ISIS-Sammler: Der Kampf um Kobane
ANALYSIS: Saving Kobane from IS needs more than air strikes http://t.co/6wQS6EOrAV pic.twitter.com/stOFzyGNx8
— BBC Outside Source (@BBCOS) October 7, 2014
Beim Vorrücken der islamistischen ISIS-Terrormilizen wird am (heutigen) Dienstag vor allem der Kampf um die syrische Stadt Kobane, nahe der türkischen Grenze, besonders beobachtet – vielleicht weniger wegen der strategischen Bedeutung dieses Ortes (die es auch gibt) als vor allem wegen des ISIS-Vorrückens in Sichtweite westlicher Fernsehkameras. Und der Auswirkungen auf das NATO-Mitglied Türkei.
Eine vollständige Übersicht/Berichterstattung ist hier nicht möglich; zudem sind alle Medien voll von diesem Thema – aber die Diskussion darüber gibt es natürlich auch bei Augen geradeaus!. Deshalb nur einige Punkte zur Ergänzung:
• Mit Luftschlägen allein ist die Situation in Kobane nicht in den Griff zu bekommen, analysiert die BBC:
Many might wonder why US air power has not done more to stem the IS advance. Well for one thing the focus of what you might call US „tactical“ strikes has been largely in Iraq. The air strikes in Syria have mainly been against IS command infrastructure and economic targets like oil installations. (…)
Attacking IS from the air however, is not easy. Their guns may be well camouflaged when not firing, and even rudimentary spotters can identify US aircraft in the vicinity.
• Nach der heutigen Lagemeldung des US Central Command gab es allerdings Luftangriffe in der Nähe von Kobane:
An airstrike south of Kobani destroyed three ISIL armed vehicles and damaged another, and another strike southeast of Kobani destroyed an ISIL armed vehicle carrying anti-aircraft artillery. Two airstrikes southwest of Kobani damaged an ISIL tank, and another strike south of Kobani destroyed an ISIL unit.
• Warum greift die Türkei nicht am Boden ein? Dazu der Nahostwissenschaftler Michael Lüders bei Radio Bremen:
Der Islamische Staat bekämpft die Kurden im Norden Syriens an der türkischen Grenze und beendet damit den kurdischen Traum in Syrien von mehr Autonomie und Unabhängigkeit. Gleichzeitig sind die kurdischen Kämpfer im Norden Syriens enge Verbündete, der in der Türkei und Europa verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.
Und das türkische Kalkül geht so: Man könnte sich eigentlich mit den Kurden versöhnen – es gibt ja seit Jahren einen Friedensprozess mit der kurdischen Seite. Den hat die Türkei aber jetzt unterbrochen – manche sagen, man hat diesen Prozess beerdigt. Stattdessen setzt die Türkei auf den Islamischen Staat, auf dass der die Enklave der Kurden an dieser Stelle der türkischen Grenze erobert und damit den kurdischen Kämpfern eine vernichtende Niederlage bereitet.
• Der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, Volker Perthes, hält im Deutschlandfunk ein türkisches Eingreifen für sinnvoll:
Nun, ich denke, die Türkei wird sich, falls Kobane fällt, noch überlegen, ob es gut ist, hier nicht den Kurden, trotz aller politischen Differenzen, die es gibt, geholfen zu haben. Denn ein solch terroristisches Staatsbildungsprojekt direkt an der Grenze zur Türkei, das wird nicht ohne Auswirkungen auf die Türkei bleiben. Es wird erhebliche weitere Sicherheitsprobleme für die Türkei schaffen, über die Zahl der Flüchtlinge, die in die Türkei hineinströmen, hinaus.
• Sicherlich steht aus westeuropäischer Sicht auch immer die Frage im Raum, ob möglicherweise türkisches Engagement am Ende zu einer Einbeziehung der NATO führen könnte. Da schaut man dann sehr genau auf solche französischen Äußerungen, hier zitiert bei Reuters:
France said on Tuesday it was vital to act in order to stop Islamic State’s advance on the northern Syria border town of Kobani, and was discussing with Turkey what could be done.
„A lot is at stake in Kobani and everything must be done so that the Daesh terrorists are stopped and pushed back,“ Foreign Minister Laurent Fabius told the French parliament.
Debatten in verschiedenen Blogs dazu gibt es natürlich auch – hier und hier zum Beispiel.
(Bereits aufgelaufene Kommentare dazu im anderen Thread verschiebe ich hierher; die Debatte und auch die aktuellen Lagemeldungen werden sicherlich weitergehen.)
Westliche Strategie in Syrien: Die Schande von Kobane
Es geht längst nicht mehr nur um einen militärischen Erfolg, es geht um Machtdemonstration, um Psychologie, um Bilder. […] Jede neue schwarze Flagge, die die Islamisten in der Stadt hissen, ist ein Propagandaerfolg, […] Millionen von Menschen erleben es live und stellen fest: Selbst militärisch mächtige Nationen sind entweder nicht in der Lage oder nicht willens, Einhalt zu gebieten.
http://spon.de/aelc7
Mir scheint, daß ich Recht behalten sollte, als ich vor Wochen schrieb, daß Erdogan seine Truppen erst dann in Syrien einmarschieren läßt, nachdem ISIS die Kurden in Kobane abgeschlachtet hat. ISIS wird sich danach wahrscheinlich sofort zurückziehen.
Bewerten möchte ich das Verhalten der Türkei hier aber nicht. Die Türkei ist schließlich ein NATO-Partner – dem wir wohlmöglich ggbf. auch noch beispringen müssen.
Es hat schon einige Perversitäten in der jüngeren Weltgeschichte gegeben. Doch eine weitere Niveauabsenkung ist immer möglich (frei nach Sloterdijk).
Tja, wenn man es sich nicht mit Putin verdorben hätte. Dann hätte man über Russland vielleicht Syrien beinflussen können.
Heute wirkt das aber unwahrscheinlicher denn je.
@GustavStruve
Ich verstehe eins dabei nicht, was passiert wenn die Türkei in Syrien eingreift, hat sie dann die NATO Unterstützung verwirkt? Muss es nicht da ein Beschluss der NATO geben ist sie hier in der Pflicht?
Die Türkei, Syrien und der NATO-Bündnisfall
http://www.deutschlandfunk.de/die-tuerkei-syrien-und-der-nato-buendnisfall.694.de.html?dram:article_id=223299
Ganz grob: Wenn die Türkei in Syrien wie auch immer eingreift, macht sie das auf eigene Rechnung. Ein Nato-Beschluss ist dafür, da die Nato (derzeit) kein Mandat besitzt, weder nötig noch vorgesehen. Wird sie allerdings von fremden Truppen (IS oder Assad oder wer auch immer) auf ihrem eigenen Gebiet angegriffen, löst das den Bündnisfall aus. Dann entscheidet jeder Bündnispartner, welche Unterstützung er für erforderlich erachtet. Ein „Verwirken“ der Bündnisverpflichtung kommt im vorliegenden Fall des Kampfes gegen den IS wohl kaum in Betracht.
Wenn Kobane fällt, dann sind dafür nicht nur die Amerikaner verantwortlich, durch viel zu wenige und verspätete Luftangriffe, oder die Türken, weil diese absichtlich zuschauen, sondern dann ist Deutschland und Frau Merkel daran schuld!
Hätte Deutschland auch den syrischen Kurden Waffen geliefert, dann würde Kobane nicht fallen. Denn nach allen Berichten fehlen den Kurden dort schwere Waffen. Mit Panzerfäusten und Maschinengewehren wäre denen schon geholfen gewesen. Aber Frau Merkel wolle ja nicht an die PKK bzw. an syrischen Kurden Waffen liefern.
@ Closius
Aber wie hätte Deutschland gegen den Willen der Türkei die Waffen an die syrischen Kurden (oder an die PKK) liefern sollen? Nein, für die angehende Katastrophe um Kobane tragen wir beim besten Willen nicht die Verantwortung. Das macht es aber nicht besser.
@KeLaBe
Wenn Deutschland – die Bundesregierung – den festen Willen (gehabt) hätte, die Kurden in Kobane zu unterstützen, hätte man das auch gemacht.
Wer wollte Deutschland daran hindern?
Sicher hat die Türkei zwei Pfänder: die Patriot und den Umschlag in Trabzon.
Für mich ist die Türkei unter Erdogan kein seriöser Partner. Nun gut, Politiker kommen, und sie gehen auch wieder.
Laut CENTCOM hatte man bis gestern Abend 8 Einätze um Kobane geflogen und 6 um Ayn Al-Arab.
Das das nur zwei Namen für ein und die selbe Stadt sind hat man wohl noch nicht gemerkt – peinlich … Das Journalisten vor Ort, und das sind ja einige, keinen dieser Einsätze beobachtet haben ist auch merkwürdig.
Letzte Nacht meldeten dann Reporter vor Ort ein Flugzeug/Drohne über der Stadt aber keine Angriffe. Da war wohl Aufklärung. Heute gab es dann über den Tag hinweg 6 bis 8 beobachtete Angriffe auf IS Ziel um Kobane die auch mindestens drei Panzer zerstörten. Die Angriffe sind jetzt natürlich schwieriger als sie in den letzten Tagen gewesen wären da IS jetzt in der Stadt sitzt statt auf dem freien Felde rund um die Stadt.
Obama hatte wohl genug von Erdogans Verzögerungen. Zudem war es peinlich dem Islamischen Staat den Krieg erklärt zu haben und gleichzeitig Liveübertragungen von völlig unbehinderten IS Panzern rund um Kobane zu ertragen.
Die Kurden wollen kein Eingreifen der Türkei oder von fremden Bodentruppen. Was sie wollen ist eine Grenzöffnung damit sie Nachschub und neue Kämpfer zur Verteidigung in die Stadt schicken können. Die Türkei verhindert bisher mit massivem Polizeieinsatz jeglichen Grenzübertritt nach Kobane hinein.
Nachschub für IS ist erlaubt, Nachschub für die YPG nicht.
Sollte die Türkei mit Bodentruppen nach Kobane gehen werden die Kurden in der Türkei zum Krieg gegen Erdogan aufrufen. Das würde sehr blutig werden. Ob er das riskieren will?
Nach Erdogans Urteil ist IS weniger „terroristisch“ als die Kurden und als Assad. Er will zunächst Assad erlegen, dann die Kurden und dann mit IS Abkommen schließen. Das Erdogan nicht einsieht das man IS als „Terroristen“ behandelt ist teilweise verständlich. Die Ideologie und das Verhalten der IS sind von der Saudi Arabiens ja nicht so wirklich zu unterscheiden Und das ja schließlich ein „westlicher“ Verbündeter.
In unserer Kreisstadt Celle geht nun auch heiß her, zumindest bei uns ist der Konflikt sehr Real angekommen:
[Sie hatten doch mitbekommen, dass hier Links zu deutschen Verlagswebseiten i.d.R. nicht stattfinden? Link gelöscht. T.W.]
Wenn man die Frage bejaht, ob die Kurden gegen IS einen gerechten Verteidigungskrieg führen, dann muss man ihnen auch militärisch helfen. Wenn nicht in solch einem Fall, wann dann?
@ht: Tschetschenische Muslime gegen Jesiden ergibt für mich noch keinen großen Sinn. Geht es hier um eine religöse Frage tatsächlich oder sind die tschetschenischen Muslime für die ISIS?
Wenn wir über den Irak Waffen an die PKK oder die syrischen Kurden geliefert hätten, hätte es den Türken nicht gefallen, aber machen können hätten sie nichts. Da sie nicht wissen können ob Assad oder die ISIS sie nicht doch angreift werden sie auf die Patriot nicht verzichten wollen. Und wenn sie den Umschlaghafen dicht machen, dann werden wir auch einen anderen finden.
Uns gefällt doch auch nicht, daß der ISIS Nachschub die ganze Zeit über die Türkei läuft.
@ ht
Die Cellesche Zeitung berichtet, dass es im Celler Ortsteil Neuenhäusen zwischen 400 kurdischen Eziden und 100 tschetschenischen Muslimen am Dienstagabend zu schweren Auseinandersetzungen zwischen den beiden Gruppen und der Polizei gekommen ist.
Kobane und Mosul sind zwei Seiten der selben Medaille. Ich sage nur: schlagt IS wo Ihr sie trefft.
Durchaus.
Bilder und Berichte von Paula Slier RT Korrespondentin aus Kobane
https://twitter.com/PaulaSlier_RT
https://twitter.com/PaulaSlier_RT/status/519513475979411457
Naja keine große Überraschung. Herr Erdogan will und kann von seiner religiösen Haltung her gar nicht zwischen radikalem und moderatem Islam unterscheiden.
Zitat:
„Diese Bezeichnungen sind sehr hässlich, es ist anstößig und eine Beleidigung unserer Religion. Es gibt keinen moderaten oder nicht-moderaten Islam. Islam ist Islam und damit hat es sich.“
Wenn es für ihn keinen Unterschied gibt zwischen „normalen“ Muslimen und den IS-Milzen, wieso sollte er eingreifen? Der Islamische Staat hat viele Väter und die Türkei ist einer davon.
Und Väter bekämpfen ungern ihre Kinder. Vor allem wenn sie so nützlich sind.
autostaedterin | 07. Oktober 2014 – 21:26
„Wenn nicht in solch einem Fall, wann dann?“
Grundsätzlich sollte nur dann militärisch eingegriffen werden, wenn es im eigenen nationalen Interesse liegt. Kein derzeit an den Angriffen auf IS beteiligter Staat hat die Absicht in Syrien offiziell Bodentruppen einzusetzen. Spezialeinheiten zur Lenkung der Luftangriffe wie im Nordirak womöglich aber keine tatsächliche Präsenz aus der später ein mission creep zu einem Stabilisierungseinsatz werden könnte. Wollte man bislang nicht, will man jetzt nicht, wird man in Zukunft nicht wollen.
Ganz ohne effektive Bodentruppen wird es aber nicht gehen IS zurückzuschlagen und aus den kurdischen Milizen macht nicht von jetzt auf gleich eine Streitmacht ähnicher Motivation wie IS. Luftschläge können viel ausrichten, aber tatsächlich entscheidend bleibt nur der Einsatz von Bodentruppen.
@Cynic2
Nun, wir gehen davon aus, daß ein Massenmord möglicherweise bevorsteht. Watch. and let
it happen?
Wir verspielen gerade unsere moralische Integrität und Legitimation.
Fremdschämen liegt mir eigentlich nicht, aber Kobane wäre durchaus ein Anlaß hierzu..
Hm. Was bedeutet das nun konkret?
Auch der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, forderte eine internationale Intervention. „Die Welt, wir alle, werden zutiefst bedauern, wenn sich der IS einer Stadt bemächtigt, die sich derart mutig verteidigt“, erklärte de Mistura. „Wir müssen jetzt handeln.“ Trotz der Luftangriffe seien die Kurden weiter im Nachteil, weil sie nur leichte Waffen hätten, während die Dschihadisten über Panzer und Mörser verfügten.
Thomas Melber | 07. Oktober 2014 – 22:04
Ach Herr Melber, ihr „Fremdschämen“ ist doch zynisch … nur weil dieser Konflikt (ISIS) gerade in den Medien ist, fühlen Sie sich betroffen. Schauen Sie auf die Karte des HIIK, dort finden Sie noch sehr viel mehr Konflikte/Kriege zum Schämen.
Wo sollen wir denn nun überall deutsche Soldaten hin schicken, damit das Schämen aufhört?
http://hiik.de/de/downloads/data/downloads_2013/HIIK_CoBa2013_World_nat.jpg
>>“Die Welt, wir alle, werden zutiefst bedauern, wenn sich der IS einer Stadt bemächtigt, die sich derart mutig verteidigt“, erklärte de Mistura. „Wir müssen jetzt handeln.“<< schreibt fr-online.de.
Vergleiche hinken zwar immer. Aber hier fällt mir Srebrenica ein.
Die Türkei kann nicht oder will nicht, wollte nicht mal mit Artillerie die IS-Kämpfer rund um Kobane beharken, die alliierten Luftstreitkräfte hatten erst andere Ziele (wohl wichtigere) und nun kommen (halbherzige) Luftschläge zum Entsatz von Kobane zu spät. Es ist eine Tragödie, die sich dort abspielt. Wir, das Staatsvolk, Soldaten und Zivilisten, können nur zuschauen und uns fremdschämen. All den Politikern (insbesondere auch europ. und amerik.), welche die Situation im mittleren Osten haben so dermaßen zulaufen laßen, möchte ich meine Verachtung entgegen schleudern.
@Thomas Melber
Meines Wissens haben Staaten keine moralische Integrität, einen Charakter oder Freunde. Staaten haben Interessen. Staaten werden zwar durchaus an ihrem Verhalten und maßgeblich der Rechtsverbindlichkeit, Integrität und Kontinuität desselben gemessen, moralisch oder sogar ethisch muss das aber nicht zwangsläufig sein.
Bereits den Afghanistan-Einsatz hat die Politik mit eher vorgeschobenen moralischen Begründungen vorgetragen, aber nie den systematischen Versuch gemacht, die Bevölkerung dafür zu gewinnen, was sie da entschieden hat. Nun muss man sich die Frage stellen, ob es derzeit im deutschen Interesse liegt, dort mit Truppen einzugreifen oder eher abzuwarten, wie sich die Lage entwickelt und ob die deutsche Bevölkerung derzeit ein Eingreifen mit allen Konsequenzen, einer unabsehbaren Dauer und allen entsprechenden Kosten mittragen würde. Ich bezweifle das sehr. Das mag moralisch nicht schön klingen, erscheint aber als tagespolitische Realität.
Es wäre nicht der erste Masenmord dem die deutsche Außenpolitik zusieht bzw. ihn ignoriert und wird sehr wahrscheinlich nicht der letzte sein.
@Cynic2 | 07. Oktober 2014 – 23:01
Auch ich sehe Deutschland nicht in der Pflicht dort militärisch mitzumischen. Schämen muß ich mich (als Europäer) für das Verhalten unsere Nachbarn in der sog. Koalition der Willigen. Schämen muß ich mich für die Politik der europ. Staaten, (incl Deutschlands), da sie sich in Bezug auf Erdogans Syrienpolitik hat instrumentalisieren lassen. Aber die Regierungen unter Schröder und unter Merkel tragen tatsächlich die geringste Schuld an dieser Entwicklung. Manchmal ist das Gegenteil von Aktionismus die klügere Strategie. Schwer zu ertragen ist die jetzige Lage allemal.
Ach Herr Struve, das ist doch kein Srebrenica 2.0 mit einer schutzverpflichteten UN-Sonderzone, die überrannt wird, sondern ganz normale tagespolitische Realität. Machen sie kein bitte Drama draus, es ist schon so schlimm genug.
Es ist wirklich ein „Drama um Kobane“.
Dort werden mutige Verteidiger einer Stadt unter unseren Augen zusammenkartätscht. Die Türkei schaut zu – aus welchen Gründen auch immer. Hier in Deutschland, in der EU und der NATO tönt das grosse Schweigen.
Kobane ist strategisch im Kampf gegen ISIS von untergeordneter Bedeutung, Kobane wird aber ein Symbol werden, wenn es fällt. Wie Sebrenica. Kobane zeigt, dass unser Völkerrecht/Kriegsvölkerrecht vor dem Hintergrund von Failing States und assymetrischen
Konflikten nicht mehr up to date ist.
@GustavStruve: Die Geschichte wiederholt sich immer. Bei Srebrenica hatte man zu lange zugeschaut und Luftunterstützung erst angefordert, als es zu spät war und die Serben schon zu nahe an der Stadt waren zum bombardieren.
Tagelang wurde Kobane aus der Entfernung angegriffen von der ISIS. Deren Stellungen hätte man mühelos bombardieren können ohne Zivilsten zu treffen. Aber tagelang wurde nicht oder fast nicht angegriffen. Jetzt ist die ISIS in der Stadt und wieder nur vereinzelte Angriffe, ja die Amerikaner machen sich sogar lächerlich, indem sie zwei verschiedene Angriffszahlen für die gleiche Stadt nennen, die eben zwei Namen hat. Nur hat es nach den Berichten nie 14 Angriffe gegeben, sondern höchstens 6 -8 wie es in Berichten heißt.
Nie wieder Ausschitz, nie wieder Völkermord, damit hat ein Grüner die BW in den Krieg geschickt und heute schauen wir feige weg und lassen ein zweites Srebrenica tatenlos zu!
Und oh Wunder, es wurde zum ersten mal am Tage angegriffen! Da falle ich doch vor Lachen oder Weinen vom Stuhl. Die ISIS hat keine weitreichende Luftverteidigung, keine Kampfflugzeuge. Da kann ich doch auch ungestört am Tage bombardieren.
Alle Kritiker sagen, daß man ISIS nicht alleine aus der Luft schlagen kann, aber wenn die USA dies aus politischen Gründen schon ignorieren, dann ist es doch sehr wohl möglich, rollende Angriffe zu fliegen – also den ganzen Tag anzugreifen, so daß die ISIS nicht ungestört angreifen kann.
Oder man könnte die Drohnen oder die Kampfflugzeuge stundenlang kreisen lassen, so daß die ISIS nie weiß, wann der nächste Angriff kommt und deshalb in Deckung gezwungen wird.
Ohne es zu beschönigen: Aber ein Vergleich von Kobane mit Auschwitz oder auch Srebrenica ist fehl am Platz. Nicht, weil die IS-Truppen weniger menschenverachtend wären, sondern weil inzwischen hoffentlich auch der letzte Zivilist die Stadt in Richtung des rettenden türkischen Gebietes verlassen hat. Von daher muss man keinen Massenmord an der Bevölkerung befürchten, sondern eine empfindliche Niederlage von hoher strategisch-psychologischer Bedeutung, vermutlich begleitet von menschenrechtswidrigen Übergriffen gegen die Verteidiger im Kombattantenstatus. Wie gesagt, das ist keine Beschönigung der Lage und schon gar keine Entschuldigung für die erbärmliche Passivität der türkischen und auch westlichen Seite.
KeLaBe | 07. Oktober 2014 – 23:58
Das ist sehr Zynisch , weil nicht jeder ist weg , nur weil Türkei ein freies Kurdistan Verhintern will
KeLaBe: Nie wieder Ausschwitz war die Parole von Ex-Außenminister Fischer für den Kosovo-Einsatz. Jeder Ausschwitz-Vergleich hinkt immer…..
Aber mit Srebrenica scheint doch ein passender Vergleich zu sein, weil dort sind junge Männer zu tausenden ermordet worden, ich weiß nicht wie viele Verteidiger in Kobane sind, aber dürfte klar sein, daß die ISIS alle Verteidiger/Kurden ermorden wird, derer sie habhaft werden kann.
Es fehlen in den westlichen Arsenalen durch Lichtwellenleiter gesteuerte Lenkflugkörper mit optischem Suchkopf und einer Reichweite möglichst größer BM-30/9A52 Smertsch/Smerch
http://de.wikipedia.org/wiki/BM-30
also bis zu 120km.
Die Entwicklung von Polyphem (mit einer Reichweite von immerhin 60km)
http://en.wikipedia.org/wiki/Polyphem_%28missile%29
wurde ja leider abgebrochen.
IDAS (Interactive Defence and Attack System for Submarines)
http://de.wikipedia.org/wiki/IDAS_%28Flugk%C3%B6rper%29
wird von Diehl angeboten:
http://www.diehl.com/de/diehl-defence/produkte/lenkflugkoerper/idas.html
Suchkopf von IRIS-T (Infra Red Imaging System Tail/Thrust Vector-Controlled):
http://de.wikipedia.org/wiki/IRIS-T
Bereits Mitte der 1980er Jahre begannen die Entwicklungen dieser innovativer Lenkflugkörper (MGM-157 EFOGM):
http://en.wikipedia.org/wiki/MGM-157_EFOGM
Weitere Entwicklungen:
1. Japan – Type 96 Multi-Purpose Missile System (Reichweite 10-25km?, seit 1996!! im Einsatz)
http://en.wikipedia.org/wiki/Type_96_Multi-Purpose_Missile_System
2. Brasilien – FOG-MPM (Reichweite ungefähr 60km, ab 2000 verfügbar):
http://en.wikipedia.org/wiki/FOG-MPM
3. China – CM-501G (Reichweite >70km)
http://en.wikipedia.org/wiki/CM-501G
4. Serbien ALAS (ALAS-B bis 60km)
http://en.wikipedia.org/wiki/ALAS_%28missile%29
und noch andere.
Mit einem solchen Lenkflugkörper, flexiblem Gefechtskopf und der Möglichkeit, den Flugkörper zumindest eine kurze Zeit im Zielgebiet zur Aufklärung verweilen zu lassen („loitering“, http://de.wikipedia.org/wiki/Loitering_Weapon) wäre die Schlacht um Kobane sehr schnell entschieden. Effektiv, relativ sicher was Kollateralschäden betrifft und äußerst kosteneffizient. Auch in vielen anderen Szenarien einsetzbar.
Alternativlos zur MILAN (Missile d’Infanterie léger antichar) http://de.wikipedia.org/wiki/MILAN.
Gruß
Smirre
Wenn die Türken die Kurden in Kobane jetzt retten würden, hätten sie wirklich ein Faustpfand für die Versöhnung. Die könnten bis in die Steinzeit sagen „Wenn wir damals in Kobane nicht gewesen wären …“.
Und es würde sie nichtmal viel Anstrengung kosten.
Das Argument „Wenn die Türkei eingreift, ist die Nato auch mit drin.“ ist doch vorgeschoben. Erstens sind schon viele Nato-Länder vor Ort und zweitens ist bis heute der Bündnisfall für den „Krieg gegen den Terror“ ausgerufen. Als ob ISIS da nicht ein legitimes Ziel wäre …
@Gustav Struve
Genau wie Sie es vor ein paar Wochen geschrieben!
Exakt….
Die Kurden werden sehenden Auges auf die Opferbank der Machtpolitik geführt.
Ich kann nicht ahnen, was hinter den Kulissen läuft, aber der Kurs des Westens alleine ist schon grenzwertig und es überrascht, dass die Luftangriffe recht wirkungslos verpuffen.
Was einen gewissen Würgereiz verursacht, ist die Mitgliedschaft der Türkei in der NATO.
Ich will mir gar nicht vorstellen, das wir dem feinen Herrn Erdogan auch noch noch beistehen müssten, wenn aus welchem Grund auch immer, der Bündnisfall eintritt…..
Wir müssten einen Unterstützer des IS beistehen…..völlig undenkbar!!!!
Möglicherweise müssten die Türken gar nicht mal groß kämpfen um Kobane zu retten. Wenn die ISIS sehen würden das türkische Panzer in größerer Zahl über die Grenze rollen, mit dem Ziel Kobane von außen zum umschließen, würden die ISIS Kämpfer möglicherweise kampflos abziehen, um nicht eingeschlossen zu werden.
Echte Kämpfe mit den Türken wären für ihren Nachschub aus der Türkei sicher nicht förderlich und die Türken sind Sunniten, so daß der Kampf sich religös auch nicht so einfach ausschlachten lässt.
Möglicherweise greift die Tuerkei wegen innenpolitischer Stimmungglagen oder Widerstaenden in der Armee nicht ein. Man darf nicht vergessen dass die pkk in den letzten Jahrzehnten 30-40 tausend Tuerken umgebracht hat.
Kann mich da schon in die Lage eines tuerkischen Soldaten versetzen.
Mehr als nur nachdenklich stimmt mich, wenn ich von Straßenschlachten zB in Hamburg höre, bei denen sich vergangene Nacht mehrere Hundert Kurden und Gegner mit Macheten, Eisenstangen uä mit Hundertschaften unserer Polizei angegangen sind.
Anderswo wurden das EU-Parlament oder auch TV-Sender zumindest kurzzeitig besetzt – „überwiegend friedlich“, wie berichtet wird.
Wenn diese Auseinandersetzungen auch hierher überschwappen, bleibt nichts Gutes zu hoffen.
@Closius
Hm, so wie sich die Türkei verhält, dürften türkische Panzer schußbereit in unmittelbarer Nähe von IS Kämpfern nicht abschreckend wirken….
Hätte Erdogan auch nur einen Funken Anstand und würde er auch nur ansatzweise zu seinem Wort stehen, wären türkische Truppen schon längst in Kobane. Die türkischen Streitkräfte befinden sich an der Grenze zu Syrien ja ohnehin in einer ständigen Alarmbereitschaft….und gut ausgerüstet ist das Militär auch.
Den Malus auf zivile Opfer Rücksicht zu nehmen, haben die türkischen Streitkräfte auch nicht. Von dem her….wäre es für die Türkei ein leichtes die Stadt zu sichern.
Ob IS Kämpfer in ihrem Fanatismus gebremst sind, nur weil auf der anderen Seite auch Sunniten stehen, wage ich zu bezweifeln.
Das koennte sich ausweiten wenn sich die Tumulte in TR weiterfressen. Man liest von einer recht hohen Zahl gestern getoeteter kurdischer Demonstranten.
Kann mir das vorerst nur so erklaeren dass die Tuerken gleich mit groesstmoeglicher Haerte angefahren sind. Die TR koennte noch ordentlich ins Taumeln kommen.
@Rado
Wie in Syrien, seinerzeit …
„Möglicherweise müssten die Türken gar nicht mal groß kämpfen um Kobane zu retten. “
Das ist aber nicht der Plan! Die Türken werden abwarten und Tee trinken. Eine über Jahrzehnte verfehlte Nahostpolitik fällt uns jetzt auf die Füsse, und 13 Jahre „War on Terror“ haben eine Höllenbrut ans Tageslicht gebracht, die wir vorher so nicht hatten. Egal was jetzt mitiltärisch passiert, es gibt keine politischen Ziele für das danach, und so zerstrittenen, wie die Parteien untereinander sind, sehe ich die auch nicht. Kobane wird fallen, dann Asssad, und wir können froh sein, wenn sich der Brand nicht auf den Libanon und Jordanien ausweitet.
Der Libanon ist bereits infiziert und Jordanien steckt sich gerade an.
Mal eine dumme Frage an die Experten hier:
Welche Interessen hat eigentlich der expansionseifrige Herr Putin in dieser Sache ?
Nur Ablenkung seiner Ukraine-Gelüste oder noch etwas anderes ?
Der Herr Putin wird sich ins Fäustchen lachen vor Schadenfreude. Haben wir doch über Jahrzehnte alles dran gesetzt um den Dschihad in den südlichen Staaten der ehemaligen Sowjetunion und den GUS Staaten anzuheizen. Statt in Moskau, bomben die Tschetschenen jetzt anderswo …
Kann mir einige Vorgaenge nur so erklaeren dass Erdogan Ruecksicht auf Befindlichkeiten in der Armee nimmt.
@Rado:
Erdogan und Rücksicht ?!
Das geht ja genauso gut zusammen wie Scharping und Kujat …
Why not? Er koennte zB eine Meuterei fuerchten wenn die Armee ihre jahrzehntelangen Todfeinde heraushauen soll.
Haben wir schon vergessen, wie Herr Erdogan noch in seiner vorherigen, mit weniger Machtbefugnissen ausgestatteten, Position ratzfatz leitende Polizeibeamte und Juristen mal eben kurz „eliminiert“ hat ?
BlueLagoon
Herr Erdogan könnte in absehbarer Zeit Opfer seiner eigenen Politik werden. Nur machtbesessen reicht heute nicht mehr.
@ Quino
Stimmt.
Aber erinnern wir uns mal an die Wahlergebnisse, den Rückhalt und die „Beliebtheit“ sowohl von Herrn Erdogan als auch von Herrn Putin.
Beide schwimmen doch geradezu auf einer Sympathiewelle in ihrem Land.
Und bei BEIDEN ist etwas Ähnliches wie eine Meuterei der Armee m.E. nicht zu erkennen.