Bemerkungen vom Bundesrechnungshof: Vom Einsatz her denken?

Bei den jährlichen Bemerkungen des Bundesrechnungshofs (BRH) findet die Bundeswehr immer eine prominente Erwähnung – vor allem, weil es einer der Etats mit viel Investitionsanteil und sehr viel zu verwaltendem Personal ist. Der am (heutigen) Dienstag in Berlin vorgestellte Jahresbericht 2013 macht da keine Ausnahme. Und praktisch alle Medien haben die Kritik aufgegriffen, die BRH-Präsident Wolfgang Engels in seinem Statement erwähnte – an der Praxis der Bundeswehr, Material für Entwicklung, Erprobung und Forschung zu verleihen, aber längst den Überblick verloren zu haben, wo das Zeug nun eigentlich steht.

Auch wenn das mit fehlendem Material für 92 Millionen Euro schon eine Hausnummer ist (und offensichtlich seit 20 Jahren unverändert ein Problem): Es gibt bei den Bemerkungen zum Haushalt des Verteidigungsministeriums noch ein paar andere Kritikpunkte, öffentlich noch gar nicht so wahr genommen, die vor allem den Slogan Vom Einsatz her denken ad absurdum führen.

Am Auffälligsten finde ich da das Debakel bei der Verfolgung von Material im Einsatz – gerade angesichts der laufenden Rückverlegung aus Afghanistan. Auszug:

Für die Materialversorgung der Auslandskontingente in Afghanistan beschaffte die Bundeswehr im Jahr 2004 für 5 Mio. Euro ein Materialverfolgungssystem. Dabei beteiligte sie sich nicht an dem Verfahren anderer NATO-Mitgliedstaaten.

Die Bundeswehr wollte das System später in SASPF integrieren. Die hierfür eingeplanten Haushaltsmittel von mehr als 12 Mio. Euro gab sie für andere Teilprojekte aus. Da weitere Investitionen nötig gewesen wären, entschied die Bundeswehr, das System ab dem Jahr 2011 nicht mehr zu nutzen. Für die Materialrückführung aus dem Afghanistaneinsatz will sie sich nun von einem gewerblichen Dienstleister unterstützen lassen. Für insgesamt 8 Mio. Euro soll dieser mit seiner eigenen Technik die Materialverfolgung von etwa 4 800 Containern und 1 200 Fahrzeugen nach Deutschland sicherstellen.

Ob die Streitkräftebasis da auch mit ihrem Slogan wirbt Ich war’s? Schließlich lobt sie in ihren Berichten immer, wie toll das läuft…

Für die Einsätze ebenfalls relevant und für die betroffenen Soldaten noch ein wenig ärgerlicher dürfte sein, was der BRH zur Zahlung von Auslandsverwendungszuschlägen (AVZ) herausgefunden hat:

Die Bundeswehr führte die entsprechenden Akten nicht ordnungsgemäß. Sie konnte Unterlagen zu Zahlungen der AVZ nur mit erheblichem Arbeitsaufwand zur Verfügung stellen. Deshalb musste der Bundesrechnungshof den Umfang seiner Prüfung soweit einschränken, dass er die Qualität der Bearbeitung der AVZ durch die Bundeswehr im Ausland nicht sicher beurteilen kann. Er prüfte die Berechnung der AVZ auch im Inland. Bei einer Dienststelle waren 30 % der Fälle fehlerhaft. Soldatinnen und Soldaten wurden häufig unter- oder überzahlt.

Ein Drittel fehlerhafte AVZ-Berechnung bei einer Dienststelle, keine Klarheit über die Genauigkeit der AVZ-Berechnung im Einsatz… Ich würde da noch mal genauer auf meine Abrechnung gucken. Würde ich auch ohne Auslandseinsatz tun, denn auch der Sold wird gerne mal falsch berechnet:

Aufgrund von Prüfungserkenntnissen hatte der Bundesrechnungshof dem Bundesverteidigungsministerium empfohlen, die Gehaltszahlungen zu kontrollieren. Das Bundesverteidigungsministerium stellte daraufhin fest, dass nahezu 2 000 Soldatinnen und Soldaten überwiegend zu niedrige Gehälter erhalten hatten. Mit dem neuen IT-Verfahren zur Berechnung und Zahlung der Gehälter (SASPF) ist es nicht möglich, zentral und mit vertretbarem Aufwand die Zahlungen der Gehälter an die Soldatinnen und Soldaten zu kontrollieren. Die Besoldungsakten der Soldatinnen und Soldaten führt die Bundeswehr als Papierakten an verschiedenen Standorten. Deshalb ist es aufwendig die Zahlungen nachträglich manuell zu prüfen. Zusätzliche Kontrollfunktionen in SASPF und eine elektronische Besoldungsakte könnten diesen Mangel beheben. Diese hat die Bundeswehr aber aus finanziellen Erwägungen bisher nicht eingeführt.

Und ich hatte geglaubt, die Einführung des neuen IT-Verfahrens zur Berechnung und Zahlung der Gehälter mit SASPF diene gerade dazu, die Zahlungen zu kontrollieren? Wofür denn sonst?

Verglichen damit ist der Kauf von ungeeigneten Ökostrom-Zertifikaten für 3, 5 Millionen Euro ja eher Kleinkram.

(Foto: Hoffentlich in der Materialverfolgungsliste erfasst: Marder-Schützenpanzer nach Übergabe des Feldlagers Kundus bei Ankunft in Masar-i-Scharif – Bundeswehr/Christian Schneider via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)