Scheidender Wehrbeauftragter: Jahr der Wahrheit, Jahr des Mangels
Der scheidende Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus, hat in seinem letzten Jahresbericht zum Zustand der Bundeswehr die Mängel an Waffen, Ausrüstung und Infrastruktur der Truppe beklagt. Das vergangene Jahr sei ein Jahr der Wahrheit gewesen, weil die erheblichen Defizite erstmals auch für die breite Öffentlichkeit sichtbar geworden seien, schrieb Königshaus in seinem Bericht für 2014, der am (heutigen) Dienstag in Berlin vorgelegt wurde. Durch diese Mängel werde nicht nur die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte beeinträchtigt, sondern auch das Personal erheblich belasetet. Die Chancen der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, für mehr Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr zu sorgen, würden damit deutlich verringert.
Nun sind die Berichte des jeweiligen Wehrbeauftragten immer Mängelberichte, das ist seine (oder ihre) Aufgabe. Was Königshaus wenige Monate vor Ende seiner Amtszeit vorlegte, ist allerdings nicht nur eine Auflistung der Mängel in verschiedenen Bereichen, sondern eine verheerende Gesamtschau. Im Einführungskapitel hat der letzte FDP-Politiker im Bundestag (vor seiner Amtszeit als Wehrbeauftragter war Königshaus Abgeordneter der Liberalen) schon stichwortartig die gröbsten Probleme zusammengefasst, die sich zu einer negativen Gesamtbilanz summieren:
Große Sorge bereiten auch die im Berichtsjahr massiv zu Tage getretenen Mängel und Defizite bei den militärischen Großgeräten, wie dem Eurofighter, dem Transporthubschrauber NH 90, dem Transportflugzeug Transall und den Minenjagdbooten der Marine sowie die Erkenntnis, dass die Rüstungsplanung die sach- und zeitgerechte Deckung des künftigen Einsatzbedarfs nicht gewährleistet. Daneben konnte der Ersatzteil- und Betriebsmittelbedarf für alte Geräte nicht annähernd gedeckt werden. (…)
Eine ebenso große Rolle spielt die Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten mit funktionsfähigen und einsatzbereiten Waffen. Die im Berichtsjahr aufgetretene Kritik am Treffverhalten des Gewehrs G36 wird deshalb ebenso thematisiert, wie der zu Tage getretene deutlich erhöhte Verschleiß bei der Pistole P8.
Sicherheit ist aber nicht nur eine Frage von Ausrüstung und Ausstattung, sondern auch der auftragsgemäßen Belastung, die dem Einzelnen zugemutet wird. Überbeanspruchung kann Versagen oder unkontrollierte Reaktionen auslösen und sich nicht zuletzt im privaten Bereich negativ auswirken. Die im Berichtsjahr festgestellte teilweise unzumutbare dienstliche Beanspruchung von ganzen Truppengattungen beziehungsweise Soldatinnen und Soldaten in Spezialverwendungen ist deshalb überaus beunruhigend und bildet einen weiteren Schwerpunkt des Berichts.
Die Überbeanspruchung ist eine der Folgen des Personalstrukturmodells 185, welches nach Auffassung des Wehrbeauftragten einer aufgabenkritischen Neubewertung bedarf. Insgesamt waren und sind die Herausforderungen des im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr bereits erfolgten und noch vorgesehenen Personalabbaus gewaltig. (…)
In aller Deutlichkeit trat in diesem Berichtsjahr der marode Zustand der baulichen Infrastruktur einer ganzen Reihe von Bundeswehrliegenschaften zu Tage. Jahrelange Versäumnisse haben zu teilweise unzumutbaren Verhältnissen geführt. Wenn die Soldatinnen und Soldaten sich in ihren Dienststellen „zu Hause fühlen sollen“, muss hier noch viel investiert werden.
Wenig erstaunlich ist deshalb, dass die Zahl der Eingaben an den Wehrbeauftragten, also Beschwerden von Soldaten, im Verhältnis zur Personalstärke erneut auf einen Höchststand geschnellt ist. Nach dem Rekordstand für das Jahr 2013, als 27,7 Eingaben je 1.000 Soldatinnen und Soldaten eingingen, waren es 2014 immer noch 26,8 Eingaben je 1.000 und damit weiterhin ein deutlich höherer Schnitt als in den zehn Jahren zuvor.
(Mehr dazu später aus der Pressekonferenz des Wehrbeauftragten. Schon mal zum Nachlesen mit vielen Detailangaben: Wehrbeauftragter_Jahresbericht_2014)
(Archivbild April 2013: Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus überzeugt sich in der Gazi Kaserne beim deutschen Einsatzkontingent Active Fence in der Türkei vom Zustand der Sanitäranlagen – Bundeswehr/Bernd Berns)
@Sascha Vohwinkel:
Ich denke nicht, dass ich in meinem Beitrag eine Wertung abgegeben habe. Ich habe lediglich den Workflow geschildert.
Und ist der Ablauf eben nicht nur in der Theorie sondern auch in der Praxis.
Und ja auch bei uns dauert es ewig, bis was passiert! 4Wochen um ein Zimmer zu streichen, war da noch recht schnell.
Es half übrigens beim 4. Anruf die Aussage: „wenn nächsten Montag keiner kommt, dann nehme ich mir selbst Farbe und Pinsel mit“. Am Montag waren die Herren dann da.
@ O. Punkt:
1. sind die Herrschaften grundsätzlich mehr als ausgelastet und überarbeitet.
und 2. wollte man sich bei der WV wahrscheinlich ersparen, das Bild eines Herrn O. mit Papierhut auf dem Kopf beim Streichen von der Leiter purzeln zu sehen …
;-)
@ O.Punkt 15:04
q Am Montag waren die Herren dann da.uq
Das war sicherlich Zufall.
iro on Oder man befuerchtete dass Sie die Anforderungen der Qualitaessischerung nicht erfuellen wuerden…Zertifiziert ISO 9001.“ Iro off
Man sollte an dieser Stelle auch mal darauf hinweisen, dass „jahrelange Versäumnisse“ auch daraus resultierten, dass der Bauunterhalt wegen Strukturunsicherheiten nicht im erforderlichen Maße durchgeführt wurde. Vielleicht waren auch die Nutzer zulange zu geduldig.
Dazu kommt sicher auch die „Findungsphase“ nach der Gründung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 2004 (Details: http://www.bundesimmobilien.de/6946716/daten-und-fakten ) wodurch ja alles besser und billiger werden sollte.
Und schließlich resultiert die gefühlte längere Anforderungszeit schlichtweg auch daraus, dass die einfachen Maler und andere Handwerker der früheren Standortverwaltung in der Transformation und Neuausrichtung mit dem Abbau von Zivilpersonal einfach abgeschafft wurden…
Heute muß eine Firma für Arbeiten im MilSicherheitsbereich zertifiziert sein, Ausschreibungs- und Vergaberichtlinien sind zu beachten und die zu beauftragende Firma muss Kapazitäten frei haben. Ich rufe da mal an und morgen kommt jemand gibt es nicht mehr.
@ Selberdenken: wie erklären sie sich dann im Zuge der angesprochenen Strukturunsicherheiten, dass oft dann renoviert wurde, nachdem die jeweilige Standortauflösung beschlossene Sache war?
Külsheim, Mellrichstadt,…
@ Thomsen
Ohne die Einzelheiten zu den angesprochenen Fällen zu kennen, kann ich mir vorstellen, dass Aufträge schon vergeben waren… Wir haben hier ja schon hinlänglich diskutiert, dass StO-Entscheidungen nicht primär aus militärischer Sicht getroffen wurden. Vielleicht hat ja die eine oder andere Gemeinde renovierte Gebäude als Konversionsbonus erhalten. Ich weiß es nicht. Meine Absicht war nur, auf die systemischen Probleme unserer Infrastrukturbewirtschaftung hinzuweisen. D. h. Frau vdL kann Wunschsummmen in den öffentlichen Raum stellen, soviel sie will. Ohne saubere Nutzerforderung, Anerkennung des Bedarfs durch die zuständigen Stellen einschließlich BMF, Detailplanung, Ausschreibung, Vergabe, Bauphase, etc pp passiert NICHTS.
Auch die Personalausstattung der an der Bauausführung beteiligten Behörden und Dienststellen bis hinunter zu Staatlichen Hochbauämtern beeinflussen die Realisierung von Vorhaben. Aber bis 2017 tragen die Lippenbekenntnisse schon noch…
In der heutigen Debatte im Bundestag zum Attraktivitätsgesetz sprach vdL von einem „Sofortprogramm“ für Unterkünfte von 750 Mio €. Komisch. Anfang der Woche war es noch eine Anhebung von 250 Mio. € (über 3 Jahre).
Leider wurde in der Debatte nicht nachgefragt, ob das nun mehr Geld ist oder lediglich die – im Vergleich zu den Vorjahren – halbierte (!) Planung für große und kleine Baumaßnahmen.
Ich gehe davon aus es ist Zweiteres.
Aber damit kann sie sich medial noch als Macherin profilieren.
Grotesk.