Probleme mit dem G36? Scheint nix gegen das M-4.
Zu der in Deutschland geführten Debatte über die Zuverlässigkeit des Sturmgewehrs G36 des Oberndorfer Herstellers Heckler&Koch gehört auch, hierzulande kaum beachtet, ein Blick auf ein anderes Produkt: Das M-4, Standardgewehr der US-Streitkräfte, macht im heiß geschossenen Zustand noch ganz andere Probleme, wie die Kollegen von War is Boring in der vergangenen Woche aufgegriffen haben:
The U.S. Army’s standard infantry weapon repeatedly overheated and jammed during a bloody 2008 battle in Afghanistan. The Washington Times reported last week on the reported failure of the M-4 carbine during the fierce firefight in Wanat, during which the Taliban nearly overran an Army outpost. (…)
Overheating is in part a consequence of the M-4’s design, which recycles hot gases from each shot back into the rifle to load the next bullet. The gases can heat the rifle until it’s too hot to touch.
Other design issues played a role. The M-4 carbine accommodates the M-203 grenade launcher under the barrel. Fitting a launcher requires a lighter barrel in order to maintain balance—and a lighter barrel heats more quickly than a heavier one. Not every soldier carries an M-203, but in the interest of streamlining logistics, all M-4s have the thinner barrel.
Interessant ist, dass die amerikanischen Soldaten das Problem offensichtlich deswegen hatten, weil die Waffe als Ersatz für Maschinengewehre und andere schwerere Waffen zum Deckungsfeuer verwendet werden musste – wofür sie nicht ausgelegt war.
Hier scheint die Debatte über das G36 beendet: Die vor knapp zwei Jahren zuerst von mir gemeldeten Schwierigkeiten mit dem Sturmgewehr im heiß geschossenen Zustand seien, sagen alle unisono, auf die Munition zurückzuführen.
Das sagt die Bundeswehr, das sagt Heckler&Koch (wie schon im vergangenen Jahr), und auch der Munitionshersteller MEN Metallwerke Elisenhütte Nassau stimmt ein – aber beide Firmen betonen, sie hätten exakt das geliefert, was die Bundeswehr auch bestellt habe.
Interessant ist da die Formulierung der Bundeswehr:
Das Sturmgewehr G36 der Firma Heckler und Koch ist seit der Einführung im Jahr 1996 das Standard-Gewehr der Bundeswehr. Seit längerem wird in den Medien über das Verhalten des G36 bei heiß geschossener Waffe berichtet.
Auslöser dieser Medienberichte waren weder militärische Forderungen noch Erkenntnisse aus den Einsatzgebieten der Bundeswehr. Um die Ursache des veränderten Treffverhaltens zu ermitteln, wurden unterschiedliche Untersuchungen durchgeführt. Dabei wurde zunächst davon ausgegangen, dass die Ursache bei der Waffe G36 läge. Dies konnte jedoch durch umfangreiche Untersuchungen eines unabhängigen Sachverständigen, das Ernst-Mach-Institut der Fraunhofer Gesellschaft, eindeutig widerlegt werden. Ursache sind vielmehr einzelne Munitionslieferungen (Lose) eines Herstellers.
Nun ist die Formulierung Auslöser dieser Medienberichte waren weder militärische Forderungen noch Erkenntnisse aus den Einsatzgebieten der Bundeswehr ein, nun, klein wenig irreführend. Auslöser dieser Medienberichte waren nämlich Untersuchungen einer Wehrtechnischen Dienststelle der Bundeswehr. Und es war ja nicht so, dass ich – wie andere Kollegen – mir das einfach ausgedacht hätte. Für mich bleibt deshalb nach wie vor das Fragezeichen: Wieso kam es überhaupt zu dieser Einschätzung aus dem Bundeswehrbereich?
(Photo: Pvt. Bobby Daniels of D Company, 1st Battalion, 50th Infantry Regiment, makes an adjustment to his M-4 rifle during combat familiarization training Jan. 12, 2010 on Fort Benning, Ga. – US Army via Flickr unter CC-BY-Lizenz)
Das das M16/M4 unsäglich in seiner Zuverlässigkeit ist ist seit Einführung bekannt und der einzige Grund das es weiterhin im Arsenal ist das man nicht Bessers (amerikanisches) zur Hand hat was eine signifikante Verbesserung wäre. was allerdings das Amerikanische Zeughaus unter signifikant versteht ist halt die Frage, mit ach und krach hat man in den SF Kräften eine andere Waffe eingeführt (und das HK416 per Dekret wieder verdrängt).
Die US Army sucht seit über 20 Jahren nach einen Nachfolger aber die Forderungen sind meist so utopisch das diese alle wieder verschwinden statt dessen wird am M16 rumgedoktert und die einzig echte sinnvolle Änderung des short piston (HK416/417) wird nicht umgesetzt, siehe auch XM8.
Zum G36
Das es Präzisionsprobleme gab war ja sehr wohl bekannt, man vermutete(sic!) sie nur bei der Waffe, erst durch mehrer versuche wurde klar das es wohl an der Munition liegt.
Das es durchaus vorkommt im Lebenszyklus eines Gerätes das man erst im nachhinein dinge feststellt die so vorher nicht abzusehen waren oder als unwichtig angesehen wurden ist nichts ungewöhnliches. Das man dann die entsprechende TL ändert ist also nicht weiter tragisch.
Das die Art des Materiales trotzdem Einwirkungen hat ist nach wie vor ebenfalls richtig, aber nicht in dieser Größenordnung von der gesprochen wurde.
Der Umgang in der Kommunikation und die gegenseitige Schuldzuweisungen sind eher bezeichnend für die schlechte Fehlerkultur die wir besitzen.
Das sog. direct impingement System im M4 ist eben nicht für Dauerfeuer gemacht. Trotzdem kann man auch mit einem direct impigement System so lange schießen, bis es einem die Hände/Finger verbrennt: http://www.youtube.com/watch?v=Kzfm4pYhIyY
Die Marines haben genau aus diesem Grund das M27 Infantry Automatic Rifle (H&K416) mit piston System eingeführt – als leichte Alternative zum M249 SAW (also in der Rolle des leichten Maschinengewehres)
Hier kann man sich einen kompletten Abriss anschauen, welche Gedanken zu dem „piston AR15“ aka. H&K 416 geführt haben: http://www.youtube.com/watch?v=L73NzKdWAHw
Liegt es bei den Amerikanern nicht daran, dass man sich noch nicht dazu entschieden hat welches Kaliber ein neues Gewehr haben soll? Vor einigen Jahren standen ja mal 6,5 oder 6,8 im Raum, aber vor dem Hintergrund zweier laufender Kriege war ein Kaliberwechsel eben nicht zu stemmen. Interessant ist die Diskussion für uns deshalb, weil kaum ein NATO-Partner in naher Zukunft ein neues Gewehr einführen wird, da alle auf die Entscheidung des Leitwolfes warten. Ideen gab es jenseits des Teiches ja schon genug. Wer mal in der WTS in Koblenz ist, sollte sich zum Beispiel mal die riesengroße OICW anschauen.
Ich habe vor ein paar Jahren auch mal eine amerikanische Studie gelesen, in der das M4 deutlich kritisiert wird: Weil ein wirkungsvoller Beschuss über 200m sinnlos sei, könnte man sich nur auf ungezieltes Niederhaltefeuer beschränken, während dann die schweren Waffen sprechen. Nicht gut im Hinblick auf zivile Verluste.
Was mich eher am G36 nervt sind die Kleinigkeiten die man hätte schnell ausmerzen können, wie zum Beispiel verstellbare Schulterstütze, gerade mit Schutzweste oder bei kleineren Soldaten und insbesondere mit Frauen sehe ich das jedesmal was das ausmacht und wir reden hier von einem Anbauteil für 150 Euro das man sogar selbst ändern kann, dann das man umgreifen muss um das Gewehr wieder nachzuladen und das unsägliche Visier das vor 20 Jahren schon nicht besonders gut war und inzwischen völlig deklassiert ist.
Das wird jetzt zwar mit dem G36A3 eingeführt aber wieder nur für die Kampftruppe, der Rest muss mal wieder sehen wie man zurechtkommt,…diese Fünf Klassen Armee geht auf den Senkel, wir reden nicht von Spezial Ausrüstung sondern von beliebigen Massenartikel die ich benötige um zum Beispiel nur meine geforderten Grundfertigkeiten zu absolvieren.
@Stephan L.
Nein, ein neues Kaliber wird so nicht kommen und 6.8 SPC erst recht nicht, zu wenig Potential bei zu großem Aufwand. Die Hoffnungen liegen momentan im LSAT Programm aber auch das sehe ich noch nicht kommen, wie gesagt die letzten 20 Jahren sind so viele Programme gekommen und gegangen weil man in der Infanteriebewaffnung einfach keinen Schwerpunkt sieht.
Was bei den Amis an geld über die Wupper gegangen ist bei Rüstungsprojekten,..da hätte man halb Afrika mit kaufen können :P
@ Stephan L. – Der Leitwolf (USA) will schlicht keine Waffen ersetzen, sofern sie keine signifikante Verbesserung erzielen. Diese signifikante Verbesserung ist jedoch momentan technisch nicht zu machen. Daher konzentriert man sich vor allem in der zivilen Welt darauf, die bestehenden Plattformen in Details zu verbessern (schönes Bsp. LWRC Tricon MK6) bzw. die lessons learned aus der vergangenen Dekade in neue Plattformen zu integrieren (schönes Bsp. Desert Tech MDR)
Mittelkaliber (also Kaliber die irgendwo im 2500 Joule Bereich liegen) sind bis auf ein paar spezielle Anwendungen für das Militär und auch in großen Teilen der zivilen Welt schlicht tot. Sie geben eine Antwort auf eine Frage die niemand gestellt hat.
In den letzten zwei Jahren hat in den USA der Siegeszug der 300 AAC/ 300 blk/ 300 Whisper im zivilen Bereich eingesetzt. Dabei handelt es sich nicht um eine Mittelkaliberpatrone, sondern von der Mündungsenergie betrachtet (ca. 1800 Joule) um eine klassische Karabinerpatrone – also das was wir in unseren AR15, G36 etc… eigentlich wollen. Die 300 blk ist von der Philosophie her eine auf den Kopf gestellte 5,56x45mm NATO. Sie setzt auf Masse anstatt Geschwindigkeit – mit allen Vorteilen und Nachteilen die sich daraus ergeben. Der große Vorteil der 300blk liegt jedoch darin, dass für existierende Waffen in 5,56NATO nur das Rohr getauscht werden muss, da die 300 blk auf einer 5,56NATO Hülse basiert, die ein 7,62mm Geschoss verwenden kann. Dadurch kann auf verfügbare 5,56NATO Hülsen und 7,62 Geschosse zurückgegriffen werden. Wenn also das Militär in den nächsten 20 Jahren eine andere Karabinerpatrone verschießen möchte als die 5,56 NATO, so wird es mit hoher Sicherheit die 300blk sein. Interessant daran ist, dass diese Entwicklung durch die zivilen Schützen in den USA vorangetrieben wird und es der Armee dadurch leicht gemacht wird umzusteigen – der Umstieg auf bleifrei könnte diese Entwicklung sogar begünstigen. Mit welcher Patrone wir in Deutschland in den nächsten 20 Jahren schießen, hängt von der Entscheidung in den USA ab. Wir sollten nicht so vermessen sein zu glauben, wir könnten selbst eine neue NATO Karabinerpatrone etablieren – wie es mal kurz von der BW während der G36 Diskussion angedacht wurde.
@Forodir:
Das G36A3 soll in den nächsten Jahren querschnittlich eingeführt werden. Das Thema Schulterstütze kann ich genauso wenig verstehen wie sie.
Wenn man wollte, dann wäre das schon längst gelöst.
Es ist auch kein Geldprobleme, Bedarfsträger, Bedarfsdecker und Auftragnehmer müssten sich dazu nurmal an nen Tisch sitzen.
Nach 5 Jahren Einsatzauswertung kam man nicht einmal hier voran.
@Bang50:
Vielen Dank für den Hinweis auf die 300blk.
@ Bang50, Forodir
Danke für die Hinweise – da werde ich mich dann im Laufe der Woche mal einlesen.
Ich vermute das die Evolution der Munition wirklich Richtung LSAT also teleskopierte oder Hülsenlose Munition geht, hier ist tatsächlich viel Potential da und dann kann auch über ein neues Kaliber nachgedacht werden weil man sowieso die kompletten Systeme austauschen muss, das sehe ich aber auch wie Bang50 erst in den nächsten 20 Jahren.
Was NATO Kaliber angeht wäre ich mir nicht so sicher, da sowieso niemand den Mun-austausch Kode nutzt und jede Nation doch eher ihre eigene Munition verschießt ( SS109 und DM 11 sind nicht das gleiche ;) …) könnte man auch auch als Nation da vorpreschen, würde einen toten Fuchs interessieren ob die BW mit 7,92×33 ausgerüstet ist, seit dem ende des kalten Krieges werden mehr und mehr STANAG´s zum Teufel gejagt, wir können ja noch nicht mal mit unseren Verbündeten Sprachfunk betreiben.
Abseits aller Kaliber- und Standardsdiskussionen, scheint sich mir der ursprüngliche war-is-boring Eintrag nur um den „Sonderfall Wanat“ zu kümmern. Und da ausgerechnet auf das M4 zu zeigen scheint mir problematisch, wo doch schon so viele andere Dinge im Vorfeld in Schräglage geraten waren. Das Bioeier-legende, Kaschmirwolle-häkelnde, unverwundbar-machende Supergewehr wird wohl auch in Zukunft nicht vor Planungsfehlern schützen.
Und auch wenn das Vorgehen unsauber ist: in Restrepo (dem Dokumentarfilm über einen OP der Schwesterkompanie) gibt es keine Klagen über das M4 vor der Kamera.
@A. Horstmann:
Und bei uns meint man aus dem „Sonderfall Karfreitag“ Rückschlüsse auf das G36 ziehen zu können – ohne dabei den Kontext zu beachten. Die grundlegenderen Probleme rund um den Karfreitag auf allen Ebenen (!) wurden bis jetzt nicht ausgewertet.
Das M4 ist im grossen und ganzen auch eine gute und Treffsichere Waffe (auch wenn das Rohr zu kurz für die 5,56x45mm ist, aber anderes Thema) wenn es jedoch um Zuverlässigkeit geht ist diese Waffe einfach ein Schlusslicht bei Modernen Sturmgewehren. Das US Soldaten sich meistens nicht vor der Kamera dazu äußern hat Gründe im Nationalstolz (Buy American!) in Foren und im persönlichen Gespräch sieht das anders aus, gerade in Afghanistan waren meine Amerikanischen Kameraden begeistert von der Zuverlässigkeit des G36 und das waren keine second Line Troops. Was den US Kräften nicht gefällt ist A: Das G36 ist auch in der -K Version ziemlich groß, und B: sie müssen sich an die Bedienung gewöhnen die doch ziemlich anders ist vom Ablauf, vom Fertigladen bis zur Störungsbeseitigung.
Das ein Gewehr nur ein Teil ist vom kompletten System inklusive sauberer OpsPlanung usw. ist schon Klar, aber es ist halt das Teil was dem Soldaten am nächsten ist, wenn gravierende Mängel bekannt sind, im Senat thematisiert werden und die Army es trotzdem unterlässt mit dem Hinweis alles ist gut ( siehe Dust Trial M4 ) dann kann man sich nicht des Eindruckes erwehren das man als Soldat der Führung Sch….egal ist!
Genau das macht uns ja als Bw Angehörige teilweise so sauer weil die Kommunikation beim G36 in die gleiche Richtung geht.
@Memoria
Also gerade das Karfreitag Gefecht war und ist ja ein gutes Beispiel für das unsere Truppen halt unerfahren waren/sind, gemessen am outcome sind wir sogar noch gut weggekommen. Aber es stimmt schon offizielle Auswertung hab ich auch noch keine gesehen.
Ohje…
& wenn man bedenkt, dass Bravo 2-0 damals ihr SA-80 durch die M16 ersetzt haben. weil dieses so unzuverlässig ist, dann merkt man doch wieder mal, dass es uns garnicht so schlecht geht…
Zum Glück setzen wir Deutschen auf Qualität!
Da ich fürchte, dass bald wieder die Kaliberdiskussion aufkommt in der immerwieder die gleichen Argumente wiederholt werden, habe ich mich dazu entschieden eine unfertige Fassung zum Thema Kaliberdiskussion einzustellen. An diesem Text arbeite ich mit Unterbrechungen schon länger. Er soll in Zukunft sowas wie mein Standardtext werden, den ich in entsprechenden Situationen hervorziehen kann. Es wird ausschließlich meine persönliche Meinung wiedergegeben. Über konstruktive Kritik würde ich mich freuen.
1 Munitionsdiskussion
Fast alle Munitionsdiskussionen drehen sich um die Frage, welche Munition nun die beste Munition sei und als Standardmunition etabliert werden müsste. Meist entbrennt daraufhin eine wilde Diskussion über spezifische Vorteile bzw. Nachteile von bestimmter Munition in spezifischen Szenarien. Am Ende verschlingen sich die Argumente gegenseitig, bis keine Aussage mehr übrig bleibt. Deshalb sollte vielleicht die Frage gestellt werden, welche Anforderungen wir überhaupt an eine Standardmunition stellen wollen? Diese Frage ist wiederum bei genauerem Überlegen nicht trivial zu beantworten, da sich Taktiken ändern, neue Waffen/Technologien entwickelt werden und auch die natürlichen Gegebenheiten des Gefechtsfeldes stark variieren können. Es ergeben sich somit endlos viele mögliche Szenarien. Um diese endlose Anzahl an Szenarien zusammenzufassen, empfiehlt sich eine Klassifizierung. Hier hilft uns vielleicht ein historischer Blick auf die grundsätzlichen Ausprägungen, die sich im Lauf der Geschichte durch einen evolutionären Prozess ergeben haben (Dabei erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.)
2 Ein Blick in die Geschichte
2.1 Zweiter Weltkrieg
Mit Anfang des 2 WK kannte der Infanterist eigentlich nur zwei Arten der Infanteriemunition (wenn man von Exoten wie Munition für Panzerbüchsen, Unterstützungswaffen und pulverstarker Jagdmunition wie z.B. 8x68S absieht).
• Maschinenpistolen/Pistolen- Munition (Mündungsenergie: 400 – 1000 Joule): Soll auf kurze Distanzen wirken (meist nicht über 50m hinaus), einen relativ geringen Rückstoß haben, aus sehr kurzen Läufen verschossen werden und über eine hohe Mannstopwirkung verfügen. Typisch ist deshalb für diese Art der Munition ein großer Querschnitt (9mm aufwärts), ein relativ schweres Geschoss mit einer geringen Menge schnell abbrennender Pulver (offensive Pulver). Diese Art der Munition zeigte sich in Maschinenpistolen, wegen dem geringen Rückstoß in Verbindung mit der starken Mannstopwirkung aus einer vollautomatischen Waffen, als äußerst Nahkampfstark. Jedoch ist die Reichweite begrenzt. Typische Beispiele für solche Munition sind die 45 ACP oder 9mm Parabellum.
• Gewehrmunition(Mündungsenergie > 3500 Joule) Soll auf große Distanzen im präzisen Einzelschuss eingesetzt werden und auf diese Distanzen noch über eine starke wundballistische Wirkung verfügen. Daraus ergibt sich eine Munition, die wesentlich mehr Pulver enthalten muss um ein windschlüpfriges Geschoss auf größere Distanzen zu befördern. Bei der Verwendung von mehr Pulver ergibt sich nun das Problem, dass der Druck in der Waffe wesentlich höher ausfällt und somit der Verschluss/Patronenlager stärker ausgelegt werden muss – was wiederrum das Gewicht der Waffe erhöht. Da jedoch das Gewicht der Waffe zu stark zunehmen würde, wenn man aus sehr kurzen Läufen eine solche Munition mit offensiven Pulvern verschießen würde, werden relativ lange Läufe mit langsam abbrennenden Pulvern (progressive Pulver) verwendet, die das Geschoss quasi langsam anschieben und durch den langen Lauf weiter beschleunigen. Gleichzeitig erhöht sich, bei einem relativ schweren Geschoss in Verbindung mit einer größeren Treibladung, der Rückstoß. Daraus ergibt sich, dass solche Waffen nicht sonderlich gut für den Nahkampf geeignet sind bzw. mehr Training erfordern um diese Waffen reaktionsschnell gegen mehrere Ziele im Nahbereich einzusetzen. Typische Beispiele für solche Munition während des 2 WK ist die amerikanische .30-06 Springfield (7,62 × 63 mm) oder die deutsche 7,92 x 57mm.
Nun waren es zuerst die Amerikaner, die sich kurz vor dem 2WK über die schweren Gewehre und die kurze Reichweite der Maschinenpistolen beschwerten. Die Soldaten forderten ein leichtes Gewehr. Die später als M1 Carbine bekannte Waffe verwendete die .30 Carbine (7,62 × 33 mm) Munition. Eine leichte Gewehrpatrone, die bis ca. 270 m gut einsetzbar war. Es dauerte jedoch nicht lange, bis die ersten Beschwerden über mangelnde Mannstopwirkung aufkamen (Diese Diskussion wird also seit dem 2WK geführt). Auf der deutschen Seite entwickelte man das Sturmgewehr 44 (ein halb/vollautomatisches Gewehr), welches dem Infanteristen einen Vorteil gegenüber den Repetierwaffen bzw. halbautomatischen Waffen verschaffen sollte. Man erkannte sofort, dass eine relativ leichte, automatische Waffe und eine rückstoßstarke Gewehrpatrone nicht zusammen passten. Also entwarf man die 7,92 x 33mm, welche einen guten Kompromiss aus Kontrollierbarkeit, Mannstopwirkung und Reichweite erzielte. Der Erfolg des Stg44 im Fronteinsatz gab den Konstrukteuren recht (Hier ist jedoch anzumerken, dass während des 2Wk das Stg. 44 als Ergänzung neben den klassischen Gewehren eingesetzt wurde) – das Stg44 änderte die Dynamik auf dem Gefechtsfeld und zeigte, dass die neue Kategorie Sturmgewehr/Karabiner (engl: assault rifle/ carbine) einen festen Platz in der Infanteriebewaffnung gefunden hatte. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass das Stg.44 7,92 x 33mm für das Ak47 in 7,62 x 39mm Pate stand. Während man in Europa und in den USA in Richtung 5,56 x 45mm ging. Somit gab es mit Ende 2 WK eine dritte Kategorie:
• Sturmgewehr bzw. Karabiner-Munition (Mündungsenergie: 1500 – 2000 Joule): Wie bereits diskutiert, ähnelt diese Munition der Gewehrmunition. Jedoch wird weniger Pulver verwendet, um die Munition rückstoßärmer und somit zielsicherer für vollautomatischen Waffen verwenden zu können. Dabei stellt diese Munition eine Brücke zwischen Maschinenpistolen/Pistolen-Munition und Gewehrmunition her. Sie ist somit ein Kompromiss aus Kontrollierbarkeit, Reichweite, Gewicht und Mannstopwirkung.
2.2 Nachkriegszeit
In den USA forderte man in den 50er Jahren die Munition an sich leichter zu machen, um somit mehr Munition mitführen zu können und den Vorteil der automatischen Sturmgewehre voll ausnutzen zu können. Weiterhin wollte man die Idee hinter dem Konzept Sturmgewehr auf die Spitze treiben – eine leichte, vollautomatische Waffe, mit der besonders leicht zu treffen war. Daher reduzierte man das bis dahin stets verwendete .30 Standardkaliber (7,62mm) in den .20 Bereich (5,56mm) um ein leichtes Geschoss (niedriger Impuls) mit hoher Geschwindigkeit (gestreckte Flugbahn) verschießen zu können. Dadurch muss der Schütze nicht extra Vorhalten oder im relevanten Bereich von 0-200m den Geschossabfall einberechnen – schlicht: Kimme/Korn und den Abzug drücken. Somit fand die 5,56 NATO als Sturmgewehrpatrone Einzug in die westlichen Armeen. Gerade in der Anfangszeit kam es bei der 5,56 NATO zu Mythen über die angeblich fast inhumanen Verletzungen welche die 5,56 NATO erzeugt. Diese Aussagen basierten auf der Beobachtung, dass die 5,56 leicht zu taumeln beginnt wenn sie bei hoher Geschwindigkeit auf ein dichteres Medium trifft um sich dort zu überschlagen. Voraussetzung ist jedoch eine hohe Geschwindigkeit beim Auftreffen – was natürlich bei größeren Distanzen nicht mehr gegeben ist, da das Geschoss durch die geringe Masse schnell an Geschwindigkeit verliert. Dazu jedoch später mehr.
Die Sowjetunion hingegen führte die Philosophie des Stg.44 in der Ak 47 (7,62 x 39mm) weiter. Dabei stellt diese Munition innerhalb der Kategorie der Sturmgewehrmunition genau den entgegengesetzten Ansatz zur 5,56 NATO. Die 7,62 x 39mm setzt auf Masse anstatt auf Geschwindigkeit. Das 7,62mm Geschoss ist signifikant schwerer als das Geschoss der 5,56mm und verliert somit über eine größere Distanz langsamer an Fahrt. Jedoch ist somit auch die Anfangsgeschwindigkeit geringer und der Geschossabfall über die gleiche Distanz im Vergleich zur 5,56mm größer. Dafür ist die wundballistische Wirkung auch auf größere Distanz und niedriger Geschwindigkeit noch gegeben. Sprich, die wundballistische Wirkung ist nicht so Geschwindigkeitsabhängig wie bei der 5,56 NATO.
2.3 Vietnam
2.4 Afghanistan
3 Kritik und Alternativen
3.1 Die Standardmunition – ein weit verbreiteter Irrtum
Dieser relativ kurze, unvollständige und auf keinen Fall absolut genaue Rückblick soll ein Verständnis vermitteln, warum bestimmte Munitionskategorien entstanden sind und welcher Zweck dahinter steht. Weiterhin haben wir gesehen, dass es verschiedene Kategorien von Waffen für verschiedene Szenarien gibt. Jede Kategorie stellt andere Anforderungen an eine Standardpatrone, auch wenn innerhalb dieser Kategorie die Philosophie eine andere sein kann, so charakterisieren sich die Kategorien recht eindeutig durch die entsprechenden Mündungsenergien. Eine Armee welche alle Szenarien abdecken möchte, kann also gar nicht nur eine Standardpatrone verwenden. Die berühmte Diskussion 7,62 NATO (Gewehrpatrone) vs. 5,56 (Sturmgewehrpatrone) welche seit über 60 Jahren geführt wird und ganze Bibliotheken mit Fachliteratur gefüllt hat, halte ich deshalb schlicht für verfehlt. Gewehre bieten auf große Distanzen im präzisen Einzelschuss überlegene wundballistische Wirkung. Sturmgewehre/Karabiner (engl: assault rifles/ carbines) sind leichte, leicht kontrollierbare, automatische Waffen mit denen auf kurze bis mittlere Distanz durch ein hohes Feuervolumen gewirkt werden kann. Keine Kategorie kann die jeweils andere Kategorie ersetzen, ohne große Nachteile auf dem Gefechtsfeld in Kauf zu nehmen. Zu dieser Aussage und diesem Schluss kommen auch viele Fachpublikationen. Daher sollte man sich bei einer Kaliberdiskussion zuerst vor Augen führen, welche Szenarien bzw. Eigenschaften abgedeckt werden sollen. Nur innerhalb dieses Rahmens ist es dann sinnvoll nach Alternativen zu suchen.
3.2 Kritik an der 5,56 NATO
3.3 Das Mittelkaliber – eine Antwort auf eine Frage die niemand gestellt hat.
Über die Diskussion 5,56 NATO vs. 7,62 NATO hinaus, ergab sich zeitweise die Überlegung eine sog. Mittelpatrone einzuführen – die etwa im Bereich 2200 – 2500 Joule liegt. Grund dafür war die angeblich unbefriedigende Wirkung (der 5,56 NATO auf größere Distanz. Dabei sollte dieses Mittelkaliber aus bereits bestehenden Sturmgewehren verschossen werden und über eine höhere Leistung als die 5,56 NATO verfügen. Mit der 6,8 SPC und der 6,5 Grendel versuchte man sich diesem Problem aus unterschiedlichen Richtungen anzunähern.
3.3.1 6,8 SPC
Bei der 6,8 SPC handelt es sich im Prinzip um eine verstärkte 5,56 NATO die einfach in jedem Bereich etwas mehr Leistung bringen soll als die 5,56 NATO (ca. 44% zwischen 100 -300m) und gleichzeitig in ein AR15 System passen muss. Durch den vergrößerten Querschnitt im Verhältnis zur Pulvermenge und gegebenen maximal zulässigen Druck in einem AR15 System, kann ein etwas kürzerer Lauf als bei der 5,56 NATO verwendet werden. Dabei reicht die 6,8 SPC jedoch nicht an die Leistung einer 7,62 NATO heran und hat einen signifikant stärkeren Rückstoß als eine 5,56 NATO. Zusätzlich ist der notwendige Aufwand um eine 6,8 SPC in eine bestehende Waffe zu integrieren recht hoch und würde letztlich in einer fast komplett neuen Waffe enden (spätestens wenn ein nicht AR15 System an die 6,8 SPC angepasst werden soll)
3.3.2 6,5 Grendel
Die 6,5 Grendel folgt einer anderen Philosophie als die 6,8 SPC. Die Konstrukteure stellten sich die Frage, wie man die Leistung (besonders auf große Distanzen) signifikant erhöhen kann und gleichzeitig bei dem maximal zulässigen Druck eines AR15 Systems verbleiben kann. Dazu bediente man sich dem Ansatz für den die „Super Magnum“ Patronen wie z.B. 338 LAPUA MAGNUM bekannt sind. Es wird ein relativ langes und schweres Geschoss mit einem relativ geringen Querschnitt verwendet. Dadurch wird die Geschwindigkeit auch über große Distanzen erhalten. Auf der anderen Seite steigt dadurch der maximale Gasdruck signifikant an, wenn man weiterhin einen recht kurzen Lauf verwenden möchte. Schließlich hat das Geschoss durch die größere Masse eine höhere Trägheit und die Gase nur eine relativ geringe Fläche auf der sie das Geschoss anschieben können. Um dieses Problem zu umgehen, werden langsam abrennende Pulver verwendet, die das Geschoss erst langsam anschieben und dann durch den Lauf weiter beschleunigen. Daher auch der Werbespruch der 6,5 Grendel: „langsamer als Andere zu Anfang, schneller zum Schluss“. Jedoch handelt man sich auf der anderen Seite der Medaille mit diesem Ansatz einen massiven Nachteil ein, der leider in vielen Diskussionen übersehen wird. Ein „langsames“ Anschieben benötigt einen langen Lauf – was wir in einem kompakten Sturmgewehr/Karabiner absolut nicht wollen. Daher muss ich persönlich dann immer etwas in mich hinein lächeln wenn behauptet wird, dass die 6,5 Grendel mehr Energie auf 1000m ins Ziel bringt als die 7,62mm NATO und dabei einen geringeren Rückstoß hat. Schaut man dann auf die Lauflängen, so verwendet man für diese Tests meistens einen 24 Zoll Lauf (ca. 60 cm) für 6,5 Grendel. Der Rückstoß der 6,5 Grendel ist wiederum weit stärker als der einer 5,56 NATO. Weiterhin wird der benötigte Pulverraum durch eine sehr dicke Hülse zur Verfügung gestellt, die wiederum die Magazinkapazität herabsetzt. Auch bei der 6,5 Grendel wird daher ein aufwendiger Umbau der vorhanden Waffen notwendig.
3.3.3 Zusammenfassung Mittelkaliber
Der Ansatz des Mittelkalibers war aus meiner Sicht schon am Anfang zum Scheitern verurteilt. Man versuchte die Kategorie der Sturmgewehre/Karabiner zu einer Art leichtes Gewehr zu machen. Dabei konnte man nur die jeweils schlechtesten Eigenschaften dieser zwei Kategorien in sich vereinen. Ein Mittelkaliber hat einen zu starken Rückstoß um es noch wirklich als Sturmgewehr/Karabiner zu verwenden d.h. reaktionsschnell und vollautomatisch schießen zu können (so sagte z.B. Travis Haley sinngemäß, dass die 6,8 SPC selbst mit viel Training signifikant langsamer zu schießen ist als die 5,56 NATO). Auf der anderen Seite reichen die Mittelkaliber nicht an die Leistung der ausgewachsenen Gewehrpatronen wie 7,62 NATO heran. Für mich sind Mittelkaliber daher eine Antwort auf eine Frage die niemand gestellt hat. Diese Einstellung hat sich inzwischen auch in den USA durchgesetzt, wo die Mittelkaliber eigentlich fast vollständig aus der Diskussion verschwunden sind.
3.4 5,56 NATO Alternativlos?
Führt also kein Weg an der 5,56 NATO vorbei und der Soldat muss sich einfach damit abfinden wie es nun einmal ist? Zum Glück ist nichts Alternativlos und so ist es auch in diesem Fall. Wenn es darum geht, dass die wundballistische Wirkung der 5,56 NATO verbessert werden soll, stößt das Militär zwar schnell an eine Grenze. Es darf nach der Haager Landkriegsordnung keine Geschosse verwenden, die mit dem Ziel entwickelt wurden sich zu deformieren. Jedoch kann das Kaliber bzw. die Masse eines Geschosses frei gewählt werden. Es würde sich also empfehlen, schlicht die Geschossmasse bzw. den Querschnitt zu erhöhen um die wundballistische Leitung zu erhöhen. Weiterhin lassen sich schwerere Geschosse nicht so leicht ablenken durch leichte Hindernisse wie z.B. Blätter oder Gebüsch. Genau in diese Kerbe schlug zuerst recht zufällig die 300 Whisper. Ziel war es eine spezielle Unterschallpatrone zu entwickeln. Dabei sind Unterschallpatronen dadurch gekennzeichnet, dass sie ein sehr schweres Geschoss verwenden (um wundballistisch wirken zu können) aber gleichzeitig eine geringe Pulverladung besitzen (um eine Überlaborierung für den Unterschallbereich zu vermeiden). Daher verwendete man bei der 300 Whisper eine gekürzte 5,56 NATO Hülse, auf die man ein sehr schweres 7,62 Geschoss (200 – 250 Grain) setzte. Diese Kombination erzeugt etwa eine Mündungsenergie von 700 Joule und ist wirksam bis 200m (bei entsprechenden artilleristischen Fähigkeiten). In den USA beschäftigte sich die Advanced Armament Corp mit der 300 Whisper und man kam ziemlich schnell auf die Idee, das volle Potential der 300 Whisper Hülse zu nutzen. Gleichzeitig war die 300 Whisper geradezu ideal für die AR15 Systeme, da eine normale 5,56 NATO Hülse verwendet wurde. Man musste nur einen anderen Lauf verwenden um die 300 Whisper voll funktionsfähig in einem AR15 System zu machen. Dabei zeigte sich eine andere positive Eigenschaft. Dadurch dass man den Querschnitt im Vergleich zur 5,56 Nato erhöhte aber die Pulvermenge weitgehend konstant blieb, bei entsprechenden maximalen Druck der 5,56 NATO, konnte man schnelle Pulver verwenden und somit sehr kurze Läufe. So zeigen die Tabellen, dass eine so gestopfte 300 Whisper in einem 14 Zoll Lauf fast schon das gesamte Pulver effizient umsetzt. Dies führt wiederum zu einem stark geminderten Geschossknall (auch ohne Schalldämpfer) und Mündungsblitz (nützlich bei der Verwendung von Nachtsichtgeräten). Eine solche Munition hat etwa eine Mündungsenergie von 1800 Joule und liegt somit ziemlich genau auf dem Niveau der 5,56 NATO. Dabei ähnelt sie von der Charakteristik der 7,62 x 39mm (AK 47) bzw. 7,92 x 33mm (Stg. 44). Die Advanced Armament Corp ließ sich diese Kreation als 300 BLK (7,62 x35mm) von der SAAMI (amerikanisches Äquivalent der CIP) normieren. Damit ist die 300 BLK eine entsprechend definierte Patrone, für die Hersteller Teile, Waffen und Munition bauen können. Dabei zeigte sich gerade bei den Widerladern, dass die Verwendung des 7,62mm Querschnittes mit der 5,56 NATO Hülse ein sehr großer Vorteil bei der Versorgung darstellt. 5,56 NATO Hülsen können mit einer entsprechenden Matrize auf eine 300 BLK umgearbeitet werden, auf die dann ein normales 7,62mm Geschoss gesetzt wird. Gerade die gute Verfügbarkeit und die leichte Adaption an bestehende 5,56 NATO Waffen hat in den USA zu einem Siegeszug der 300Blk geführt. Dort sind gerade AR15 Austauschläufe für 300BLK sehr gefragt. Das Interesse der amerikanischen Spezialkräfte ist geweckt, da die 300 BLK natürlich für verdeckte CQB Operationen eine hohe Mannstopwirkung bei einer sehr kompakten Waffe mit geringer Signatur bietet. Bei Verwendung eines 9 Zoll Laufes mit Schalldämpfer, lässt sich die 300BLK auch wechselseitig mit der 300 Whisper verwenden und man erhält eine vollgedämpfte Waffe. Eine 300 BLK in Überschalllaborierung lässt sich bis etwa 450m effektiv einsetzen. Dabei besteht natürlich auf der anderen Seite der Nachteil, dass weite Schüsse entsprechende Berücksichtigung des Geschossabfalles unbedingt notwendig machen. Schließlich marschiert das 7,62mm Geschoss zwar konstanter über größere Distanzen, jedoch ist es wesentlich langsamer als die 5,56 NATO und hat daher mehr Zeit von der Erdanziehung angezogen zu werden. Ein weiterer Nachteil dürften die höheren Materialkosten für die Geschosse sein, besonders wenn auf bleifreie Munition umgestiegen wird. Auf der anderen Seite wiederrum kann die 300 BLK mit den ca. um 1/3 leichteren Kupfer-/Messinggeschossen besser umgehen, da sie mehr Raum bietet um wieder mehr Material anzufügen. Die 5,56 NATO könnte hingegen beim Umstieg auf „bleifrei“ Probleme bekommen, da die wieso schon sehr leichten Geschosse noch leichter werden müssten. Weiterhin ist kaum Raum vorhanden um mehr Material an das Geschoss anzufügen ohne auf Pulver zu verzichten.
Fazit:
Die 300 BLK bietet bei niedriger Geräuschsignatur und optischer Signatur, in einem sehr kompakten Sturmgewehr/Karabiner erhöhte Mannstopwirkung/wundballistische Wirkung sowie geringere Anfälligkeit bei leichten Hindernissen unter der Verwendung von Standard 7,62mm Vollmantelgeschossen. Dabei ist eine 300 BLK etwa gleich leicht/schnell zu schießen wie eine 5,56 NATO und verfügt bei entsprechender Ausbildung/Absehen (Geschossabfall) etwa über die gleiche effektive Reichweite. Durch die Verwendung entsprechender Unterschallmunition und Schalldämpfer lässt sich volle Dämpfung erreichen (was bei größeren Hülsen problematisch sein kann). Weiterhin lassen sich bestehende Waffen durch einen Laufwechsel auf 300BLK umbauen. Die Versorgung ist durch 5,56NATO Hülsen und 7,62 NATO Geschosse sichergestellt. Bei eventueller Verwendung bleifreier Munition, bietet die 300BLK größere Reserven um die leichteren Kupfer-/Messinglegierungen kompensieren zu können. Die etwas schlechteren Leistungen auf größere Distanz müssten hingegen durch eine weitere Verwendung stärkerer 7,62 NATO Waffen kompensiert werden.
Ob dieser Trade-off tatsächlich in Summe für das Militär sinnvoll bzw. gewinnbringend ist, müssen berufenere Personen als ich entscheiden. Die 300 BLK stellt zumindest die erste echte Alternative zur 5,56 NATO.
4 Bleifreie Sippe – Chancen und Risiken
4.1 Chancen
4.2 Risiken
5 Hülsenlos – Zukunft oder Vergangenheit?
@Bang50: Danke, wieder mal was gelernt!
schöne Zusammenfassung, zur 300blk auch hier sehe ich nicht das Potenzial die 5,56 zu verdrängen. Der Aufwand ist einfach zu groß um z.B. für die US Army alle M4/M16 umzurüsten und der Trade off zu gering. Zudem ein großes Manko der .300 blk, der auch showstopper sein wird, ist die ballistische Kurve, auf weitere Entfernungen fällt sie einfach zu stark ab als das sie für die meisten schützen unter Stress gut zu handhaben ist, da hat die gestreckte Flugbahn der 5,56 einfach die Nase vorn. Abgesehen davon ist die geringe mannstoppwirkung auch mit Vorsicht zu genießen, das ein getroffenes Ziel weiterkämpft ist nicht so häufig wie es uns die Legenden wahr machen wollen.
@ Forodir – Zustimmung! Mein Gefühl ist, dass wenn sich bei einer Umstellung auf bleifrei die 5,56 NATO nicht als technisch vollkommen unbeherrschbar erweist, werden die USA mit guten Gründen bei M4 und 5,56 NATO bleiben. Diese Entscheidung wird dann auch für die restlichen NATO Staaten wegweisend sein.
Das Ziel überhaupt zu treffen stellt in den allermeisten Fällen das größte Problem dar. Daher sollte man alles tun, dem Soldaten das Treffen so gut es geht zu erleichtern. Hier ist die 5,56 NATO schlicht einfacher zu handhaben. Weiterhin glaube ich nicht, dass man nach einem Schultertreffer von einer 5,56 NATO tapfer weiterkämpft.
Die 300 BLK wird sich dann vielleicht nur bei Spezialkräften durchsetzen, da die geringe Signatur, die kompakten Abmessungen und Mannstopwirkung in CQB Szenarien bevorzugt wird. Zusätzlich gehen Spezialkräfte meist näher ran bzw. haben teure Optiken mit entsprechenden Absehen und wesentlich mehr Training um über größere Distanzen sicher zu wirken.
@Bang50
Ja das ist gut möglich, bei SF ist auch die Umstellung oder die zusätzliche Beschaffung von neuen Systemen nicht so das Problem, dort könnte sie mit erfolg eingesetzt werden da auch der Ausbildungsstand viel höher ist.
Ich setzte meine Hoffnungen auf hülsen-lose Munition da hier noch viel Spielraum ist, ich hoffe nur das man dann auch die Munition etwas sorgfältiger entwickelt und vom Irrweg abweicht das die Kampfentfernung nur 200m ist, eine gestreckte Flugbahn bis 400 meter mit einem vernünftigen Gewicht und genug Energie im Ziel plus Kontrollierbarkeit für den Schützen ( wobei das beherrschen von Feuerstößen mit einem Sturmgewehr halte ich aus praktischer Erfahrung für vernachlässigbar, maximal schnelles Einzelfeuer) wäre halt so der heilige Gral der Ballistik.
Ansonsten halte ich den weg einen waffenmix vorzuhalten immer noch für die gangbarste Option, da ja wie schon von dir durchaus treffend ausgeführt DIE eine Patrone es schwerlich geben wird.
@Bang50:
Zustimmung. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass man in den USA bei 5,56 für die normale Truppe bleibt.
Umso mehr müßte man sich auch in der Bundeswehr – endlich – über die Optimierung der Munition in 5,56 Gedanken machen (die bevorstehende Einführung von „green ammo“ wäre der ideale Zeitpunkt). Vielleicht ist dafür zukünftig noch in obigem Standardtext Platz.
Hierfür müßte man jedoch konzeptionell eine Vorstellung haben wer was auf welche Distanz erreichen soll. Ein wirkliches Handwaffenkonzept der Bundeswehr gibt es seit Jahren nicht. Die derzeitigen Überlegungen in dem Bereich sind – bewusst – substanzlos.
Es gibt noch nicht einmal ein Konzept für das Heer.
Die Überlegungen und Forderungen im Rahmen von IdZ-2 sind bereits überholt (Einführung G28 und MG5).
Wenn man eine solche Konzeption hätte, dann könnte man sinnvoll beschaffen (Gesamtsystem Waffe, Munition, Optik) und ausbilden. Da es – von Ihnen beschrieben – die allumfassende technische Lösung nicht gibt, gibt es auch nicht die perfekte Konzeption. Wichtiger ist aus meiner Sicht, dass man einen vernünftigen Ansatz lange genug in Ausrüstung und Ausbildung durchhält.
Bis es so weit ist wird jedoch im Rahmen des integrierten Planungsprozesses noch viel Zeit vergehen.
Die Baustellen nehmen im gesamten Bereich Handwaffen jedoch zu (Regeneration/ Nachfolge PzF 3, Carl Gustav, GraPi, SigPi, G22, etc). Bin gespannt wann man hier vorankommt.
Die Handwaffendiskussion dürfte seit der ersten Hakenbüchse toben….
@ Memoria – Ja die „bleifreie Sippe“ ist bereits im Inhaltsverzeichnis. Da bin ich jedoch auch noch in der Einarbeitungsphase. Klar ist bis jetzt, dass bleifreie Munition einiges auf den Kopf stellt und ganz anders wirkt als klassische Bleimunition. Hier könnten sich bei einer unbedachten Umstellung einige Überraschungen für die NATO Armeen ergeben. Schließlich sind die Kupfer bzw. Messinglegierungen ca. 1/3 leichter als Blei und wesentlich spröder – was wiederrum die Charakteristik der Munition/Waffen – Kombination völlig verändert und somit andere technische Lösungen notwendig machen könnte. Lange Rede kurzer Sinn: Die 5,56 NATO könnte sich da als problematischer als Gedacht herausstellen und deshalb sollte man den Blick nicht zu früh nur auf 5,56 NATO versteifen, sondern sich gedanklich ein paar Optionen offen halten die realistisch umsetzbar sind. Ich hoffe die BW hat das bei ihrer Handwaffenplanung bereits auf dem Schirm.
Bzgl. der Forderung nach einem ganzheitlichen Handwaffenansatzes gehen wir beide ja schon länger konform. Man muss aber wahrscheinlich den Planern zugutehalten, dass die Annäherung an diese Thematik auch nicht ganz einfach ist. In meinem Text habe ich es mir ja etwas einfach gemacht und mit Blick auf die Geschichte unterstellt, dass durch Erfahrungen und einen evolutionären Prozess sich die richtigen Lösungen von selbst herauskristallisieren. Jedoch sind Erfahrungen ja auch wieder nur eine Anhäufung von spezifischen Szenarien, in denen sich bestimmte Konzepte bewährt haben. Kommt der Fall XYZ hinzu, kann es wieder ganz anders aussehen. Inzwischen haben wir ja den infanteristischen Werkzeugkasten auch wesentlich erweitert ohne genau zu wissen wie hierdurch die Dynamik in anderen Szenarien als Afg. geändert wird. Man muss wohl ein Gleichgewicht finden zwischen einem theoretischen Konzept auf weißen Papier und einer entsprechenden Auswertung von weltweit gemachten Erfahrungen. Dabei ist mein Eindruck, dass in der BW noch zu wenig auf int. Erfahrungen und Entwicklungen geschaut wird und man im Planungsamt zu sehr sein eigenes Süpplein kocht.
P.s. Die Ausschreibung für den G22 Nachfolger (nur Spezialkräfte?) ist doch inzwischen raus?
http://www.bund.de/IMPORTE/Ausschreibungen/EDITOR/Bundesamt-fuer-Ausruestung-Infomationstechnik-und-Nutzung-der-Bundeswehr/2014/02/875061.html?formId=516474
@Bang50
Aber hallo, was für eine Arbeit… Danke fürs Teilen hier!
Als Laie stelle ich die Frage, warum denn bleifreie Munition (irgendwie finde ich diesen Begriff schon seltsam) für Kriegswaffen eingeführt werden soll?
Die Diskussion im Jagdbereich kann ich ja so gerade noch nachvollziehen. Aber vielleicht gibt es ja andere Gründe für militärische Anwendungen? Kann mir das jemand darlegen?
Jugendoffizier | 04. März 2014 – 0:18
Wegen der möglichen Vergiftung -> unnötiges Hervorrufen von Verletzungen/Leid und damit relevant gem. Haager Landkriegsordnung?
Das ist nur geraten, würde mich aber nicht wundern.
@Bang60
Man sollte die internationalen Erfahrungen zwar berücksichtigen aber nicht überbewerten, hier muss daran gedacht werden das zum teil andere Einsatzgrundsätze und Doktrinen dahinterstehen, bestes beispiel dafür der Einsatz des LMG in der InfGrp, selbst innerhalb den US Streitkräften geht man da inzwischen verschiedene Wege (vergleiche IAR bei den Marines und MK48 bei der Army/SF ), es ist kein schaden wenn wir uns wieder auf Taktiken und Einsatzgrundsätze sowie Führungsstrukturen zurück besinnen und weg von der Befehlshierarchie und zentral geführten Operationen die bei den Amerikaner so festverwurzelt sind.
Das die Infgrp zusätzliche Mittel bekommen hat ist richtig, aber vieles ist gar nicht so neu wie manche sagen den DMR Schützen gab es schon immer, nannte sich nur nicht so fancy ZF-Schütze, GraPi hatten wir ebenfalls bevor wie sie unbedingt ans Gewehr bauen mussten, leichter InfMrs,..das wäre mal was neues in den Deutschen Streitkräften, gibt es aber auch schon seit dem 2.WK.
Meiner Ansicht nach werden viele Probleme zu Technisch angegangen und zu wenig Taktisch, wenn ich in einer ungünstigen Kampfentfernung bin muss ich meine Truppen besser manövrieren aber die Annahme eines Gefechtes war gerade in Afghanistan eher selten gewollt deswegen sind viele Erfahrungen die wir dort machten eher kontraproduktiv (ständiger Einsatz CAS, Artillerie als „Festungswaffe“, Abgabe Logistik an zivile Firmen um eigene Verluste gering zu halten, usw…)
auf der anderen Seite darf man das Rad natürlich nicht zurückdrehen und man muss der Infanterie einfach mehr Durchsetzungsvermögen geben und anerkennen das in Modernen Konflikten diese wohl nach wie vor die Hauptlast des Kampfes tragen wird und vernünftige COIN Strategien entwickeln.
Außerdem muss den (pol.)Verantwortlichen klar gemacht werden das es Tote und Verletzte geben wird, manchmal kommt es mir so vor als ginge man ernsthaft davon aus das der Einsatz von Militär ohne Verluste ablaufen kann, wenn das ginge frage ich mich wozu man dann Militär überhaupt einsetzen muss.
Aber ich denke da sind wir in den meisten Punkten einer Meinung.
@A. Horstmann
„Und auch wenn das Vorgehen unsauber ist: in Restrepo (dem Dokumentarfilm über einen OP der Schwesterkompanie) gibt es keine Klagen über das M4 vor der Kamera.“
Im Film nicht, im dazu gehörigen Buch „War“ wird jedoch auch über geschmolzene Läufe berichtet. Komisch,dass das noch niemanden auf gefallen ist/ein größeres Medienecho hervor gerufen hat
@Bang50
Vielen Dank für die intensive Befassung mit der Materie und dem Teilen hier!!
@all
Mal ein Einwurf von meiner Seite dazu:
Bevor wir uns im zuge einer Umrüstung/Neueinführung Gedanken machen, welche Munition wie viel Energie im Zielmedium abgibt, sollte man als „ad-hoc“ Maßnahme vielleicht wieder dazu übergehen, unsere Armee von „Nahbereichsdeppen“ wieder auf Entfernungen von 200m+ auszubilden. Denn vor der Abgabe der Energie der Munition im Ziel, steht das Treffen des selbigen.
Leider wird das neue Schießausbildungskonzept vielorts als reines Nahbereichsschießen umgesetzt. Ferner werden Möglichkeiten des G36A1 nciht ausgeschöpft (Stichwort: Battlefield Zero/durchgehender Visierbereich). Damit wären wir wieder bei unvollständiger konzeptioneller Arbeit auf der Ämterebene. Das Schweizer Reglement (zur Schießausbildung) wurde größtenteils für das nSAK übernommen. Aber leider nicht, mit dem IMHO sehr guten S4G-Konzept ( http://feuerkampf-und-taktik.blogspot.de/2010/12/sniping-4-generation.html ) verknüpft.
DANN wären wir einen großen Schritt weiter und müssten uns vermutlich weniger über Unzulänglichkeiten der Kombination Munition/Waffe/Optik austauschen.
Dazu auch (auch wenn schon häufiger verlinkt und in Teilen in den Kommentar von @Bang50 eingeflossen wie ich meine):
MAJ (US A) Thomas EHRHART: Taking back the infantry half-kilometre
http://bit.ly/1n5Lp0z
In wie weit ist es realistisch, daß selbst in asymetrischen Konflikten die Gegner Schutzwesten tragen? Andere Ausrüstungsgegenstände (z.B. Nachtsehhilfen) werden ja bereits eingesetzt.
@Thomas Melber
Wir sollten vielleicht unterscheiden zwischen „vereinzelt vorhanden“ und „vollflächig eingeführt“.
Abwegig ist es (besonders in künftigen Szenaren) nicht, dass sich die Ausrüstung von INS/OMF zunehmend dem Stand der Technik annähert. Bei vielen Dingen scheitert es aber am Geld, der Verfügbarkeit und der notwendigen „Logistikkette“ dahinter. Deswegen wird ja bevorzugt technisch eher anspruchsloses, robustes und leicht versorgbarse Waffen und Gerät eingesetzt.
Aber, wie immer im Leben, ist es ein Lernprozeß. Wir lernen, sie lernen. Deswegen wurden ja auch schon vereinzelt umfangreichere Sanitätsausstattungen (Infusionen etc.) nach Gefechten in AFG in von INS aufgegebenen Stellungen gefunden.
@ Thomas
Ich behaupte mal: Je nördlicher das Krisengebiet, desto besser ausgestattet sind die Konfliktparteien. Insbesondere diejenigen, die aus Teilen von Regierungsarmeen und Polizeikräften hervorgehen. Zudem sind die Schutzwesten schon nicht mehr reine Prestigeartikel lokaler Kommandeure sondern genauso wie nichtmilitärische Funkgeräte Teil jeder Kampfausstattung irregulärer Kräfte.
Bzgl. 300 BLK: Nachdem das Bild des angeblichen SEAL HK416 („THE RIFLE“), welches bin Laden getötet haben soll, aufgetaucht ist, sind auch die Diskussionen über den Einsatz von 300 BLK bei den SEALs entbrannt.
Nach Angaben von Mark Owen (No easy day) wird schon länger mit der Munition gearbeitet.
http://markowenseal.wordpress.com/weapons/
Eine Diskussion zum Theme gibts z.B. bei HKPRO:
http://www.hkpro.com/forum/hk416-hk417-hq/196199-ubl-416-photo.html
Zwar OT, aber dennoch: FN hat eine neue Dienstpistole herausgebracht im Kal. 5,7×28
http://de.wikipedia.org/wiki/5,7_x_28_mm
Ob diese dann in Konkurrenz zu unserer 4,6×30 (MP7) tritt?
@Interessierter:
Zustimmung.
Obwohl neuSAK breiter angelegt ist, wird es in der Praxis oftmals auf den Nahbereich verkürzt. Selbst bei Konzeptionären kommt in Verbindung mit neuSAK die Botschaft an:
„die Kampfentfernungen gehen zurück“.
Die Schweizer haben mit S4G gezeigt, dass man mit vorhandenem Material viel erreichen kann.
Man müßte nur wissen was man will und dies dann konsequent umsetzen.
@ Thomas Melber: Tut die Munition, wenn auch eher aus der P90 verschossen.
http://de.wikipedia.org/wiki/FN_P90
@Memoria
Wobei es glücklicherweise Truppenteile gibt (z.B. die „rote 1“) die auf der Divisionsebene einen entsprechend fähigen UND engagierten Stabsoffizier haben, der (oftmals gegen Widerstände kämpfend) versucht auch ausserhalb seines unmittelbaren Wirkungsbereiches, „im Sinne der Sache“, gegen eben diese Mängel anzukämpfen und der auch versucht Prinzipien des S4G im Sinne einer GANZHEITLICHEN Schießausbildung (inkl. Battlefield Zero) in die Truppe zu tragen.
Aber wir rüsten für den vorletzten Krieg um mit Ausbildung für den letzten, den nächsten zu kämpfen…oder so ähnlich…
@festus
Dafür haben wir bei der Bw inzwischen vier Kaliber für Handwaffen (SF zusätzlich)
– 9×19
– 7,62×51
– 5,56×45
– 4,6×30
mit weiteren Sorten (z.B. Leuchtspur). Das ist doch auch ‚was!
@ Jugendoffizier, @ Someone – Die US Armee wurde wohl aus Umweltschutzgründen zu dieser Entscheidung gedrängt. Letztlich auch nicht ganz unverständlich wenn man sich vor Augen führt, dass die US Armee eigentlich plante ca. 4000 Tonnen Blei zwischen 2013 und 2014 zu kaufen. Also eine beträchtliche Menge welche da in die Umwelt gejagt wird. Auf der anderen Seite ist es umstritten ob Bleigeschosse tatsächlich so schädlich sind. Die Umstellung auf Kuper-/Messinglegierungen bringt wiederum ein paar Probleme mit sich. So wird befürchtet, dass dadurch der Kupferpreis in die Höhe schießt und sich somit alle Produkte verteuern die Kupfer enthalten (Elektronik, Stromleitungen etc..). Weiterhin ist Kupfer oder Messing in Handwaffen nicht ganz so leicht zu handhaben, da die Munition auf Blei ausgelegt wurde. Bei der Verwendung von Kuper oder Messing – welches ca. 1/3 leichter als Blei ist, ergeben sich für den Munitionshersteller nun zwei Möglichkeiten.
• Der Hersteller kann das Geschoss unter Umständen genauso schwer machen wie das Bleigeschoss, muss dafür aber Pulverraum aufgeben. Das Geschoss kommt also schon langsamer auf dem Lauf bei gleichen Gewicht Leistung der Munition sinkt.
• Der Munitionshersteller kann auch akzeptieren, dass das Geschoss nun ca. 1/3 leichter ist. Dafür ist die Trägheit des Geschosses wieder geringer und der Hersteller kann schnellere Pulver verwenden bzw. stärker stopfen. In diese Richtung sind die Amerikaner (M885A1) und die meisten Hersteller bleifreier Jagdmunition gegangen. Das Geschoss hat also eine wesentlich höhere Mündungsgeschwindigkeit aber verliert wieder sehr schnell an Fahrt. Im Fall der 5,56 NATO besonders stark, da es sich wieso schon um ein sehr leichtes und schnelles Geschoss handelt. Somit reduziert sich die maximale Kampfentfernung. Die hohen Mündungsgeschwindigkeiten reduzieren zusätzlich die Lebensdauer des Laufes. Weiterhin zeigt sich bei der M855A1 und auch bei bleifreier Jagdmunition, dass die Hersteller ganz schön heftig stopfen müssen um die Nachteile zu kompensieren was sich dann in hohen Drücken niederschlägt, die zum Teil ans Limit gehen und wie ich gehört habe bei einem deutschen Hersteller für Jagdmunition auch schon mal darüber lagen.
Die Thematik „green ammo“ bzw. „ bleifreie Munition“ ist also mit einigen ökonomischen und technischen Problemen verbunden. Ich hoffe einfach an dieser Stelle, dass man sich in der BW mit dieser Thematik rechtzeitig beschäftigt um sich unangenehme Überraschungen zu ersparen. Dabei ist die 5,56 NATO ausgerechnet eine Patrone die sich eben nicht sonderlich gut für Kupfer/Messing eignet, da sie schon rasant und leicht ist – ich sage jedoch nicht die 5,56 NATO ist ungeeignet für Kupfer/Messing Geschosse. Aber die amerikanische M855A1 ist eben umstritten und dort werden momentan hitzige Diskussionen geführt. Daher sollte die BW hier ein ganz genaues Auge auf diese Entwicklung in Übersee haben.
Um sich für den worst case Fall, in dem man die 5,56 NATO als bleifreie Munition technisch nicht beherrschen kann, zumindest gedanklich eine Option offen zu halten, habe ich der 300 BLK einen so großen Raum eingeräumt. Diese Patrone dürfte kaum Probleme mit Kuper/Messing Geschossen haben, da sie viel Raum bietet um größere Geschosse zu verbauen bzw. auch einfach etwas schneller und leichter werden kann.
Nun hat Kupfer/Messing auch Vorteile:
• Dadurch dass Kupfer/Messing Geschosse meist auf schnellen Drehautomaten hergestellt werden und das Geschoss aus homogenen Material besteht, ist die Präzision von Kupfer/Messinggeschossen wesentlich besser als die der Bleigeschosse. Daher werden beim extremen Weitschießen fast ausschließlich superlange Kupfergeschosse verwendet die nicht mehr in das Magazin passen.
• Die Durchschlagsleistung von Kupfer/Messing dürfte wesentlich besser sein, da sich die Geschosse nicht wie Blei verformen. Auf der anderen Seite ist natürlich die wundballistische Wirkung geringer, sofern keine speziellen technischen Maßnahmen getroffen werden.
• Durch das leichtere Geschoss und schnelleres Pulver kommt es zu einer besseren Verbrennung in der zur Verfügung stehenden Lauflänge. Das bedeutet geringerer Mündungsknall und Mündungsblitz
• Kupfer bzw. Messing ist weniger schädlich für die Umwelt. Ob dieser Faktor tatsächlich signifikant ist, müssen entsprechende Studien zeigen. Interessant für mich persönlich wäre es, die Bleibelastung in umkämpften Stadtgebieten zu kennen und ob sich hier ggf. Langzeitfolgen für die Bevölkerung ergeben.
Zusammenfassend kann man sagen, dass bleifreie Munition bzw. „green ammo“ sicherlich einige Chancen bietet aber eben auch Risiken denen man sich rechtzeitig stellen muss. Dabei ändert bleifreie Munition die Wirkungsweise der vorhandenen Waffen signifikant. Diesem Umstand muss rechtzeitig in dem Handwaffenkonzept und in der Ausbildung entsprochen werden.
@interessierter
Besten Dank fuer die Ehrhard-Veroeffentlichung, ergaenzt Bang 50 gut!!
Cheers Mike
@Bang 50
Die Amerikaner interpretieren die Vorschriften bzgl. der Deformationsgeschosse seit geraumer Zeit anders. So verwenden die Scharfschützen schon sehr lange Match-Hohlspitzgeschosse. Begründet wird dies damit, dass es „nur“ darum geht „unnötig grausame“ Verwundungen zu vermeiden. In 5,56 NATO wird vom USMC seit etwa 2010 in Afg die Mk 318 Munition ausgegeben, die ebenfalls ein Gesch0ß mit Hohlspitze aufweist. Liegt wohl auch daran, dass die USA nicht allen Verträgen beigetreten ist. Eine derartige Interpretation dürfte wohl kaum Zuspruch in Deutschland finden.
Der Werbespruch von Grendel „Langsamer als andere….“ bezieht sich auf die Außen- nicht Innenballistik.
Es ist übrigens für die beim extremen LR-Schießen aus ballistischer Sicht eher ein Nachteil keinen Bleikern zu verwenden. Deshalb müssen diese Geschosse auch relativ lang werden. Es sind andere Gründe, warum aus dem Vollen gedrehte Geschosse dafür verwendet werden.