Alles neu – US-Ultimatum an Syrien?
Im Moment überschlagen sich die Eilmeldungen ein wenig: US-Außenminister John Kerry habe Syrien ein Ultimatum gestellt – wenn das Regime von Präsident Bashar Assad innerhalb einer Woche alle Chemiewaffen übergebe, werde es keinen Militärschlag geben. Das ist jedenfalls die Meldung der Nachrichtenagentur Reuters.
Bislang, scheint es, ist Reuters mit dieser Meldung (und mit dieser Interpretation) allein. Und das Zitat Kerry ist hinreichend vage:
When asked by a reporter whether there was anything Assad’s government could do or offer to stop an attack, Kerry said:
„Sure, he could turn over every single bit of his chemical weapons to the international community in the next week – turn it over, all of it without delay and allow the full and total accounting (of it) but he isn’t about to do it and it can’t be done.“
Ein ernsthaftes Ultimatum? Wir werden sehen.
Nachtrag: Zu spät, in Deutschlands Medien wird es ernstgenommen, wie die 12-Uhr-Nachrichten des DLF belegen. Mal gucken, wie alle davon wieder runter kommen.
Nachtrag 2: Der AP-Bericht über Kerrys Pressekonferenz – das Zitat mit der Wochenfrist wird auch erwähnt, aber nicht als Ultimatum verstanden.
Nachtrag 3: Russland fordert Syrien auf, seine Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen.
Das klingt nach einer neuen Zusammenfassung. Aber erst, wenn sich die Wogen ein wenig geglättet haben.
Tom | 09. September 2013 – 14:43
Wollen sie es ernsthaft als (verpasste) Option darstellen, dass die USA ein Land angreifen und dies offiziell damit begründen, dass es seine nicht verbotenen Chemiewaffen nicht abgibt? So ganz ohne deren Einsatz /-drohung?
Die völkerrechtlichen Bedenken teile ich. Das ändert allerdings nichts daran, dass der aufgezeigte Weg für die USA grundsätzlich eine sehr greifbare Option ist, wie der vergleichbare Irakkrieg vor zehn Jahren zeigte.
Mir geht es nicht darum, für eine bestimmte, militärisch aggressive Herangehensweise einzutreten, sondern auf eine von vielen Unschlüssigkeiten hinzuweisen, die offenlegen, dass die USA nicht in realer Sorge um die Chemiewaffen handelt (die sich ebenso entladen könnte wie die gespielte Sorge im Fall Irak), sondern aufgrund eines politischen Fehlers instrumentalisiert werden konnte. Oder diesen Fehler durch das Nichteingestehen fortsetzt.
Wenn Obama sagt, nicht er habe eine rote Linie gezogen, sondern die Weltgemeinschaft, ist das weniger eine rhetorische Herstellung der internationalen Legitimierung, sondern eine hilflose Beteuerung, aus freien Stücken zu handeln, gegenüber eben jenen Akteuren, die es besser wissen.
Die gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad kämpfenden Extremisten planen laut einem Fernsehbericht eine Giftgasattacke gegen Israel von dem von Assad kontrollierten Territorium Syriens aus.
Es handele sich um eine groß angelegte Provokation, berichtete der englischsprachige TV-Sender Russia Today am Montag unter Berufung auf nicht genannte „eigene Quellen“. Ziel sei, den Westen zu einem schnellstmöglichen Militärschlag gegen Assad zu bewegen.
http://de.rian.ru/security_and_military/20130909/266844358.html
Schnell noch bevor die syrischen Chemiewaffen unter internationaler Kontrolle sind. Ein höchst wahrscheinliches Scenario. Irgendwie muß man doch zum Ziel kommen.
Großbritannien hat die jüngste Initiative Russlands laut Premier David Cameron begrüßt, die Chemiewaffen in Syrien unter internationale Kontrolle zu stellen.
http://de.rian.ru/security_and_military/20130909/266843908.html
@Stefan:
„Ein höchst wahrscheinliches Scenario“
Hört, hört…
Der belgische Schriftsteller Pierre Piccinin und der italienische Journalist Domenico Quirico, die am Sonntag nach mehreren Monaten Geiselhaft in Syrien freigekommen sind, sind nach eigenen Angaben von den syrischen Regimegegnern gefoltert worden, meldet die Agentur AFP.
Piccinin und Quirico waren im April über die libanesische Grenze nach Syrien gekommen und kurz darauf von den Regimegegnern gekidnappt worden. Nach mehreren gescheiterten Fluchtversuchen kamen die beiden Männer am vergangenen Sonntag – vermutlich gegen Lösegeld – frei und wurden mit einem italienischen Regierungsjet nach Rom gebracht.
„Trotz Folter, Drohungen und inszenierten Hinrichtungen fühlen wir uns wohl“, teilte Piccinin dem belgischen Radiosender Bel.RTL. Nach seinen Worten haben die Geiselnehmer zweimal die Hinrichtung von Domenico Quirico inszeniert.
http://de.rian.ru/politics/20130909/266843256.html
Ich find das Vertrauen in eine internationale Beobachtermission ja überraschend (und überraschend naiv).
Bisher haben UN-Inspekteuere noch nie jemanden von was abgehalten, was ja gerade beim Gasmassaker in Damaskus besonders deutlich wurde. Auch ansonsten zieht sich die Irrelevanz der Schlümpfe doch von UNSMIS über UNIFIL und UNOMIG bis nach UNPROFOR.
Im besten Fall opfert Assad eine Waffe die er für nicht mehr einsetzbar hält um seine viel wichtigere Luftwaffe zu schützen, im wahrscheinlicheren Worst Case wartet er einfach ab bis der US-Drohung die Luft ausgeht und macht dann weiter wie bisher.
(Und nach der Logik einiger hier müssen dann ja alle Gaseinsätze auf das Konto der Opposition gehen, sind ja UN-Beobachter im Land. Na wenn das nicht abschreckt…)
Äh, warum habe ich eigentlich einen neuen zusammenfassenden Thread aufgemacht?
;-)
Von UN-Inspekteueren war ja auch nicht die Rede, sondern von internationaler, also zwischennationaler Kontrolle. Weder die UNO (als nur eine Variante), noch die dafür geeigneten Nationen wurden genannt.
Wurst Käse hin, Grenzfall her.
@ T.W.
Damit die Leute dort etwas tiefergehende Analysen drunterschreiben und nicht einfach nur zu den 50+ Kommentare hier einen persönlichen Kommentar abgeben? ;)