Airbus-Chef droht wegen Beschränkung beim Rüstungsexport mit Stellenstreichung in Deutschland
Zwei Tage nach einem Zusammentreffen mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat der Chef des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns Airbus, Thomas Enders, mit Stellenstreichungen im Verteidigungsbereich in Deutschland gedroht – angesichts der angekündigten restriktiven Rüstungsexportpolitik von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. In einem Exklusiv-Interwiew mit Reuters sagte Enders unter anderem:
„I am concerned about the increasingly restrictive arms export policy of Germany. This might trigger additional layoffs in Germany, beyond our current reduction plans,“ Chief Executive Tom Enders told Reuters.„Eventually, we might have to consider closing down entire sites or product lines or moving them outside of Germany.“
Zuvor hatte bereits Bernhard Gerwert, der Chef der Airbus-Rüstungssparte Defence&Space, öffentliche Kritik an einer geänderten Politik der Bundesregierung geübt. Das Unternehmen ist unter anderem von einem möglichen Verbot von Zulieferungen an andere europäische Rüstungsunternehmen betroffen; die von Carl Zeiss übernommene Tochter Optronics liefert Optiken und Nachtsichtgeräte, die für die Lieferung von Gefechtsfahrzeugen in den arabischen Raum vorgesehen sind.
(Foto: von der Leyen und Enders am 21. Mai im Cockpit eines französischen Airbus A400M auf der ILA in Berlin – Airbus Group)
Vielleicht sollte sich Major Tom eher Gedanken über gescheites Qualitätsmanagement machen. Dem Kunden – in dem Fall Deutschland – mit Liebesentzug zu drohen ist recht unprofessionell. Es hat noch niemand einen Streit mit einem Kunden gewonnen – die Produkte gehen am Marktbedarf vorbei. Sie sind zu teuer, fehlerbehaftet und stets im Lieferverzug. Was erwartet die Firma denn? Schon das Weißbuch von 2006 hat dazu geraten, lieber gescheite Produkte im Ausland zu kaufen. Ob ich nochmal einen A400M im Flug sehen werde? Fraglich!
@ Hans Dampf – Das wäre bei einem kompetitiven Unternehmen der Fall, welches durch mangelhafte Qualität vom Markt verdrängt werden würde.
Airbus Military ist aber ein Staatskonzern. Hier ist es das Ziel des Inhabers (also des Staates) Arbeitsplätze zu schaffen/zu erhalten. Gewinne oder Qualität der Produkte ist nachranging – im Fall Airbus Military ist der Inhaber sogar gleichzeitig der Kunde. Somit entspricht es der Rationalität des Managers (welcher für den Erhalt des Konzerns verantwortlich ist), bei ausbleibenden Aufträgen mit dem Abbau von Arbeitsplätzen zu drohen.
P.s Eigentlich hatte ich gedacht, dass man bei Airbus inzwischen von der Arbeitsplatzkeule weg gekommen ist und sich langsam von der Politik emanzipiert. Anscheinend ist man aber noch nicht so weit zu verstehen, dass Staatskonzerne mit schlechtem Image sich nicht ewig auf ihre Markteintrittsbarrieren verlassen können – besonders in wirtschaftlich schlechten Zeiten – die auch für D in den nächsten Jahren kommen werden/müssen.
Anscheinend sucht Major Tom nur noch Gründe um den deutschen Anteil von Airbus Defence und Space noch weiter zu reduzieren. Schwarzer Peter an den Bund – wobei die Kernaussage (kein Export, keine Aufträge, keine Industrie) ja durchaus valide ist.
@Bang50:
Seit letztem Jahr sind 73% der Anteile im Streubesitz.
Der direkte Staatseinfluss ist erheblich zurückgegangen.
Lesetipp: Berliner Zeitung (online) „Ungewollte Flugobjekte“.
Sehr gute Einordnung der Ereignisse dieser Woche.
ich hab mal versucht meine Meinung zu Tom E.’s jüngste Äußerungen graphisch darzustellen, um nicht verbal mit den Gesetz in Konflikt zu kommen. Das nachfolgende „Kunstwerk“ (Collage und auf eigenem Mist gewachsen),
darf ich „Osama bin E. samt Trauergästen und Lobbyisten“ benennen:( http://www.fotos-hochladen.net/u
ploads/undrwatr68hit19go0.jpg )
http://www.fotos-hochladen.net/uploads/undrwatr68hit19go0.jpg
@all
ist doch klar – bis 2015/16 hat Kollege Gerwert Zeit. den Bereich Defence & Space via neuer Aufträge wieder besser und langfristiger auszulasten. Das geht per vermehrtem Export und indem er ssicherstellt, dass der Anteil an der Konsumption der Investmittel des EPL 14 miitel- und längerfristig bei 50 oder 60 Prozent plus bleibt, sonst kommt die zweite Runde Downsizing seines Bereiches in DEU inkl. Produktionsverlagerung ins Ausland oder gar der Verkauf der Sparte.
Da ist der „Angriff“ auf eine zu restrilktive Rüstungsexportpolitik (wann kann die aus Industriesicht eigentlich mal nicht zu restriuktiv sein?) probat, weil ein Problem des Konzerns in die Verantwortung der Politik verlagert werden kann.
Ich erinnere: Anlass der kritischen Airbus-Äußerungen ist Gabriels Zögern / Weigerung „derzeit“ eine Genehmigung für das Airbus – „Optronics“ – -Zielerfassungssystem für den GDLS-Kanada Radpanzer mit 105mm Kanone mit Endempfänger Saudi Arabien zu erteilen. Das Menetekel, dass da an die Wand geworfen wird, heißt: Internationale Rüstungskooperation bei Exporten nur noch „German Free“, „Wir können auch anders – verlagern die Produktion ins Ausland“ und „2016 kommt die 2. Stufe des Downsizings in DEU“.
Wer, wie MdB Pfeiffer (CDU/CSU) glaubt, dass deutsche Wehrtechnikbetriebe immer noch 90.000 plus Arbeitsplätze und weit über 200.000 Arbeitsplätze indirekt samt Sicherheitsindustrie darstellen, kann da nur vom nackten Grauen hinterrücks überfallen werden. Er müsste aber als gelernter Kaufmann angesichts des simplen Gegenchecks, wie wenig Umsatz diese vielen hochqualifizierten und -bezahlten Personen durchschnittlich pro Jahr denselben Quellen zufolge generieren, sofort fragen: Welche der Zahlen stimmt nicht? Die Beschäftigtenzahl im WT-Bereich oder der Umsatzz? Es wird wohl die Zahl der Beschäftigten sein, die hier weit übertrieben wird. Cui bono – heißt die Folgefrage?
Nehmen wir also auf Basis der Umsatzzahlen mal an, in DEU seien noch 40-50.000 WT-Arbeitsplätze vorhanden, die nur aufrecht erhalten werden können, wenn die Arbeitgeber durchschnittlich 60-80% des Umsatzes über Exportegenerieren, was sagt uns das?
Wäre es nicht besser, die Rüstungsindustrie in Deutschland zur Abwanderung offensiv zu ermuntern? Es ist nicht mehr zu verantworten, jungen Absolventen technischer Fächer den Arbeitseinstieg in die Rüstungsindustrie zu empfehlen. Dieses Land hat eine Menge Geilstrategien, aber keine Gesamtstrategie oder gar ein koordiniertes Vorgehen. Als Patriot kann ich entsprechenden Firmen nur raten, sich neue Geschäftsfelder zu suchen oder abzuwandern.
Ich würde das nicht als Drohung sondern eher als Erinnerung werten. Wenn Deutschland seine Ausgaben reduziert und gleichzeitig der Industrie rät sich mehr auf den Export zu konzentrieren, dann heißt das aber noch lange nicht dass Deutschland den Export von Rüstungsgütern auch fördert (fördern muss).
Ich frage mich ohnehin ob das so ein gescheiter Schachzug von Enders war, die Zentrale der Militärsparte ausgerechnet nach Deutschland zu legen, aber nach England durfte er ja nicht…
Ob das einfach nur ein „denglisch“-Fehler ist, oder eher ein Freudscher Versprecher:
“Eventually, we might have to consider closing down entire sites or product lines or moving them outside of Germany.”
„Eventually“ heißt übersetzt mitnichten „eventuell“, sondern eher „irgendwann mit Sicherheit“, „Letzendlich“ oder „in letzter Konsequenz“. Würde ja auch passen, fürchte ich.
Was war wohl der Grund, warum Zeiss an Airbus verkauft hatte.
Zeiss Optotronic wurde noch unter Zoller aufgekauft. Der wollte den DE Rüstungsmarkt Konsolidieren, indem er alles mögliche Wild aufgekauft hatte. Deswegen hatte Enders den wohl auch aus dem EADS Konzern gedrängt. Airbus würde sicherlich gerne DE Rüstungsbereiche verkaufen. Es dürfte bloß an Käufer mangeln, die dafür ordentlich Geld bezahlen wollen. Der Rüstungsmarkt ist sehr schwierig. Wahrscheinlich wird Airbus Defense auch quasi von Toulouse aus gelenkt. Wenn Gerwert da nicht liefert, dürfte das Eng für ihn und die DE Arbeitnehmer werden.
Das die Franzosen den A400M regulär zumindest beschränkt einsetzen, kann man nirgendwo lesen. Auch komisch, wo so etwas doch für die möglichen Exportkunden sicherlich sehr interessant wäre.
@benedict @elahan
Zeiss Optronics wurde verkauft, weil Zeiss-Chef Kaschke sich bewusst zeitnah nach seinem Amtsantritt als Vorstandsvorsitzender von einem Rüstungsbetrieb bzw der Rüstungsorientierung von Zeiss distanzieren wollte und das aus klugem Grund. NVA-gedient mit Erfahrung als Verbindungsoffizier bei einer sowjetischen Division hat K. ein ausgeprägtes Gespür für Trends. Außerdem hat er sich dabei von seinem regionalen MdB beraten lassen, der nicht zufällig Oberst a.D. ist und seinerzeit abrüstungspolitischer Sprecher seiner Partei war. Der hört das Gras wachsen. Übrigens sollte man diesen MdB auf der Pfanne bzw. „im Visier“ haben. Er ist der einzige aktive Bundeswehroffizier im Bundestag mit viel Erfahrung in Sicherheitspolitik und Rüstung. Wenn der Zeiss zum Verkauf rät, heißt das was.
Wenn einer nicht verkaufen darf, was er verkaufen könnte, darf man sich nicht nicht wundern, wenn er die nicht mehr braucht, die bauen, was er nicht verkaufen darf. Trivial, oder?
Laut Spiegel online stoppt Gabriel nun auch länger laufende Rüstungsexporte mit vermutlich positiven Voranfragen. Unfassbar….
DiE Saudis fliegen mit Tornados und Eurofighter rum, aber Optiken für Schützenpanzer dürfen nicht exportiert werden.
yep, die oben im Eintrag angesprochene Optronics-Geschichte (gebe zu, eine gewisse Unschärfe, weil ich da von Optiken und Nachtsichtgeräten gesprochen habe, der Spiegel jetzt von Zieloptiken. Dürfte sich aber um das gleiche Projekt handeln).
Anscheinend wurden in dieser einen Sitzung Ende April 2/3 der Anfragen abgelehnt. Man möchte nur noch weglaufen.
@ Bermd Heise/
ich traue diesem MdB jede Menge Weitsicht zu, aber 2011/2012, als es um den Verkauf von Zeiss Optronics an Cassidian ging, dürfte er das Scheitern dieses großen Komponentenauftrags für einen Radpanzer mit 105mm-Kanone, den GDLS-Kanada für Saudi Arabien bauen will, noch nicht vorhergesehen haben, da zu diesem Zeitpunkt auch noch ein deutsch geführtes Konsortium im Rennen war. Der Regierungsvertrag Saudi Arabiens mit Kanada wurde erst im Februar 2014 gemeldet.
@xyz
es geht also nicht um einen Schützenpanzer, sondern um einen Radpanzer mit 105mmm-Kanone, vermutlich eine Weiterentwicklung von LAV-III/Stryker unter Nutzung von Technologien aus Pirhana V – das ist das was GDLS in diesem Bereich anzubieten hat. (Kann gut sein, dass es eine neue Bezeichnung bekommt)
@ T.Wiegold
Es geht in der Tat um ein komplexes Zielerfassungssystem (für die 105mm-Kanone). Wennn rund 2000 Systme wie berichtet rund 500 Mio Euro haben sollen, muss es sich schon um eine komplexe Komponente handeln, in die weitere Subsysteme integriert werden. Und um Ziele für eine Panzerkanone zu erfassen, bedarf es sicherlich auch optischer und nachtsichtfähiger Teilsysteme
@xyz
die Sitzung fand am 7.Mai statt und inder Tat wird derzeit die Geschäftsordnung des BSR im Kanzleramt überarbeitet, um eine Mitteilung der Ergebnisse an den Bundestag zu ermöglichen. Bin mal gespannt, ob man die neue GO der Öffentlichkeit zugänglich macht, damit diese wenigstens weiß, auf welcher Basis im BSR gearbeitet wird. Ähnliches könnte z.B. der ausstehende Urteil des BVerfG zur Klage der Grünen fordern und vermutlich ist die Überarbeitung der ein Vorgriff auf die Vorgaben, die das Gericht machen wird. Geschlussfolgert aus den Fragen, die die Richter stellten, halte ich es nicht einmal für ausgeschlossen, dass die Richter Zweil an der Verfassungsmäßigkeit des Verfahrens „BSR“ (und nicht nur an der mangelnden Transparenz) haben.
@ Greg
Das war im Sinne von „letztendlich“ gemeint. 2016 will Airbus auf Basis der Auftagslage bei Defence & Space entscheiden, ob und welche weiteren Einschnitte nötig sind. – Airbus hat sich schon entschieden, aus allen Rohren auf Gabriel zu feuern. Nach dem heutigen Wahltag gibt es so schnell keinen bundesweit relevanten Termin mehr, zu dem der BMWiE an seine Wahlversprechen erinnert werden könnte.
Edit
In der Reaktion auf T.W. sollte es heißen: „wenn 2000 Systeme 500 Mio Euro Umsatz zur Folge haben.