Dann handelt es sich hier aber um alle(!) im Wehr- oder Ersatzdienstfähigen Alter, bzw. Eintritt in dieses. Wehrgerechtigtkeit heisst nicht, das nun alle diese Personen auch einen Dienst erfüllen. Auch die Gerichte haben ganz klar festgestellt, das offenkundige Untauglichkeiten keine Beeinträchtigung der Wehrgerechtigkeit darstellen. Auch die Einstufung (T-Stufen) ist völlig legitim, solange sie nicht zur künstlichen Reduzierung der Wehrfähigen führt. Ausschlussgründe können auch nachvollziehbar selbst festgelegt werden.
Daher liegt die Zahl der jährlich in einen der Dienste aufzunehmenden Personen deutlich geringer. Und hier muss eben der Bedarf abgefragt werden.
Eine Frage hier meinerseits: Woher haben sie das mit dem „tapferen Einsatz des Lebens zur Gefahrenabwehr als Kennzeichen von Ersatzdienst“?
Bedienung durch den Markt
„Beide können – entsprechende staatliche Regulierung und Anreize vorausgesetzt – durch den Markt erbracht werden.“
KÖNNEN. Und genau hier greift meine Forderung nach Fazit, Revision und Bewertung. Diese Aussage ist ein reines Zahlenspiel. Die Frage ist ob es in einem akzeptablen Rahmen (Ein Verhältnis Zwischen der Zumutung des allg. Dienstes und der Aufwendung von Steuergeldern) auch tatsächlich funktioniert. Ich finde die Annahme, dass eine Freiwilligenarmee ja einfach funktionieren muss („machen andere ja auch“) schlichtweg töricht, da sie alle Faktoren die für einen Arbeitsmarkt und dessen Entwicklung verantwortlich sind, ausblendet. Es funktioniert woanders – vielleicht aber nicht hier – nicht so wie wir es gerne in Größe und Ausdehnung gerne hätten. Das sollte man einfach mal ehrlich in Betracht ziehen.
Umsetzung von 250.000 Stärke
Ihre Argumente sind nicht schlüssig. Eine starke Wirtschaft hat hohen Bedarf an Arbeitskräften und stellt somit einen ungünstigen Wettbewerb für einen staatl. Konkurrenten. Wir haben zwar eine hohe Population aber das bedingt nicht gleich eine große Nachfrage. Was aber passiert sind dadurch auch absolut große Schwankungen in der Demographie. Da wir aber ein sehr komplexes und starres Arbeitslaufzeitmodell haben (FWDL,SAZ,BS,BO) haben wir eine irre Fluktuation. Somit können wir nur schwerlich darauf am Markt reagieren. Aber zugegeben: hier ist auch ohne die Wehrpflichtfrage Gestaltungsspielraum.
Und eines zu einem der großen Planspiele über mir: „Morgen“ führt keiner eine Wehrpflicht wieder ein, aber eine grundsätzliche Debatte darüber und den dazugehörigen Ersatzdiensten sollte man dringend führen, denn diese hat man mit der „Aussetzung“ einfach unter den Tisch gekehrt.
MKn haben Großbritannien, Frankreich und die USA Berufsarmeen.
Wichtigere Frage als wie bezahlen:
Wo kriegen sie die Kader her?
D.h. kompetente Kader!
Mit kompetent ist nicht Schuhputz und Haarschnitt gemeint.
Nicht Unteroffiziere o/mP bei denen man sich bestenfalls fragen muss ob ihre Kompetenz nicht gefährliche Mängel aufweist!
Oder war es in der Wehrpflichtzeit einfach nur einfacher, da haben sich die Wehrpflichtigen mehr bieten lassen und haben nicht so leicht kündigen können, weil wir auch nicht damit rechnen mussten in einen Einsatz mit ihnen zu gehen?
Wehrpflicht ist Sklaverei!
@ Jas – bleibt die Frage, zu welchem militärischen Zweck wollen Sie die Wehrpflicht? Wie gedenken Sie die aktuellen Probleme der BW zu lösen und oben drauf die Wehrpflicht zu satteln?
Sonst bleibt das wieder nur das gewohnte rühren im Teig/Quark, ohne produktiven Output und damit eine zwecklose Diskussion mit viel Blindleistung.
Welche Strategie hat jetzt die NATO beschlossen um zukünftig mit Russland umzugehen? Hört man von dort Impulse?
T.M.: „In DEU war es genau andersherum, man hat die Wehrpflicht per Parlamentsentscheid ausgesetzt und sich dann gewundert, daß dann auch die Wehrdienstverweigerer für soziale u.ä. Aufgaben nicht mehr zur Verfügung standen.“
Ich sehe hier aber nicht das Argument, WEHRPFLICHT zu fordern oder aufrecht zu erhalten, wenn es im Grund um eine Dienstpflicht geht, um Zivildienestbedarf (tatsächlich vorhanden oder nur eingebildet) abzudecken. Weder in Deutschland noch in Österreich.
Da auch Länder ohne Wehrpflicht problemlos ausreichende Reserven generieren können (USA, UK) wäre für mich die vordringliche Frage, wie man mit intelligenten Einsatz von Mitteln dasselbe erreichen kann. Dabei könnte man problemlos Wehrungerechtigkeit vermeiden und würde den Soldaten eine bessere Ausbildung ermöglichen, als dieses im Rahmen zu kurzer Wehrpflicht erfolgt.
@ Memoria
Es fehlt nicht an geistiger Beweglichkeit, die gibts schon gar nicht mehr … Was wir haben sind nie deklarierte aber faktisch vorhandene Denkverbote und Tabufelder, an denen nicht „gearbeitet“ werden darf. Das erste und größte hierbei ist die Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die allein schon parteiintern im Giftschrank gehalten wird und alle an solchen Themen eventuell doch Interessierten werden mehr oder weniger direkt abgebügelt und an den Rand gedrängt werden. Alles aus Fokussierung auf Machtgewinn und/oder -erhalt.
Dazu eine Armee, deren Führung dieser geistigen Totenstarre noch willfährig das Wort redet und ein Aufmucken in den unteren Reihen auf mannigfaltige Weise unterbindet (und sei es durch Verbot unliebsamer Sprachregelungen, wie war das mit „Treue um Treue“?).
Wehrpflicht in Deutschland? WOZU, verdammt? Ob wir nun eine 185000 Mann Berufsarmee ohne Material oder eine 370000 Mann Wehrpflichtarmee mit noch viel weniger Material haben … die erste ist abgewirtschaftet, die letztere wäre es noch viel schneller. Das Grundgerüst existiert schlichtweg nicht: dem Wahlvolk geht das Thema am Allerwertesten vorbei (keine Nachfrage), die Armee hat nurmehr willfährige Tippsen mit Goldstern anstelle von Generälen in den Leitungsfunktionen und die Politik ignoriert das Thema aus Angst vor Machtverlust. Eine Wehrpflicht würde hieran rein gar nichts ändern …
Bang50 schrieb:“Vielleicht bin ich auch vollkommen auf dem Holzweg und meine Sicht ist völliger Blödsinn. Aber über mögliche Szenarien/Projektionsräume muss jenseits von reiner Panzerzählerrei und Wehrpflichtdiskussion nachgedacht werden! Entsprechende Strategien und Handlungsoptionen müssen formuliert und erwogen werden.“
In meinen Augen korrekt. Die meisten Argumente für Wehrpflicht kommen von Menschen, die es übersehen haben, dass die Dichte an Einheiten auf beiden Seiten sehr deutlich gesunken ist. Aus diesem Umstand ergeben sich Probleme und Optionen, letztere in erster Linie für den Verteidiger.
@Bang50/24.2./20:51:
Das ist mit Abstand das Vernünftigste und Durchdachteste zum Thema Krieg mit Rußland, was ich hier seit langem gelesen habe.
Das sollte sich so mancher hier mehr als einmal zu Gemüte führen. Die Frage, die ich mir stelle, was lernen wir daraus? Welche Optionen ziehen wir mit diesen Prämissen?
Eine Option wäre sicherlich Ihr Vorschlag einer tiefgestaffelten Verteidigung, wobei mindestens Polen und Deutschland als Wüste zurückbleiben werden und die Gefahr von Atomschlägen sehr real ist (auch mit dem Hintergrund, daß in Deutschland ja auch noch ein paar von diesen Waffen rumliegen).
Außerdem kostet schon die Vorbereitung und Erhaltung dieser Verteidigung nicht gerade wenig, während im Ruhrgebiet jetzt schon wichtige Autobahnbrücken wegen Baufälligkeit gesperrt werden und auf der A8 in Baden-Württemberg LKWs an manchen Stellen selbst im Stau 50m Abstand halten sollen, weil Brücken (z.B. Drachensteige) schon zu angeschlagen sind. An verschiedenen Unis werden schon Hörsäle gesperrt, weil die Decke herunterkommt oder gleich ganze Gebäude verschimmeln. Und das sind nur einzelne Beispiele.
Warum also sieht man der Tatsache nicht endlich ins Auge, daß Rußland immer unser Nachbar auf dieser Kontinentalplatte bleiben wird? Das Land ist riesig, hat Rohstoffe ohne Ende (auch Eisen und Öl, ohne daß kein Panzer fahren wird) und um die 140 Mio. Menschen, die Wehrfähigkeit mit ganz anderen Augen sieht als unsereins. Ein Krieg gegen Rußland ist nicht zu gewinnen! Das läßt dann auch nur den Schluß zu, daß Sicherheit in Europa oder meinetwegen auch Eurasien nur mit Rußland zu gewährleisten ist.
Damit werden die Amis mit Sicherheit ein Problem haben, aber die müssen sich diesen Kontinent auch nicht mit Rußland teilen. Wenn man all die Milliarden, die man im Sinne der Nibelungentreue für die Angriffskriege unserer amerikanischen Freunde ausgegeben hat (von den deutschen, französischen, holländischen, … Soldaten, die heute noch leben könnten, ganz abgesehen), statt dessen für Aufbau/Erhaltung eigenständig wehrfähiger Armeen in Europa ausgegeben hätte, wäre man heute bei weitem nicht so erpreßbar. Dann hätte man auch politisch die Möglichkeit, sich für eine militärische Zusammenarbeit mit Rußland zu entscheiden (oder auch nicht) – was in meinen Augen schon geographisch um einiges sinnvoller wäre, als das (Un-)Sicherheitsbündnis NATO.
Vielleicht hätten dann viele Kriege, z.B. in Jugoslawien oder Afghanistan, noch nicht einmal stattgefunden, da es nämlich um einiges schwerer ist, einen solchen zu begründen, wenn man da tatsächlich alleine bombt (noch dazu auf einem ganz anderen Kontinent) und sich nicht das Mäntelchen eines „Verteidigungsbündnis“ umhängen kann.
Dann wäre vieles von dem Equipment, was man in diesen Kriegen an der Seite unserer „Freunde“ eingesetzt hat, heute nicht so abgeritten (z.B. die CH-53GS) und müßte auch nicht ersetzt werden. Man hätte aber auch die Möglichkeit, sich neben der overengineerten westlichen Technik mal die eine oder andere russische Lösung, zum Beispiel bei den Transportflugzeugen oder Hubschraubern zuzulegen (die anscheinend robuster und wohl auch preiswerter sind, sonst hätten die Amis nicht -ironischerweise- 80 Helis für Afghanistan angefragt).
Doch all das schlägt man in den Wind. Statt dessen nur Nibelungentreue bis in den Untergang.
*Kopfschüttel*
@ Foxy
Einen „Krieg gegen Russland“ einfach so abzusagen weil zu teuer und ideologisch nicht gewünscht mag ja emotional ganz vernünftig erscheinen (wer sich einen Krieg wünscht gehört ohnehin psychatrisch untersucht!), aber das geht von der Prämisse aus Putins Sicht der Dinge ist die einzig richtige, er handelt strikt rational und ist immer absoluter Herr im Hause.
Problem a) Das Sicherheitsempfinden unserer östlichen Nachbarn wird dadurch nicht nur ignoriert, sondern geradezu unterminiert. Abschreckung mit konventionellen Streitkräften (d.h. einsatz- und kampfbereite Kräfte zur Verteidigung) ist meiner Meinung nach notwendig, da Russland hier alles andere als berechenbar ist (und angesichts der Putinisierung der russischen Politik in abnehmendem Maße sein wird).
Problem b) Putin zieht sich mit seiner großrussisch-theokratisch-nationalistischen Propaganda da etwas heran, was er irgendwann schwer bereuen könnte. Auch Putin wird nicht ewig im Kreml sitzen und was dann danach kommen wird, kann heute noch keiner voraussehen. Leute Wie Schirinowski mögen Lachnummern sein, nur was wenn da ein ganz anderer Charakter mit so radikalen Ansichten aus diesem Sumpf erwächst? Was dann?
Die Ukraine-Krise nur als amerikanisches Gemauschel abzutun ist reichlich blauäugig. Hier hat zuallererst die Brüsseler Eurokratie Mist gebaut, indem sie in ihrer eigenen, dem Brüsseler Mief entstammenden, Blindheit in ein Projekt gestürmt ist, das weder von den europäischen Bürgern noch den Staaten wirklich mit Interesse betrachtet und getragen worden ist und das obendrein noch das Sicherheitsempfinden des Kreml untergraben hätte. Das nicht erkannt zu haben – oder sogar nicht erkannt haben zu wollen – ist der Kardinalfehler dieser EU.
Und dennoch – jetzt einfach auf pikiertes Amerika-Bashing zu schalten und damit alle Gedankengänge abzuschneiden ist mir viel zu primitiv. Ja, wir müssen hier mit Russland als Nachbar leben, aber das heißt nicht daß wir uns den medialen Propagandamist aus dem Kreml geben müssen und nicht Folgerungen aus den Worten, Handlungen und Unterlassungen Putins ziehen sollen. Wer das nämlich nicht tut handelt meines Erachtens mehr als fahrlässig.
@ Foxy
Wir haben ja begriffen, dass „die Amis“ total böse und dämonisch sind und Russland dafür unser lieber Nachbar im Osten, gegen den man eh keine Chance hat. Nur dafür hätten sie nicht soviel Text schreiben müssen, dessen Inhalt noch dazu äußerst platt ist.
Halten Sie den Rest hier tatsächlich für blöd, so wie T.W. es bereits gestern vermutete?!
@Foxy
Sie betonen die Notwendigkeit militärischer Stärke der Europäer, weil sie uns gewisse außenpolitische Freiräume verschafft. Ich denke, da gibt es nur Wenige hier, die Ihnen da wiedersprechen.
Allerdings habe ich bereits in der Replik zu @Bang50 festgestellt, dass es natürlich nicht darum geht, einen Krieg auf unserer Kontinentalplatte zu führen – hier teilen wir wieder die Meinung, wie das enden würde – sondern ihn zu verhindern, indem man abschreckend genug ist, um keine Gelegenheiten zu schaffen. Und da ist Europa nun mal derzeit ohne die NATO nicht verteidigungsfähig.
Vielleicht ist das auch immer noch eine Frage der Ost-/Westherkunft. Für mich hat die NATO jahrzehntelang geholfen, den Frieden in Europa zu sichern und mir und meinen Kindern erlaubt in einer freiheitlichen Demokratie sehr gut zu leben.
Freiwillige Unterordnung unter autoritäre, undemokratische Regime aufgrund aktueller militärischer Unterlegenheit ist jedenfalls keine Perspektive.
Robert Blackwill (http://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Blackwill) fragte mich einmal – war 1994 – gelegentlich einer RAND Studien Präsentation zum Thema Rußland – way ahead: „What if, and if, what?“ Er wollte damit zum Ausdruck bringen, dass die russische Politik alles andere als vorherseh-, bzw. berechenbar ist und dies auch nie sein wird. Ergo sollte man immer in Sachen Moskau alternative Entwicklungsmodelle vor dem strategischen Okular haben. „Talk softly, but carry a big stick“ ist in Sachen Moskau wohl die realpolitisch klügste Position. Von daher sollten die Putin-Basher mal die schrillen Töne runterschrauben und die Putin-Versteher sollten sich mal mehr Gedanken über glauwürdige Abschreckung machen.
Insofern stimme ich mit @csThor völlig überein.
also dieses Herumhacken auf Foxy und Kumpanen ist nicht nett.Demnächst findet in St Petersburg wieder die Verleihung der Medaille „verdienter Internetaktivist“ statt mit
einem Gutschein für einen Erholungsurlaub auf der Krim.Die freuen sich schon wie Bolle
auf den Erfahrungsaustausch in der Gemeinschaftsunterkunft.Wenn die jetzt gebasht werden und das Alles als Misserfolg gewertet wird,gibts auch zuhause Ärger mit der besseren Hälfte.Dann leidet auch noch die Konzentration am PC und wir müssen uns
mit zunehmend fragwürdiger Rhetorik herumplagen.Wer will das?
Ich stimme mit dem klabautermann überein – auf unsere Zeit übertragen: „Speak softly and carry a big stick, you will go far.“
Dann steht jetzt die Frage auf dem Programm, wie erreicht man in der NATO kurzfristig eine glaubhafte Abschreckung?
-Langfristige Strukturreformen?
-Kurzfristge Austattung mit Material, Munition und Führungsmitteln um bereits vorhandene Verbände effektiv einzusetzen, inkl realistische Übungen (Keine Besenstielzertifizierungen)?
– etc…?
@StMarc:
Da Sie noch die sachlichste Antwort abgegeben haben: Wie stellen Sie sich eine wie auch immer geartete Abschreckung vor? Wieviele 1000 Panzer, Kampfjets, Hubschrauber, Pumas, und und und… hätten’S denn gern, um gegen Rußland standhalten zu können? Und wie möchten Sie das dann bezahlen – verschuldet, wie Europa ist? Eine „realistische“ Abschreckung in diesem Szenario mit dieser Verteilung an Ressourcen würde zwangsläufig auf Atomwaffen hinauslaufen und im Ernstfall dann – ganz kühl betrachtet – sogar auf einen möglichst effizienten Erstschlag. Der nukleare Tod von Millionen Russen – ist es das, was Sie wollen?
@Voodoo:
Eigentlich kann ich Ihnen die Frage zurück stellen: Halten Sie mich für blöd? Oder was soll diese Kindergarten-Argumentation mit Amis = „total böse“ und dämonisch?
Die Vereinigten Staaten von Amerika haben Interessen. Und diese Interessen sind nicht unsere. Und auch nicht die Rußlands. Die USA haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte von einer der führenden Wirtschaftsnationen und technischem Vorreiter auf vielen Gebieten zurück entwickelt. Und selbst amerikanische Studien gehen mittlerweile von einer Wandlung von der Demokratie in eine 2-Parteien-Oligarchie aus.
Die USA sind jetzt unrettbar verschuldet, Ihr BIP basiert fast nur noch auf finanziellen Luftbuchungen, Konsum (auf Pump) und Rüstung, kaum noch auf reeller, friedensdienlicher Industrie. Die Autoindustrie produziert fast nur für den internen Markt oder ist ins Ausland verlagert. Gleiches gilt für fast alle anderen nennenswerten Industrien. Also nichts, was eine Entschuldung unterstützen würde. Selbst Clinton hatte damals noch bessere Ausgangsbedingungen. Die hochdefizitäre Luftfahrt wird von der Rüstung quer-, das bißchen Halbleiterindustrie von der Rüstung vorfinanziert. Was schon zum ersten Mal den Verdacht aufkommen läßt, daß ein Land wie die USA Kriege schlicht zum Überleben seiner Exportindustrie braucht.
Dazu kommt noch, daß die hohe Verschuldung der USA nur aufgrund des Petro-$ als Reservewährung vom Rest der Welt akzeptiert und honoriert wird – was allerdings impliziert, daß der $ diesen Status beibehält. Allerdings wurde genau dieser Status in Frage gestellt, als Länder wie Irak oder Lybien statt des weichen $ lieber harte € für Ihr Öl wollten. Oder auch, als China und Rußland ihren Handel lieber auf Renmimbi umstellten. Irak, Lybien, Rußland, … klingelt da was bei Ihnen?
Auch ist der Regierung in den USA sehr bewußt – bewusster als uns – daß der Fracking-Traum ein recht kurzer sein wird. Man geht mittlerweile davon aus, daß die Produktion in 5 Jahren spürbar eingebrochen und in 10 Jahren vorbei sein wird. Und da man in der USA den Klimawandel lieber ignoriert und sich den Teufel um effiziente Energienutzung kümmert (von ein paar Hobbyprojekten reicher Männer abgesehen), hat man sich in Wahington die Karten gelegt und erkannt: Wir brauchen für das Überleben unserer Restindustrie bedingungslosen Zugriff auf die Öl- und Gasressourcen dieser Welt – koste es was es wolle!
Wie praktisch, daß man sich mit 9/11 gleich den richtigen Feind eingehandelt hat, nämlich den terroristischen Moslem, dessen Heimatländer just die sind, wo das Öl nur so aus der Erde dröppelt. Und wenn man gegen diese Terroristen Kriege führt, ist das ja in Ordnung. Und wenn dann im Nachklapp die Exxons und Chevrons freien Zugang zu vorher staatlichen Ressourcen bekommen, um so besser.
Und praktischerweise liegt dieser Nahe Osten dann auch gar nicht so weit weg vom reichen, satten Europa, daß sich plötzlich richtig bedroht fühlt. Und da die dummen Europäer sich nicht mehr selbst wehren können, braucht man die USA natürlich wieder als schnelle Eingreiftruppe. Oder Schläger, je nachdem, wie man das betrachtet. Und zwar umso öfter, je mehr es an allen Ecken brennt. (Muß man ja nicht offen sagen, daß man diese Feuer selbst gelegt hat.)
Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber für mich haben die USA irgendwann in der Vergangenheit den falschen Weg eingeschlagen – einen, der die Welt immer weiter in Chaos, Armut und Terror stürzt. Das hätte nicht so sein müssen, anders wäre es mir auch lieber (und dem Rest der Welt vermutlich auch), aber so sind nun mal die Fakten. Und ich halte es für falsch, die Damen und Herren in Washington darin auch noch zu unterstützen.
Was eine Partnerschaft mit Rußland angeht, so sehe ich das ganz pragmatisch. Außer mit einem atomaren Erstschlag ist Rußland nicht zu schlagen. Da ich mir aber noch einen Rest an Menschlichkeit und Empathie bewahren möchte – und Sie hoffentlich auch – darf es dazu schlicht nicht kommen. Also halte ich es lieber mit Macchiavelli: „Wenn ich einen Feind nicht schlagen kann, muß ich ihn mir zum Freund machen.“ Was, nebenbei, für Europa eine Menge Vorteile hätte: Den erleichterten, kampflosen Zugang zu Ressourcen zum Beispiel, einen riesigen Markt, in der Verbindung Hightech/Ressourcen ein echtes Gegengewicht zu anderen Großmächten wie zum Beispiel China, gemeinsamer Kampf gegen die Auswirkungen islamistischer Terrorschulen (denn dieses Problem haben wir mit den Russen gemein) und nicht zuletzt auch eine multipolare Welt, die ich für weitaus sicherer und progressiver halte, als einen großen Elefanten in einem Porzellanladen.
Abgesehen davon sehe ich, anders als viele Mitkommentatoren hier, auch die harte Arbeit, die Rußland in den Wiederaufbau nach Jelzin gesteckt hat. Es würde aus russischer Sicht schlicht keinen Sinn machen, dies alles für einen Krieg aufs Spiel zu setzen, bei dem es nichts zu gewinnen gilt, außer einem militärischen Schw…vergleich, aber verdammt viel zu verlieren. Daher glaube ich auch nicht an einen russischen Angriff auf Baltikum, Polen oder wen auch immer (wobei ich natürlich nicht ausschließe, daß sich Rußland gegen Angriffe nachdrücklich zur Wehr setzen wird), ganz gleich, was mir die Dobberts und Bittners dieser Welt weißmachen wollen.
@csThor:
Wenn Sie das Sicherheitsempfinden unserer östlichen Nachbarn ansprechen, wäre dem nicht viel mehr gedient, wenn Rußland als Partner eingebunden wäre, statt als Feind auf der anderen Seite des Zaunes zu stehen?
Und wenn sich Rußland im Moment in einer Art nationalistischer Wagenburg befindet, dann ist das angesichts der aggressiven Grundhaltung des Westens seit spätestens Sochi nur zu verständlich. Und befinden wir uns nicht auch gerade in einer Wagenburg?
@Schiff
Nicht jeder, der eine andere Sicht der Dinge hat, wird „von Moskau bezahlt“. Nach meiner Einschätzung teilen 80% der deutschen Bevölkerung diese Ansicht. Und auch muß man leider sagen, daß die Amerikaner in den letzten 10-15 Jahren viel Kredit verspielt und unnötig Porzellan zerschlagen haben.
@Bang50:
Mal ganz verwegen gefragt: Ist eine NATO unter Führung der USA mit diesem Hintergrund überhaupt noch zweckdienlich? Der Kalte Krieg ist (war) vorbei. Wäre es nicht eigentlich an der Zeit, mal über ganz neue Wege nachzudenken?
Auch wenn das heißt, daß erst einmal mehr in europäisches Militär investiert werden muß – wenn dafür ein paar Kriege weniger stattfinden, wäre es mir das wert.
Ich weiß nicht, ob die Frage schon beantwortet wurde. Hans de Vreij weist auf einen Artikel hin, dem zu Folge die Wehrpflicht in Estland nie abgeschafft wurde und Lettland die Wiedereinführung (vorerst) nicht plant.
http://www.lsm.lv/en/article/societ/society/no-plans-for-return-of-military-conscription.a119210
@Thomas Melber
Interessant finde ich Ihre Einschätzung bzgl 80% . Meinen Sie dass dies eine speziell deutsche Einstellung ist ? Solches US-bashing ist mir aus den anderen relevanten Staaten nicht bekannt.
@ Foxy – Ich bin kein Befürworter einer USA, Europa, Russland symmetrie Diskussion in der jetzigen Lage.
Die USA sind die einzige verbliebende Nation mit jederzeit schlagkräftigen und kurzfristig einsetzbaren Streitkräften. Europa ist mit sich selbst überfordert oder philosophiert über die Vor-/Nachteile einer Wehrpflicht. Somit ja, die USA muss und wird die NATO führen – der Rest kommt nicht aus dem Quark.
Vor diesem Hintergrund sollte sich Putin auch nicht zu toll fühlen. Die NATO ist und bleibt die stärkste militärische Koalition auf diesem Planeten.
@Bang50, @all
Stichwort „glaubwürdige Abschreckung“: Was soll das eigentlich sein? Eine ganz ernst gemeinte Frage. Geht es um „Urlauber“, grüne Männchen? Ist militärische Abschreckung überhaupt ein probates Mittel dagegen? Wenn unsere Nachbarn z.B. im Baltikum besorgt sind, vor welchem Szenario haben sie dann Angst? Müssen sie Angst haben weil eben mangels Einsatzwillen/-fähigkeit nicht mal die Bündnissolidarität der NATO mehr gesichert ist, dass sie mangels Fähigkeit & Willen der Partner bestenfalls Verhandlungsmasse bei der Grenzbegradigung sein werden? Ich scheitere bei jedem Gedankenexperiment, weil ich davon ausgehe, dass eine Verletzung des Bündnisgebietes NATO eine rote Linie für alle Mitglieder ist. Daher schließe ich das erst einmal aus, selbst dem Kreml traue ich so ein all-in gegen die NATO nicht zu.
Aber nur mit den USA, sonst ist da nicht mehr viel.
Glaubwürdige Abschreckung ist Potential*Einsatzwahrscheinlichkeit. Und letzteres ist wohl das größte Problem. Und wenn wir 110% Vollausstattung auf dem Hof stehen hätten.
@mwk
Das hat weniger mit US-bashing zu tun als daß „der Deutsche“ nun einmal ein sehr gerecht denkender Menschenschlag ist, dem die zuweilen an den Tag tretende amerikanische Scheinheiligkeit (vulgo: „mit zweierlei Maß messen“) sauer aufstößt.
Zudem hat ist vieles, was der Stammtisch vorausgesehen hat, leider genau so eingetroffen (Irak, Libyen). Auch die gefärbten Informationen zum Georgienkrieg waren wenig hilfreich.
Und wie Foxy schon schrieb: die Entfernung Berlin-Moskau ist eben deutlich geringer als die nach Washington.
RUS hat sich bisher – zumindest (West-) Deutschland gegenüber – immer als verläßlicher, vertragstreuer Partner gezeigt.
@ Foxy
Ich darf sie daran erinnern, dass „böse und dämisch“ die von Ihnen implizierte Wertung bezüglich den Vereinigten Staaten gewesen ist.
Unter dem Deckmantel einer vermeintlich intellektuellen Betrachtung des Themas verfallen Sie ständig in eine Generalabrechnung mit eben diesen Vereinigten Staaten, in der Sie zudem stets sowohl Innen- als auch Außenpolitisches in einen Topf werfen und abschließend mit einer wirtschafts- und umweltpoltischen Fracking-Analyse toppen. Und der Gipfel Ihrer Ausführung ist dann der „Neue Wege für die NATO“-Part.
Selbst Ihnen sollte aufgefallen sein: Putin ist nicht Jelzin und seine Politik kaum berechenbar. Gerade die mentale Aufrüstung in Russland, gepaart mit „Bereinigung“ der offiziellen Geschichtsschreibung, lässt eben nicht mehr kategorisch ausschließen, dass man dort an ausschließlich friedlicher Politik interessiert ist (Krim schon vergessen?!) Das erklärt auch, warum man im Baltikum nervös wird – dort kann man sich schlicht nicht erlauben, metaphysisch über einen Sachverhalt zu schwadronieren, da der eigene Kopf auf dem Tablett liegen könnte.
Insofern gebe ich Ihnen das „Kindergarten-Argument“, welches Sie selbst installiert haben, gerne zurück.
Davon ab: das NA in NATO steht für North Atlantic. Da fragen sich einige, was das noch mit UKR u.a. zu tun hat.
Zudem ist die NATO ein Verteidigungsbündnis. Weder AFG noch der Irak haben NATO-Mitglieder angegriffen (bei AFG hätte man eine schnellere, bessere Lösung finden können).
Die Amerikaner sollten etwas weniger Präsenz zeigen, wobei das Fehl natürlich kompensiert werden muß. RUS ist ja vertragsgemäß abgezogen.
Soll das jetzt hier der Platz für russischen Propagandaspin werden?
„Europa! Der große Bruder USA behandelt dich schlecht, Russland ist viel netter zu dir.“
@ achtmalklug
Ein sehr guter Beitrag. Die von Ihnen aufgeworfenen Fragen müssten der Einstieg für eine ernsthafte Strategiedebatte sein. Aber hier endet jede Überlegung in Wehrpflicht und vielen Panzern – gewohnte/alte Kozepte für eine neue Form des Krieges. Es ist zum verrückt werden.
keine Ahnung, ob die von „Thomas Melber“ genannten 80% korrekt sind. Mein Tip ist:
– ca. ein Drittel pro NATO / Westbündnis mit USA
– ca. ein Drittel irgendwie „pro Russland“ (müssen nicht unbedingt Putin-Versteher sein, Haupttreiber ist „unter keinen Umständen sowas wie Krieg“)
– ca. ein Drittel „keine Ahnung, ich halte zum BvB – oder so“
Ich frage mich schon seit Wochen, wieso es keine belastbaren Umfragen zu der Unterstützung gibt, über die die Nato (noch) in der deutschen Bevölkerung verfügt. Ich kenne zumindest keine, wäre für sachdienliche Hinweise aber sehr dankbar.
Ist aber auch fast egal, ob es 80 oder 30 Prozent sind, die in Richtung Russland tendieren. In jedem Fall ist die Zahl viel zu hoch, um sie zu ignorieren. Und ich gehe davon aus, daß die „Nicht-Zustimmung“ zu NATO / USA quer durch alle Parteien geht, also auch tief in die Wählerschaft der GroKo. Also kann die Bundesregierung nicht einfach bedingungslos auf NATO-Kurs einschwenken. Vermutlich zahlt das Bündnis jetzt den Preis für den Murks der Bush-Jahre, die NSA-Affäre usw. Ich empfinde das als tektonische Verschiebung unserer Politik-Grundlagen, deren Folgen noch gar nicht richtig absehbar sind.
@ Foxy
„Wenn Sie das Sicherheitsempfinden unserer östlichen Nachbarn ansprechen, wäre dem nicht viel mehr gedient, wenn Rußland als Partner eingebunden wäre, statt als Feind auf der anderen Seite des Zaunes zu stehen?“
Zum Partner-sein gehören immer zwei und ganz ehrlich – ein nationalistisches, pseudo-theo- und kleptokratisches, oligarchisches und militärisch wie propagandistisch reichlich bellikoses Russland (was schon vor dem Ausbruch der Ukraine-Krise so existierte) ist für mich kein Partner, mit dem ich etwas zu tun haben will. Mit so einem Staat kann ich maximal ein paar Geschäfte machen, aber Partner im Sinne von Vertrauen ist bei mir so nicht zu machen.
@Foxy: Frieden, Freiheit und Wohlstand in Europa basieren auf Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Marktwirtschaft. Zumindest Rechtsstaatlichkeit ist auch eine Voraussetzung für eine Freihandelszone. Prüfen Sie einfach mal, ob es zwischen Europa und Nordamerika oder Europa und Russland mehr Überschneidungen gibt. Dabei geht es nicht nur um diese Voraussetzungen an sich, sondern diese Institutionen bilden auch die „transatlantische Wertegemeinschaft“ – dem das autokratisch geführte Russland diametral entgegensteht (was @csThor schon gut ausgeführt hat).
Whataboutism / irgendwelche Verweise auf die „bösen und dämlichen“ Vereinigten Staaten helfen nicht weiter, genauso wenig wie Ihre Verschwörungstheorien über den US-Rohstoffimperialismus – den übrigens Russland mit seinen staatlichen Gaskonzernen und durch die Wegnahme der Gasfelder im Schwarzen Meer gerade vorexerziert.
@Jas: Ja, die Bundeswehr wirbt um Nachwuchs, aber die Frage ist wie und um welchen – und von der Notwendigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung ist sowieso nie die Rede.
Wie gesagt: Ihr „öffentlicher Dienst“ einschließlich ehrenamtlicher Tätigkeiten rechtfertigt die Wiedereinführung des eines allgemeinen Arbeitsdienstes für die Privatwirtschaft um knappe Stellen zu besetzen. Oder sogar einer staatlichen Festlegung von Quoten und Zuteilung von Arbeitsplätzen damit die Gesundheitsversorgung, die Bundeswehr und der Staat allgemein usw. ausreichend gut qualifziertes Personal bekommen.
Wenn all diese „öffentlichen Dienst(leistungen“ durch Teilnehmer eines allgemeinen Pflichtdienstes besetzt werden können und dürfen, erübrigt das auch das Problem der Wehrgerechtigkeit, denn selbst körperlich Behindert können in Bundesämtern arbeiten.
Natürlich haben die Gerichte aus Gründen der Staatsräson für die Wehrpflicht entschieden und die Wehrgerechtigkeit bestätigt. Nichtsdestotrotz hat sich die Wehrpflicht aufgrund der fehlenden Wehrgerechtigkeit und der Tatsache, dass die Mehrheit der (willkürlich) tauglich gemusterten Rekruten Zivildienst leisteten, delegitimiert und wurde zurecht ausgesetzt.
Das ist meine eigene Meinung, das hätte ich Kennzeichnen sollen… Dieser Aspekt, zusammen damit, dass es sich bei der Gesundheitsversorgung nicht um öffentliches Gut handelt, dessen Erbringung durch die Privatwirtschaft nicht möglich ist, schließt den Zivildienst als gleichwertigen Ersatzdienst zum Wehrdienst aus.
@Bang 50:
Da würde ich gern nochmal StMarc zitieren: „Freiwillige Unterordnung unter autoritäre, undemokratische Regime aufgrund aktueller militärischer Unterlegenheit ist jedenfalls keine Perspektive.“
Auch wenn das wahrscheinlich nicht so gemeint war, aber ein bißchen passen tut’s trotzdem.
Das wichtigste ist jetzt erst einmal Friedenserhaltung. Und da sind Waffendemos wie gestern in Narva wenig hilfreich. Ebenso wenig übrigens, wie genau einen Tag nach dem Waffenstillstandsabkommen (da waren noch nicht mal die Fristen abgelaufen!) in Minsk die Sanktionen gegen Rußland zu erweitern. Wofür eigentlich?
Statt dessen wäre Deeskalation in der Ukraine angesagt – zum Beispiel bewegen sich die Ukies keinen Meter mit ihren schweren Waffen, während die Separatisten ihre bereits seit Tagen zurück ziehen, obwohl immer noch vereinzelte Geschosse in Donezk und am Flughafen einschlagen. Warum sagt unsere Regierung da eigentlich nix dazu? Sicherheitspolitik hat auch mit Glaubwürdigkeit zu tun und die EU tut dafür rein gar nix, im Gegenteil.
Das wäre nämlich in meinen Augen die Maßnahme, die man am kurzfristigsten (und sogar am billigsten) fahren könnte. Das kostet nur ein paar Zacken in den Kronen von Außensteini und Sankt Angela. Und natürlich ein bißchen Streß mit den USA, aber das sollte uns der Frieden in Europa schon wert sein.
Und wenn wir dann eh schon mal wieder „altes“ Europa sind, können wir ja gleich mal die Gelegenheit nutzen und uns eigene Wege suchen. Zum Beispiel mit Rußland verhandeln, wie man möglichst ohne Gesichtsverlust aus der Sanktionsnummer herauskommt. Die Kredite für die Ukraine auf Eis legen. Wenn Kiew Geld haben will, sollen die sich mit Rußland arrangieren, damit da endlich wieder Ruhe einkehrt. Erst wenn sämtliche Kriegshandlungen beendet sind – auch die von Seiten der Ukies – wird man weiterreden. Wenn Kiew das nicht will – nicht unser Problem. Wir sind nicht für die Egos anderer Staatsmänner verantwortlich.
Spätestens das sollte einem Putin signalisieren, daß sich eine Wiederaufnahme neutraler Gespräche eventuell lohnen könnte. Schon ist die Kriegsgefahr ein bißchen geringer. Und nochmal, ich glaube nicht an einen Angriff Rußlands, solange man die nicht dazu zwingt. Nicht jetzt. Vielleicht später, wenn man die aktuelle Situation nicht mehr einfängt. Da hat @Klabautermann völlig recht. Aber im Moment sehe ich noch Hoffnung, sonst wäre Putin nicht nach Minsk gereist.
Tja, und wenn man dieses Feuer gelöscht hat, wird’s tricky. Wie baue ich eine europäische Armee nach dem Vorbild der NATO auf, nur ohne die Freunde von jenseits des Transatlantiks und evtl. auch ohne UK? Das Doing selbst sehe ich da gar nicht als so unlösbar an. Hat ja auf NATO-Basis auch funktioniert. Sogar Kriege hat man in dieser Organisationsstruktur geführt. Im Grunde muß man ja „nur“ die aktuelle Führungsmacht gegen eine innereuropäische ersetzen, zum Beispiel im Wechsel der Nationen. Oder auch als eine Art Verteidigungsministerium der EU mit Vertretern aus allen Ländern. Und dann schauen, welche Fähigkeiten fehlen mir noch, um die NATO auflösen zu können? In die muß man dann investieren, auch wenn das sicher teuer werden wird.
Umso teurer wahrscheinlich, weil das im Verhältnis zu den USA richtig hohe Wellen schlagen wird (Unser Gold sollten wir also vorher zurückholen ;) ). Aber was soll sonst passieren? Rußland wäre schlecht beraten, wenn es die so unerwartete Eigenständigkeit der Europäer durch einen Angriff unterminieren würde. Die USA würde trotzdem im nahen Osten aufräumen müssen, weil sonst nämlich auch deren Zugriff auf das Öl futsch wäre (und ihr Verbündeter Saudi Arabien u. U. auch) und für einen Angriff auf Europa dürfte den USA dann doch so die eine oder andere Stimme des Protests entgegenschlagen. Oder im Fall eines Wirtschaftskrieges die westliche Welt endgültig in den Abgrund reißen.
Dieses Abnabeln wird sicher lange dauern und viel Geld kosten, könnte sich aber schon im Sinne größerer Freiheit (auch der Freiheit „Nein!“ sagen zu können) durchaus lohnen. Und dann, wenn man auf eigenen, wehrfähigen Füßen steht, kann man ja sogar mal über eine Integration Rußlands nachdenken. Aber erst dann. Und man macht dann hoffentlich nicht noch einmal den Fehler, wieder die Füße hochzulegen und sich vom nächsten „großen Bruder“ allzu abhängig zu machen, da bin ich ganz bei Klabautermann. Denn das tut keiner Seite gut.
@csThor
Na ja, für die Russen wäre Deutschland wohl ein Partner 1st class.
Wie war noch einmal das US partnership ranking für Deutschland, das im Zusammenhang mit der NSA-Kiste hochkam ? Zweit- oder drittklassig……????
Und die exceptional nation – von Jefferson schon als empire of liberty gepriesen – hat seine global-leadership-mission in den letzten Jahrzehnten ja nun nicht gerade mit Bellikose-freien Therapien durchgesetzt…….inklusive der Bewaffnung und Ausbildung von „Freiheitskämpfern“ rund um den Globus. Exceptionalism oder exemptionalism, das ist hier die Frage ;-)
@klabautermann:
„Wie war noch einmal das US partnership ranking für Deutschland, das im Zusammenhang mit der NSA-Kiste hochkam ? Zweit- oder drittklassig……????“
Das ist doch einer der kritischen Punkte hier. So recht finden wir Deutschen im Moment keinen großen Partner, der zum Ankuscheln taugt. Selbständig wollen wir aber auch nicht werden – oder wollen es nicht, so von wegen „deutscher Alleingänge“.
Und so drehen wir uns ewig im Kreise. Vielleicht nehmen uns die Polen und Niederländer irgendwann am Händchen und zeigen uns, wo es langgeht.
Wobei es für Polen außerordentlich beruhigend ist, dass der Nachbar im Westen militärisch eine Quantité négligeable ist. Denn es war für Polen in der Vergangenheit nie gut, wenn Russland und Deutschland dicke Freunde sind.
@f28
Nun, 80% sind sicher nicht „anti-NATO“ oder „anti-Amerika (USA)“ aber tragen amerikanische Politik eben nicht bzw. nicht in jedem Fall oder vorbehaltlos mit.
Viele verstehen auch nicht das Vorgehen in Syrien gegen Assad unter Unterstützung der „gemäßigten“ Rebellen (remember Afghanistan?). – dafür ist man aber mit den Saudis und anderen Theokratien „gut Freund“.
Das gepushte Freihandelsabkommen und „fracking“ tun ein übriges, sowie das ganze Tohuwabohu an den Finanzmärkten („Währungskrieg“, politische ratings, u.a.).
@ Thomas Melber
Ich glaube, Sie vermengen da einiges. Und die Zahl der Putin-Fans in Deutschland wird auch maßlos überschätzt. Die Kommentarspalten von Spiegel Online und Buxtehuder Tagesanzeiger sind nicht das richtige Leben.
@Boots On the Ground:
„Frieden, Freiheit und Wohlstand in Europa basieren auf Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Marktwirtschaft. Zumindest Rechtsstaatlichkeit ist auch eine Voraussetzung für eine Freihandelszone. Prüfen Sie einfach mal, ob es zwischen Europa und Nordamerika oder Europa und Russland mehr Überschneidungen gibt.“
Ich persönlich empfinde das Verhalten der USA Europa gegenüber als Nötigung, Erpressung und teilweise sogar als aggressive Drohung – ganz gleich, ob es da um die NSA, TTIP, Sanktionen oder „Freundschaftskriege“ geht. Also definitiv nichts, was man von einem Verbündeten erwarten darf. Und dabei bin ich nicht allein.
„Rechtsstaatlichkeit“ hört spätestens dort auf, wo die Interessen der USA anfangen (Schiedsgerichte TTIP, Sanktionen gegen Rußland). Der „Frieden“ in Europa hängt im Moment in den Seilen und zwar nicht zuletzt wegen unserer Verbündeten („5 Bln $ Nuland“), mit der „Freiheit“ ist es als de-facto besetzter und voll überwachter Staat nicht weit her und mit dem Wohlstand wird es spätestens mit TTIP Essig sein, dazu gibt es inzwischen mehrere realistische Studien und am Beispiel NAFTA kann man das ganze sogar am lebenden Modell beobachten. Also von welcher so superrechtsstaatlichen und demokratischen Welt reden Sie eigentlich?
@f28: Also für mich ist die EU zum Ankuscheln eigentlich gross genug. Was nicht bedeutet dass die transatlantische Beziehung aufzugeben wäre. Schade ist, dass Russland sich selbst gewählt aus der „Monderniesierungspartnerschaft“ verabschiedet, da war viel Potential drin – für eine neue Welt.
@bang50
Werte Freunde einer gepflegten Strategiediskussion: ich wuerde die „Panzerzaehler“ nicht in eine Ecke stellen. Aus dem Thema spricht auch die Sorge, dass die Armee des staerksten Landes in Europa keinen angemessenen Beitrag mehr leisten kann, da ihre Groesse mithin zur quantite negligable geworden ist.
Rußland kennt keine Partner sondern nur Vasallen. Auch wenn die russische Propaganda in Deutschland gern anderes behauptet. Sogar die DDR wurde zu Verzweiflungstaten in der Braunkohle gezwungen, weil Moskau bei Öl und Gas nach einer Anfixphase die Daumenschrauben dermaßen angezogen hat, daß es quietschte.
@Chickenhawk:
„Ich glaube, Sie vermengen da einiges. Und die Zahl der Putin-Fans in Deutschland wird auch maßlos überschätzt. Die Kommentarspalten von Spiegel Online und Buxtehuder Tagesanzeiger sind nicht das richtige Leben.“
Klar, dort schreiben auch nur die mit eigener Meinung – vielleicht auch nur mit bezahlter Meinung, wer weiß. Und die Bezahlung für letztere muß auch nicht zwangsläufig aus Moskau kommen…
Die Zahl Ihrer „Putin-Fans“ schätze ich in Deutschland übrigens auf unter 5%, denn nur weil man die Handlungen von jemandem nachvollziehbar und im Grunde gar nicht so unvernünftig findet, muß man ja noch lange nicht Fan sein.
Wenn überhaupt, dann trifft es wohl eher „Putin-Versteher“, wobei es im Übrigen durchaus zu einem auskömmlichen Miteinander beitragen kann, wenn man sich bemüht, sein Gegenüber zu „verstehen“. Weshalb ich diese Bezeichnung, die ich mir hier auch schon mehrfach eingefangen habe, mittlerweile auch nicht mehr als Beleidigung empfinde. Viel schlimmer finde ich da die „Putin-nicht-verstehen-woller“. ;)
@ StMarc – Das ist ein stichhaltiger Punkt. Deutschland stellte während des Kalten Krieges die schwere mechanisierte Komponente und hat es in dieser Disziplin zur Meisterschaft gebracht.
Eine echte Strategiediskussion müsste jetzt untersuchen, welche Rolle schwere mechanisierte Kräfte heute noch tatsächlich spielen/können. Moderne Panzerabwehrwaffen haben auch hier die Dynamik geändert. Panzerschlachten wie Kursk sind daher äußerst unwahrscheinlich geworden. Der MTB behält aber seine Bedeutung als Mittel um Stoßkraft zu entfalten und damit das Momentum auf dem Gefechtsfeld zu erhalten. Was ist also eine angemessene Anzahl von Kampfpanzern? Was ist eine angemessene Einsatztaktik für Kampfpanzer im hybriden Konflikt des 21 Jh. und welche technischen Anforderungen ergeben sich daraus (z.B. Soft-/Hard-Kill Systeme)?
Damit leiten wir direkt auf die nächste Frage über. Polen etc.. haben immer wieder Leopard 2 gekauft. Litauen und Polen haben ggf. Interesse an PZH 2000 und Boxern. Es macht also Sinn, diese verteilten mechanisierten Kräfte besser zu bündeln. z.B. könnte die BW die Schirmherrschaft bei der Ausbildung und Übung mechaniserte Kräfte übernehmen. Niederlande, Polen etc.. flanschen sich quasi direkt an das deutsche System ran und vereinnheitlichen zusätzlich die Ausrüstung (Leo 2, Pzh2000, Puma, Boxer – sind hier tatsächlich eine herausragende Kombination)
Diese Fragen muss die NATO und auch die strategische Abteilung des Planungsamtes der BW in Rücksprache mir NATO und den Verbündeten offensiv angehen und Handlungsempfehlungen aussprechen.
Diese Fragenstellungen gehen aber weit über eine rein quantitative Aussage „225 sind nicht genug“ hinaus und begründen auch keine Aufstellung eines PzBtls als Geschenk an einzelne Politiker.
@Bang50:
„Europa! Der große Bruder USA behandelt dich schlecht, Russland ist viel netter zu dir“
Nur weil ich zum einen Ex auf Abstand gehe, muß ich ja nicht gleich zum nächsten ins Bett steigen.
Es bleibt nun mal Fakt, daß Rußland teilweise auch auf dem Kontinent Europa liegt, nur durch ein bißchen Polen von Deutschland getrennt. Also sollte ich mir doch zumindest für Rußland überlegen, wie ich halbwegs vernünftig und friedlich – auch im Sinne Polens – mit dieser klitzekleinen Regionalmacht umgehe. Was das mit mit russischem Propagandaspin zu tun hat, weiß ich auch nicht.
@ Bang50
Die Polen haben den Leo gekauft weil verfügbar und günstig, was man weder beim Boxer noch (insbesondere) beim Puma sagen kann. Außerdem haben die Polen mit dem Rosomak eine Familie von Radpanzern (APC und IFV) bereits in Beschaffung.
An eine flächendeckende Ausstattung irgendeines osteuropäischen NATO-Staates mit Boxer oder gar Puma ist angesichts der Preisfrage gar nicht zu denken. Da gibt es deutlich günstigere Fahrzeuge mit ähnlichen Eigenschaften.
@csThor: Würden Boxer oder Puma exportiert, würde auch der Preis sinken, weil die Entwicklungskosten trägt ja schon die BW und Massenproduktion senkt immer die Kosten.
Die Frage wäre doch eher, ob die Hersteller die Produktionszahlen an Boxer und Puma(wenn der denn hoffentlich bald mal kommt) entsprechend hochfahren könnten oder ob die deutsche Rüstungsindustrie auch dies nicht hinbekommen würde?
csThor + Closius ist der Punkt.
Wir reden hier immer über europäische Kooperation und Effizienzverbesserung. Diese basiert fast ausschleißlich auf Economy of scale. Also, man macht sich in der NATO und hier auf AG Sorgen, ob genügend mechanisierte Verbände in entsprechender Qualität zur Verfügung stehen. Eine Harmonisierung der leistungsfähigsten Systeme wird dann aber wieder ausgeschlossen, weil einzelne Nationen die eigene Suppe kochen wollen. Wo bleibt also die Effizienz aus Skaleneffekten und Verbundvorteilen?
War nicht die Führungsnation als zukünftiger Weg für europäische Rüstungsvorhaben gesetzt, nach dem Motto:“ Nicht jeder muss mitwerkeln, die kompetenteste Nation entwickelt und fertigt, die Anderen kaufen“ <– Nutzung absoluter Produktivitätsvorteile.
Man muss in dem gedanklichen Konzept also nicht weit gehen um organisatorische Mängel zu entdecken, die im Ernstfall einen erheblichen Einfluss auf die militärische Leistungsfähigkeit haben. Stichwort Ersatzteil-/Munitionsversorgung, einheitliche Ausbildung etc…
Wie man sieht, ist es selbst beim heavy metal eben nicht mit reiner Panzerzählerrei getan und es gäbe viel zu tun, wenn man die Sache wirklich ernst nehmen würde.
Das mit dem sinkenden Preis bei größerer Menge ist aber aktuell eher Theorie, denn die Mengen wo das signifikant wird … die werden nicht erreicht werden. Auch hat Polen letztes Jahr einen signifikanten Schwenk hin zu mehr Autarkie im Rüstungsbereich gemacht – der Rosomak ist ein Patria AMV mit polnischen Modifikationen in Polen gebaut. Polen sieht weder die EU noch die NATO als so vertrauenswürdig an, daß die ihre Bedürfnisse durch „Kooperation“ decken würden.
Und welche Erfahrungen hat man in Europa mit solchen Rüstungskooperationen gemacht? Tiger? A400M? NH-90?
Die Idee ist theoretisch richtig, nur praktisch stehen ihr staatliche Souveränität, Industrieinteressen und damit innenpolitische Dinge im Weg. Und zwar in allen Ländern Europas.
1. Wehrpflicht Litauen:
Mich wundert, dass keine WP für Frauen und Männer (nach israelischem Vorbild) eingeführt wird.
2. leicht OT Wehrpflicht Deutschland:
Ein Aussetzen der Aussetzung der Wehrpflicht halte ich derzeit für ausgeschlossen; gute Gründe wurden hier bereits genannt.
Die Aufwuchsfähigkeit ist ein anderes Thema. In Deutschland gibt es immernoch viele Jahrgänge mit Wehrdiensterfahrung, also theoretisch alles OG d.R.
Diese müsste man ansprechen, um sie im Rahmen von Wehrübungen zu Ausbildern (einen kleineren Teil auch zu Gruppen- und Zugführern) auszubilden.
Diese Wehrübungen könnten einmalig mehrere Wochen dauern und dann regelmäßig ein bis zwei Wochen pro Jahr andauern.
Diese wären die Grundvorraussetzung um in einem Spannungsfall eine Aufwuchsfähigkeit (durch aktuelle 18er Jahrgänge) zu ermöglichen.
Ein paar Vorraussetzungen müssten dafür erfüllt sein.
– die BW müsste organisatorisch in der Lage sein diese Reservedienstleistenden rasch, auf Augenhöhe und in hoher Qualität auszubilden.
– diese müssten sehr gut ausgerüstet sein; es müssen Depots für den Aufwuchs im Spannungsfall angelegt werden
– der Einsatz dieser freiwillig Reservedienstleistenden sollte gesetzlich auf Landesverteidigung begrenzt werden
– Lohnfortzahlung währen der Übungen plus einen großzügigen steuerfreien Zuschlag
– gesetzliche Regelungen bezüglich Kündigungsschutz, Rente, automatische Entfristung ziviler Arbeitsverträge dieser Reservisten
– großzügige Absicherung von Reservisten, Partnern (ich schreibe bewußt nicht Ehepartnern) und Kinden im Falle von Unfall, Tod oder Spätfolgen im Zusammenhang mit Reserveübungen
Meine 50 cent zur Diskussion. Vielleicht besser im Bällebad fortführen?