G36: Die endlose Geschichte
Die Geschichte, das Sturmgewehr G36, Standardwaffe der Bundeswehr, schieße in heißem Zustand daneben, scheint nach wie vor ungeklärt. Neues dazu gibt’s von der TV-Sendung Report Mainz vom Südwestrundfunk (hier die Online-Meldung ; am – heutigen – Mittwochabend im Fernsehen)
Der Bundesrechnungshof hat nun im März erneut zwei Sturmgewehre G36 der Firma Heckler und Koch testen lassen. Diese bislang geheim gehaltenen Tests, deren Ergebnisse „Report Mainz“ vorliegen, zeigen: Beide getesteten Waffen verlagern ihren mittleren Treffpunkt und weiten den Streukreis auf, sobald die Waffe warm wird. (…)
Das Verteidigungsministerium hat „Report Mainz“ die Ergebnisse der Tests bestätigt. Zu der Frage nach möglichen Vertuschungsversuchen früherer Testergebnisse wollte sich das Ministerium nicht äußern.
(Das Video dazu; mir ist nicht klar, wie lange es online bleibt)
Die davor letzten Meldungen stammten vom Februar dieses Jahres. Die seit April 2012 gemeldeten Treffer-Probleme mit dem G36 seien auf die Munition zurückzuführen, erklärten übereinstimmend die Bundeswehr, der Hersteller Heckler&Koch und auch der Munitionslieferant. Damit schien nach vielem Hin und Her ein Schlussstrich unter eine fast zwei Jahre währende Debatte mit vielem Hin und Her gezogen zu sein.
Möglicherweise ein Irrtum. Die Geschichte von Report Mainz macht das Fass wieder auf – zumal sich die Kollegen die neuen Ergebnisse vom BMVg haben bestätigen lassen. Da würde es dann wieder Zeit für eine neue Erklärung aus dem Ministerium.
(Nachtrag: Ich war da einem Missverständnis aufgesessen, der TV-Beitrag wurde in der Tagesschau gezeigt)
(Archivbild 2010: Panzergrenadiere mit dem G36 auf dem Truppenübungsplatz Bergen – ©Thomas Imo/photothek)
oh weia, jetzt testet der BRH schon Sturmgewehre – nach dem sich WTD, H&K und die Frauenhofergesellschaft daran versuchten.
Na dann, Feuer frei!!
Wieso Fass wieder aufmachen?
Die Medien können das gleiche noch 10 mal senden.
Wenn der Bundesrechnungshof das gleiche testet wie vorher die anderen ist das nicht verwunderlich, Das BMVg wird das dann auch bestätigen.
Frage ist doch ob da wirklich andere, neue Erkenntnisse bei heraus kamen.
Alten Kaffe kann man aufbrühen solange man will. Heiße Waffen schießen größere Streukreise.
Ich frage mich ehrlich gesagt, was der BRH da veranstaltet. Will er nachweisen, dass beim G36 Steuergelder verbrannt wurden? Dazu schein mir der Ansatz etwas zu technisch. Und wenn es um technische Kontrolle geht… falsches Ressort, dazu gibts in der Tat die WTDen etc. (Zustimmung zu Bang50)
Irgendwie wirkt das eher wie ein Kleinkrieg mit dem BMVg und nicht wie seriöse Kontrolle von Haushaltsmittelverwendung.
Liebe Mitleser und -schreiber,
lest doch einfach mal, was hier im Blog das letzte Jahr so diskutiert wurde.
Es geht nicht darum, dass das G36 etwas mehr streut, wenn es richtig heiß ist. Das tun andere Waffen in der Tat auch.
Es geht darum, dass die Waffe extrem mehr streut, auch im Vergleich zu anderen modernen Sturmgewehren. Und das der Treffpunkt stark wandert, wenn die Waffe heiß wird. Erschwerend nicht nur wenn ich sie warmschieße, sondern auch wenn zwischen dem Anschießen/Überprüfen der Visierung und dem nächsten Schießen sich Umgebungstemperatur und Luftfeuchte stärker ändern.
Sprich auch die „kalte“ Waffe trifft nicht mehr und ist sie heiß, weiß ich erst recht nicht mehr, wo ich hinzielen soll. Es ist eben nicht nur die Streuung bei heißer Waffe…
Das hatte so die Bundeswehr eigene WTD und das WiWeb gemäß der auch hier veröffentlichten Dokumente ja auch 2013 festgestellt und als Ursache das Kunststoffgehäuse des Gewehres ausgemacht. Das Heer erklärte darauf hin die Waffe als ungeeignet und forderte Nachbesserung oder Beschaffung eines neuen Gewehrmodelles.
Und plötzlich, Ende Februar 2014, ist ausschließlich die Munition eines der beiden Bundeswehr-Lieferanten schuld, die in der heißen Waffe nicht funktioniert, die Waffe selber sei treffsicher und fehlerfrei. Getestet hatte man sicherheitshalber im Auftrag des BMVg beim zivilen Frauenhoffer-Institut, anstatt bei der eigenen WTD.
Kein Wort, warum die selbe Munition in den seinerzeit bei der WTD zum Vergleich ebenfalls getesteten M16 gut funktionierte und dort keine Auffälligkeiten festgestellt wurden. Kein Wort, warum WTD und Wiweb auch schon den alleinigen Einfluss der Umgebungstemperatur und eben den „falschen“ Kunststoff als Fehlerquelle identifiziert hatte.
Die Munitionsfirma gab zu, dass bei der Verzinnung ihrer Geschosse wohl ungleichmäßig gearbeitet wurde, der Fehler aber inzwischen abgestellt sei. Alles gut, Ruhe im Boot bzw. im Ministerium und auf dem H&K Werksgelände.
@Bang:
Schau mal auf die SWR Homepage, so wie ich das lese, testeten wohl Soldaten, aber im Auftrag bzw. in Anwesenheit des Bundesrechnungshofes.
@blueSTAR:
Nein, das was die Soldaten und der Bundesrechnungshof festgestellt haben bestätigt eben nicht, was alle anderen vorher festgestellt haben, sondern das, was die WTD und das Wiweb seinerzeit feststellten, nämlich das es vermutlich an der Waffe selbst liegt und nicht ausschließlich an der Munition eines Herstellers liegt (liegen kann).. Das ist aber genau das was das BMVg im Februar kategorisch ausgeschlossen hatte, als man das Problem ausschließlich in der fehlerhaften Produktion eines Herstellers erkannte und der Waffe attestierte sie sei treffsicher und frei von Fehlern.
Ich frage mich ebenfalls, wo da die Intention liegen mag?
a.) Neue HaWa anschaffen? Bitte erst mal ein Konzept dafür verfassen.
b.) G36 „reparieren“? Wie soll das genau gehen, ohne bei a.) rauszukommen.
c.) „Weiterbohren“ um die Soldaten zu schützen? Nobel, aber auch hier landen wir wieder bei a.)…
@drd:
Wenn ich das richtig mitgekriegt habe, will aber die Bundeswehr gerad heuer für einige Milliionen Euros neue G36 bei H&K bestellen. Es geht also möglicherweise schon um das Verbrennen von Steuergeldern. Und darum, das wir unsere Soldaten weiterhin mit diesen Gewehren in den Einsatz schickt und denen auch noch sagt „alles prima mit der Waffe“.
Da verstehe ich den Bundesrechnungshof schon, wenn der sich wundert und stutzig wird, warum erst die WTD und das Wiweb einen Mangel an der Waffenkonstruktion als Ursache identifizieren, dann das BMVg ein externes, ziviles Institut mit weiteren Forschung beauftragt, man dann eine für alle beteiligten vergleichsweise „angenehme“ Erklärung für die ganzen Probleme präsentiert, danach scheinbar gar nicht weiter nach anderen Erklärungen suchen will und jetzt feststellt, das es an der Munition allein wohl nicht liegt, bzw. die Waffe das bei anderer Munition auch macht.
Die gute Knifte wurde ja bereits in mehrere Länder exportiert und von diesen auch im Kampf eingesetzt. Gibt’s die gleichen Beschwerden aus dem Ausland?
@-MK20-: Von Beschwerden war bisher nichts zu vernehmen. Aber die ganze allzu akademische Debatte passt in das Bild einer Armee, die eigentlich gar nicht mehr Armee sein kann/darf. Stichworte: Transall, Steine…
Ich verstehe diese G36-pissing contests überhaupt nicht.
Es gibt kein Rohr und keine Munition, die bei starker Erwärmung die innenballistischen Eigenschaften einer 08/15 Gebrauchswaffe beibehält. Das G36 ist keine Präzisonswaffe, sondern ein Massenartikel für den konventionellen infantristischen Kampf.
Ich hab schon vor mehr als 40 Jahren bei der Vollausbildung zum Grenni/ Jäger gelernt, dass man ab einer gewissen Rohrbelatung das Visier nachstellen muß.
Kann nur den Kopf schütteln.
Mal eine frage an die sogenannten Experten hier:
Wenn denn mit dem G36 alles so toll ist, warum hat H&K das G36/HK50 nicht zur Familie ausgebaut, sondern ist auf die AR plattform umgestiegen?
Warum Hat H&K in 2005 eine Wärmeschutzhülse zum Patent angemeldet?
Nachzulesen ist selbige unter der Nr.:
DE10 2005 038 133 B3
Glück Ab
@all
Eigentlich würde ich es ganz gerne zur Pflicht machen, vor einem Kommentar das Posting von FlaOffz um 19.26 zu lesen… ;-)
Natürlich bestellt die BW G36 nach, weil durch die intensivierte Schießausbildung und die Einsätze es billiger ist „ausgeschossene“ G36 einfach durch neue zu ersetzen als sie in die industrielle Instandsetzung zu geben.
@FlaOffz
Das ist in der Tat ein gutes Argument, auch wenn das Vorgehen via überwachter Nachprüfung dann immer noch merkwürdig bleibt. Aber wahrscheinlich ist es schlicht einfacher als ein Nachbohren im BMVg, um die Beweggründe und den Entscheidungsprozess zu hinderfragen. Rein intuitiv erschiene mir das „Papiervorgehen“ aber dennoch als der „korrektere“ Weg, sprich Einfordern der zugrundegelegten Untersuchungen samt vollständiger Dokumentation der Tests im Geschäftsfeld BMVg und Einfordern der Dokumentation des Entscheidungsprozesses in BAAIN und Ministerium mit Bewertung und Schlussfolgerung. Eine technische Prüfung in eigener Verantwortung läßt sich sicher vertreten, mutet aber irgendwie merkwürdig an (sieht aus wie ein generelles Misstrauen gegenüber der kompletten Verwaltung der Bundeswehr).
Die dargelegte Historie wäre ja durchaus ein hervorragendes Argument die Hintergründe zu durchleuchten. Eine weitere technische Überprüfung ist dann einfach nur ein weiteres Detail und geht damit am Ziel vorbei, die Prozesse transparent für die Politik zu machen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Kein Mensch in einer WTD ändert seine Ansicht ohne technischen Grund oder Druck von oben…
@Falke271: Ich weiß es nicht und spekuliere, aber vllt. will man mit der AR-Basis noch stärker auf den amerikanischen Markt? Und der müsste doch relativ fest vorgeprägt sein auf das AR-System…
@ Falke271 | 21. Mai 2014 – 20:21
@ Fussgaenger | 21. Mai 2014 – 21:52
Korrekt. Es ist eine Entwicklung, die auf die Ausschreibung eines Ersatzes für das M4 getätigt wurde. Damit wird es recht simpel: Die USA sind ein deutlich größerer Markt als z.B. Deutschland und wenn die Bedieneinheit der entspricht, die alle Soldaten gewohnt sind, entfällt Trainingszeit, die Geld kostet.
Außer der Bundeswehr hat nur die spanische Armee damit an militärischen Einsätzen etwas teilgenommen. Alles andere sind Polizeieinsätze gewesen. Militärisch will das Gewehr auch keiner wirklich außer der BW, polizeilich kann man ggf. mit leben, wenn man die Schussgruppenverlagerungen in Kauf nimmt und das kann man bei der Nutzung von überwiegend unter 20 m durchaus.
Ein Lob auf den Bundesrechnungshof, der hat sich wenigsten nicht so einfach einnullen lassen und an dem Betrug der Soldaten mitgearbeitet. Andere müssen sich fragen lassen, wieso sie an so einer Vertuschung mitarbeiteten, ganz vorne dran die sogenannte Fachpresse. Man kann nur hoffen, dass sich auch mal die Staatsanwaltschaft da mit dem einen oder anderen im BMVg beschäftigt.
Die Geschichte artet in einen Kleinkrieg zwischen Vertretern der Industrie, Truppe, Beschaffungsbehörden, Ministerium und Bundesrechnungshof aus.
Um Ruhe hereinzubringen, hilft es möglicherweise ja, gar keine Handwaffen mehr auszugeben. Wird sich eh besser mit der derzeit populären „Soft-Skills statt Hard-Kills“-Attitüde vertragen.
JPW
@ FlaOffz zu | 21. Mai 2014 – 19:26. Zum Thema Spritzguß, Thermoplaste, Materialeigenschaften und Materialpaarungen habe ich in früheren G36-Threads detailliert Stellung genommen, insofern verwundern die neuesten „Erkenntnisse“ auch nicht mehr.
Was aber stets auf ein Neues verwundert, da kennt man so Manchen der Beteiligten, welcher freitags jammert, hoffentlich habe ich am Montag noch meinen Job, aber bis nächsten Freitag hat er es dann schon wieder vergessen. So langsam wird die G36-Agenda wirklich reif für die Staatsanwaltschaft bzw. für einen Untersuchungsausschuß, denn ansonsten gehen die Spielchen wie gehabt und noch jahrelang weiter.
@vtg-amtmann wo findet man denn ihre technischen Hinweise?
@OMG: Mal auf die Schnelle ein paar Links (Achtung Link-Anfang ist verfremdet, sonst funktioniert das hier nicht und T.W. hat zuviel Arbeit
hattp:77augengeradeaus.net/2013/11/g36-das-baainbw-protokoll/#comment-81567
hattp:77augengeradeaus.net/2013/11/g36-das-baainbw-protokoll/#comment-81621
hattp:77augengeradeaus.net/2013/11/g36-das-baainbw-protokoll/#comment-81627
hattp:77augengeradeaus.net/2013/11/g36-das-baainbw-protokoll/#comment-81682
hattp:77www.werkstoff-und-struktur.de/information/kunststoffe0306.pdf
hattp:77www.werkstoff-und-struktur.de/information/kunststoffe1005.pdf
hattp:77www.matweb.com/search/datasheet.aspx?MatGUID=dcf200938fac463994a20ad4cde666a0
hattp:77www.scottbader.com/uploads/files/762_pr-new-ultra-high-performance-crestapol-thermoset-resin-with-an-hdt-beyond-300-degc-mar-2011.pdf
hattps:77register.dpma.de/DPMAregister/pat/PatSchrifteneinsicht?docId=DE102007034669A1)
hattp:77img5.fotos-hochladen.net/uploads/pa66cf3094nt8blier.jpg
hattp:77www.basf.com/group/corporate/de_DE/literature-document:/Marke+Ultramid-Brosch%C3%BCre–Konditionieren+von+Fertigteilen+aus+Ultramid-Deutsch.pdf
hattp:77img5.fotos-hochladen.net/uploads/g36picturesv8hmak4s1z.jpg
hattp:77img5.fotos-hochladen.net/uploads/g36hgebsjmpxh6f.jpg
Vielen Dank da werde ich mal reinschauen.
Es ist noch gar nicht lange her, da wurde der geleitete Feuerkampf mit EREZA ausgebildet und der schonende Umgang mit Munition wurde in Fortführung der Erfahrungen von Opa im Russlandfeldzug gepredigt. In der Grundausbildung verschoss man in 2 Monaten etwas 40 Schuss Gewehrmunition. Das war auch noch so, als das G 36 beschafft wurde. Das System „Blei auf die Heide“, verbunden mit erheblicher Rohrerhitzung, wurde -jedenfalls bei Kampfunterstützern- nur im Sturmabwehrschießen gelehrt. Seit Afghanistan ist alles anders und die WTD91 hat 90 Schuss in schnellem Einzelfeuer und Dauerfeuer verschossen bzw. einen Versuch in Anlehnung an die britische „Battlefield Mission“ (150 Schuss in 8 Minuten und 40 Sekunden) durchgeführt. Das sind Schussfolgen, die früher undenkbar waren und wenn so etwas bei der Ausschreibung nicht gefordert war, sehe ich da keinen Skandal.
@henner
Danke! Das wird so gern vergessen…
Es wäre nur schick, wenn das BMVg sich in der Kommunikation auch mal darauf besinnen könnte. Leider ist scheinbar selbstkritische Betrachtung undenkbar, selbst wenn die Logik Schuldzuweisungen eigentlich ausschließt. Skandal ist vielmehr, was man aus Angst vor Medienschelte oder Oppositionspolitikern daraus macht.
Ich würde ja zu gerne mal eine Simulation des Wärmeflusses im G36 sehen. Am besten noch verglichen mit anderen Modellen. Immerhin ist die Konstruktion schon zwanzig Jahre alt, seitdem hat sich eine Menge getan was die Werkstoffe und die Simulationsmöglichkeiten angeht.
Es stimmt zum Zeitpunkt der Einführung war das G 36 gut bzw. teilweise hoch innovativ und richtungsweisend (z. B. optische Visirung für jeden Schützen).
Nun hat sich im Laufe der Jahre aber herausgestellt, daß die Innovation das gesamte Gehäuse aus Kunststoff herzustellen und das Rohr dirket im Kunststoff zu befestigen, doch nicht so gut war und die starre Befestigung der Optiken auf dem Gewehr, der rasanten Entwicklung auf diesem Markt nicht gerecht wurde.
Ein weiteres Problem ist das Ausphasen der MG 3 aus den Schützengruppen, mangelnder Schieß- und Gefechtsausbildung und jetzt richtige Einsätze, hatten scheinbar zur Folge, daß das G 36 teilweise wie ein MG eingesetzt wurde/wird.
Hier kommen wir nun zum Kernproblem. Der Kunststoff des Gehäuses ist ein extrem schlechter Wärmeleiter, so daß sich die Hitze sehr ungleichmäßig im Bereich der Rohrlagerung konzentriert, was bei hoher Schußbelastung zu entsprechenden Materialspannungen führt.
Dies führt nun scheinbar nach Test der WTD zu extremen Streukreisaufweitungen und Treffpunktverlagerungen (mehr als bei vergleichbaren Gewehrmodellen und merh als hinnehmbar), die einen gezielten Schuß nicht mehr möglich machen.
Zu diesem Problem gab es mal in der Waffenzeitschrift CALIBER vor mehreren Jahren einen Vergleichstest verschiedenen Selbstladebüchsen hinsichtlich ihrer Eignung für das ISPC-Schißen (Büchse). Bei dem dort u.a. verglichenen SL 8 (alte Zivilversion des G 36) konnte dieses Problem auch festgestellt werden, aber aufgrund der deutlich geringeren Schußbelastun (kein dauerfeuer) wurden die Treffpunktabweichungen noch als Akzeptabel eingestufft.
Dort wurde auch auf das Problem der Rohrlagerung eingegangen und div. Infaraotaufnahmen veröffentlich.
Bei allen anderen verglichenen Gewehren (SIG 55X, div. AR 15-Derivate und G 3-Zivilversionen) trat dieser Effekt nicht auf.
Zurückgeführt urde das auf die Bettung des Laufes in einem Metallgehäuse, welches Materialbedingt die Hitze viel besser und gleichmäßiger verteilt.
Da die Lagerung des Laufs dierekt im Kunststoff nicht irgendwie nachzubessern ist, weil man eigentlich ein neues Gehäuse braucht, kann eigentlich die Lösung nur sein, ein neues Gewehrmodell zu beschaffen.
Und hier beginnt für mein Empfinden der Skandal.
Die große Masse der Anfang der 90’er beschafften G 36 gelangen langsam an das Ende ihres Nutzungszeitraums und es stehen umfangreiche Ersatzbeschaffungen ins Haus.
Nun wäre aus meiner Sicht durch die BW die Feststellung zu stellen, das G 36 war zum Zeitpunkt der Einführung gut, aber das Bessere ist der Feind des Guten und wir müssen auf ein neues Modell umstellen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, dies möglichst kostenschonend zu bewerkstelligen.
Scheinbar will man sich nicht zu diesem Schritt durchringen.
Ich kann hier nur vermuten, daß hier in der Interessenabwägung zwischen Soldaten und HK, HK gewonnen hat.
Die zusätzlichen Kosten für die Einführung eines neuen Gewehrs (neue Werkzeuge und Ausbildung) sind meines Erachtens nicht ausschlaggebend.
Diese scheut man bei der Einführung eines neuen MG (5) ja auch nicht.
HK hat allerdings zum einen die bereits bezahlten Produktionsanlagen dastehen und die Scheichs in Saudi-Arabien reagieren u.U. auch nicht besonders entspannt, wenn sie hören, daß die G 36 aus ihrer neuen Fabrik unter heißen Bedingung nicht treffen.
@henner
Alles richtig!
Auch ich habe das 1972 ff so gelernt. Ich kann mich jedoch erinnern irgendwo den Munverbrauch anlässlich des „Karfreitagsgefechtes“ gelesen zu haben. Die dortigen Zahlen (5-stellig) konnte ich nicht nachvollziehen, bis mir ein aktiver Soldat erzählte diese MunVerschwendung werde heute so ausbildet.
Ist ja schön und gut, aber wie bekommt man, wenn nicht so aus dem Vollen geschöpft werden kann, den Nachschub?
Ich wusste es, jetzt kommen die Geschichten von Opa und der heiligen, ultimativen und auf ewig wahren Ausbildung von 19schlag mich tot.
Diese Geschichten kann man gleich mal ganz gepflegt in die Mülltonne schieben. Die Realität und das Spiel sieht heute anders aus – sorry.
Ich behaupte erneut, das Spritzguß-Material P6.6, wie beim G36 verwendet, ist heute „eindeutiger Mist“ und war auch schon Anfang der 90er „eindeutiger Mist“. Vgl. http://augengeradeaus.net/2013/11/g36-das-baainbw-protokoll/comment-page-1/#comment-81627 und Folgebeiträge zum Material und der Rohrbettung.
Mit ein bisschen gutem Willen und minimalen Beträgen sowie mit etwas mehr Hirnschmalz hätte man da schon längst etwas ausrichten können, ohne gleich komplett eine neue Waffe zu kaufen. Sich aber genau um dieses Problem mit einem Gutachten- und Gegengutachten-Tohowabuho samt Munitionsdiskussion zu drücken bzw. dieses zu vertuschen, ist geradezu sträflich und auch im gewissen Sinne primitiv, zumindest für das BMVg.
Was Monitor oder irgendeine TV-Anstalt dazu noch beitragen ist ziemlich irrelevant, aber wenn etwaige und noch dazu für den Staat kostenintensive Gefälligkeits- und/oder Vertuschungsgutachten konkret im Raume stehen, wird es Zeit für den Staatsanwalt oder zumindestens für einen Untersuchungsauschuß durch den Verteidigungsauschuß.
Naja.. dass die Situation heute eine andere ist, bestreitet ja sicher keiner. Nur ist ja die Befürchtung des BRH scheinbar, dass die G36 weiter zu beschaffen ein Fehler wäre. Warum es seinerzeit beschafft wurde, ist ja durchaus erklär- und nachvollziehbar. Was jetzt eigentlich angesagt wäre, ist eine Gegenüberstellung von Kosten, Verwendung und Eignung der aktuellen Planung zu den Alternativen genau unter Einbeziehung dessen, was hier ja schon oft angemerkt wurde: der Nutzung wie sie derzeit vorliegt. Soetwas wird vom BMVg derzeit jedoch nicht kommuniziert.
Die aktuelle „Philosophie“ der Nutzung heißt ja nicht zwingend, dass das G36 Unsinn wäre. Nach dem was an Fachbeiträgen geliefert wurde, ist es doch viel ehr so, dass die aktuelle Nutzung des G36 nicht so richtig mit der Konstruktion desselben zusammenpassen will oder immerhin nicht ideal zueinander passt. Das „Gefecht“ findet daher irgendwie auf der falschen Flanke statt…
Würde man das G36 hauptsächlich im „sparsamen“ Modus als Deckung für das MG nutzen (wenn ich mich nicht täusche war ja das die ursprüngliche Philosophie), wäre es sicher erheblich weniger mit Hitzeproblemen geplagt.
Statt solche Themen mal transparent darzulegen, wird lieber mit Gutachten und Erklärungsversuchen gearbeitet, die zeigen sollen, dass man alles richtig gemacht hat. Egal ob es nun Fehler, Lessons Learned oder nur Optimierungspotential ist.. mit so einer Haltung ist es schwer aus der Skandalecke herauszukommen.
@Henner & Tom
Das habe ich vor 25 Jahren auch mal geglaubt, heute würde ich ihn an die Erfahrungen von X Kriegen seit Einführung der Feuerwaffen spez WWII erinnern
G36 – ja, nein, vielleicht usw…
Solange solche Geschichten an der Tagesordnung sind wie:
•“Mein G36 durschlägt ja gar keine Lehmwände in Afg“
•„Die Kugel vom G36 ist sooo schnell, dass der Arm schon bei einem Streifschuss abfällt“
•„Ja ich trage natürlich immer eine Weste – so schön gemütlich auf Gürtelhöhe. Mein Herz? Na, da werde ich ja wieso nicht getroffen.“
•„Was? Die Keramikplatte ist gebrochen? Ach! Das macht doch nichts!“
•„Feuerzucht! Jeder Soldat der im Gefecht mehr als 30 Schuss in 2 Minuten abgibt ist disziplinlos!“
•„Ja, wenn ich schieße, dann halte ich das Ding irgendwie an die rechte Schulter, knicke mein Kopf irgendwie nach rechts auf die Schulterstütze, halte das Ding am Magazin, gebe einen Schuss ab und verbringe die nächsten 3 Sekunden damit das Ziel wieder im ZF zu finden.“
•„Absehen?? Ähmm, das komische Ding mit dem Kreis in der Mitte? Wo muss ich bei 300m nochmal hinzielen?“
•„Das heilige G3!! Wir konnten damals noch schießen! So richtig gemütlich auf der 300m Bahn! – das G36 taugt ja überhaupt nichts!“
•„7,62*51mm ist das Ultimative!!! 5,56mm kann ja nichts!“
•„Präziser Einzelschuss! Alles andere ist Disziplinlosigkeit!“
…solange ist das G36 das geringste Problem beim Handwaffeneinsatz.
Lieber Gott, gibt uns ein Handwaffeneinsatzkonzept auf aktuellem internationalen Stand und theoretischen/historischen Handwaffen(einsatz)unterricht – denn wir wissen nicht was wir da tun oder in der Hand haben.
P.s laut „Feuerkampf und Taktik“ soll dieses Jahr Larry Vickers nach Deutschland kommen. Vickers ist bekannt als Schießausbilder, Geburtsvater des HK 416 und wandelnde Handwaffenenzyklopädie (wie Feuerkampf und Taktik es formuliert). Vielleicht kann ja die BW Herr Vickers auf einen Kaffee einladen und ihn fragen, was die BW eigentlich möchte.
@Nur 2 Cent
Schade, wäre interessant gewesen die Meinungen und Lösungsansätze anderer G36-Kunden miteinander vergleichen zu können.
Ich wundere mich über folgendes
– Warum kommen „geheime Berichte“ erst an Enthüllungsmedien?
– Warum nimmt man die Ergebnisse der „geheimen Berichte“ erst einmal als gegeben hin, bevor man überhaupt weiß, was drinnen steht und wie was getestet worden ist?
Und schließlich darf man noch anmerken, daß reproduzierbar schlechte Trefferergebnisse einfacher zu erzielen sind, als reproduzierbar gute.
Ergo: Abwarten, Tee trinken und sich um Schießausbildung kümmern.
Daneben gab es ja auch die etwas heiß gestrickte Stellungnahme von HK.
@J-P-W
Das habe ich mir auch gedacht, als ich das Video gesehen habe. Ich denke da hat jemand eine Rechnung offen. HK und die beteiligten Stellen der Bw haben genügend Kritiker. HK polarisiert die Kundschaft. Entweder ist alles toll oder alles Müll.
Abgesehen davon, dass ich die Story mit der Munition auch nicht so richtig glauben kann. Solange nicht bekannt ist, wie der Test zustande kam ist das alles Spekulation. Ich frage mich schon mal wie die ganze Geschichte aus rechtlicher Sicht zustande kam. Oder hat der Rechnungshof Sonderrechte in Bezug auf Kriegswaffen? Alles recht ominös.
Die Amis haben auch ihre Problemchen mit dem M16…
JP,
bevor ich mir Deine erste Frage stelle, stelle ich mir aber die Frage wieviele mehr oder weniger geheime Testberichte und Meldungen den direkten Weg in den Giftschrank von BMVg und BAAIN gegangen sind und dort bereits lagen, als das BMVg noch im Chor mit H&K erklärte, dass es nie solche Meldungen gab. Man halte sich vor Augen: Fast 20 Jahre nach der Einführung testen WTD und WIWEB die Waffe um eine Erklärung zu finden für ein Problem, das es vorher laut BMVg nie gab. Das es die Testberichte der WTD überhaupt gibt,gibt man auch erst zu, als es in der Zeitung steht. Vorher gab es kein Problem, keine Tests und keine Erklärung für das nicht vorhandene Problem. Irgendwie doch komisch!?
Ich glaube im übrigen nicht, das der BRH selber getestet hat, sondern hier eine Bundeswehr Einheit in Anwesenheit des BRH ein Schiessen durchgeführt hat. Dienststellen müssen den BRH bei Ermittlungen unterstützen. Vielleicht sollte mal jemand das BMVg fragen, dieses wusste, das der BRH ermittelt und dazu auch an Schiessen der Truppe „teilnimmt“.
Wenn ich mir einige der verlinkten Kommentare durchlese, dann bin ich amüsiert darüber, wie wenig Kunststoff Kompetenz vorhanden ist. Das meiste ist wohl: Irgendwas im Studium gehört, Recherche im Internet und die Studie von farbigen Werbeprospekten der Kunststoffhersteller etc.. Wer die Branche kennt, weiß was ich meine.
Man nimmt einfach einen vollkommen anderen Werkstoff, der mal eine um „nur“ so gut 100°C höhere Verarbeitungstemperatur hat und das macht man mal eben so im Vorbeigehen? Da muss dann kein Werkzeug geändert werden, weil der Werkstoff ein anderes Schrumpf- und Verzugsverhalten hat. Oder der Maschinenpark entscheidend umstrukturiert werden. Leute bringt erst mal ein Kunststoffteil in Serie, bei dem es auf die Einhaltung von mehr als drei Maßen ankommt. Und dann meldet euch wieder.
Davon abgesehen ist das G36, wenn man Wert auf Treffpunktlage etc. legt aus meiner Sicht keine optimale Konstruktion. Allerdings hätte das auch der Kunde merken müssen. Zum Zusammenspiel zwischen Beschaffung und HK gibt es wohl auch nur Vermutungen und keine klaren Aussagen. Wenn ich mir die Anforderungen an die Treffpunktlage beim G3 ansehe, dann hat man auf genaues Treffen bei der Bundeswehr zumindest vor zwanzig Jahren noch nicht so wert gelegt. HK liefert, was vom Auftragggeber gefordert wurde. Also immer wieder HK zu bashen ist sinnlos.
Wenn sich die Anforderungen ändern und die Ausrüstung diese nicht mehr erfüllt, dann muss man eben neu beschaffen. Das ist mit Geld verbunden, das die Bw zur Zeit nicht (mehr) hat. Weil es sind ja nicht nur Gewehre, die beschafft werden müssen. Die neuen Gewehre passen evtl. nicht mehr in die Fahrzeug-Halterungen, die Inst braucht neue Werkzeuge, Ersatzteile und und und… da hängt oft ein ganzer Rattenschwanz dran. Und so wichtig sind Handwaffen den Bw Oberen dann doch nicht. Vor diesem Hintergrund kann ich gut verstehen, dass man die von der Truppe gemeldeten Probleme ignoriert und einfach nachbestellt. Der Abschied aus Afgh ist eh in Sicht.
Davon abgesehen möchte ich erst mal sehen, welches Gewehr das G36 ersetzen soll, bzw. heiß geschossen wirklich besser ist. Das M16 hat in Hinsicht auf Heißschießen auch seine Probleme – man muss nur mal googeln – und schließlich ist es so, dass die Verlustleistung nun mal entsteht und nicht einfach so abgeführt werden kann. Dann wird eben das Gehäuse so warm, dass man es nicht mehr halten kann und wegen der Hitzeschlieren nicht mehr richtig zielen kann.
Vielleicht erst mal die requirements definieren und dann fragen, wer das kann… und hinterher nicht aufregen, wenn das Teil nicht mehr kann, sondern genau das.
@Mausschubser:
Das ist kein Geldproblem. Das Problem ist, dass die Bundeswehr selbst nicht (mehr) weiß was sie will – und das nicht bei Cyber, sondern beim Sturmgewehr.
In 10 Jahren hat man es nichtmal geschafft die Schulterstütze zu verbessern. Die Lösungen gibt es (siehe IdZ-2). Die querschnittliche Beschaffung wird seit 5 Jahren hinausgeschoben.
Kommende Woche ist das G36 auch wieder Thema im Verteidigungsausschuss, das BMVg legt erneut einen Bericht vor (TOP 23).
Unendliche Geschichte einer Organisation, die aufgrund der selbst verschuldeten Selbstblockade nichts mehr hinbekommt.