Nach Alarmmeldung: (Fast) Schluss mit Lariam bei der Bundeswehr

Die (befohlene) Einnahme des umstrittenen Malaria-Mittels Mefloquin, Handelsname Lariam, bei Bundeswehreinsätzen (wie oben in Uganda) hat in den vergangenen Jahren mehrfach Aufmerksamkeit erregt: Nebenwirkungen des Medikaments sind schon länger bekannt, vor allem Nebenwirkungen, die man bei keinem Menschen mit einer Waffe in der Hand sehen möchte: Depressionen, Angstzustände oder Halluzinationen. Die US Army hatte deshalb schon im November 2011 Lariam von ihrer Medikamentenliste gestrichen.

Bei der Bundeswehr dauerte es etwas länger, nachdem der Sanitätsdienst das Medikament lange verteidigt hatte: Recht unauffällig ist die Truppe im September dieses Jahres von Lariam als Mittel der Wahl abgerückt – und empfiehlt stattdessen Malarone als erste und Doxycyclin als zweite Wahl. Offensiv hat die Bundeswehr das nicht nach außen kommuniziert, in einem Interview mit dem Zuständigen für vorbeugenden Gesundheitsschutz eher nebenbei erwähnt. Und hervorgehoben, der Wechsel zu Malarone hänge ja auch damit zusammen, dass dieses Mittel nach neuesten Erkenntnissen auch länger als, wie bisher vorgeschrieben, maximal 28 Tage angewandt werden dürfe.

Tatsächlich sorgte eine so genannte Rote-Hand-Meldung der Pharmaindustrie, bei der Bundeswehr würde man von einer Alarmmeldung sprechen, für den Sinneswandel: Darin war von weiteren Problemen mit Nebenwirkungen die Rede, vor allem neuropsychiatrischen. Anfang September ging beim Kommando Sanitätsdienst diese Alarmmeldung ein, und am 9. September schickte das Kommando an die Truppenärzte eine neu gefasste Anweisung, Lariam nicht mehr zu verwenden – zeitgleich veröffentlichte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte diesen Rote-Hand-Brief.

Grundsätzlich ablehnen will die Bundeswehr dieses Medikament allerdings weiterhin nicht: Bei dem Malariamedikament Lariam handelt es sich nach wie vor um ein arzneimittelrechtlich zugelassenes und bewährtes Medikament. Unter Beachtung der Anwendungsbedingungen und Warnhinweise hat Lariam auch weiterhin seinen Stellenwert sowohl in der Malariachemoprophylaxe als auch in der Behandlung von Malariaerkrankungen, schrieb der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Kossendey diese Woche der Linken-Abgeordneten Inge Höger auf ihre Anfrage.

Das war zu erwarten. Denn die Frage nach der grundsätzlichen Einschätzung von Lariam richtet sich eher in die Vergangenheit als in die Zukunft: Was ist mit denen, die dieses Medikament auf Befehl vielleicht über Jahre nehmen mussten und heute unter den Folgen leiden? Da hat das Verteidigungsministerium die Antwort parat: Soweit die Möglichkeit besteht, dass Soldatinnen oder Soldaten durch die Anwendung des Medikaments Lariam zur Malariachemoprophylaxe einen Gesundheitsschaden erlitten haben, würde im Rahmen eines Wehrdienstbeschädigungsverfahrens geprüft, ob wegen nachteiliger gesundheitlicher Folgen der truppenärztlichen Behandlung Versorgungsansprüche bestehen.

Da bin ich gespannt. Denn das Problem sind, siehe oben, vermutlich weniger physische Spätfolgen. Sondern eher psychische. Und da hat es bei anderen psychischen Erkrankungen ziemlich lange gedauert, bis ein Wehrdienstbeschädigungsverfahren erfolgreich war.

Immerhin: Es gibt Nationen, die ihren Truppen weiterhin Mefloqin befehlen. Zum Beispiel die Iren.

(Foto: Im Malariagebiet – bei der EU-Trainingsmission für Somalia in Uganda – Bundeswehr/Sebastian Wilke via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)