Service: Abschied von de Maizière – zum Nachhören
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat am (heutigen) Mittwochabend ihren Vorgänger Thomas de Maizière mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedet. Die Reden beider Minister hat das Verteidigungsministerium auf seiner Webseite verlinkt, aber nur zum Herunterladen; deshalb als Service hier beide direkt zum Anhören:
(Was drin ist, weiß ich – noch – nicht; ich war zu der Veranstaltung nicht eingeladen und habe mir die beiden Dateien auch noch nicht anhören können. Das Redemanuskript von de Maizière habe ich leider nicht, das hat das Bundesinnenministerium nämlich nur an ausgewählte Journalisten verschickt hat mir ein freundlicher Kollege nettwerweise zukommen lassen, siehe unten.)
Nachtrag: Die in den Kommentaren und auch bereits in anderen Medien angesprochene Passage zum Vergleich der Einsätze mit anderen europäischen Verbündeten findet sich im Audio ab 11:20; außerdem gibt es bei 14:08 noch eine interessante Passage zu Staatssekretär Stéphane Beemelmans: Ich habe Sie mit ins Verteidigungsministerium gebracht. Auf meinen Wunsch und mit dem Einverständnis mit meiner Nachfolgerin bleiben Sie als die treibende Kraft der Neuausrichtung im Verteidigungsministerium.
Das vorab veröffentliche Redemanuskript (nach erstem Vergleich scheint es mit der gehaltenen Rede weitestgehend übereinzustimmen):
Liebe Frau Kollegin,
für diese mich berührende Rede möchte ich mich herzlich bedanken. Und ich fühle mich geehrt, dass du mir heute einen Großen Zapfenstreich ausrichtest. Bei jedem Zapfenstreich, den ich gegeben habe, ging mir durch den Kopf: wie ist es wohl, wenn für mich ein Zapfenstreich gegeben wird? Heute werde ich es erfahren.
Die Bundeswehr ist mir ans Herz gewachsen. So habe ich es in meinem letzten Tagesbefehl kurz vor Weihnachten formuliert. Ich hätte auch sagen können: „Die Bundeswehr ist mir ins Herz gewachsen.“
Das war keine Liebe auf den ersten Blick. Gerne wäre ich vor fast drei Jahren Innenminister geblieben. Die Bundeskanzlerin hat es anders entschieden. So wie jetzt auch…
Aber ich habe schnell gemerkt und erfahren: Die Bundeswehr kann man nicht nur mit Verstand führen. Man kann Sie allerdings auch nicht nur mit Herz führen. Die Bundeswehr zu führen verlangt Herz und Härte.
Wundern Sie sich nicht, dass ich mit folgendem Gedanken beginne: In der Bundeswehr ist natürlich vieles nicht in Ordnung, nicht nur im Rüstungsbereich. Das ist normal für Institutionen dieser Größenordnungen. Ich habe in meiner Amtsführung viel Wert darauf gelegt, dass die Bundeswehr eine hohe Wertschätzung in der Gesellschaft und durch die Gesellschaft erfährt. Aber das darf einen kritischen Blick auf Mängel nach innen nicht verstellen. Ich habe meine Rolle immer auch darin gesehen, Fehlentwicklungen offen anzusprechen und Fehler abzustellen. Ich wollte stets auch ein kritischer Chef sein.
Das hat mir zuweilen Ärger eingebracht. Auch innerhalb der Bundeswehr. Das gehört nach meinem Amtsverständnis aber dazu. Kein anderer Minister der Bundesrepublik Deutschland ist in dieser Weise auch als Chef von hunderttausenden von Menschen so gefordert und verantwortlich. Das ist einzigartig und großartig, verlangt aber auch viel.
Gute Führung verlangt nach meiner Auffassung Lob und Tadel. Und beides selten. Ich erwähne das bei meinem Abschied vor allem deshalb, um bei denen für Verständnis zu werben, die meine Kritik nicht verstanden oder abgelehnt haben. Jedenfalls mein Motiv möchte ich offenlegen.
Eine Institution, die sich mit dem Erreichten zufrieden gibt und sich ständig selbst auf die Schulter klopft oder geklopft werden möchte, verliert an Selbstkritik und Klasse. Abstieg beginnt nicht mit Mängeln, sondern mit Selbstzufriedenheit.
Im Mittelpunkt meiner Arbeit stand aber natürlich die Neuausrichtung der Bundeswehr, die sicherheitspolitische Verantwortung Deutschlands in der Welt und die Durchführung der Einsätze. Dazu möchte ich mich heute äußern.
Zur Neuausrichtung
Die Neuausrichtung der Bundeswehr hatte für mich folgende Ziele:
– Die Bundeswehr soll der internationalen Verantwortung Deutschlands als Armee im Einsatz, mit politischem Auftrag, in verschiedenen Einsätzen – von einer Waffenstillstandsüberwachung bis hin zum Kampfeinsatz – gerecht werden können.
– Die Bundeswehr soll demografiefest und gut ausgerüstet sein.
– Die Bundeswehr soll nachhaltig finanziert sein.
– Die Bundeswehr soll ein attraktiver Arbeitgeber sein.
– Die Bundeswehr soll als ein ganz besonderer Teil der Gesellschaft Wertschätzung und Zuwendung erfahren.
– Und in der Bundeswehr sollen die Soldaten kameradschaftlich und die zivilen Mitarbeiter kollegial miteinander umgehen. Einsatzbereitschaft, Tapferkeit, gute Führung und die Freude am dienen sollen die Bundeswehr prägen. Manche mögen das altmodisch finden. Ich finde es nötig und zukunftsweisend.
Für die Neuausrichtung der Bundeswehr waren in kürzester Zeit viele Entscheidungen vorzubereiten, zu planen und zu treffen, die weit in die Zukunft reichen:
– Die verteidigungspolitischen Richtlinien vom Mai 2011 als sicherheitspolitische Grundlage
– Die Eckpunkte zur Neuausrichtung, ebenfalls vom Mai 2011.
– Die Aussetzung der Wehrpflicht und die Einführung des Freiwilligen Wehrdienstes zum 1. Juli 2011.
– Die Entscheidung über die zukünftige materielle Ausstattung in Form der Entscheidung über die erforderliche Anzahl der Großgeräte zu Lande, zur Luft und zu Wasser.
– Die Entscheidung über die Grobstrukturen der Bundeswehr auf allen Ebenen.
Die Neuorganisation aller Führungsstrukturen und aller Kommandoebenen.
– Die Neuordnung und Verschlankung des Bundesministeriums der Verteidigung selbst.
– Ein Personalabbau von über 300.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf bis zu 185.000 Soldatinnen und Soldaten und rund 55.000 Stellen für zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
– Rund 5.000 von 6.400 Organisationseinheiten sind direkt von der Neuausrichtung betroffen.
– Wegen dieser gewaltigen Veränderungen erarbeiteten wir ein Reformbegleitprogramm und ein entsprechendes Reformbegleitgesetz.
– Für die Öffentlichkeit am sichtbarsten, wenn auch nicht am Wichtigsten, war das Stationierungskonzept vom 26.10.2011 mit der Festlegung, wo und in welchem Umfang die Bundeswehr in Deutschland künftig Standorte unterhalten wird.
– Es folgte das Konzept der Reserve vom Februar 2012.
– Der Dresdner Erlass regelt die neue Spitzengliederung der Bundeswehr. Erstmalig seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wird der Generalinspekteur der Bundeswehr oberster Soldat und truppendienstlicher Vorgesetzter aller Soldaten.
– Die Realisierungsplanung legt fest, bis wann im Einzelnen jede Dienststelle umstrukturiert sein wird.
– Das neue Personalstrukturmodell (PSM 185) bestimmt die Dienstpostenaufteilung im Einzelnen für die gesamte Bundeswehr.
– Zwei große Projekte sind in Arbeit: Das Projekt Deregulierung. Und das Projekt Ausbildung.
Mit der Neuausrichtung waren und sind viele Probleme verbunden, vor allem bei der Umsetzung. Ziel der Neuausrichtung war es nicht und konnte es nicht sein,die Zufriedenheit der Soldaten und Mitarbeiter zu erhöhen. Das Ziel der Neuausrichtung war und ist, den Auftrag der Bundeswehr zukunftsfähig erfüllen zu können.
Und doch ist es ein wesentliches Ziel, die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Soldatinnen und Soldaten mit der Neuausrichtung der Bundeswehr in einen besseren Einklang zu bringen. Da ist noch viel zu tun. Insbesondere bei der Verringerung der Notwendigkeit vieler Umzüge und Versetzungen sowie bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, ohne allerdings das typisch soldatische aufzugeben. Ja, auch die Planbarkeit von Zeit ist für die Attraktivität der Bundeswehr von großer Bedeutung. Aber ebenso gilt für mich der Grundsatz: Im Zweifel ist ein Soldat immer im Dienst.
Das führt mich zu einem letzten Gedanken zur Neuausrichtung der Bundeswehr. Die Neuausrichtung der Bundeswehr behandelt nicht nur Strukturfragen. Die Neuausrichtung der Bundeswehr ist genauso ein geistiger Prozess. Ohne Veränderung von Mentalitäten bisheriger Art wird die Neuausrichtung der Bundeswehr keinen Erfolg haben. Deshalb habe ich Diskussionen angestoßen zum Selbstverständnis der Bundeswehr, zum Begriff des Veteranen und auch zur Tradition der Bundeswehr, die insbesondere wertvolle Traditionen der neueren Bundeswehr in den Blick nimmt.
Nun zu den Einsätzen:
Es ist schon ein kleines Wunder, dass die Bundeswehr trotz ihrer Neuausrichtung gleichzeitig ihre Bewährung in den Einsätzen bestanden hat und besteht. Wir haben Einsätze erfolgreich beendet wie in Bosnien und Herzegowina oder verantwortungsbewusst reduziert wie im Kosovo. Wir haben aktiv auf neue Herausforderungen reagiert wie in der Türkei oder in Mali. Wir
haben Weichen für das Ende des ISAF-Einsatzes in AFG gestellt und für einen neuen, anderen Einsatz (Resolute Support) für AFG vorbereitet. Und wir haben einen starken sicherheits- und militärpolitischen Beitrag in internationalen Organisationen, vor allem der NATO geleistet z. B. mit dem Konzept der Rahmennation.
Die NATO und auf absehbare Zeit niemand sonst – ist und bleibt für mich der sicherheitspolitische Anker Deutschlands.
Auch im internationalen Vergleich hat sich die Bundeswehr in internationalen Einsätzen vorzüglich bewährt. Dies gilt für die Einsatzvorbereitung, für dieDurchführung und inzwischen auch für die Nachbereitung. Ein vernetzter Ansatz in den Einsätzen wird von den Soldaten der Bundeswehr gelebt. Sie wissen um die Begrenztheit des Militärischen zur Lösung internationaler Konflikte. Nicht alle Akteure sind so zur gegenseitigen Zusammenarbeit bereit wie die Bundeswehr.
Wir haben gelernt, mit unseren Verwundeten fürsorglich und menschlich umzugehen. Auch hier bleibt allerdings noch viel zu tun insbesondere bei dem Umgang mit seelischen Verwundungen. Ein besonderes Anliegen war mir der Sport als Hilfe für verwundete Soldaten.
Wir haben gemeinsam mit den Hinterbliebenen würdig unserer Gefallenen gedacht.
Die Begegnungen mit den Hinterbliebenen bei den Trauerfeiern oder zum Beispiel beim Volkstrauertag gehören für mich zu den intensivsten, bewegensten und erfüllendsten Momenten meiner Amtszeit, ja meines ganzen Lebens.
Als aktiver Verteidigungsminister musste ich mich bei manchen Formulierungen zurückhalten. Heute muss ich das nicht mehr im gleichen Umfang. Deswegen
möchte ich zu unseren Einsätzen noch folgendes sagen: Deutschland braucht von niemandem in Europa Belehrungen über Art und
Ausmaß unserer internationalen Einsätze. Das gilt auch für Frankreich und Großbritannien. Wir sind bei internationalen Einsätzen mehrfach stärker engagiert als Frankreich. Frankreich hat allerdings aus nationalen Interessen andere starke Einsatzverpflichtungen. Deutschland steht zu seinen Verpflichtungen, auch wenn es innenpolitisch schwierig ist. Eine
Abstimmungsniederlage zur Zustimmung zu einem Einsatz hat eine deutsche Bundesregierung noch nicht erlebt. Insbesondere in AFG, dem schwierigsten Einsatz, haben wir frühzeitig die Bereitschaft zu einem nachhaltigen Engagement unterstrichen, mehr als alle unseren europäischen Partner einschließlich Großbritanniens.
Die fast drei Jahre meiner Amtszeit waren prall gefüllt mit Arbeit: ich habe 34 Auslandsreisen durchgeführt, davon 20 Einsatzreisen, davon wiederum 14 nach
AFG. Ich habe im Laufe der Zeit rund 80 Standort im Inland besucht, insbesondere auch Standorte, die von meinen Entscheidungen besonders negativ betroffen waren. Wir haben Klausurtagungen durchgeführt, Besprechungen aller Art, Vier-Augen-Gespräche mit den Abteilungsleitern und Inspekteuren. Und vieles andere mehr. All das wäre nicht möglich gewesen,
ohne sehr viel Hilfe:
Das beginnt in meinem Büro, bei meiner Sekretärin Frau Richter, die mich seit dem Kanzleramt begleitet. Über die Büroorganisation, das Büro des Persönlichen
Referenten, die Redenschreiber, vor allem die Adjutantur, die professionell und liebevoll jede Reise vorbereitet hat. Ich nenne hier insbesondere meinen
Adjutanten, Kapitän zur See Stawitzki, der mir ein großartiger Adjutant war. Bis hin zum Leiter meines Leitungsstabes, Dr. Teichmann.
Ich bedanke mich bei meinen Kraftfahrern, die tausende von Kilometern unfallfrei für mich und mit mir gefahren sind.
Ich bedanke mich bei meinen Personenschützern, die mich überall hin begleitet haben und mich wirklich in jeder Weise in AFG und anderswo beschützt haben.
Ich bedanke mich bei den beamteten und parlamentarischen Staatssekretären, Herrn Kossendey, Herrn Schmidt, Herrn Wolf und Herrn Staatssekretär Beemelmans. Ich habe Sie mit ins Verteidigungsministerium gebracht. Auf meinen Wunsch und mit dem Einverständnis mit meiner Nachfolgerin bleiben Sie als die treibende Kraft der Neuausrichtung im Verteidigungsministerium.
Ich bedanke mich bei Generalinspekteur Wieker. Sie sind ein ganz besonderer Generalinspekteur: klar, äußerst kenntnisreich, abgewogen, zuverlässig, politisch denkend, anerkannt über alle Parteigrenzen hinweg. Ich wiederhole gerne, was ich bei anderer Gelegenheit gesagt habe: Wer Sie einmal erlebt hat bei Trauerfeiern für gefallene Soldaten, der weiß, was für ein wunderbarer Mensch Sie sind.
Ich bedanke mich bei den Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern, den Inspekteuren und Präsidenten. Sie alle haben in und mit der Neuausrichtung der Bundeswehr Großartiges geleistet.
Ich bedanke mich bei den zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, für die sich auch viel geändert hat und ändern wird im Rahmen des gemischten Ansatzes, den ich verfolgt habe. Und ich bedanke mich bei den Soldatinnen und Soldaten aller Dienstgrade.
Ich habe bewusst bei vielen Ernennungen von Leutnanten formuliert: „Wenn Sie heute Offizier werden, vergessen Sie nie, dass Ihr Beruf nicht Offizier wird, sondern Soldat bleibt. Vom Rekruten bis zum Generalinspekteur bleiben Sie über alle Dienstgrade hinweg kameradschaftlich verbundene Soldaten.“
Die Soldaten haben mich übrigens auch von einem Rücktritt abgehalten, mitten in der Euro Hawk-Krise, mitten in der Flut und mitten im Kampf um das Umspannwerk in Magdeburg.
So nehme ich heute Abschied in großer Dankbarkeit:
– Ich bin dankbar für den unglaublichen Gestaltungsspielraum, den ich in meiner Amtszeit hatte.
– Ich bin dankbar für die internationalen Erfahrungen, die ich sammeln und weitergeben durfte.
– Und ich bedanke mich vor allem für die vielen Begegnungen mit Menschen und menschlichen Begegnungen.
Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zu den Liedern sagen, die ich mir ausgesucht habe.
1. Es beginnt mit dem Marsch „Wir.Dienen.Deutschland.“ Das ist die Kernbotschaft, die ich für die Bundeswehr entschieden habe. Dazu hast Du, Ursula, das Entscheidende gesagt.
2. Das zweite Lied ist eine militärmusikalische Umsetzung des Lieds „live ist life“. Dieses Lied begleitet meine Frau und mich unser ganzes gemeinsames Leben. Für mich war und ist das leben immer live, bis in die letzten Tage hinein…
3. Und schließen wird die Serenade mit dem wunderbaren Lied „Großer Gott, wir loben Dich“. Die Menschen sind für vieles Verantwortlich. Gott sei Dank. Aber nicht für alles. Unser Leben ist in Gottes Hand, am Schreibtisch und im Gefecht. Und das möchte ich mit diesem Lied zum Ausdruck bringen.
Liebe Ursula,
ich wünsche Dir für Deine Amtszeit als Bundesministerin der Verteidigung viel Erfolg, Glück und Fortune und Gottes Segen.
Die Bundeswehr ist mir ans Herz gewachsen. Das bleibt. Über meine Amtszeit hinaus.
Ich melde mich ab.
Andere treten auch nach. Die SZ zitiert morgen aus dem Manuskript von TdM für heute Abend. Das werden insbesondere die Briten hinsichtlich AFG nicht lustig finden:
„Wir sind bei internationalen Einsätzen mehrfach stärker engagiert als Frankreich“, wollte de Maizière laut Manuskript sagen. Frankreich habe allerdings „aus nationalen Interessen andere starke Einsatzverpflichtungen“. Insbesondere in Afghanistan, „dem schwierigsten Einsatz“, habe Deutschland früh „die Bereitschaft zu einem nachhaltigen Engagement unterstrichen, mehr als alle unsere europäischen Partner einschließlich Großbritanniens“. Er habe sich als Verteidigungsminister „bei manchen Formulierungen zurückhalten“ müssen, was er nun „nicht mehr im gleichen Umfang“ müsse.
Ja, bei 447 Gefallenen in Afghanistan finden die Briten das bestimmt witzig…
Naja wenigstens erntet er jetzt. Auch wenn’s Hohn und Spott ist.
Zeigt aber wieder die Einstellung im BMVG, dass man alles besser kann und weiß als die Verbündeten. Der Realitätsverlust geht Hand in Hand mit der Arroganz.
Oder die Kandier, die 2800 Soldaten in der Kandaharprovinz stationiert hatten. Ob sich in Berlin noch jemand daran erinnert, wie die kanadische Regierung (die ihrerseits starkem innenpolitischen Druck ausgesetzt war) in der NATO regelrecht um Unterstützung gebettelt hat, während zuletzt 158 Soldaten gefallen war?
Deutschland macht sich damit keine Freunde in der NATO, wenn man den eigenen Beitrag derart beweihräuchert….
Nachtrag: Der Artikel auf Welt.de mit der feinsinnigen Überschrift „De Maizière poltert gegen Paris und London“ hebt seine Äußerungen gegenüber Großbritannien und Frankreich nochmal besonders hervor:
„Ins Visier nahm der Minister insbesondere zwei Bündnispartner. „Deutschland braucht von niemandem in Europa Belehrungen über Art und Ausmaß unserer internationalen Einsätze“, sagte de Maizière laut Redemanuskript. „Das gilt auch für Frankreich und Großbritannien.“ An die Adresse der Regierung in Paris richtete er die Botschaft, dass die Bundeswehr international „mehrfach stärker engagiert“ sei als Frankreich, das seine Einsatzverpflichtungen eher an nationalen Interessen ausrichte.“
Bin mal gespannt ob und wie diese Äußerungen in Paris und London ankommen.
Das macht die ersten Termine von vdL bei EU und NATO auch gleich mal einfacher. Das Schlimmste ist aber, er glaubt das auch noch.
@all
Siehe Nachtrag oben.
Un
Fass
Bar.
Aber auch ein Bärendienst den TdM da leistet. Mit dieser kurzen Rede hat er alle Zweifel über seine vielleicht doch nicht soo schlechte Arbeit schwupps beseitigt.
Selbstmordrhetorik vom Feinsten! Der weiss schon dass er noch Minister ist oder?
Mein Highlight:
„Aber ich habe schnell gemerkt und erfahren: Die Bundeswehr kann man nicht nur mit Verstand führen. Man kann Sie allerdings auch nicht nur mit Herz führen. Die Bundeswehr zu führen verlangt Herz und Härte.“
Joa, da hat er glatt mal den Verstand weggelassen – würd ich so unterschreiben. Wahnsinn!
Die Äußerungen über FRA und GB werden definitiv nicht ohne Folgen bleiben. Was hat der Mann eigentlich in 3 Jahren als IBUK über außenpolitik gelernt, das ihn nun glauben lässt ein paar Tage nach Amtsübergabe „frei sprechen“ (müsste eher frei beschimpfen heissen) zu dürfen/ müssen.
Ganz zu Schweigen von den vielen faktischen Unwahrheiten die er sich als Lorbeeren selbst beschmückt. (Ansehen in der Öffentlichkeit, Positionierung als Rahmennation etc)
Ein Paukenschlag lauter als beim Zapfenstreich selbst. Mein lieber Herr de Maiziere, bis gestern mocht ich sie einfach nicht so dolle – aber jetzt schäme ich mich offen jemals unter ihnen gedient zu haben.
Wurde der Zapfenstreich eigentlich im Fernsehen übertragen?
Die BMVg Website sprach ja zunächst von 19:10 auf n-tv. Korrigierte dies später auf 19:30.
Ich konnte jedoch weder auf n-tv noch auf Phönix was entdecken.
Und ich bedanke mich auch für die Unterstützung und den Rückhalt unserer Politiker die uns gerne überall hinschicken… Um es nicht falsch zu verstehen, ich bin seit fast 30 Jahren gerne Soldat,war in mehreren Einsätzen und würde das immer wieder tun denn es ist mein Beruf und ich habe einen Eid abgelegt; aber da ich lange genug international gedient habe musste ich mittlerweile feststellen, dass es kein Land gibt das seine eigenen Soldaten so besch… behandelt und dem das Ansehen der eigenen „Parlamentsarmee“ so egal ist (betrifft auch alle anderen uniformierten Dienste) Semper Fi
leider ist die mentalität die hier in der rede durchscheint repräsentativ für die „sicherheitsexperten“ politischer provenienz.
am deutschen wesen..
borniert ignorant außenpolitisch autistisch.
tu felix germania
Ich finde die wenigen Versprecher von UvdL gut bzw. als sehr pointiiert. Absicht war das sicherlich keine, aber Unterbewußtsein und unterbewußte Wahrheit. Hoffentlich hat Einer beim anschließenden Empfang das Glas erhoben und gesagt, Herr Minister ich danke Ihnen und gratuliere Ihnen und unserer Bundeswehr ganz im Sinne Ihrer Rede zu Ihrer Abmeldung.
Nur mal ein paar private Gedanken:
„Ich bedanke mich bei Generalinspekteur Wieker. Sie sind ein ganz besonderer Generalinspekteur: klar, äußerst kenntnisreich, abgewogen, zuverlässig, politisch denkend, anerkannt über alle Parteigrenzen hinweg. Ich wiederhole gerne, was ich bei anderer Gelegenheit gesagt habe: Wer Sie einmal erlebt hat bei Trauerfeiern für gefallene Soldaten, der weiß, was für ein wunderbarer Mensch Sie sind.“
Eine treffende Beurteilung. Aber wäre das eine Stellenbeschreibung würde ich eher an den Vorsitzenden des Verteidigungsauschusses oder den Wehrbeauftragten denken, weniger als den ranghöchsten deutschen Soldaten…
„Aber das darf einen kritischen Blick auf Mängel nach innen nicht verstellen. Ich habe meine Rolle immer auch darin gesehen, Fehlentwicklungen offen anzusprechen und Fehler abzustellen. Ich wollte stets auch ein kritischer Chef sein.
Das hat mir zuweilen Ärger eingebracht. Auch innerhalb der Bundeswehr.“
Das hat bei den Eurohawk-Geschehnissen nicht gerade funktioniert. Soll aber wohl auf seine „Hört-auf-nach-Anerkennungs-zu-gieren“-Rede verweisen.
„Ohne Veränderung von Mentalitäten bisheriger Art wird die Neuausrichtung der Bundeswehr keinen Erfolg haben. Deshalb habe ich Diskussionen angestoßen zum Selbstverständnis der Bundeswehr, zum Begriff des Veteranen und auch zur Tradition der Bundeswehr, die insbesondere wertvolle Traditionen der neueren Bundeswehr in den Blick nimmt.“
Das mit dem Verändern der Mentalität hat auch nicht wirklich hingehauen. Im Vorfeld des Abzuges aus Afghanistan scheinen einige schon hocherfreut zu sein, endlich wieder in den Friedensdienstbetrieb zurückkehren zu können und sich den wirklich wichtigen Problemen zu widmen – der Ausrottung der Basecaps zum Bleistift…
„Und wir haben einen starken sicherheits- und militärpolitischen Beitrag in internationalen Organisationen, vor allem der NATO geleistet z. B. mit dem Konzept der Rahmennation.“
Auch darüber lässt sich trefflich streiten. Und beim Rahmennationskonzept ist eigentlich noch gar nichts durch…
wau.
da hat sich einer auch inszinieren (lassen). Hut ab. Perfect insiziniert. Respekt.
„Die Misere“. Da macht einer seinem zweiten Spitznamen (nach „Büroklammer“) ja alle Ehre! Traurig, dieser Mann galt (gilt) als Leistungsträger der Bundesregierung. Armes Deutschland!
Bei der außenpolitischen Expertise ist es fast schon schade, dass TdM nicht NATO-Generalsekretär wird ;-)
@J.König: Von wegen „Hut ab“. M.M.n. nach war dies auf den ersten Blick eine hervoragende Inszenierung, auf den zweiten Blick „Dünnsch… hoch 3“ und ein weiterer bündnis-, verteidgungs- und aussenpolitischer Faux Pas auf den man gerne verzichet hätte und den nun vdL als weitere Altlasten von „Thomas die Misere“ international am Hals hat. Ein Bärendienst eines Kanzlerin-Teddybärens, dessen Augen seit der Wende verdreht sind.
Ich glaube, J.König wollte ironisch sein.
@Tom-Weinreich: Bei der Kreations- und Multiplikations-Story zum „Nato-Generalsekretär“ war ich selber zufällig mit dabei und auch ich lache mich heute noch darüber kaputt, wer alles daran geglaubt hat. Etwa auch TdM selbst?
Was sollte man auch anderes erwarten? Wenn es noch einer Bestätigung seiner eigenwilligen Ansichten bedurfte, so wurde sie heute geliefert. Jetzt weiß auch der Letzte, dass er scheinbar einen anderen Planeten bewohnt. „Viel Spaß“ ihr Polizisten, Verfassungsschützer, Sportler und Bundesbeamte! Er ist zurückgekommen um zu „ernten“…
Die Hauptsache aber ist, dass sich unsere neue Chefin durch diese Ansichten nicht beeinflussen lässt, eine neue „Saat“ ausbringt und unsere Partner beruhigt. Das wird schwer genug bei den netten „Hinterlassenschaften“.
Zunächst einmal finde ich es ja sehr anständig, dass sich TdM sehr ausführlich bei seinen direkten Mitarbeitern bedankt.
Alles andere ist ein überdeutliches Zeichen der Selbstüberschätzung des BMVg.
Er redet von Mängeln, aber sieht uns weiterhin als besser als Franzosen und Briten.
Er zeigt doch gerade die Selbstzufriedenheit, die er beklagt.
Seine Rede erinnert mich sehr an eine Rede von General Schneiderhan im Jahr 2008 in der er feststellte, dass in Südafghanistan die Lage nicht so schlecht wäre, wenn man sich dort so klug verhalten hätte wie die Bundeswehr im Norden.
Nie habe ich mich so für mein Land geschämt wie in diesem Augenblick.
Unmittelbar danach habe ich mich beim anwesenden britischen Militärattaché persönlich für diese Rede entschuldigt.
Die Rede von TdM zeigt deutlich die Geisteshaltung im BMVg – nicht nur die von TdM.
Man hat 2008 rein gar nichts gelernt. Aber man glaubt ganz viel gelernt zu haben.
Über die Art unserer Einsätze möchte man von Verbündeten also gar nichts hören. Selbstzufriedenheit pur!
Nur noch grotesk – und zu tiefst beunruhigend.
Der Applaus an den entscheidenten Stellen sagt alles.
Die Rede von vdL ist wohl so höflich, belanglos klug und „frisch“ (um nicht zu sagen verlogen) wie solche Reden nun mal sein müssen.
Aber gute Reden hat TdM auch immer gehalten – wie er wirklich ist, zeigte er ja bei der EH-Affäre.
Noch ein Gedanke zu TdM:
Wie man in Großbritannien denkt zeigt wohl diese Rede:
http://www.youtube.com/watch?v=dW7wDpL7-CQ
Das sind schon 2 verschiedene Welten: Selbstüberschätzung vs. Selbstreflexion.
Misere und Moll…
„Er redet von Mängeln, aber sieht uns weiterhin als besser als Franzosen und Briten.“
Bei was sieht er uns als überliegen an? Moralisch? Nehmen wir mal die Briten: Die Ausstattung und die Fähigkeiten kann er nicht meinen, da liegen egal ob Luftwaffe, Marine und Heer WELTEN dazwischen. Taktisch? Operationsführung? Wo bitte? Er kann bloß die vermeintliche moralische Überlegenheit meinen.
Besonders fähige Offiziere bringt man ja auch nicht mehr zustande, wenn ich mir die Generalinspekteure und Inspekteure der Teilstreitkräfte in den letzten 20 Jahen anschaue. Irgendwas ist da im Übergang vom kriegsgedienten Offizierskorps der Bundeswehr zur Nachkriegsgeneration gehörig schief gegangen.
Gemäß Bild soll er bei einem privaten Empfang im Rahmen der Verabschiedung folgendes gesagt haben:
„Die Soldaten haben mich von einem Rücktritt abgehalten, mitten in der Euro Hawk-Krise, mitten in der Flut und mitten im Kampf um das Umspannwerk in Magdeburg“
Ich sage nur: GELOGEN ! ! ! – Denn das hat die Masse der Soldaten bestimmt nicht getan. Es waren sicherlich nur einige wenige „Speichellecker“, die von ihm profitiert haben.
Über den Tag hinaus hat die militärische Führung jetzt einen Grund mehr sich nicht über COIN und zukünftige Konflikte Gedanken zu machen. Die schon immense Selbstzufriedenheit bekommt den Segen des ehem. Ministers. Gerade im Jahr 2014 wäre etwas mehr Realismus zwingend notwendig.
Das gleiche Weltbild wie Jung:
Wir haben den Anderen in AFG vernetzte Sicherheit beigebracht (bei völliger Unkenntnis bzw. Unverständnis der COIN-Debatten).
Mit solch einem institutionellen (!) Selbst- und Weltbild erklärt sich einiges. Die Denkweise von Jung und TdM ist ja die des Apparates. Gleiche Argumentationsmuster kann man in FüAk-Seminaren erleben.
Ein Korrektiv scheint es gar nicht mehr zu geben.
Was für Sätze! Ob er sich seine Reden vorher durchliest? „Gute Führung verlangt nach meiner Auffassung Lob und Tadel. Und beides selten.“ Wer hat ihm denn das mit dem selten erzählt? Entweder ist etwas gut, dann kann man es loben, oder wenn etwas schlecht ist, muss man es auch ansprechen. Aber doch nicht selten. Was ist das für ein Kriterium.
„Eine Institution, die sich mit dem Erreichten zufrieden gibt und sich ständig selbst auf die Schulter klopft oder geklopft werden möchte, verliert an Selbstkritik und Klasse. Abstieg beginnt nicht mit Mängeln, sondern mit Selbstzufriedenheit.“
„Deutschland braucht von niemandem in Europa Belehrungen über Art und
Ausmaß unserer internationalen Einsätze.“
Wie war das mit Selbstzufriedenheit?
Man durchsuche die Rede mal nach der geforderten Selbstkritik…Fehlanzeige.
Aber stringent – auch zum Abschluß: Wasser predigen, den Champus in der Hand. Ein Prosit der Glaubwürdigkeit!
@Schnellmerker
(mal ziemlich OT: Manchmal glaube ich, ich kann mir die ganze Arbeit sparen. TdM’s Aussage zu dem Rücktritt steht oben in seinem Redemanuskript; ist in dem audio zu hören – aber Sie führen halt an, dass Sie es in Bild gelesen haben. Da brauche ich ja nur noch Stichworte oben hinzuschreiben, den Wunschinhalt bastelt sich dann jeder selbst zusammen?)
Die bereits weiter oben angesprochene intellektuelle Leere oder sollte man es als Abgrund bezeichnen, ist erschreckend.
Unabhängig davon, dass z.B. die Briten in Helmand auch nicht gerade blühende Landschaften hinterlassen, so ist deren Streitmacht der unserigen was Dikussionskultur und deren Inhalte anbetrifft um Lichtjahre voraus.
Die Rede und der Applaus zeigen die kleingeistige Haltung von Krämerseelen, die genauso gut in der unteren Wasseraufsichtsbehörde arbeiten könnten.
Verantwortung hat übrigens auch etwas damit zu tun, sich Wahrheiten zu stellen, Fehler einzugestehen und es anschließend besser zu machen, z.B. mittels einer Doktrindebatte.
Auch die US hinterlassen keine blühenden Landschaften. Wer sich mal die Mühe macht die Kräfteverhältnisse in ganz Afg zu vergleichen, fragt sich schon, was die Menge an Soldaten im Süden denn „besser“ machen als wir im Norden. Wenn die ihre Kräfte im Frühjahr so abziehen, wie wir es seit einem Jahr machen, sieht es auch dort so aus, als wäre nie jemand dort gewesen. Die haben mehr Aufwand getrieben sind aber genauso erfolglos. Deshalb teile ich auch Memorias Kommentar bzgl Schneiderhan im anderen Beitrag ausdrücklich NICHT, recht hat er gehabt.
Einfach mehr Leute umbringen, und die per ordre de Mufti alle als Taliban/Terroristen zu deklarieren reicht nicht. COIN hat m.E. Noch nirgends nachhaltig gewirkt, erst wenn die originäre Bevölkerung so richtig die Schnauze voll hat oder der Leidensdruck so groß ist, dass die selbst gegen die Gegner im eigenen Land vorgehen, ändert sich was. Besatzer werden das nie können, und dabei kommt es nicht darauf an,wie man sich sieht,sondern wie man gesehen wird ( erste U-Einheit Kommunikation, wichtig ist nicht was A sagt, sondern was B versteht).
Das Beispiel DEU nach dem WK II zählt nicht, wir hatten vor dem 1000 jährigem Reich auch schon demokratische Strukturen und keine Stammesfürsten mehr.
Ob es den Nationen im Süden wirklich besser ergangen wäre, wenn sie das selbe Verhältnis von Truppenstärke/Fläche/Einwohner wie die Deutschen im Norden gewählt hätten? Und ob das Ergebnis dann auch vergleichbar gewesen wäre?
Ich bezweifle das mal. Dazu sind innere Motivation / Herkunft / Kampfkraft / Nachschubwege der jeweiligen Gegner zu unterschiedlich. AFG ist kein homogener Staat, auch nicht in der Verteilung seiner Schmutzel.
Keine Niederlage im Parlament! Und? Heisst das, dass die Entscheidung deshalb sicherheitspolitisch richtig war? Ist das Vermeiden von innenpolitischen Risiken tatsaechlich der Massstab fuer die Qualitaet der Entscheidung?
Natuerlich sollte DEU darueber Souveraen entscheiden. Aber gerade als Land, dass die Buendnissolidaritaet jahrzehntelang in Anspruch genommen hat, dessen moralische Appelle niemanden in der Welt verschonen und das seinen Wohlstand in der Welt erwirtschaftet, muss man sich auch mal daran erinnern lassen, was damit auch zusammen haengt.
Ueber den Solidaritaetsappell der Buendnispartner im Sueden AFG ist ja hier schon mehrfach geschrieben worden.
@diba:
Es geht nicht „nur“ um mehr Menschen umbringen, sondern um unser Bild vom Einsatz im Süden. Schauen sie sich mal den damaligen zivilen Ansatz der Niederländer in Uruzgan oder der Kanadier in Kandahar an. Reden und Handeln sind beim deutschen Ansatz sehr weit auseinander.
Es ist das Selbstbild der Deutschen als die Erfinder der vernetzten Sicherheit, dass einfach nur grotesk ist. Zivile Praktiker mit sehr viel AFG-Erfahrung mit Deutschen und Niederländern sehen die Niederländer – gerade im „gesamtheitlichen Enagegement“ (TdM) weit vor uns.
Zudem war das Gewaltpotential im Süden – aus historischen Gründen – weitaus höher als im Norden (deswegen sind wir ja in den Norden). Dieser Feindruck (Briten z.T. 1 KIA/ Tag)hätte das deutsche Engagement innerhalb von Monaten politisch und miltärisch zum Kollaps gebracht. Der Sommer 2007 zeigte ja wie stark der Druck unmittelbar wurde – auch wenn die Planung eher reaktiv-defensiv war (siehe BBC-Reportage „Heroes of Helmand“).
Was hätte die Bundeswehr den in der Situation besser gemacht???
Unterm Strich heißt das nicht, dass COIN funktioniert – wir solten aber nicht glauben das wir es besser gemacht haben als andere.
Und wo ist in Deutschland die Reflexion über COIN?
Das Heer2011 ist de facto ein StabOp-Heer für COIN.
@ TW: Sorry, ich hab’s oben wirklich überlesen. – Kommt nicht wieder vor, aber dunkelgraue Schrift auf hellgrauem Untergrund ist für mich auch etwas schwer zu lesen.
Bei so viel Wirklichkeitsverdrängung und Selbstgerechtigkeit fällt mir so rein gar nix mehr ein. Entschuldigt mich … ich geh headdesken.
@memoria: hab ja geschrieben, genauso schlecht, nur mehr Aufwand …
NL und CAN haben es ja sooo erfolgreich gemacht, ist davon was übrig? Und im Süden hats v.a. dort heftig geknallt, wo die US rein sind, die Bauern von den Feldern geschossen haben und immer wieder versucht haben, das von uns nicht praktizierte Austauschen von afgh Führern durchzuführen. Wie gesagt, das heisst ja nicht, dass es bei uns toll gelaufen ist, aber in der Abrechnung sind die anderen auch nicht besser.
Insgesamt aber frustrierend, für alle.
Ob es bei uns zum Abbruch der Mission gekommen wäre? Glaub ich nicht, die Mär dass die Bevölkerung beim ersten Deutschen im Sarg den Einsatz kippt, gab es schon vor 10 Jahren, wir hatten auch unsere Gefallenen,mnichts ausser „freundliches Desinteresse“ im Volk.
@diba:
Unterm Strich wächst jedoch in der Bundeswehrführung hierdurch der Grundtenor:
Dann ist ja alles prima und wir können uns (wieder) zurück lehnen.
Das ist mein Thema.
In einem hat TdM nämlich Recht:
„Abstieg beginnt nicht mit Mängeln, sondern mit Selbstzufriedenheit“
Und die Bundeswehr befindet sich zweiffellos im Abstieg.
Oder sehen Sie das anders?
Sagt ein selbstzufriedener Minister… Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass er Defizite und Mängel offen angesprochen hätte… Oder meint er ausschließlich den Mangel an Selbstkritik?
In dieser schweren Stunde sind meine Gedanken und guten Wünsche bei den Kameraden und Freunden der Bundespolizei.
@memoria
Ich würde beim Thema „Abstieg“ würd ich nicht pauschalisieren. Ich sehe viel Gewinn für das Selbstverständnis und Fähigkeiten der Soldaten aus dem ISAF Einsatz. Da hat sich viel entwickelt, und das zum positiven.
Es gibt allerdings unbestritten viel Schatten, ob das Abstieg ist, oder schon immer so war?
Für mich ist immer wieder erschreckend, was manche an Führungsverhalten an den Tag legen, quer oder auch längs durch die Hierarchie. Nullfehlertoleranz erzieht … Leider in die falsche Richtung, Gleichgültigkeit, man ist ja nur 2 Jahre auf dem Posten und will noch was werden etc … Und durch die wieder neue Struktur ist auch noch noch nichts besser geworden. Wenn ich nur an das Kdo H denke könnt ich gar nicht so viel fre…n, ich ich ko…. wollte.
Ob wir mit unseren Fähigkeiten im Vergleich so schlecht sind? Ich meine nein, die FRZ und GB sind mit einem hohen Selbstüberzeugungsgrad ausgestattet, wir mit einemammergrad auf diesem Niveau.
Und auch die Politik ist m.E. da auf einem Level.
Also Licht und Schatten, leider war halt auch früher nicht alles besser, mir grausts, wenn ich an manchen Kommandeur denke, der es wurde, weils damals fast jeder werden konnte, bei den vielen Btl.
Insgesamt ist aber derzeit aus meiner Beobachtung vor allem eine absolut miese Stimmung, und die drückt deutlich auf die Leistung.
@diba:
Sie scheinen nicht zu verstehen, worauf Memoria richtigerweise hinweist. Unabhängig von dem was übrigbleibt, wäre die Bundeswehr mit dem Affentanz den wir im Norden aufführen nicht nur gescheitert, nein sie wäre vernichtet worden.
Wenn man die Gefechtsberichte und Vorkommnisse aus Nord- und Südafghanistan nebeneinander legt, so hätten wir mindestens Totalausfälle ganzer Patrouillen zu beklagen gehabt. Sogar der Verlust eines ganzen Feldlagers wäre m.E. nach im Bereich des möglichen gewesen.
Ich schäme mich zutiefst, ob der getroffenen Aussagen von Thomas de Maizière. Die Hybris die dieser Staatsdiener! und selbsternannte „Preuße“ an den Tag legt ist absolut unerträglich.
Mit diesem BMVg, diesen Generalen und solchen Politikern ist die Bundeswehr nicht zu retten.
Ich habe nicht gedient und deswegen kann ich die Sachlage natürlich nur begrenzt beurteilen, aber ich denke, dass Herr de Maizière vom fachmännischen her gesehen wahrscheinlich der kompetenteste Verteidigungsminister seit Manfred Wörner war.
Seinen preußisch-spröden, undiplomatischen Charakter mag man ihm zum Vorwurf machen, aber man sollte dabei einige Faktoren nicht aus der Acht lassen.
Thomas de Maizière war 12 Jahre alt, als sein Vater Ulrich Generalinspekteur der Bundeswehr wurde. Bei ihm zu Hause gingen die Adjudanten ein und aus und da wurde über Beschaffung genauso geredet wie über Strategie. Er wurde preußisch-militärisch erzogen und für einen Preußen ist es seine Ehre, seine Pflicht zu erfüllen und er bettelt nicht um Anerkennung dafür, denn er tut nichts anderes als das Notwendige (Sein Vater hat übrigens ein Buch geschrieben, dessen Titel ist: In der Pflicht).
Ich verstehe Herrn de Maizière. Wo bleibt Euer Stolz, wo bleibt Eure Ehre, wenn Ihr für den Dienst den Ihr dem Staat leistet um Anerkennung bettelt?
Wenn der Staat Euch die Anerkennung verweigert, dann ist er der ehrlose Lump, nicht Ihr!
Ich kann natürlich auch Euch verstehen. Ihr werdet in der Gesellschaft geächtet, ja man darf Euch nach einem Urteil des BVG sogar Mörder nennen. Das ist aber historisch begründet und das bekommt Ihr nicht so einfach aus den Köpfen der Menschen heraus. Wenn man z. B. bedenkt, dass wir in Deutschland die Wehrpflicht abschafften, obwohl wir erst seit ca. 25 Jahren offiziell Frieden haben und das 74% der Schweizer erst im letzten Jahr in einer Volksabstimmung für die Beibehaltung der Wehrpflicht stimmten, obwohl die Schweiz seit gut 200 Jahren in keinen größeren militärischen Konflikt verwickelt war, dann erkennt man ganz klar die Auswirkungen des II. Weltkrieges auf unsere Gesellschaft.
Das ist und bleibt ein Problem.
Meint Ihr denn, dass martialische öffentliche Auftreten von Herrn Struck, der erklärte, dass Deutschland am Hindukusch verteidigt werde, hat etwas daran geändert? Tatsächlich musste doch unter seiner Amtszeit das Jagdgeschwader 74 Mölders den Beinamen Mölders aufgeben.
Da hat sich gar nichts geändert, er hat mit seinen Aussagen lediglich Euer Ego gestreichelt, genauso wie der Betrüger, dessen Name ich nicht in den Mund nehmen will, weil er nur Schande über die Truppe gebracht hat.
Tatsächlich ist es doch auch so, dass sich gerade aufgrund der Führungsschwäche der BMVg in der Bundeswehr stark verkrustete Strukturen gebildet haben, die man nur aufbrechen kann, wenn man mit einem Drahtbesen durchgeht. Das das natürlich erhebliche Widerstände auslöst ist vollkommen klar. Schließlich gibt es bei Reformen immer Gewinner und Verlierer und da kann ich die Aussage von Herrn de Maizière: „Ziel der Neuausrichtung war es nicht und konnte es nicht sein, die Zufriedenheit der Soldaten und Mitarbeiter zu erhöhen. Das Ziel der Neuausrichtung war und ist, den Auftrag der Bundeswehr zukunftsfähig erfüllen zu können.“, durchaus verstehen.
Dann beklagt Ihr sein außenpolitisches Verhalten, aber da kommt wieder sein preußischer Charakter durch. Wenn er z. B. darauf hinweist, dass sich Deutschland international mehr engagiert als viele seine Verbündete, dann sagt er lediglich: Ich erfülle meine Pflicht und mir muss niemand sagen, wie ich sie zu erfüllen habe.
Ich wil damit nicht sagen, dass ich alles was Herr de Maizière so von sich gab, als positiv erachte, aber ich wollte Euch darauf hinweisen, dass Herr de Maizière preußische Tugenden verkörpert, die man in Deutschland und auch in der Bundeswehr kaum mehr findet. Als Preuße finde ich das sehr bedauerlich.
Auch glaube ich nicht, dass Frau von der Leyen es schaffen wird, Euch den Respekt der Gesellschaft zu vermitteln. Sie wird, wie so viele Minister vorher, Euer Ego streicheln und ansonsten versagen. Um die Bundeswehr zurück in die Mitte der Gesellschaft zu bringen, dazu braucht es mehr als ein kleines, blondes Weib zu sein, dass bei den Männern den Beschützerinstinkt auslöst.
Beste Grüße
Fritz
Mist, editieren zu spät ….
Ich bin aber voll dabei, wenn es um Kritikfähigkeit und Überheblichkeit geht. Wir wollen aber teilweise nichts lernen, siehe Auswertung „Tanklaster“ oder das Trauma der Truppe „Karfreitagsgefecht“. Bloss nicht rangehen, könnte ja was unangenehmes rauskommen.
@ghostbear:
Unbelegbares Geschwätz
@diba
„Ob wir mit unseren Fähigkeiten im Vergleich so schlecht sind? Ich meine nein, die FRZ und GB sind mit einem hohen Selbstüberzeugungsgrad ausgestattet, wir mit einemammergrad auf diesem Niveau.“
Stimmt die beiden genannten Nationen haben durchaus Selbstbewußtsein bzw. „Selbstüberzeugungsgrad“ (schöne Formulierung übrigens).
Jedoch – zumindest die britischen Streitkräfte setzen sich mit der Thematik Krieg – im Vergleich zu der Bw – inhaltlich und bewußter auseinander und nicht wie hierzulande üblich
a) nur widerwillig sowie in minimalster Dosierung und überhaupt nur dann, wenn es auf gar keinen Fall mehr zu vermeiden ist und
b) dann aber auch so gut wie ausschließlich „hardware-bezogen“.
Was die Fähigkeiten angeht (Atomwaffen explizit ausgenommen) denke ich schon, dass die FRA und GBR Streitkräfte der Bw einiges voraus haben.
Um nur ein Indiz zu nennen die Anzahl der im Ausland stationierten Truppen (entweder im Einsatz od. als „Vorausstationierung“), was zumindest den FRA in MALI m.E. ziemlich geholfen hat.
Da gingen wir mit seinerzeit 225.000 Mann unter Waffen und max . 10.000 im Einsatz schon am Stock (zumindest offiziell).
Wer hat nochmal die Standortentscheidung getroffen? Wer hat entgegen der Fachmeinung politisch entschieden und wer sind die Leidtragenden??!!!! Hat er sich verabschiedet mit tollen Worten ohne zu erwähnen, dass er es war?! Vereinbarkeit und BlaBla und sowieso und Härte und Tadel vs Lob. Ich habe noch nie eine Rede gehört, in der sich ein „Scheidender“ selbst so gelobt hat. Beratungsresistent? Vielleicht ein einziger Lichtblick der mir auffiel: er hat Bonn-Berlin anders gewertet und das ist vielleicht auch gut so. Aber der Rest war ungehobelt, undurchdacht und oft schlecht vorgetragen. Nie hatte ich das Gefühl, er interessiert sich tatsächlich für die Belange der Angehörigen. Und es bleib eine Misere für alle, denn die Reform ist ja unumstößlich. Zu schnell, zu reisefreudig, zu oberflächlich usw. und zu abhängig vom politischen Interesse. Was gut ist, ich habe die Bundespolizei gefragt, was sie davon gehalten haben, dass ich jetzt eine Chefin habe und sie ihren Alten zurück: mmmpfh
Somit
Holarido, Juchuh und Jippije jetzt kommt DIMOIDO!
@diba:
Wie ich sehe haben Sie sich die Diskussionskultur beim ehemaligen IBuK abgeschaut.
Wer den Ausbildungsstand der Truppe mit der Opposition die im Süden vorhanden ist vergleicht, wird meine Aussage aber kaum als Geschwätz abtun.
Wenn Sie mir nicht glauben, können Sie ja gerne mal im GÜZ einen Zug in einen Vernichtungshalt fahren lassen, in welchem die Aufständischen in Zahl 25-75 auftreten und mit sMG und Mörsern ausgerüstet sind und sogar den Nahkampf suchen.
Oder Sie lassen mal vor Ihrem inneren Auge ablaufen was in einem deutschen Feldlager ablaufen würde, wenn es tatsächlich koordiniert angegriffen würde, wie es im Süden vorkommt.
Keine Kampfmittel auf der Stube, FZg Mun technisch abgerüstet, bzw. bekannte Abstellplätze für die aufgerüsteten, Party bei den Sanis, Ktgt-Wechselphase und noch ein kleines Ablenkungsmanöver um die NTM Teile aus dem Lager zu ziehen.
Worst-Case? Ja sicher, aber heißt das, das er unmöglich ist?
Offiziere sollten das Unmögliche denken, wir tun das Gegenteil hauen uns noch auf die Schulter und sagen bei den anderen ist alles Scheiße. Prost Mahlzeit!
Ist alles was die Franzosen und Briten tun gut und richtig? Natürlich nicht.
Sind diese Länder militärisch, bei Betrachtung aller Faktoren (Moral, Kampfgeist, Kultur, Führung, Ausbildung und Ausrüstung), kompetenter? Ich jedenfalls lasse mich gerne von Kameraden aus diesen Ländern belehren und schaue mir Dinge ab.
Ich will damit nicht die Leistung Einzelner abqualifizieren, aber in der Gesamtschau ist die deutsche Armee einfach nicht im Ansatz kriegstauglich. Dafür wurden wir aber aufgestellt, dafür werden wir alimentiert und ausgerüstet.
Statt uns also selbst zu feiern, wie TdM das so gerne in „preußischer“ Tradition macht, muß die Politik endlich definieren ob und wofür wir uns eine Armee halten.
Wenn die Antwort ABM für 185000 + z.Z. 100000 ist, können wir das billiger haben, indem wir alle nach Hause schicken und weiter bezahlen (~11 vs. ~33 Mrd.).
Wenn die Antwort aber Landes- und Bündnisverteidigung oder gar weltweit einsetzbares Heer lautet, dann muß sich schleunigst etwas ändern.
Korrektur: Es sollte natürlich Vernichtungshinterhalt heißen.
Sorry für den Ton, musste grad weg.
Den S und N kann man nicht 1:1 vergleichen, korrekt. Die Probleme sind zum grossen Teil aber Hausgemacht durch die Truppe und Führer vor Ort. Und damit sind die eben nicht besser in der Abrechnung.
Ich bin der Meinung, das wir mit dem Szenario auch fertig würden, unsere PzGren und Fallies sind nicht weniger bissig als die US FRZ GB wenn es drauf ankommt.
Und klar, wer nicht weiss was er will, kann auch nicht definieren was er braucht.
Es ist nicht mehr einfach, an ein Verbesserung zu glauben, wobei der Glaube ja bekanntlich….. „Das Beste daraus machen“ bekommt man eigentlich schon am ersten Tag mit Eintritt in die Bw z.K. Na dann – Tschüss-mal Thomas und nen-juten-Tach-och liebe Tante Ulli. Nach 100 Tagen sollte spätestens was zu sehen sein und bis dahin – fröhliches Wehrwurschteln!