NH90 bei der (niederländischen) Marine: Probleme mit Seeluft und Salzwasser
Das sollten die deutschen Rüstungsbeschaffer (und die Deutsche Marine) im Auge behalten: Die Niederlande beklagen massive Probleme mit ihrem NH90-Marinehubschrauber, insbesondere nach den ersten Einsatzerfahrungen: Nach der Antipirateriemission vor der Küste Somalias seien übermäßige Korrosion und Verschleiss an dem Helikopter festgestellt worden, die vermutlich durch Konstruktionsfehler, Montagefehler und unvollständige Wartungsanleitung verursacht wurden, heißt es in einer Unterrichtung von Verteidigungsministerin Jeanine Hennis-Plasschaert an das Parlament (Kamerbrief) vom (heutigen) Dienstag. Es sei wahrscheinlich, dass ähnliche Probleme auch bei anderen NH90-Hubschraubern im Bordeinsatz auftreten würden.
Andere NH90-Partnerländer seien über das Problem informiert worden, heisst es in der Unterrichtung. Auch Frankreich habe ähnliche Korrosionsprobleme festgestellt; Italien werde bei seinen jetzt beginnenen Bordeinsätzen dieser Hubschrauber darauf besonderes Augenmerk richten.
Bereits zuvor hatte es Klagen von Besatzungsmitgliedern über die Lautstärke des Helikopters und eine damit verbundene Lärmbelastung und mögliche gesundheitliche Gefährdung gegeben. Bei Untersuchungen sei allerdings festgestellt worden, dass das Geräuschniveau den gesetzlichen Vorschriften entspreche, heißt es in dem Kamerbrief, auf den mich der niederländische Kollege Hans de Vreij aufmerksam gemacht hat.
Die Deutsche Marine soll 18 Hubschrauber vom yp NH90 erhalten, die unter dem Namen Sea Lion eingesetzt werden sollen – der Vertrag darüber, eine noch unter dem früheren Verteidigungsminister Thomas de Maizière ausgehandelte Kompensation für geringere Stückzahlen anderer Helikopter des Herstellers Airbus – soll noch dem Parlament zur Kenntnis vorgelegt werden.
Die Niederländer suchen jetzt nach Lösungen für die Seeluft-anfälligen Marinehubschrauber:
Das Verteidigungsministerium steht in engem Kontakt mit dem Herstellerkonsortium NHI (NATO Helicopter Industries). NHI hat das Problem bestätigt und Lösungen zugesagt. Die ersten Ergebnisse zu technischen Verbesserungen und Korrosionsschutz sollen Ende März vorliegen. Weitere Lösungen werden voraussichtlich noch in diesem Jahr folgen. Der Hersteller hat zugesagt zu prüfen, ob eine verbesserte Konstruktion der Teile möglich ist, die übermäßige Abnutzung zeigen. Die Probleme müssen konstruktiv gelöst werden. Das Verteidigungsministerium prüft auch, ob der Hersteller für die festgestellten Konstruktions- und Montagefehler haftbar gemacht werden kann.
Der Kamerbrief steht hier zum Download (allerdings gibt es bisweilen technische Probleme beim Herunterladen); hier die Gugel-Übersetzung.
(Foto: NH90 der niederländischen Marine – defensie.nl)
@Memoria
„Wie kommt denn dieser Mist dann zu Papier, wenn er für “jeden Laien als Mist erkennbar ist”? Bei all den Mitprüfungen und Mitzeichnungen sind ja zumindest Laien beteiligt?“
Keine Ahnung wie es in diesem Falle ist, aber normalerweise ist es eine Mischung aus:
– schwacher konzeptioneller Anforderungslage auf der aufgebaut wird,
– Desinteresse,
– mangelnder Kommunikationsbereitschaft,
– Stress durch Personal-/Sachverständigenmangel,
– Personalfluktuation,
– Bequemlichkeit,
– Wunsch nach sauberer Papierlage statt anstrengender Recherche
– mangelde Phantasie wie kreativ die Juristen auf Firmenseite sind
– Vorschriftenmassen und Unkenntnis der relevanten bzw. nicht relevanten
– Zwänge des Vergaberechts kombiniert mit dem Druck neutral / abstrakt zu bleiben
in je nach Projekt variierender Ausprägung. Der letzte Punkt geht ist etwas speziell. Da gehts dann in Richtung funktionale Leistungsbeschreibung bzw. inwieweit man da spezifische Vorgaben macht (welchselbiges aus nachvollziebaren Gründen meist verteufelt wird, aber für manche Eigenschaften schlicht und einfach auch mal drin sein muss…)
Das ist eigentlich im Prinzip auch normal und in ähnlichen Mustern so bei jedem großen Unternehmen zu beobachten. Den Unterschied mach eigentlich ob der Wille da ist es gut zu machen. Es hängt dann eben wirklich an den einzelnen. Die Tendenz, dass besonders die komplexen Projekte Probleme bekommen ist da dann auch nur verständlich. Es existiert einfach immer mehr Angriffsfläche für Fehler und es muss immer mehr Sachverstand in höheren „Verwaltungsebenen“ des Projektes vorherrschen. Das ist naturbedingt schwierig, schließlich ist auch im Zivilen die Verwendungsbreite kein förderliches Konzept wenn es um technisches Detailwissen auf neuestem Stand geht.