ZDF-Interview mit von der Leyen als designierte Verteidigungsministerin (Nachtrag: Wortlaut)

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Ursula von der Leyen hat am (heutigen) Montagabend ihr erstes Interview im ZDF ein ausführliches Interview* als designierte Verteidigungsministerin gegeben – in dem neuen Amt vereidigt wird sie ja am Dienstag.

In dem ZDF-Gespräch räumte sie unter anderem ein: Ich werde viel und hart arbeiten müssen, um mich einzuarbeiten – aber weist auch auf eines hin: Grenzentscheidungen, die zu Leben oder Tod führen, seien ihr als Ärztin nicht fremd.

Das ganze Interview (ich weiß nicht, wie lange es in der ZDF-Mediathek stehen bleibt) zum Ansehen hier.

(*Pardon, mein Fehler – das erste Interview war wohl am Montag im ARD-Morgenmagazin.)

Nachtrag: Das Interview im Wortlaut:

Frage: Sie haben sich seit gestern auf die charmante Formulierung festgelegt, dass Sie einen Riesenrespekt haben vor diesem Amt, aber es sich doch irgendwie auch zutrauen. Worauf gründet dieses Zutrauen?

Antwort: Ich glaube, die meisten wissen zwar, dass ich nicht gedient habe. Das ist klar. Aber das haben die allermeisten Verteidigungsminister vor mir zwar getan. Aber es gibt auch einige, die auch nicht gedient haben, die gute Verteidigungsminister waren. Ich glaube, ich bringe drei besondere Erfahrungen mit. Ich weiß, dass moderne Verteidigungspolitik, Sicherheitspolitik heute in internationalen Bündnissen stattfindet. Ich habe sehr viele internationale Erfahrungen. Ich bin in Brüssel geboren und aufgewachsen. Ich habe in London studiert, in den USA gelebt und gearbeitet. Das heißt, es hilft, dass ich die Sprachen spreche und ich habe natürlich als Ministerin in den letzten zehn Jahren auch viel internationale Verhandlungen und Erfahrungen gewonnen.

Ich bringe noch eine zweite Erfahrung mit, die, glaube ich, auch für die Bundeswehr wichtig ist. Nämlich die Bundeswehr heute mit der Freiwilligenarmee muss sich ganz normal im Arbeitsmarkt behaupten und mit den ganzen anderen zivilen Unternehmen konkurrieren. Das heißt, sie braucht Menschen aus der Mitte der Gesellschaft. Sie muss hochattraktiv sein als Arbeitgeber. Und das dritte, was mir wichtig ist. Ich finde, dass die Bundeswehr noch attraktiver werden muss für Frauen.

Frage: Nun sind wir ganz schnell wieder ins Vokabular der Sozial- und Arbeitspolitik geraten… Die Bundeswehr ist auch eine Streitmacht. Und das geht um Dinge wie Waffentauglichkeit… Sie werden nicht viel Zeit zum Eingewöhnen haben?

Antwort: Ich werde viel und hart arbeiten müssen, um mich einzuarbeiten. Ja, Sie sagen zurecht, es wird um Entscheidungen gehen, die Leben oder Tod bedeuten können. Ich glaube auch, da hilft, dass ich Grenzentscheidungen als Ärztin kenne und weiß, dass Handeln zu Leben oder Tod führen kann, aber auch Nicht-Handeln zu Leben oder Tod führen kann. Der Mordsrespekt, über den ich heute gesprochen habe, rührt vor allem auch aus dieser großen Aufgabe, die vor mir liegt. Ich weiß aber auch noch eines: Dieses Bundesverteidigungsministerium, das ist ja nicht eine grüne Wiese, auf die ich komme, sondern dass ist ein exzellentes Haus, mit enorm viel Fachwissen. Und das auch zu nutzen, da rein zu hören, da zu lernen, und dazu bin ich bereit auch, das ist mir wichtig. Wenn Sie die Rüstungsprojekte ansprechen, ja, das ist völlig neu für mich. Aber auch da heißt es, sich einarbeiten.

Frage: Herr de Maizière hat sehr schnell gemerkt, wie ungeheuer man dann auch ausgeliefert ist den Fachleuten im eigenen Haus. Und das kann auch ganz schnell aufs Glatteis führen. Müssen Sie das nicht fürchten?

Antwort: Ja, und aus dieser Erfahrung heraus hat Thomas de Maizière auch die Neuausrichtung der Bundeswehr konsequent, gerade auch in diesem Bereich, vorangetrieben. Das heißt, ich baue auch auf etwas auf, was ich weiter entwickeln möchte. Er hat eine Herkules-Aufgabe geleistet. Ich weiß, dass es ausgesprochen anstrengend gewesen ist und dass diese Reform, diese Neuausrichtung der Bundeswehr noch lange nicht zu Ende ist.

Frage: Der Wechsel hätte der Bundeswehr erspart bleiben können, wenn Ihnen das Gesundheitsministerium gereicht hätte?

Antwort: Die Entscheidung hat die Bundeskanzlerin gefällt. Und, wie sie zumindest in der Bundespressekonferenz sagte, sei das ein längerer Plan schon gewesen. Und ich glaube, diese Entscheidung ist absolut zu respektieren. Ich finde wichtig, dass in der Bundeswehr und die Aufgabe, die ich übernehme, dass ganz klar ist, dass für mich wichtig ist, dass diese Truppe, dass die Bundeswehr den Rückhalt hat der Bevölkerung. Das ist auch meine Aufgabe, dafür zu werben und dafür zu sorgen. Und ja, dass wir Transparenz und Offenheit gerade bei dem Rüstungsprojekte haben. Das sind aber auch Dinge wie Controlling, die kennt man auch aus anderen Unternehmen. Also das ist etwas, was ausschließlich nur auf die Bundeswehr zugeschnitten ist. Das heißt, man kann da auch mit den modernen Verwaltungs- und Controlling-Mechanismen einiges verbessern. Und das ist der Prozess, den Thomas de Maizière angefangen hat und auf dem ich weitergehen möchte.

Frage: Welche Chancen geben Sie denn dem Projekt als ganzem? Die SPD hat doch immer vor Augen, dass sie eine zweite Möglichkeit hat, eine, die die CDU nicht hat. Es könnte versucht werden mit Rot-Rot-Grün. Und dann wäre Sigmar Gabriel Kanzler, und nicht mehr Zweiter. Dann muss doch die Versuchung übermächtig werden, beim ersten richtigen Koalitionskrach. Steht Ihnen das nicht bevor in absehbarer Zeit?

Antwort: Nein, denn da, vor dem Szenario, das Sie eben geschildert haben, steht noch die Frage Glaubwürdigkeit. Und wir haben jetzt in Koalitionsverhandlungen viel Vertrauen zueinander gewonnen. Die SPD hat um großes Vertrauen bei Ihren Mitgliedern geworben und dieses Vertrauen auch bekommen, ausgesprochen bekommen für die große Koalition. Darauf gründet diese Regierung. Und zur Glaubwürdigkeit gehört auch dazu, dass man auch dazu steht. Das gilt für uns beide, für beide Seiten. Wir wollen das, wir wollen vier gute Jahre regieren. Danach, klar, geht es wieder in den Wahlkampf. Aber die Frage der Glaubwürdigkeit, ob man steht zu dem, was man auch wollte, wofür man geworben hat, die steht an allererster Stelle, gerade wenn sie das Szenario, das Sie eben formuliert haben, aussprechen.

Frage: Und wenn in vier Jahren wieder Wahlkampf ist und Sie erfolgreiche Verteidigungsministerin waren, haben Sie den perfekten Lebenslauf als nächste Kanzlerin. Ist das auch richtig?

Antwort: Ich mag diese Spekulationen überhaupt nicht. Aber wir haben die perfekte Kanzlerin. Das ist meine tiefe Überzeugung. Und in jeder Generation gibt es eine Kanzlerin, einen Kanzler. In meiner Generation ist das Angela Merkel.

(Foto: Screenshot des Interviews)