„Ungewollte Schussabgabe“ – jetzt aus der MP 7
In der Diskussion über die ungewollte Schussabgabe mit der Pistole P8 (vor allem in Afghanistan) wurde in den Kommentaren mehrfach erwähnt, dass die Maschinenpistole MP7 da noch problematischer sei. Jetzt gibt’s einen aktuellen Fall:
Am 6. August kam es um 7.10 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit (9.40 Uhr Ortszeit) im Feldlager Masar-i Scharif zu einer ungewollten Schussabgabe in einem Shelter. Dabei lösten sich drei Schuss aus einer Maschinenpistole MP 7.
Zum Zeitpunkt der Schussabgabe hielten sich zwei weitere deutsche Soldaten im Raum auf. Die drei Soldaten wurden anschließend mit Verdacht auf Knalltrauma in dem Einsatzlazarett Masar-i Scharif behandelt.
Die Ermittlungen zu diesem Vorfall sind noch nicht abgeschlossen.
Immerhin nicht in einer Unterkunft oder in einem Büro.
(Foto: Flickr-User Smintjes unter CC-BY-NC-ND-Lizenz)
@ FlaOffz
Aber hallo.Aber man kann sich Entladekisten auch schön reden, a la „Dafür sind sie ja da!“
Dass das dann aber ein bisschen was von „mexikanischen Abmunitionieren“ hat, wird gerne ausgeblendet – gell? Ich will weiß Gott nicht zurück zu den Zeiten, wo Tausend-Euro-Diszis für einen Kistenschuss gefordert wurden. Aber es als gottgegeben zu betrachten, das sowas völlig normal und in Ordnung ist, lehne ich ab.
FlaOffz | 07. August 2013 – 10:48
Weil Statistiken ohne Kontext immer für die Katz sind.
Und wenn jemand täglich mehrfach seine verschiedenen Waffen auf Grund der Patrouillentätigkeit laden bzw. entladen muss, dann kann da halt mal was passieren und dafür sind die Kisten da. Und bei diesem Personenkreis ist es auf Grund des höheren Anspannungslevels während der Patrouille auch nachvollziehbar.
Das wäre dann übrigens Punkt Vier zu ihren Dreien – es sei denn, der Soldat ist/darf kein Mensch sein.
Und übrigens waren die drei letzten aufeinanderfolgenden Schußabgaben in die Waffenkammer, die ich mitbekam, weibliche Offiziere der Einsatzwehrverwaltung.
Dreimal knapp am WaKa-Wart vorbei.
Dann lieber nach der Patrouille in die Sandkiste.
Das ist allerdings ein wichtiger Punkt, der mir die Hutschnur hochtreibt. Wer geladene Waffen in die Waka schleppt, gehört repatriiert oder verklagt… Das riecht ja schon nach Vorsatz.
Und wer sich im Einsatz nur zweimal mit seiner Waffe beschäftigt (beim Empfang / bei der Abgabe) hat im wahrsten Sinne des Wortes den Schuss nicht gehört.
@Bang50
Die von mir genannten 90% sind tatsächlich nicht haltbar. Selbst bei Systemen wie FLW sind ungewollte Schussabgaben durch Handhabungsfehler und langfristige Fehlbedienung mit dadurch resultierenden Schäden am Gerät die Ursache.
Es gibt inzwischen diverse Untersuchungen und Statistiken zu den ungewollten Schussabgaben. Die kann man aber schlecht hier veröffentlichen da imho alle VS-NfD.
Klar kann man sich jetzt auf die Verteidigungslinie zurückziehen, dass Statistiken alle gefälscht oder zumindestens so stark vereinfacht sind, dass sie nix aussagen.
Man sollte aber dazu sagen, dass JMünster hier nur ganz kurz zusammengefasst aus den letzten drei Jahresberichten „Vorfälle mit Waffen und Munition“ zitiert hat, mit seiner Kernaussage, dass eben Offiziere eben nicht überproportional häufig betroffen sind, aber dummerweise recht hat.
Und die Argumentation, wer öfter lädt/entlädt macht mehr Fehler erschließt sich mir einfach nicht. Dann müssten erfahrene Kraftfahrer, Piloten etc. auch überproportional häufig Unfälle bauen, weil sie einfach mehr Kilometer fahren, Flugstunden absolvieren. Dem ist aber nicht so. Und es wird genug Soldaten geben, denen diese Fehler beim Entladen oder Reinigen eben nie passieren.
Ernsthaftigkeit und Konzentrationsfähigkeit haben aus meiner Sicht viel weniger mit dem Dienstgrad zu tun, sondern drehen sich um Selbstdisziplin und Belastbarkeit. Auch die Argumentation „heute war es so anstrengend“ ist kein Grund die Entladetätigkeiten erst in der Unterkunft durchzuführen oder auf die 4-Augen Kontrolle zu verzichten.
Klar nagt solches Zahlenwerk am Fw Steiner Mythos vom unfähigen Offizier und dem Feldwebel, der den Laden am Laufen hält. Leider, und das ist meine persönliche Beobachtung, hat ständiges in Übung halten von Grundfertigkeiten (Waffenausbildung, San etc.) inzwischen fast ausschließlich was mit persönlicher Einstellung zum Beruf und wenig mit dem Dienstgrad zu tun. Wem Training zu anstrengend ist, der drückt sich halt, Ausreden finden sich genug.
Stimmt.
@FlaOffz
Danke!!!Volle Zustimmung!!! Wenn der 26jährige HFw sich drückt,weil jetzt erstmal die jüngeren ran sollen, dann läuft was schief. (Dies gilt exemplarisch für alle DG-Gruppen.
Pauschal behaupte ich,dass die Laufbahnverordnung(FachUffz etc) und die Trägheit vieler Vorgesetzten in den letzten 10-15 Jahren zum heutigen Stand geführt haben.Wer stellt den auf dem Weg zur Kantine noch Mängel ab,wenn er Gefahr läuft nicht mehr aus 3 Menüs auswählen zu können. Früher habe ich ein Auto übergeben bekommen und sauber,wenn nicht sogar rein wieder zurückgegeben.Warum? Weil mich jeamand mit Dienstaufsicht und Anleitung dazu erzogen hat. Machen wir das heute? „Die jungen Soldaten von heute….“ sind genauso zum Bund gekommen wie wir, jedoch hat sich um uns einer gekümmert und darüber sollten wir (die Älteren) dankbar sein und unser Wissen weitergeben.Das ist hart und oftmals viel Aufwand ….doch es lohnt immer!!!
@Simulant
Sie haben teilweise Recht, auch die moderne US Generalität ist nicht im Kämpfer -und Intellektualitätshabitus homogen, aber homogener als die im kalten Krieg geprägte Generation der aktuellen Bundeswehr, die noch in der Masse von Truppengattungen gestellt wird, die man in den Letzten 20 Jahren auf ein operatives Minimum herunter gefahren hat.
Eine Polarisierung in Kämpfer Typus und in adipöse Kampf- und Einsatzunterstützer ist in einer modernen Armee nicht zielführend und reißt nur unnötige Gräben in diesen schweren Zeiten für die Armee auf.
Ich würde mir wünschen, wenn laufbahnübergreifend, jeder Soldat sich in erster Linie als Kämpfer definiert und in zweiter Linie erst als der Spezialist für XY.
Ich habe leider Dinge in Einsatz/Extremsituation erlebt, wo laufbahnübergreifend, Zerrbilder militärischen Elends durch die Gegend gestolpert sind.
Beispiele:
Taschentücher in Magazinschächten von Waffen,
Waffen werden entladen spazieren getragen,
zugeklebte Magazine,
drittklassige 10 Euro Beinholster von Miltec oder vom local Markt auf Höhe der Kniekehlen,
bunte Abzeichen, wie Leistungsabzeichen! :-))auf wüstentarn Uniform im Einsatz,
hellglänzende gestickte Dienstgradabzeichen auf Tarnuniformen,
schwer adipöse Dienstgrade bei 45° im Schatten und Abends die ersten an der Weizenfront,
surreale Bingo Nachmittage wo andere Soldaten 48 Stunden nicht zur Ruhe kommen im Einsatz….
et cetera….
…sicherlich alles zum Glück subjektive Einzelbeobachtungen, aber dennoch eine Erklärungsmodell, warum es zu verstärkten Problemen im militärischen Grundhandwerk kommt und Soldaten ihr Werkzeug einfach nicht im Griff haben.
mein Standpunkt:
Es ist völlig inakzeptabel, dass ein ausgebildeter Soldat und Kämpfer! versehentlich einen Schuss abgibt, wenn er damit seinen unmittelbaren Bereich extrem gefährdet.
Allein die Haltung und Richtung der Waffe beherrscht mein 9 jähriger Sohn bereits und der Druckpunkt wird dann gesucht, wenn ich ins Ziel gehe.
Somit kann sich kein Schuss vorher lösen, schon gar nicht in Richtung der Kameraden.
Nur mal nebenbei, wenn bei einem Polizei SEK Beamten so etwas passiert, ist er raus und wird Sachbearbeiter im Dezernat Fahrrad Diebstahl ;-)!
Gruß
Ich könnte heulen vor Zustimmung. Aber ich werde weiterhin direkt erkannte Mängel ansprechen und abstellen lassen. Und weiterhin nach oben hin konstruktiv (sic!) „meckern“.
Es hat mir gereicht, dass ich mir einmal von einem unterstelltem Soldaten anhören durfte: „Lehrgangsanreise bis 1800? Aber doch nicht an einem Rosenmontag!“
@Signal75:
Da können Sie gleich Ihre interkulturelle Kompetenz unter Beweis stellen. ;-)
@K.B.
ok, dann konnte ich als Sachse in Bayern ggü einem Rheinländer nur „verlieren“ ;-)
Ich verstehe gar nicht warum sich über diesen bedauerlichen Zustand aufgeregt wird. Das ganze ist doch anscheinend von der obersten Führung unserer Armee genauso gewollt und befohlen.
Wenn man Beamte oder selbstgezüchtete mil. Schreibtischtäter mit max. zwei Wochen Vorbereitung in den Einsatz bringt, Waffendrill oder Drill allgemein als unmodern ansieht, weil man ja Gefahr läuft die paar wenigen Freiwilligen evtl. zu verschrecken und die Bw über Jahre systematisch kaputtspart, dann muss man sich über solche Ereignisse nicht wundern.
Aber Hauptsache wir üben jetzt Kleiderschwimmen…
@insider
Kleiderschwimmen ist nun mal die vorsorgliche und fürsorgliche Einstimmung der Besatzung eines sich selbst verheizenden Dampfers (da gibts nen wundervollen Film) seitens der Schiffsführung, die sich nicht sicher ist ob die Brennmasse des Dampfers ausreicht den nächsten Hafen zu erreichen ;-)
@Insider/ Klabautermann
:-))…Ausgezeichnet!
P.S. …..im Schill`schen Freikorps sind deshalb alle Rettungsschwimmer :-)
„Schuss ins Knie“ auf sueddeutsche.de……mit einem Verweis auf Aga……Du wirst immer zitierfähiger @T.W.
Reaktion des Sprechers des EinsFüKdo im sueddeutsche.net-Artikel:
„Mangelnde Ausbildung sei aber sicherlich nicht die Ursache, sagt ein Sprecher, stattdessen in den meisten Fällen wohl „schlichtweg Unachtsamkeit“, also ein „Fehlverhalten einzelner Soldaten“.“
Achso und Fehlverhalten „einzelner Soldaten“ hat nichts mit Führung, Ausbildung und Erziehung zu tun??.
Alles Einzelfälle.
Weiter gehen! Hier gibt es nichts zu sehen!
So ein Quatsch.
Aber das ist wohl nicht nur die „Spreche“, sondern auch die „Denke“ in Geltow.
Da könnte man ketzerisch fragen, ob Geltow eigentlich eine Waka hat… Wahrscheinlich nein und die Inübunghaltung erfolgt über ein paar Runden Battlefield X oder Call of Duty im internen LAN.
Im Vergleich mit anderen Nationen sind wir in dieser Disziplin vermutlich Klassenletzter. Woran liegt das? Es gibt viele Erklärungstheorien … mangelnde Ausbildung, Einsatzstress, Unachtsamkeit wegen Übermüdung usw. usw.
Ich hänge der „Storchentheorie“ an: Wo viele Störche, da viele KInder. In Afghanistan ist die äußere Disziplin der Truppe zum Heulen. Die geradezu krankhafte Sucht, sich ein inviduelles Aussehen zu verpassen und laut aufzuschreien, wenn einer mal ein Machtwort spricht. Die arrogante Gelassenheit mit der Stabsoffiziere, die aufgefordert werden ein Phantasieabzeichen abzunehmen, herablassend lächeln, um am nächsten Tag wieder dreist das Ding zu tragen. Der Hauptgefreite, der sofort eine Wehrbeauftragtenein gabe schreibt, weil man im gesagt hat, er solle die Adidas-Basketballstiefel doch besser gegen die dienstlich gelieferten Schuhe tauschen … Machen wir uns nichts vor. An dieser Stelle versagen alle, vom General bis zum Gefreiten. Am Ende auch der Minister.
Äußere Disziplin ist ein Ausdruck einer geistigen Haltung, sich an Regeln und Maßstäbe halten zu wollen. Sie erfordert Erziehung zum gewissenhaften Umgang mit anvertrautem Material aber auch die Selbstdisziplinierung. Im alten Erlass „Erzieherische Maßnahmen“ hieß das altmodisch „Manneszucht“. Sicher kein Begriff für heute, aber die Grundidee unserer Vorväter war und ist dennoch richtig. Ohne äußere Disziplin keine innere Disziplin, oder ganz einfach für den Einsatz: Schlampiger Anzug …. schießt sich selbst ins Bein.
Stellungnahme des EinsFüKdo zu Schießunfällen:
http://tinyurl.com/mrge9mq
Zusammenfassung: Die Fälle sind seit 2011 nicht gestiegen, die Ausbildung ist gut, Einsatz ist eben stressig.
Tja dann ist ja alles im grünen Bereich.
Maßnahmen? Keine.
Maßnahmen? nSAK heisst das Wundermittel. Achso, dafür ist ja keine Munition da. Heieieieiei, dann muss doch wieder der feste Glaube an die gute Ausbildung, die unglaubliche Motivation und der Glaube an den Endsieg….äääääh….streiche Letzteres…. wird schon irgendwie hinhauen, vielleicht Schwerpunktsetzung auf Gruß-Anzug-Meldung, dann klappt das.
Bei der Meldung auf der Bundeswehrhomepage über ungewollte Schussabgaben (Link vgl. den Post von Memoria vom 13.8. 19:48) musste ich sofort an die von Herrn Wiegold in letzter Zeit verfassten Artikel denken.
Sollte dieser Zusammenhang bestehen, könnte man sehen, wie notwendig eine sicherheitspolitische öffentliche Diskussion ist. Erst durch die Berichterstattung in diesem Blog wird die Bundeswehr dazu gezwungen ihre internen Vorgänge zu überprüfen und öffentlich Stellung zu beziehen.
Eine solche Öffnung weg von unnötiger Geheimniskrämerei wird vielleicht dazu führen, dass die Bundeswehr mehr in der Wahrnehmung der Bevölkerung ankommt. Wer sich immer nur abschottet und nichts preis gibt, der braucht sich auch nicht zu wundern, wenn sich niemand für ihn interessiert.
Flapsig gesagt: Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es auch hinaus.
Nachtrag zur Statistik des EinsFüKdo
Laut RP online haben sich die Schiessunfälle im Einsatz von 2008 bis 2012 verdreifacht (19 auf 61).
Die Zahlen sind Antworten des BMVg auf Fragen des Abg. Nouripour.
In der Stellungnahme des EinsFüKdo hat man also bewusst nicht zu weit zurück geblickt. Pressearbeit halt.
was hat zu dieser massiven verschlechterung geführt ? anderes ausbildungskonzept ? neue waffen ?
war das eine schleichende entwicklung oder gibts da irgendwo verdächtige schwellwerte ?
man möge mir meine uniwissenheit verzeihen, bin scho a weng länger als 2008 raus aus dem verein ;)