Rückkehr nach El Ayoun: Neuer Bundeswehreinsatz – in der Sahara
Auf die Bundeswehr kommt ein neuer, wenn auch sehr kleiner Auslandseinsatz zu: Das Bundeskabinett will in der kommenden Woche die Entsendung von zwei unbewaffneten Militärbeobachtern in die Westsahara beschließen. In der ehemaligen spanischen Kolonie, die von Marokko beansprucht wird, überwacht seit 1991 die UN-Mission MINURSO den Waffenstillstand zwischen der Befreiungsbewegung Polisario und Marokko.
Da es kein Einsatz bewaffneter Streitkräfte ist, muss der Bundestag diesem Mandat nicht zustimmen. Die Personalobergrenze für den Einsatz soll bei vier Offizieren liegen. Bei der Entscheidung für diesen Einsatz dürfte eine Rolle gespielt haben, dass der deutsche Diplomat Wolfgang Weisbrod-Weber dort Leiter der UN-Mission ist.
Deutschland hatte sich bereits von 1993 bis 1996 mit Beamten des damaligen Bundesgrenzschutzes (inzwischen in Bundespolizei umbenannt) an MINURSO beteiligt, die in El Ayoun eingesetzt waren. (Einer der beteiligten Beamten hat darüber ein Buch geschrieben.) Damals war noch erwartet worden, dass die Zugehörigkeit der wegen ihrer Phosphatvorkommen umstrittenen Westsahara in einem Referendum geklärt werden sollte. Derzeit sind deutsche Militärbeobachter nur in der UN-Mission im Südsudan eingesetzt.
Mehr zu der Mission in der Westsahara hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages 2011 hier aufgeschrieben.
Nachtrag 16. Oktober: Die Mitteilung des Verteidigungsministeriums:
Deutsche Militärbeobachter in der Westsahara
Berlin, 16.10.2013, Bundesregierung
Deutschland beteiligt sich an der VN-Mission MINURSO. Vorerst sollen zwei unbewaffnete Militärbeobachter entsandt werden. Sie sollen helfen, den Waffenstillstand in der Westsahara zu überwachen.Der Beschluss des Bundeskabinetts erlaubt, bis zu vier Soldatinnen und Soldaten zu entsenden. Der Deutsche Bundestag muss nicht zustimmen, da es kein Einsatz bewaffneter Streitkräfte ist. Die Dauer des Einsatzes hängt vom Mandat des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ab, das bis zum 30. April 2014 läuft.
Anfrage der Vereinten Nationen
Der Leiter der VN-Friedensmission MINURSO, Wolfgang Weisbrod-Weber, hatte im Februar 2013 mit der Bundesregierung Gespräche darüber geführt, deutsche Militärbeobachter zu entsenden. Deutschland hatte den VN danach seine grundsätzliche Bereitschaft bekundet, sich an der Mission zu beteiligen. Am 16. September 2013 bat das Sekretariat der VN um die Unterstützung durch zwei Militärbeobachter.
Auftrag von MINURSO
1991 wurde die Mission der Vereinten Nationen in der Westsahara mit Sicherheitsratsresolution 690 eingerichtet. Aufgabe ist es, den Waffenstillstand zwischen dem Königreich Marokko und der „“Befreiungsbewegung““ Frente Polisario zu überwachen.
Die Frente Polisario hatte nach dem Rückzug der Kolonialmacht Spanien im Jahre 1976 die Demokratische Arabische Republik Sahara (DARS) ausgerufen. Die Westsahara wird heute jedoch zu 80 Prozent von Marokko kontrolliert. Mit der UN-Mission wird ein Referendum über den Status der Westsahara angestrebt.
Die Aufgaben der Mission des Nations Unies pour l’organisation d’un référendum au Sahara occidental, kurz MINURSO sind:
– Überwachung des Waffenstillstands zwischen Marokko und der saharauischen Frente Polisario
– Durchführung eines Referendums über den Status der Westsahara
– Unterstützung von vertrauensbildenden Maßnahmen
– Überwachung der Minen- und Munitionsräumung
Politische Lösung notwendig
Die Bundesregierung unterstützt die laufenden Verhandlungen des Persönlichen Gesandten des VN-Generalsekretärs, Christopher Ross, und des Sonderbeauftragten und Leiters von MINURSO, Wolfgang Weisbrod-Weber. Beide setzen sich für eine friedliche, tragfähige und einvernehmlich vereinbarte politische Lösung des Westsahara-Konflikts ein.
Deutschland leistete bereits von 2008 bis 2012 jährlich einen freiwilligen Beitrag in Höhe von rund 200.000 Euro an den UNHCR. Damit wurden vertrauensbildende Maßnahmen wie Familienbesuche zwischen Bevölkerungsgruppen beider Konfliktparteien unterstützt.
(Foto: Vehicles of a UN patrol team, deployed for monitoring ceasefire, are shown in the Smara area of Western Sahara, 19/06/2010 – UN Photo/Martine Perret)
Sind die UN-Beobachter gänzlich unbewaffnet? Also haben sie nicht einmal eine P8 o.ä. zum Selbstschutz am Mann?
Da werden Leute im wahrsten Sinne des Wortes „in die Wüste geschickt“
Herr Wiegold, was passiert eigentlich nach dem Abzug aus AFG? Wird es dann nur noch sporadische, kleine Auslandseinsätze geben, die in der Öffentlichkeit dann erst recht nicht mehr wahrgenommen werden? Was ändert sich für die Soldaten (Heer, Luftwaffe)?
@Chris:
ja, die UN Beobachter sind unbewaffnet. In Gebieten in denen die Sicherheitslage kritisch sein könnte wird, falls vorhanden, mit Force Protection unterstützt.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, das es nicht das schlechteste ist als Militärbeobachter oder als Military Liason Officer (MLO) unbewaffnet eingeetzt zu sein.
Übrigens heißen seit dem 1. Oktober alle Eurofighter und Tornado-Geschwader TaktLwG. Diese grundlegenden und wichtigen Reformbemühungen in der Luftwaffe sollte man vielleicht noch mit einer Meldung würdigen. Jetzt warten wir einfach mal, bis die strategischen Luftwaffen-Geschwader aufgestellt werden.
@xyz
Das hat jetzt genau was mit der Westsahara zu tun? (Dahin verlegen könnte man ja mit strategischem Lufttransport, gibt’s nicht dafür strategische Geschwader?) Ansonsten doch sehr OT.
Twix-Geschwader? ;)
@Sven
Danke für die Info. Ich würde mich glaube ich etwas „nackt“ fühlen, besonders auf dem afrikanischen Kontinent. Auch wenn eine Kurzwaffe mit vielleicht 2-3 Wechselmagazinen nicht viel ist, so würde es mir doch mehr ein Gefühl von Sicherheit geben, als mich auf den Schutz von Ausländern verlassen zu müssen. Trotzdem interessiert mich diese Art von Verwendung ebenfalls und ich würde gerne mehr darüber erfahren.
@chris
Einfach mal „bundeswehr militärbeobachter“ in Google eingeben – es gibt ausreichend Links über die man sich informieren kann. Geeignetes Personal ist immer gefragt.
Sven hat recht – auf jegliche Bewaffnung wird verzichtet, um zu deeskalieren. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Ausbildung in Hammelburg auch dazu dient, solche Deeskalation auszubilden und diejenigen auszusortieren, die damit nicht klar kommen. D.h. wer sich am Checkpoint aufregt und handgreiflich wird, wenn er schikaniert oder angepöpelt wird, wird nicht bestehen.
„Derzeit sind deutsche Militärbeobachter nur in der UN-Mission im Südsudan eingesetzt.“
Nicht ganz korrekt, mindestens in Mali sind weitere deutsche Militärbeobachter im Auftrag der UN unterwegs…;-)
http://www.un.org/en/peacekeeping/missions/minusma/background.shtml
Und auch hier haben die „Gutmenschen“ immer noch nicht begriffen, das in vielen Teilen dieser Welt ein Mann ohne Waffe als „schwach“ angesehen wird…
*kopfschüttel*
Wer unbewaffnet in so eine Situation geht muss sich darauf verlassen können, dass bestmöglichst ausgebildet ist und sich die Konfliktparteien an die vorher ausgehandelten Bedingungen halten.
Die Ausbildung in Hammelburg ist sehr gut, über die Konfliktparteien kann ich hier nichts sagen, im Kosovo während der OSZE-Mission hat es einigermaßen funktioniert.
Ich hatte zwar manchmal doch ein mulmiges Gefühl, richtig bedroht habe ich mich aber weder von der KLA (Kosovo Liberation Army, auch bekannt als UCK) noch von den Serben gefühlt.
Werferfehler
@fr@g
Hm, sollte ich das übersehen haben? Nach meiner Erinnerung ist das deutsche Mandat für den UN-Einsatz in Mali auf Unterstützungsflüge und (inzwischen nicht mehr stattfindende) Luftbetankung beschränkt. UNMO’s gibt’s da nicht, oder?
Auch wenn mir wahrscheinlich 5200 der derzeit 5201 internationalen Militärs vor Ort nicht bekannt sind, den Einen kenne ich jedoch persönlich!
vgl. http://www.un.org/en/peacekeeping/missions/minusma/facts.shtml
@fr@g
Das wäre äußerst merkwürdig. Das Bundestagsmandat sieht nämlich nur Bereitstellung von Fähigkeiten des taktischen Lufttransports, Einzelpersonal in den Führungsstäben der Mission und Verbindungsoffizieren, ebenso die Bereitstellung von Luftbetankungsfähigkeiten zur Unterstützung der in der Resolution 2100 (2013) unter den dort aufgeführten Voraussetzungen autorisierten französischen Kräfte vor. Aber keine Militärbeobachter.
http://augengeradeaus.net/2013/06/mali-luftbetankung-unterm-blauhelm/#more-11929
@fr@g:
Kann es sein, dass sie einen Einsatz im UN-Rahmen (Kap. VII.) mit dem Einsatz von UN-Militärbeobachtern verwechseln?
In ihrem Link findet sich ja die UNSC-Resolution zu MINUSMA – schauen sie sich Ziffer 16 und 17 an. Da sehen sie dann deutlich, dass es sich um keine Beobachtermission handelt.
UN-Mission ist nicht gleich Beobachermission – dass kann ihnen vielleicht ja auch die Person die sie vor Ort kennen aufzeigen.
@T.Wiegand & Memoria:
Gut, so tief stecke ich nicht drin in der Thematik. Werde seinen Aufgabenbereich nochmal verifizieren. Danke für den Hinweis.
Zum Thema UN-Beobachtermissionen: Die klassischen Beoachtermissionen (beobachten und melden) gibt es kaum noch. Mehr und mehr findet man den Einsatz in Stäben wieder und ist Berater, sprich Experte. Daher spricht die UN auch von Military Expert on Mission (MEoM). Hier hat die Bundesrepublik Deutschland mal 450 MEoM gegenüber der UN angezeigt. Die Anzahl soll aber reduziert werden, da einfach zu hoch. Die aktuellen UN-Einsätze findet der geneigte Leser auf den offiziellen Seiten der Bundeswehr.
Also zum Thema UN-Militärbeobachter eine kleine Korrektur:
Es sind KEINE UN-Militärbeobachter im Süd-Sudan eingesetzt – die dort eingesetzten deutschen Soldaten sind entweder im Hauptquartier im Stab eingesetzt oder in der Fläche als Military Liaison Officer (MLO). Dienstgrad Major – Oberstleutnant (und ein Oberst). Die Tätigkeiten entsprechen auch nicht ganz denen eines klassischen Militärbeobachters, sondern gehen in Richtung Beratung des Süd-sudanesischen Miltärs.
Deutsche Militärbeobachter als klassische UNMOs sind im West-Sudan im Darfur tätig, bei der UNAMID Mission. Und in Mali sollen sie auch eingesetzt werden, meines Wissens nach aber noch nicht.
Ob es sich um eine Chapter VI oder VII Mission handelt ist zwar nicht unwichtig, es können aber UNMOs in beiden Missionsarten eingesetzt werden. Es werden aber zukünftig immer mehr EoM (wie auch von Erwin gesagt) eingesetzt – bei UNMISS entsprechend als MLOs