ISIS-Sammler: Der Kampf um Kobane

Beim Vorrücken der islamistischen ISIS-Terrormilizen wird am (heutigen) Dienstag vor allem der Kampf um die syrische Stadt Kobane, nahe der türkischen Grenze, besonders beobachtet – vielleicht weniger wegen der strategischen Bedeutung dieses Ortes (die es auch gibt) als vor allem wegen des ISIS-Vorrückens in Sichtweite westlicher Fernsehkameras. Und der Auswirkungen auf das NATO-Mitglied Türkei.

Eine vollständige Übersicht/Berichterstattung ist hier nicht möglich; zudem sind alle Medien voll von diesem Thema – aber die Diskussion darüber gibt es natürlich auch bei Augen geradeaus!. Deshalb nur einige Punkte zur Ergänzung:

• Mit Luftschlägen allein ist die Situation in Kobane nicht in den Griff zu bekommen, analysiert die BBC:

Many might wonder why US air power has not done more to stem the IS advance. Well for one thing the focus of what you might call US „tactical“ strikes has been largely in Iraq. The air strikes in Syria have mainly been against IS command infrastructure and economic targets like oil installations. (…)
Attacking IS from the air however, is not easy. Their guns may be well camouflaged when not firing, and even rudimentary spotters can identify US aircraft in the vicinity.

• Nach der heutigen Lagemeldung des US Central Command gab es allerdings Luftangriffe in der Nähe von Kobane:

An airstrike south of Kobani destroyed three ISIL armed vehicles and damaged another, and another strike southeast of Kobani destroyed an ISIL armed vehicle carrying anti-aircraft artillery. Two airstrikes southwest of Kobani damaged an ISIL tank, and another strike south of Kobani destroyed an ISIL unit.

• Warum greift die Türkei nicht am Boden ein? Dazu der Nahostwissenschaftler Michael Lüders bei Radio Bremen:

Der Islamische Staat bekämpft die Kurden im Norden Syriens an der türkischen Grenze und beendet damit den kurdischen Traum in Syrien von mehr Autonomie und Unabhängigkeit. Gleichzeitig sind die kurdischen Kämpfer im Norden Syriens enge Verbündete, der in der Türkei und Europa verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.
Und das türkische Kalkül geht so: Man könnte sich eigentlich mit den Kurden versöhnen – es gibt ja seit Jahren einen Friedensprozess mit der kurdischen Seite. Den hat die Türkei aber jetzt unterbrochen – manche sagen, man hat diesen Prozess beerdigt. Stattdessen setzt die Türkei auf den Islamischen Staat, auf dass der die Enklave der Kurden an dieser Stelle der türkischen Grenze erobert und damit den kurdischen Kämpfern eine vernichtende Niederlage bereitet.

• Der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, Volker Perthes, hält im Deutschlandfunk ein türkisches Eingreifen für sinnvoll:

Nun, ich denke, die Türkei wird sich, falls Kobane fällt, noch überlegen, ob es gut ist, hier nicht den Kurden, trotz aller politischen Differenzen, die es gibt, geholfen zu haben. Denn ein solch terroristisches Staatsbildungsprojekt direkt an der Grenze zur Türkei, das wird nicht ohne Auswirkungen auf die Türkei bleiben. Es wird erhebliche weitere Sicherheitsprobleme für die Türkei schaffen, über die Zahl der Flüchtlinge, die in die Türkei hineinströmen, hinaus.

• Sicherlich steht aus westeuropäischer Sicht auch immer die Frage im Raum, ob möglicherweise türkisches Engagement am Ende zu einer Einbeziehung der NATO führen könnte. Da schaut man dann sehr genau auf solche französischen Äußerungen, hier zitiert bei Reuters:

France said on Tuesday it was vital to act in order to stop Islamic State’s advance on the northern Syria border town of Kobani, and was discussing with Turkey what could be done.
„A lot is at stake in Kobani and everything must be done so that the Daesh terrorists are stopped and pushed back,“ Foreign Minister Laurent Fabius told the French parliament.

 

Debatten in verschiedenen Blogs dazu gibt es natürlich auch – hier und hier zum Beispiel.

(Bereits aufgelaufene Kommentare dazu im anderen Thread verschiebe ich hierher; die Debatte und auch die aktuellen Lagemeldungen werden sicherlich weitergehen.)