Framework-Nation Deutschland: ‚Wir müssen auch liefern‘
Wenn ein Drei-Sterne-General, noch dazu der stellvertretende Generalinspekteur der Bundeswehr, davon spricht, dass Deutschland in einem Anlehnungsmodell künftig bei absehbaren Missionen mit Verbündeten auch liefern muss, dann werde ich natürlich hellhörig: Was meinte Generalleutnant Peter Schelzig am (heutigen) Dienstag bei der Handelsblatt-Konferenz Sicherheitspolitik und Verteidigungsindustrie in Berlin mit seiner Aussage Wir werden zur Kasse gebeten?
Schelzig bezog sich dabei auf das so genannte Framework Nations Concept, das die Bundesregierung in der NATO vorgeschlagen hat (bislang noch nicht in der EU, aber das kann ja noch kommen.)
Offensichtlich meint Schelzig nicht in erster Linie, dass die Bundesrepublik nun in die Kasse schauen muss, bevor sich Deutschland anderen Nationen als Anlehnungsmacht für bündnisgemeinsame militärische Einsätze anbietet – so jedenfalls will er das nicht verstanden wissen. Wohl aber, daraus macht der GI-Stellvertreter keinen Hehl, dass er künftig wenig Spielraum für Deutschland sieht, eine Beteiligung an Einsätzen abzulehnen. Wie auf meine Nachfrage Schelzig und der deutsche Militärische Vertreter bei NATO und EU, Generalleutnant Markus Bentler, erläuterten, muss das ja nicht mehr Geld für den deutschen Verteidigungshaushalt bedeuten:
Vor dem Hintergrund dieses Konzepts ist natürlich die Vereinbarung im Koalitionsvertrag der Wunsch-Regierungspartner Union und SPD interessant, nach der eine Kommission überprüfen soll, ob es im Hinblick auf den Einsatz deutscher Soldaten in gemischten NATO- oder EU-Verbänden bzw. in Stäben eine Anpassung der Parlamentsbeteiligung geben soll. Verteidigungs-Staatssekretär Rüdiger Wolf zierte sich auf der Konferenz zwar zunächst, dazu etwas zu sagen – schließlich wolle er kein Signal in Richtung SPD-Mitgliederbefragung geben, wie der Koalitionsvertrag zu interpretieren sei. Dann ließ er sich doch zu einer vorsichtigen Interpretation hinreißen: Die Vereinbarung bedeute nicht den Willen, das Parlamentsbeteiligungsgesetz zu verändern, sondern erst mal zu erfassen, ob Veränderungsbedarf besteht.
Da könnte es doch ein, wie sagt die Truppe, Delta geben. Prüfen, ob Veränderungsbedarf für gemeinsame Assets mit Verbündeten nötig ist, zugleich aber die eindeutige Erwartung, dass Deutschland mehr liefern muss – das müsste irgendwann mal aufgelöst werden.
(Foto: Peter Schelzig – Foto Euroforum/Wolfgang Borrs)
Warum „muss“ Deutschland???
Die Frage hat mir noch keiner beantworten können. Haben wir keine Souveränität zu entscheiden was wir „müssen“?
Doch. Deshalb ist das Anlehnungskonzept ja auch ein riesiger Quatsch. Wenn die Holländer in den Einsatz wollen, sich aber an Deutschland angelehnt haben, das sich nicht beteiligen möchte, müssen die Niederlande zur Kompensation bei einer dritten Macht anklopfen. Und warum sollte das, was bei AWACS nicht klappt, plötzlich bei anderen Fähigkeiten klappen?
Herr GenLt Schelzig hat sachgerecht ausgesprochen,was sich aus dem sicherheitspolitischen Bedürfnissen einer Handelsnation,wie Deutschland eine ist, ergibt und dies in Korrelation zur von Deutschland frei gewählten,dennoch Notwendigkeiten folgenden,Bündnisarchitektur.
Und ich sehe es wie Sie,Herr Wiegold,jetzt gilt es diese gelungene Skizze des stv. GI konzeptionell und organisatorisch zu unterlegen.
Darauf darf man gespannt sein.
Grundsätzlich kann ich der Idee zustimmen.
Fraglich aber, womit wir uns bei den Einsätzen beteiligen wollen.
Dem einen seetüchtigen Schiff? Überlasteten Sanis? Infanterie, die dann von einem Einsatz direkt in den nächsten geht?
Solange wir weiterhin kaputt gespart werden, sollten wir die Weltverbesserungsphantasien vielleicht nur vorsichtig vertreten.
@b:
Meiner Meinung nach „müssen“ wir vor allem mal liefern weil wir – wenn wir denn mal in den Einsätzen sind – mit einem ziemlichen anmaßenden Blick vor fremden Türen kehren (z.B Stichwort CivCas vor Kunduz) und gern mal anderen Nationen erklären „wie es denn so läuft“ – militärisch und vor allem politisch/ethisch/grundsätzlich.
Verglichen mit der tatsächlichen Arbeit und dem Willen ein militärisches Risiko einzugehen machen wir uns gern ein wenig lächerlich, zumindest wird es auf der Arbeitsebene (Höhere Führungsebenen bezeichnen das gern als „Froschperspektive“ oder „mangelnden Blick für das Ganze“) so Empfunden, nämlich als das angesprochene Delta zwischen Anspruch und Leistung.
Ich bitte das jetzt nicht nur auf das Beispiel ISAF fixiert zu sehen auch wenn das Beispiel aus Afghanistan kommt, und mir ist auch bewusst dass das ein Problem der stringenten politischen Linie und kein rein militärisches ist.
Meiner Meinung nach müssen wir also liefern – oder unseren Anspruch an internationale Sicherheitspolitik innerhalb einer „arbeitswilligen“ internationalen Gemeinschaft herunterschrauben.
Und es ist auch nicht die Aufforderung, doch bitte umgehend das dt. EinsKtgt ISAF direkt nach Mali zu verschiffen..
Dieser Ansatz ist von der Kanzlerin selber in’s Spiel gebracht worden. Aber wer weiss warum. Vielleicht sollte es nur von irgendetwas anderem ablenken, oder sie will ihren Nachfolgern spaeter mal sagen koennen, wie hellsichtig sie war, ohne es aber konkret in die Tat umgesetzt zu haben, weil es haette Stimmen kosten koennen. Denn schliesslich geht es nur um den Besitz der „Macht“ nicht um deren Nutzung zur Umsetzung von Inhalten.
@ BMVg und dessen leitendes Personal:
Hört auf! Hört endlich auf! Hört auf die Bürger dieses Landes, die Soldaten und Soldatinnen und die Welt da draußen für dumm verkaufen zu wollen. Hört auf mit den leeren Worthülsen, mit dem Geschwafel und dieser ekelhaften political correctness! Hört endlich auf euch als Erklärbär für eine Bundesregierung mißbrauchen zu lassen die dieses Thema meidet wie der Teufel das Weihwasser. Hört auf eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners zu verteidigen, die der Truppe einerseits die nötigen Mittel, den nötigen Rückhalt und die Rechtssicherheit verweigert und die Soldaten und Soldatinnen andererseits aber als Bauern im Schach der Außenpolitik mißbraucht.
@csThor:
Dafür würdest bei Facebook von mir ein „Like“ bekommen …
Bisher ist kein Einsatz am Parlament gescheitert. Awacs, Lybien etc. war politisch nie getragen. Das mag man nicht hören wollen, trifft aber den Kern.
Nach einem Artikel im Spiegel zum Framework Nations Concept ist die Skepsis der anderen Nationen hoch. Ja, die BuReg hat das Concept lediglich auf Nato Ebene eingebracht, allerdings mit klarer Zielrichtung gen europäische Partner. Es geht eben darum Doppelungen zu vermeiden. Wie sagte BM TdM zuletzt in einem anderen Interview: Sein Wille sei vorhanden, ob es international trâgt, bleibt abzuwarten.
@ Viva
Daß „Misere“ die Frechheit besessen hat das Konzept überhaupt auf NATO-Ebene vorzustellen ist schon schockierend. Das spricht von einem Grad an Realitätsverweigerung und Nicht-Wissen um die grundlegenden Probleme der Sicherheitspolitik in Deutschland bei dem sogar einem Laien wie mir der Atem stockt. Lebt der so in seinem hauseigenen Mief, daß er nicht mitbekommt wie der Hase in der letzten (und wohl auch in der neuen) Bundesregierung gelaufen ist? Schon die VPR hat er „hausintern“ gemacht, wohlwissend daß Klein Guido schnell zu Mutti gerannt wäre und diese hätte kassieren lassen. Hätte TdM Rückgrat und Charakter so hätte er der NATO mitgeteilt, daß sie bis auf weiteres nicht auf die BW zu rechnen brauchen und stattdessen eine innerdeutsche Debatte zu dem Thema ERZWUNGEN. Aber ein Politiker mit Charakter und Rückgrat? Gibts den auch wirklich?
Ich denke dass für so viel Wahrheit, bestimmt ganz schön auf die Mütze bekommt
Das er recht hat sieht man KFOR Beitrag, Franzosen wollen raus, USA werden wohl Zwangsweise auch die Truppen Richtung China Verlegen müssen, was die Staatliche Medien herunter spülen müssen, Gegensatz zu den Privaten
Zu diesem schon der Heißen Konflikt im Pazifik wurden die Briten heute in der Staatlichen Zeitung China noch mal Beleidigt
Sinngemäß das heute der Britische Premier kommt der nur noch zum Reisen gut ist und Essen aber sonst nicht mehr zu sagen hat ( weil England keine Macht mehr ist )
Kommt auf die Deutschen bald zu das wir den Ganzen KFOR Einsatz leiten müssen, und geht bei unsere Politiker glaub nicht gut aus
@b
Norden Afg mussten die USA eingreifen
„Das spricht von einem Grad an Realitätsverweigerung und Nicht-Wissen um die grundlegenden Probleme der Sicherheitspolitik in Deutschland bei dem sogar einem Laien wie mir der Atem stockt.“
Das mag sein, wenn Ihm aber dann vom Stelver. GI suggeriert wird, das das einzige Hindernis auf dem Weg dahin, die Änderung von Regularien und ein wenig mehr politischer Konsens in Sachen „Einsatzwillen“ ist, dann ist das nicht weiter verwunderlich.
Mir soll mal einer erklären warum insbesondere die Generalität nicht in der Lage ist klar und deutlich einmal auszusprechen, dass die Bundeswehr unter den aktuellen Rahmenbedingungen ( Reform u. Finanzen) Schwierigkeiten hat den Grundbetrieb aufrecht zu halten, und ihre Auslandseinsätze auch nur deshalb organisiert bekommt, weil es sich entweder um auslaufende Stabilisierungseinsätze geringen Ausmaßes und Intensität handelt, oder sie eher symbolischen Akten entsprechen.
Wie will man da als gleichwertiger Partner oder gar als hochwertige „Framework Nation“ agieren.
Ist ein GI oder ähnlich nicht auch dafür da der Politik ein Feedback über das Delta zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu liefern und falls notwendig auch Publik zu machen?
Damit Steuergelder und im schlimmsten Fall, Soldaten nicht sinnlos verheizt werden.
gibt es dafür keine Controller?
Das Problem es muss sehr viel Geld her
Statt die 70 % was ist der Schweiz auch nie Funktionierte müssen wir von 120 % Reden
Umlauf Reserve und Vorbehalt für Auslandeinsätze
Die Fahrzeuge wie für PzGren Boxer für Auslandeinsätze da sind, das man nicht überall mit dem Puma rum Kurven muss
Spez. Ari Fahrzeuge die man nur im Auslandeinsatz braucht
Und Fahrzeuge die zur Reserve steht die auch zum Umbau bereitstellen kann
Aber es müssen auch Fahrzeuge bleiben, um als Verteidigung gebraucht werden.
Das Gerät da ist , wie Russland zur Zeit schwellt in Kürzester Zeit Umzurüsten zu können , und nicht in Monaten Umgebaut werden müssen
Herr Schelzig hat es verstanden – vmtl. einer der wenigen in dieser Verantwortungselite. Diese Nr. von der Anlehnungsmacht geht jetzt langsam in Luft auf. Denn wenn die Ahnlehnungsmacht nicht weiß was sie will, oder aber dafür gefühlt zwanzig Jahre Zeit braucht, dann will sich auch kein Holländer oder Belgier „anlehnen“ – Franzosen und Briten ohnehin nicht.
Den MB kann ich nicht für voll nehmen, sorry. Der lebt irgendwie in einer Scheinwelt.
Sorry, wenn ich schon diese Worthülse „liefern“ lese, dann stehen mir die Haare zu Berge. Der letzte der das sagte, ein bekannter Chef einer Partei, die in Kürze im Deutschen Bundestag nicht mehr vertreten ist, wollte auch „liefern“. Sprach’s und verschwand… Parallelen??? ;-)
Herr Erwin
Das heißt nix einer bleibt da egal wenn Franz du in Afrika immer mehr bist und du USA in Pazifik einer von euch bleibt da , wir können das nicht , oder wir gehen dann auch , wen ihr nicht bleibt
Wir bleiben ewig 6 Jahre alt
@csThor dass ich diesen Namen mal wieder lesen würde. Weckt alte Erinnerungen :)
Wieso lehnen wir uns nicht einfach frech an die Franzosen an? Schließlich haben die einen Flugzeugträger. Auf mehr scheint es bei der Debatte doch nicht anzukommen. Dass man sich nach so vielen Jahren überhaupt noch darüber aufregen mag.