Aufgebohrtes Mandat für Mali: Werbung bei den Bundestagsfraktionen
Die Bundesregierung hat am (heutigen) Mittwoch vorgeschlagen, den Einsatz von Bundeswehrsoldaten in der EU-Ausbildungsmission im westafrikanischen Staat Mali (EUTM Mali) zu verlängern. Das neue Mandat, das der Bundestag beschließen muss, ist allerdings nicht nur eine Fortsetzung des bisherigen Einsatzes: Die Zahl der Soldaten soll von bislang maximal 250 Soldatinnen und Soldaten auf 350 angehoben werden – vor allem deswegen, weil die Bundeswehr im August die Führung der EU-Mission übernehmen will.
Bereits vor der Kabinettsentscheidung hatten Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Fraktionen des Bundestags in einem gemeinsamen Schreiben um Zustimmung gebeten. Das scheint immer mehr üblich zu werden; auch für die Verlängerung des Patriot-Einsatzes in der Türkei hatten die beiden Kabinettsmitglieder in einem Brief geworben.
Zur Dokumentation aus dem Schreiben Steinmeiers und von der Leyens, das Augen geradeaus! vorliegt:
Mali ist ein Schwerpunkt des sicherheitspolitischen Engagements der Bundesregierung in Afrika. Deutschland verfügt über eine lange Erfahrung im Land. Die malischen Behörden sind sehr interessiert an der Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft. Die Sicherheitslage in der Sahelregion bleibt volatil. Deutschland hat ein erhebliches Interesse daran, Terrorismus, Kriminalität und Verarmung, die mittelfristig starke Auswirkungen auch auf Europa haben können, gemeinsam mit seinen europäischen und internationalen Partnern entgegenzutreten.
Die Bundesregierung gehört zu den größten Truppenstellern von EUTM Mali und stellt derzeit etwa 140 Soldatinnen und Soldaten. Deutschland beteiligt sich zudem mit 8 Soldatinnen und Soldaten und 8 Polizistinnen und Polizisten an der VN-geführten Multidimensionalen Integrierten Stabilierungsmission in Mali (MINUSMA). Darüber hinaus stellt Deutschland den Leiter der zivilen GSVP-Mission EUCAP Sahel Mali und beteiligt sich mit bis zu 10 Polizistinnen und Polizisten und zivilen Experten an der Mission, deren Gesamtstärke auf etwa 80 aufwachsen soll. Zum deutschen Engagement gehören auch bilaterale Maßnahmen zur Unterstützung der malischen Sicherheitssektorreform und des Versöhnungs- und Dialogprozesses sowie die Entwicklungszusammenarbeit. In Mali kommen somit Instrumente deutscher Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik zum Einsatz.
Die Bundesregierung will in Mali weiterhin einen Schwerpunkt ihres Engagements setzen. Sie beabsichtigt, im August 2015 und bis zum derzeitigen EU-Mandatsende im Mai 2016 durch Gestellung eines deutschen Missionskommandeurs die Führung von EUTM Mali [zu] übernehmen. Um die mit Übernahme dieser Verantwortung verbundenen Aufgaben ohne Einschränkungen zu erfüllen und die Flexibilität zu erhalten, absehbare Vakanzen füllen zu können, ist – vorbehaltlich der Zustimmung des Deutschen Bundestages – vorgesehen, die Mandatsobergrenze von 250 Soldatinnen/Soldaten auf bis zu 350 deutsche Soldatinnen und Soldaten anzuheben. (…) Zur Synchronisation des nationalen Mandatszeitraumes (Mandatsende Februar 2016) mit den Zeitlinien der EU (Mandatsende Mai 2016) wurde der Zeitraum der nationalen Mandatierung im Mandatsentwurf auf 15 Monate ausgedehnt, um so einer möglichen notwendigen dreimonatigen Mandatierung für den Zeitraum März – Mai 2016 zu entgehen.
Ehe die in diesem Fall oft vorkommende Verwirrung einsetzt: Die deutsche Beteiligung an der UN-Mission MINUSMA, die – zum Beispiel mit den Niederländern – in richtige Kampfeinsätze im Norden Malis verwickelt ist, ist nicht Bestandteil dieses Mandats.
(Foto: EU-Ausbilder trainieren malische Infanteristen für den Häuserkampf, Januar 2014 – Foto EUTM Mali)
Oh Mann.
Immer die Kleckereinsätze.
Schwerpunkt des Afrikaeinsatzes und dann nur 100 Soldaten mehr.
Wir.sind.unglaubwürdig.
pi
TV-Tipp zum Thema:
ARTE – „Schattenkrieg in der Sahara“
Nach einem Bericht der taz („Bloß nicht in die falsche Richtung“) fehlt es bei der malischen Armee u.a. an Sprengmitteln zur zweckmäßigen Ausbildung und Inübunghaltung. Somit vermindert sich die Effektivität der deutschen Ausbildung erheblich (Abholpunkt).
Tja – ob das unter deutscher Gesamtverantwortung besser wird?
Wohl kaum.
@Memoria
Naja, hier ist die Bw ja dann genau der richtige Partner und Ausbilder da die Soldaten diese Probleme auch aus der Heimat kennen..
Von der malischen Armee können wir aber lernen wie man mit einem Mangel umgeht ;-)
Wie läuft eigentlich so eine Ausbildungsmission ab, kann ich mir das wie die AGA/SWA/SGA zu meiner Zeit vorstellen oder wird hier Schwerpunktausbildung und Multiplikatorentraining betrieben?
Wir bilden doch gar keine Kampftruppen aus oder? Wir bilden doch nur Pioniere und so was aus, dabei bräuchten die Soldaten doch Kampfausbildungen.
Die Armee von Mali wird es nie schaffen Ak Kaida und die Tuareg zu besiegen, dies ginge nur durch europäische Kampftruppen.
Hier könnte man sinnvoll die Deutsch-Französische Brigade in einen Kampfeinsatz schicken, aber die Politik will weiterhin nur Pseudoeinsätze durchführen.
@Trym: Wollte ich auch gerade posten – spannend, aber vielleicht etwas sehr skeptisch den amerikanischen und europäischen Interessen gegenüber?
Grundsätzlich kann Ausbildung wohl nicht alle Defizite beheben. Da muss z.B. auch die Kapazität der Logistik gestärkt werden (Die UN engagiert sich z.B. in der Munitionsbewirtschaftung). Wissen ist halt doch nicht alles – und auch ein Ausbildner ist effektiver, wenn er nicht mit leeren Händen kommt. Was macht den DE in Sachen materieller Hilfe in Mali?
@T.W.:
“ weil die Bundeswehr im August die Führung der EU-Mission übernehmen will.“
vs.
„Die Bundesregierung will in Mali weiterhin einen Schwerpunkt ihres Engagements setzen. […] durch Gestellung eines deutschen Missionskommandeurs die Führung von EUTM Mali [zu] übernehmen. “
Insbesondere vor dem Kontext des vernetzten Ansatzes der beteiligten Ressorts kann ich erstere Aussage aus dem Text nicht herleiten.
Dem Text folgendend würde ich das abschließende ‚will‘ durch ein ’soll‘ ersetzen.
@Kerveros
Verstehe jetzt nicht, wo sie den Unterschied sehen?
Aus dem Schreiben:
Das belegt doch meine Aussage, oder habe ich jetzt einen gravierenden Denkfehler?
/edit: Ah jetzt ja. Sie meinen, weil der Wille der Bundesregierung nicht unbedingt der Wille der Bundeswehr als ausführendes Organ ist?
der einsatz wäre m,.E. n nur sinnvoll wenn man die mentees nach erfolgter ausbildung partnered eventuell sogar unter kommando eigener offiziere von kompaniechef aufwärts. im zeitrahmen über mehrere jahre mit langen stehzeiten für das eingene personal vor ort.
also eigentlich was für phantom der bundeswehr aka. FID Verband. war da nicht mal was?
so wie es jetzt praktiziert wird geht das gros des erlernten innerhalb von wochen durch ineffizienz, obstruktion und lokaltypisches ennui wieder verloren.
die politische situation ist in mali auch nicht unbedingt förderlich. bisher hört man von der keita regierung auch nur die übliche dreifaltigkeit von korruption, inkompetenz, patronage
@T.W.
„Ah jetzt ja. Sie meinen, weil der Wille der Bundesregierung nicht unbedingt der Wille der Bundeswehr als ausführendes Organ ist?“
Eben dieses. Die Bundeswehr ist nun einmal Parlamentsarmee und folgt dem Willen der Volksvertretung… nicht andersherum, was sich aber bei einem ‚Die Bundeswehr will die Führung der Mission übernehmen‘ implizit aufdrängen würde.
(Ich will ja nicht ausschließen, dass der eine oder andere im Führungskader der Bundeswehr derlei Gedanken hegt [wäre ja eine herrliche Gelegenheit sich zu präsentieren], aber der gesetzliche Anspruch ist dann doch ein anderer ;) )
Vom zivilen Leiter GSVP-Mission EUCAP Sahel Mali ausgehend Mali ist das ja ein konsequenter Ansatz der Bundesregierung.
@politisch inkorrekt
die bundeswehr kann aber leider nur (noch) „Kleckereinsätze“.
wer nicht kann, was er will, muss wollen, was er kann ;)
„Deutschland beteiligt sich zudem mit 8 Soldatinnen und Soldaten und 8 Polizistinnen und Polizisten an der VN-geführten Multidimensionalen Integrierten Stabilierungsmission in Mali (MINUSMA).“
Ist es tatsächlich so, dass in beiden Fällen auch weibliches Personal vor Ort ist, oder handelt es sich hier nur um Genderwahn?
@Dominik:
Ich unterstelle: letzteres.
@Dominik
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Ihre erste Vermutung die richtige ist.
@ Klosius:
Es gibt mittlerweile auch ein InfAusbKdo in Mali das auch mit deutschen Kräften (Infanterie versteht sich) bestückt ist.
darf die BW also tatsächlich jemand in Mali zum Kampf ausbilden – ein Wunder!
Bleibt nur die Frage, warum die Bundeswehr mehr Ausbilder nach Mali schickt dann mit 350 Soldaten und nur 100 in den Irak oder verstecken sich in den 350 Soldaten mal wieder viele Soldaten, die nichts mit der Ausbildung der Armee von Mali zu tun haben?
@Closius
Nun die Zahlen der Ausbilder richten sich vermutlich nachdem Ausbildungsstand der jeweiligen Auszubildenden. Soweit ich die Berichte hier verfolgt habe ist die malische Armee von ihrem Stand eher unter dem der irakischen Armee und Peshmerga anzusiedeln. Außerdem kommt für EUTM Mali noch die Stabskomponente sowie Logistik/LuTrans dazu.
„Versöhnungs- und Dialogprozesses“: Was für eine Versöhnung, wenn man die Hand reichen will und in der anderen eine Knarre hält.
Was geht in Mali vor sich? Was hat das mit den Anschlägen in Paris zu tun?
@closius
Ein größerer Teil der Kräfte in Koulikoro besteht aus dem Personal und Mat der San-Komponente, mittlerweile auf Containerbasis, und dem sog National Support Element, einer Art Stab und Versorgungsstruktur.
Die Ausbildung selbst erhält, relativ gesehen, einen geringeren Kräfteansatz.
@Alex
Wo lesen sie, dass EUTM Mali und die Mandatsverlängerung, sowie Erweiterung etwas mit den Anschlägen in Paris zu tun haben?
@Dominik
Im Nov. 2014 bestand der deutsche Truppenbeitrag sogar aus drei Frauen und zwei Männern! Also nichts mit Gender.
http://www.un.org/en/peacekeeping/contributors/2014/nov14_5.pdf